Definition des Begriffs „Migrationshintergrund“
Der Begriff „Migrationshintergrund“ beschreibt in Deutschland sowie in vielen weiteren europäischen Ländern Personen, bei denen mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde oder die selbst nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren sind. Der Begriff hat sich insbesondere im Sprachgebrauch von Behörden, Ämtern und im wissenschaftlichen Kontext etabliert und umfasst sowohl zugewanderte Personen als auch deren Nachkommen, die innerhalb des betrachteten Staates aufgewachsen sein können. Eine Person gilt demnach als „mit Migrationshintergrund“, sofern sie oder mindestens ein Elternteil nach Deutschland eingewandert ist oder ursprünglich keine deutsche Staatsangehörigkeit besaß.
Formelle und umgangssprachliche Definitionen
Formelle Definition:
Das Statistische Bundesamt definiert den Migrationshintergrund wie folgt: Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt erworben hat. So berücksichtigt die Definition sowohl Eingewanderte der ersten Generation als auch die in Deutschland geborenen Nachkommen.
Laienverständliche Definition:
Umgangssprachlich bezeichnet der Begriff Menschen, die entweder selbst in ein anderes Land eingewandert sind oder deren Familie Zuwanderungserfahrung hat. Dazu gehören beispielsweise Menschen, deren Eltern oder Großeltern aus anderen Ländern stammen, unabhängig davon, ob sie die Staatsangehörigkeit des Landes besitzen, in dem sie leben.
Allgemeiner Kontext und gesellschaftliche Relevanz
Der Begriff „Migrationshintergrund“ hat in den vergangenen Jahrzehnten zunehmende gesellschaftliche Bedeutung erlangt. Er wird verwendet, um Bevölkerungsgruppen zu benennen, die aufgrund ihrer familiären Zuwanderungsgeschichte besondere Lebenslagen oder Herausforderungen erleben. Die Betrachtung dieser Gruppen ist für viele staatliche, wissenschaftliche und gesellschaftliche Bereiche relevant, etwa im Zusammenhang mit Bildung, Arbeitsmarkt, Integration, politischer Teilhabe und sozialer Gleichstellung.
Die Erhebung von Daten zum Migrationshintergrund dient unter anderem dazu, gesellschaftliche Strukturen und mögliche Benachteiligungen besser zu erkennen und zielgerichtete Maßnahmen entwickeln zu können. Kritiker beanstanden allerdings, dass die Kategorie Migrationshintergrund pauschalisierend wirken und zur Festschreibung von Differenz beitragen kann.
Rechtlicher Rahmen und gesetzliche Vorschriften
Der Begriff „Migrationshintergrund“ ist kein juristischer Terminus im engeren Sinne, findet aber in verschiedenen rechtlichen und verwaltungstechnischen Kontexten Anwendung. Die für die Erfassung und Nutzung maßgeblichen Vorschriften stammen unter anderem aus dem Bereich der amtlichen Statistik und des Integrationsrechts.
Wichtige gesetzliche Regelungen und Bestimmungen
- Mikrozensusgesetz (MZG): Das Mikrozensusgesetz (zuletzt MZG 2016) verpflichtet das Statistische Bundesamt zur regelmäßigen Erhebung von Daten – unter anderem zum Migrationshintergrund. Der Mikrozensus als amtliche Repräsentativstatistik fragt systematisch Merkmale ab, die zur Definition beitragen, etwa Geburtsland, Staatsangehörigkeit und Einwanderungsjahr.
- Aufenthaltsgesetz (AufenthG): Im Kontext der Zuwanderung liefert das Aufenthaltsgesetz wichtige Begriffsbestimmungen und Regularien, etwa zur Aufenthaltserlaubnis für Drittstaatsangehörige. Auch § 44 Aufenthaltsgesetz (Integrationskurse) nimmt auf den Migrationshintergrund Bezug.
- Sozialgesetzbücher I – XII (SGB): In verschiedenen Büchern des Sozialgesetzbuches sind Bestimmungen enthalten, die sich mit Integration, Bildung und Teilhabe von Personen mit Migrationshintergrund befassen.
- Rahmenrichtlinien und Programme: Verschiedene Integrationsprogramme, Aktionspläne und Landesregelungen richten sich explizit an Personen mit Migrationshintergrund, etwa im schulischen oder beruflichen Kontext.
