Begriff und Zielsetzung des Aufenthaltsgesetzes
Das Aufenthaltsgesetz regelt, unter welchen Voraussetzungen Personen aus Staaten außerhalb der Europäischen Union nach Deutschland einreisen, sich hier aufhalten, arbeiten, studieren oder dauerhaft leben dürfen. Es hat mehrere Zwecke: die Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung, die Förderung von Integration, die Wahrung humanitärer Verpflichtungen sowie den Schutz der öffentlichen Sicherheit. Für Bürgerinnen und Bürger der EU und ihrer Familienangehörigen gelten vorrangig besondere Freizügigkeitsregeln; das Aufenthaltsgesetz ist primär auf Drittstaatsangehörige ausgerichtet.
Das Gesetz bildet den Rahmen von der Einreise über befristete und unbefristete Aufenthaltstitel bis hin zur Beendigung eines Aufenthalts. Es enthält Vorgaben zu Rechten, Pflichten und behördlichen Verfahren, die von Bundes- und Landesbehörden angewandt werden.
System der Aufenthaltstitel
Arten von Aufenthaltstiteln
Das Gesetz kennt unterschiedliche Titel mit jeweils eigenem Zweck und Reichweite:
- Aufenthaltserlaubnis: Befristeter Titel für einen bestimmten Zweck, etwa Erwerbstätigkeit, Ausbildung/Studium, Familienleben oder aus humanitären Gründen.
- Blaue Karte EU und vergleichbare Titel für hochqualifizierte Beschäftigung und unternehmensinterne Transfers.
- Niederlassungserlaubnis: Unbefristeter Titel für dauerhaftes Leben und Arbeiten in Deutschland, nach Erfüllung bestimmter Integrations- und Voraufenthaltsvoraussetzungen.
- Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU: Unbefristeter Titel mit zusätzlichen Mobilitätsrechten innerhalb der EU nach maßgeblichem Inlandsaufenthalt.
Die Berechtigung zur Erwerbstätigkeit knüpft an den jeweiligen Titel an und kann inhaltlich beschränkt oder umfassend eröffnet sein.
Form und Dokumentation
Aufenthaltstitel werden in der Regel als eigenständige Plastikkarte mit biometrischen Merkmalen ausgestellt. Zusätze legen fest, ob und in welchem Umfang Erwerbstätigkeit erlaubt ist. Begleitdokumente können weitere Nebenbestimmungen enthalten.
Nebenbestimmungen
Auflagen können den Wohnsitz, die Tätigkeitsart oder die räumliche Geltung betreffen. Sie sind Bestandteil des Titels und wirken verbindlich, bis sie aufgehoben oder angepasst werden.
Einreise und Visumverfahren
Einreisevoraussetzungen
Die Einreise setzt grundsätzlich einen gültigen Pass und, je nach Staatsangehörigkeit und Aufenthaltszweck, ein Visum voraus. Für die Erteilung eines Visums werden regelmäßig Nachweise zum Aufenthaltszweck, zur Absicherung des Lebensunterhalts und zum Krankenversicherungsschutz verlangt.
Schengen-Visum und nationales Visum
Das Schengen-Visum dient kurzfristigen Aufenthalten für Reisen und Geschäftsbesuche. Für längerfristige Zwecke wie Studium, Berufsausübung oder Familienzusammenleben ist ein nationales Visum erforderlich, das in einen Aufenthaltstitel im Inland überführt werden kann.
Zuständige Stellen
Deutsche Auslandsvertretungen entscheiden über Einreisevisa. Nach der Einreise ist regelmäßig die örtliche Ausländerbehörde für Aufenthaltstitel zuständig. Im Asyl- und Schutzbereich wirkt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit.
Aufenthalt aus unterschiedlichen Zwecken
Erwerbstätigkeit
Für die Aufnahme einer Beschäftigung bestehen verschiedene Wege, etwa für Fachkräfte mit qualifizierter Ausbildung oder Hochschulabschluss, für Forschende oder für unternehmensinterne Transfers. Je nach Fallkonstellation kann die Zustimmung der Arbeitsverwaltung und die Anerkennung ausländischer Qualifikationen erforderlich sein. Selbstständigkeit ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Ausbildung, Studium, Forschung
Studierende, Auszubildende, Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Sprachkursen sowie Forschende können für den jeweiligen Zweck eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Unter bestimmten Bedingungen ist ein Wechsel zwischen Ausbildungs- und Beschäftigungszwecken vorgesehen.