Relevante Institutionen
Unter anderem folgende Behörden und Institutionen verwenden die Kategorie Migrationshintergrund regelmäßig in ihrer Arbeit:
- Statistisches Bundesamt
- Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
- Bundesagentur für Arbeit
- Landesbehörden und kommunale Verwaltungen
- Wissenschaftliche Institute und Sozialeinrichtungen
Typische Anwendungsbereiche von Migrationshintergrund
Der Begriff findet in vielfältigen gesellschaftlichen und institutionellen Kontexten Anwendung. Insbesondere folgende Bereiche sind hervorzuheben:
Bildung
Im Bildungssystem wird die Zugehörigkeit zum Personenkreis mit Migrationshintergrund dokumentiert, um die Chancengleichheit zu untersuchen. Statistische Auswertungen zeigen Unterschiede bei Bildungszugang, Abschlüssen und Übergängen in den Arbeitsmarkt. Förderangebote, wie Sprachförderprogramme oder Integrationsklassen, nehmen gezielt Bezug auf diese Personengruppe.
Arbeitsmarkt und Wirtschaft
Statistiken zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt differenzieren in der Regel nach Migrationshintergrund. Ziel ist es, Beschäftigungsquoten, Erwerbsbeteiligung, Arbeitslosenraten und weitere Indikatoren zu analysieren. Unternehmen und öffentliche Akteure nutzen die Daten, um Maßnahmen zur Förderung der Teilhabe oder zur sprachlichen und fachlichen Qualifizierung zu entwickeln.
Soziale Sicherung und Integration
Sozialleistungen, Integrationskurse und spezifische Beratungsangebote richten sich häufig gezielt an Menschen mit Migrationshintergrund. Hierzu zählen etwa Sprach- und Integrationskurse nach dem Aufenthaltsgesetz (§ 44 AufenthG), aber auch Unterstützungsmaßnahmen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.
Verwaltung, Statistik und Sozialforschung
Behörden und Forschungseinrichtungen erheben und analysieren Daten zum Migrationshintergrund, um Forschungslücken zu schließen, politische Maßnahmen besser auszurichten oder gesellschaftliche Entwicklungen zu beobachten. Der Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes ist dabei die zentrale amtliche Quelle.
Weitere gesellschaftliche Kontexte
- Wahlen und politische Partizipation: Untersuchungen analysieren die politische Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund.
- Gesundheitssystem: Studien erfassen Zugangs- und Versorgungsunterschiede in der medizinischen Versorgung.
- Stadtentwicklung: Städtebauprojekte berücksichtigen zunehmend die Diversitätsstruktur in Quartieren.
Sachliche Beispiele für den Begriff Migrationshintergrund
- Eine Schülerin, deren Eltern aus Syrien und Polen stammen, gilt in der amtlichen Statistik als Person mit Migrationshintergrund, egal ob sie selbst in Deutschland geboren wurde oder nicht.
- Ein Mann, der im Kindesalter mit seinen Eltern aus der Türkei nach Deutschland kam, zählt in den Analysen ebenso dazu, unabhängig davon, ob er mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.
- Eine Familie, bei der nur einer der Elternteile aus einem anderen Land eingewandert ist, wird ebenfalls im Kontext des Migrationshintergrunds betrachtet.
Besonderheiten und häufige Problemstellungen
Der Begriff „Migrationshintergrund“ ist nicht unumstritten. Es gibt eine Reihe von Besonderheiten, Herausforderungen und Diskussionspunkten, darunter:
- Heterogenität: Die Gruppe der Personen mit Migrationshintergrund ist äußerst unterschiedlich zusammengesetzt. Sie reicht von kürzlich Zugewanderten bis hin zu Nachfahren seit Jahrzehnten ansässiger Familien.
- Statistische Erfassung: Die genaue Bestimmung des Migrationshintergrunds kann je nach Erhebungsmethode variieren. Manchmal werden nur Geburtsland und Staatsangehörigkeit erhoben; in anderen Fällen werden die Eltern- bzw. Großelterngeneration betrachtet.
- Diskriminierungsrisiko: Kritiker warnen davor, dass die Kategorisierung als „Person mit Migrationshintergrund“ stigmatisierend wirken kann. Ebenso besteht das Risiko, individuelle Lebenslagen zu übersehen, da sehr unterschiedliche Lebensrealitäten unter dieser einen Kategorie zusammengefasst werden.
- Dynamik und Abgrenzung: Der Begriff ist dynamisch und wird gesellschaftlich und politisch immer wieder neu verhandelt. Alternative Begriffe wie „Einwanderungsgeschichte“ oder „postmigrantisch“ werden diskutiert, um differenziertere Sichtweisen zu ermöglichen.
Typische Herausforderungen im Umgang mit dem Begriff:
- Unklare oder variable Definitionen in verschiedenen Kontexten
- Zuschreibungen oder Missverständnisse im Alltagsgebrauch
- Unzureichende Berücksichtigung spezifischer Lebenswirklichkeiten und Mehrfachzugehörigkeiten
Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte
Der Begriff „Migrationshintergrund“ dient als Sammelbezeichnung für Personen, die selbst oder deren Eltern oder Großeltern nach Deutschland eingewandert sind bzw. die deutsche Staatsangehörigkeit erst später erworben haben. Die Definition wird maßgeblich von Behörden und in der amtlichen Statistik genutzt, etwa zur Erhebung gesellschaftlicher Strukturen, für Integrationskonzepte und zur Entwicklung zielgerichteter Maßnahmen. Rechtlich findet die Kategorie insbesondere in statistischen und integrationspolitischen Zusammenhängen Verwendung, etwa durch das Mikrozensusgesetz und das Aufenthaltsgesetz.
Die Verwendung des Begriffs ist mit Chancen und Risiken verbunden: Einerseits liefert die Unterscheidung wichtige Erkenntnisse für Wissenschaft, Gesellschaft und Verwaltungsaufgaben; andererseits besteht die Gefahr pauschaler Kategorisierung und Stigmatisierung. Unterschiedliche Definitionen und gesellschaftliche Entwicklungen führen zu einer fortlaufenden Debatte um Reichweite und Aussagekraft der Kategorie.
Für wen ist der Begriff besonders relevant?
Der Begriff Migrationshintergrund ist insbesondere bedeutsam für:
- Behörden und Verwaltungen bei der statistischen Erfassung und Maßnahmenentwicklung
- Bildungsinstitutionen zur Förderung von Chancengleichheit
- Soziale Einrichtungen und Integrationsprojekte
- Unternehmen, die Diversität und Teilhabe in ihrem Betrieb fördern möchten
- Sozialwissenschaftliche und demografische Forschung
Direkt betroffene Personen und Familien begegnen dem Begriff häufig im Alltag, z. B. bei schulischen Anmeldungen, Bewerbungen oder bei der Wahrnehmung sozialstaatlicher Angebote. Es ist ratsam, die Hintergründe und Zielsetzungen des Begriffs zu kennen, um Diskriminierung entgegenzuwirken und Partizipation zu erleichtern.
Häufig gestellte Fragen
Was bedeutet „Migrationshintergrund“?
Der Begriff „Migrationshintergrund“ wird in Deutschland verwendet, um Menschen zu bezeichnen, die selbst oder deren Eltern aus dem Ausland zugewandert sind. Laut Definition des Statistischen Bundesamts haben Personen einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde. Hierzu zählen sowohl Ausländerinnen und Ausländer, eingebürgerte Deutsche, Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler als auch Menschen, die als Kinder von Migrantinnen und Migranten in Deutschland geboren wurden. Der Begriff ist weit gefasst und umfasst verschiedene Lebensrealitäten, Herkunftsländer und Zuwanderungsmotive, wie zum Beispiel Arbeitsmigration, Flucht, Asyl, Familienzusammenführung oder Bildung. Ziel des Begriffs ist es, gesellschaftliche Vielfalt sichtbar zu machen und gezielt auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Gruppen eingehen zu können, etwa in Statistiken, Integrationsprogrammen oder politischen Maßnahmen.
Wer gilt in Deutschland offiziell als Person mit Migrationshintergrund?
Nach den Kriterien des Statistischen Bundesamts zählt eine Person als jemand mit Migrationshintergrund, wenn sie entweder selbst als Ausländer nach Deutschland zugewandert ist, nach 1950 in das heutige Deutschland eingewandert ist, als Deutsche mit ausländischen Wurzeln eingebürgert wurde oder mindestens ein Elternteil diese Kriterien erfüllt. Das heißt beispielsweise, dass auch Kinder, die in Deutschland geboren wurden, aber deren Eltern aus dem Ausland eingewandert sind, ebenfalls als Menschen mit Migrationshintergrund gelten. Insgesamt umfasst die Definition sehr unterschiedliche Gruppen, unabhängig davon, ob sie die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder nicht.