Familiennachzug
Familienangehörige können zum Zweck des familiären Zusammenlebens einreisen, insbesondere Ehegatten und minderjährige Kinder. Der Nachzug setzt regelmäßig eine gesicherte Lebensführung, ausreichenden Wohnraum und den Nachweis der familiären Bindung voraus. Sprachkenntnisse können eine Rolle spielen. Der Schutz von Ehe und Familie wird besonders berücksichtigt.
Humanitäre Gründe und Schutz
Wird internationaler Schutz oder ein vergleichbarer Status zuerkannt, erfolgt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Bestehen Abschiebungshindernisse, kann ein vorübergehender Status der Aussetzung der Abschiebung greifen, der den Aufenthalt rechtlich duldet, aber nur eingeschränkte Rechte eröffnet.
Besondere humanitäre und integrationsbezogene Titel
Das Gesetz sieht in bestimmten Situationen Möglichkeiten für befristete Titel vor, etwa bei langjährigem Aufenthalt mit gelungener Integration oder bei Ausbildung und Beschäftigung trotz zuvor unsicherem Status. Voraussetzung sind jeweils konkrete Integrations- und Mitwirkungskriterien.
Rechte und Pflichten während des Aufenthalts
Mitwirkungspflichten und Identitätsklärung
Betroffene müssen bei der Klärung der Identität und der Beschaffung von Dokumenten mitwirken. Änderungen persönlicher Verhältnisse sind den Behörden anzuzeigen, soweit sie für den Aufenthalt relevant sind.
Wohnsitzauflage, Meldepflichten, Reisen
Aufenthaltstitel können eine Wohnsitzauflage oder räumliche Beschränkung enthalten. Innerhalb Deutschlands gelten die allgemeinen Meldepflichten. Für Auslandsreisen ist zu beachten, dass die Rückkehr nach Deutschland die Gültigkeit des Titels und die Einreisevorschriften voraussetzt.
Sicherung des Lebensunterhalts und Krankenversicherung
Die Erteilung und Verlängerung vieler Titel setzt in der Regel eine eigenständige Lebensunterhaltssicherung und einen Krankenversicherungsschutz voraus. Ausnahmen bestehen im humanitären Bereich.
Integration und Teilnahme an Kursen
Zur Förderung der Teilhabe können Integrationskurse vorgesehen oder verlangt werden. Sie vermitteln insbesondere Sprachkenntnisse und Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung.
Erwerbstätigkeit und Selbstständigkeit
Ob und in welchem Umfang Erwerbstätigkeit erlaubt ist, ergibt sich aus dem Titel. Eine Ausdehnung oder Änderung der Berechtigung bedarf einer behördlichen Anpassung.
Verlängerung, Wechsel und Beendigung des Aufenthalts
Verlängerung und Zweckwechsel
Aufenthaltserlaubnisse sind befristet. Eine Verlängerung oder ein Wechsel des Aufenthaltszwecks hängt von den jeweils geltenden Voraussetzungen ab. Eine ununterbrochene Rechtmäßigkeit des Aufenthalts ist für weiterführende Titel regelmäßig bedeutsam.
Widerruf, Rücknahme, Auflagen
Ein Titel kann aufgehoben oder mit Auflagen versehen werden, wenn die Erteilungsvoraussetzungen entfallen oder nachträglich Umstände eintreten, die dem weiteren Aufenthalt entgegenstehen. Dabei sind Verhältnismäßigkeit und individuelle Belange zu berücksichtigen.
Ausweisung, Abschiebung, Einreise- und Aufenthaltsverbote
Bei schwerwiegenden Verstößen kommen Maßnahmen zur Beendigung des Aufenthalts in Betracht. Dazu gehören Ausweisung, Abschiebung und zeitlich befristete Einreise- und Aufenthaltsverbote. Persönliche Bindungen, Aufenthaltsdauer und schutzwürdige Belange fließen in die behördliche Abwägung ein.
Fortgeltungsfiktion und Übergangszeiten
Für die Zeit zwischen fristgerechtem Antrag auf Verlängerung oder Erteilung und der behördlichen Entscheidung kann eine rechtliche Fiktion den bisherigen Status vorläufig fortgelten lassen. Hierüber wird eine Bescheinigung ausgestellt, die den bestehenden Rechtszustand nachweist.
Dauerhafter Aufenthalt und Einordnung in den Rechtsrahmen
Niederlassung und Daueraufenthalt
Nach längerem rechtmäßigem Aufenthalt und bei Erfüllung von Integrations- und Sicherungskriterien können unbefristete Titel erteilt werden. Sie eröffnen einen verfestigten Status mit weitreichenden Rechten.