Wie viele Menschen mit Migrationshintergrund leben in Deutschland?
Nach den aktuellsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2023 haben rund 20,2 Millionen Menschen in Deutschland einen Migrationshintergrund. Das entspricht etwa 24 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die Herkunftsländer und Generationen sind dabei sehr unterschiedlich: Die größte Gruppe stammt aus der Türkei, gefolgt von Menschen aus Polen, Russland, Syrien, Italien und Rumänien. Auch der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund, die in Deutschland geboren wurden, wächst stetig.
Welche Gründe gibt es für Migration nach Deutschland?
Die Gründe für Migration nach Deutschland sind vielfältig. Zu den wichtigsten zählen die Arbeitsmigration, bei der Menschen auf der Suche nach besseren beruflichen Perspektiven und wirtschaftlicher Sicherheit nach Deutschland kommen. Ein weiterer relevanter Grund ist die Flucht vor Krieg, Verfolgung, politischer Unterdrückung oder Naturkatastrophen. Ebenso gibt es die Migration aus familiären Gründen, beispielsweise im Rahmen der Familienzusammenführung. Darüber hinaus gibt es Menschen, die ausbildungs- oder studienbedingt nach Deutschland kommen, um sich dort weiterzubilden oder zu forschen. Auch historische Ereignisse, wie die sogenannte Gastarbeiteranwerbung in den 1950er- bis 1970er-Jahren oder die Aufnahme von Spätaussiedlern, haben die Migrationsgeschichte Deutschlands maßgeblich geprägt.
Inwiefern unterscheidet sich eine Person mit Migrationshintergrund von einemr Ausländerin?
Nicht jede Person mit Migrationshintergrund ist Ausländerin. Viele Menschen mit Migrationshintergrund besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit, entweder von Geburt an (zum Beispiel als Kinder von Migrantinnen, die in Deutschland geboren wurden) oder durch Einbürgerung. Umgekehrt gibt es Menschen ohne deutschen Pass, die keine langfristige oder familiäre Verbindung zu Deutschland haben und daher formal unter den Begriff der „Ausländerinnen“ fallen. Der Begriff „Migrationshintergrund“ umfasst also ein breiteres Spektrum von Erfahrungen und Identitäten als der Begriff „Ausländerin“.
Inwiefern ist der Begriff „Migrationshintergrund“ umstritten?
Der Begriff „Migrationshintergrund“ wird auch kritisch betrachtet. Kritiker*innen argumentieren, dass er die Vielfalt und Individualität der Menschen nicht ausreichend abbildet, stigmatisierend wirken kann und eine künstliche Trennung zwischen „Mehrheitsgesellschaft“ und „Minderheiten“ schafft. Zudem bleibe auch in der zweiten oder dritten Generation sichtbar, wer als „anders“ gilt, was die gesellschaftliche Integration erschweren kann. Einige Fachleute plädieren daher für differenzierte Begriffe, wie „Menschen mit internationaler Familiengeschichte“ oder verwenden spezifischere Kategorien, die nicht auf andere Herkunft, sondern auf faktische Lebenslagen abstellen.
Welche Integrationsangebote gibt es für Menschen mit Migrationshintergrund?
In Deutschland gibt es eine Vielzahl von Integrationsangeboten auf kommunaler, Landes- und Bundesebene. Dazu gehören Integrationskurse, die Sprachförderung mit Orientierungswissen zu Gesellschaft, Geschichte und Rechtslage verbinden. Es gibt Beratungsdienste, die Unterstützung bei Fragen zu Bildung, Berufseinstieg, Anerkennung von Abschlüssen und sozialer Teilhabe bieten, ebenso wie spezielle Programme für Frauen, Jugendliche oder Geflüchtete. Initiativen und Organisationen der Zivilgesellschaft, Migrantenselbstorganisationen sowie Vereine leisten zudem wichtige Hilfe bei der praktischen Integration und fördern interkulturellen Austausch. Auch Schulen, Kindertagesstätten und Unternehmen engagieren sich mit gezielten Maßnahmen und Projekten für Inklusion und Diversität.