Schnittstellen zu anderem Recht
Das Aufenthaltsrecht wirkt mit anderen Rechtsgebieten zusammen, etwa Arbeitsrecht, Berufsqualifikationsrecht, Sozialrecht, Datenschutz und Staatsangehörigkeitsrecht. Bei Schutzgewährung sind zudem asyl- und völkerrechtliche Standards maßgeblich.
Behördenstruktur und Verfahren
Entscheidungen erfolgen im Verwaltungsverfahren. Grundsätze wie Anhörung, Begründung und Ermessensausübung sind zu beachten. Gegen belastende Entscheidungen stehen reguläre Rechtsbehelfe vor den Verwaltungsgerichten offen.
Sanktionen und Ordnungswidrigkeiten
Verstöße wie unerlaubter Aufenthalt, Beschäftigung ohne entsprechende Genehmigung oder unzutreffende Angaben können geahndet werden. In gravierenden Fällen kommen neben Bußgeldern auch aufenthaltsbeendende Maßnahmen in Betracht.
Aktuelle Entwicklungen
Das Aufenthaltsrecht wird regelmäßig fortentwickelt, etwa durch Reformen zur Fachkräfteeinwanderung, Erleichterungen beim Wechsel zwischen Aufenthaltszwecken sowie durch neue Instrumente zur gesteuerten Zuwanderung wie punktbasierte Zugangswege. Ziel ist eine ausgewogene Balance zwischen Steuerung, Integration und Schutz.
Häufig gestellte Fragen
Gilt das Aufenthaltsgesetz auch für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger?
Für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger sowie ihre Familienangehörigen gelten vorrangig Freizügigkeitsregeln. Das Aufenthaltsgesetz findet grundsätzlich auf Drittstaatsangehörige Anwendung. Bei gemischten Familienkonstellationen können besondere Vorschriften greifen.
Was unterscheidet Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis und Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU?
Die Aufenthaltserlaubnis ist befristet und zweckgebunden. Die Niederlassungserlaubnis ist unbefristet und erlaubt dauerhaftes Leben und Arbeiten in Deutschland. Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU ist ebenfalls unbefristet, gewährt darüber hinaus aber bestimmte Mobilitätsrechte innerhalb der EU.
Kann der Aufenthaltszweck nach der Einreise geändert werden?
Ein Wechsel des Aufenthaltszwecks ist möglich, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für den neuen Zweck erfüllt sind. Ob der Wechsel im Inland erfolgen kann, hängt von Titelart, Voraufenthalt und Zweck ab.
Welche Rechte sind mit einer Duldung verbunden?
Eine Duldung setzt die Abschiebung vorübergehend aus. Sie begründet keinen Aufenthaltstitel, kann aber bestimmte Rechte eröffnen, etwa begrenzte Erwerbsmöglichkeiten oder Zugang zu Leistungen in einem eingeschränkten Umfang. Die konkrete Ausgestaltung hängt von der jeweiligen Situation ab.
Wer ist für Anträge und Entscheidungen zuständig?
Für Visaanträge sind die deutschen Auslandsvertretungen zuständig. Für Aufenthaltstitel im Inland ist in der Regel die örtliche Ausländerbehörde verantwortlich. Im Schutzbereich wirkt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit.
Unter welchen Umständen kann eine Ausweisung erfolgen?
Eine Ausweisung kommt in Betracht, wenn erhebliche Gründe des öffentlichen Interesses vorliegen, etwa bei schweren Straftaten oder Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit. Vor einer Entscheidung erfolgt eine Abwägung mit den persönlichen Bindungen und der bisherigen Lebensführung.
Was geschieht, wenn der Aufenthaltstitel abläuft, während über die Verlängerung noch entschieden wird?
Bei rechtzeitig gestelltem Verlängerungsantrag kann eine Fortgeltungsfiktion greifen. Sie bewirkt, dass die bisherigen Rechte vorläufig fortbestehen, bis die Entscheidung ergeht. Hierüber wird eine behördliche Bescheinigung ausgestellt.
Welche Rolle spielt die Sicherung des Lebensunterhalts?
Für viele Aufenthaltstitel ist die eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts maßgeblich. Sie beeinflusst Erteilung, Verlängerung und den Wechsel von Titeln. Ausnahmen sind vor allem im humanitären Bereich vorgesehen.