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Eingetragene Genossenschaft (e. G.)


Eingetragene Genossenschaft (e. G.) – Begriff, rechtliche Grundlagen und Struktur

Die eingetragene Genossenschaft (e. G.) ist eine eigenständige Rechtsform für Unternehmen, die vor allem zur Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb dient. Sie ist in Deutschland als juristische Person ausgestaltet und genießt besondere Regelungen im Genossenschaftsgesetz (GenG). In der Praxis finden sich Genossenschaften in verschiedensten Wirtschaftszweigen, etwa im Wohnungswesen, in der Landwirtschaft, im Bankwesen oder im Bereich erneuerbarer Energien.

Rechtliche Grundlagen

Gesetzliche Grundlagen

Die maßgeblichen Vorschriften für die Genossenschaft finden sich im Genossenschaftsgesetz (GenG). Daneben gelten unter anderem das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das Handelsgesetzbuch (HGB) sowie verschiedene steuerrechtliche Regelungen. Die Gründung, Organisation, Mitgliedschaft und Auflösung der Genossenschaft unterliegen strengen gesetzlichen Vorgaben, die Transparenz und Mitgliederbeteiligung sicherstellen sollen.

Rechtsnatur

Die e. G. ist eine juristische Person und als solche Trägerin von Rechten und Pflichten. Sie besitzt eigene Rechtsfähigkeit ab dem Zeitpunkt ihrer Eintragung in das Genossenschaftsregister.

Registrierungspflicht

Eine Genossenschaft erlangt ihre Rechtsfähigkeit erst durch die Eintragung in das Genossenschaftsregister beim zuständigen Amtsgericht. Der Namenszusatz „eingetragene Genossenschaft“ oder die Abkürzung „e. G.“ muss im Firmennamen geführt werden.


Gründung einer eingetragenen Genossenschaft

Voraussetzungen und Ablauf

Zur Gründung einer e. G. sind mindestens drei Mitglieder erforderlich (§ 4 GenG). Die Gründer verfassen eine Satzung, die zentrale Regelungen zur Organisation und Zielsetzung der Genossenschaft enthält. Die Satzung regelt insbesondere:

  • Zweck und Gegenstand der Genossenschaft
  • Firmierung und Sitz der Gesellschaft
  • Bedingungen für die Mitgliedschaft sowie deren Erwerb und Beendigung
  • Höhe der Geschäftsanteile und Nachschusspflichten der Mitglieder
  • Organe und deren Kompetenzen

Vor der Eintragung in das Genossenschaftsregister ist eine Prüfung durch einen Prüfungsverband erforderlich (Gründungsprüfung, § 11 Abs. 2 GenG). Erst nach positivem Ergebnis dieser Prüfung kann die Genossenschaft ins Register eingetragen werden.


Organe der Genossenschaft

Generalversammlung

Die Generalversammlung ist das oberste Organ. Hier kommen die Mitglieder zusammen, um wesentliche Entscheidungen zu treffen, wie Satzungsänderungen, Beschlussfassungen zur Gewinnverwendung oder die Wahl des Aufsichtsrats. Jedes Mitglied hat in der Regel eine Stimme, unabhängig von der Anzahl der gehaltenen Geschäftsanteile (Demokratieprinzip).

Vorstand

Der Vorstand vertritt die e. G. nach außen, führt die Geschäfte und ist der Generalversammlung rechenschaftspflichtig. Die konkrete Zusammensetzung und die Amtszeiten sind in der Satzung geregelt.

Aufsichtsrat

Genossenschaften mit mehr als zwanzig Mitgliedern müssen einen Aufsichtsrat bestellen (§ 9 GenG). Der Aufsichtsrat kontrolliert den Vorstand, prüft die wirtschaftliche Lage und sorgt für die Einhaltung der Satzung.


Mitgliedschaft in der Genossenschaft

Erwerb und Verlust der Mitgliedschaft

Mitglied kann jede natürliche oder juristische Person sowie eine Personengesellschaft werden. Der Erwerb erfolgt durch Übernahme mindestens eines Geschäftsanteils und die Zulassung durch die Genossenschaft. Die Mitgliedschaft kann durch Austritt, Ausschluss oder Tod (bei natürlichen Personen) bzw. Auflösung (bei juristischen Personen) enden.

Rechte und Pflichten der Mitglieder

Mitglieder profitieren vom wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Genossenschaft, beispielsweise in Form von Gewinnbeteiligungen. Die Pflichten umfassen die Zahlung der Geschäftsanteile, die Einhaltung der Satzungsbestimmungen und gegebenenfalls Nachschusspflichten.


Haftung und Finanzierung

Haftung

Die Genossenschaft haftet grundsätzlich mit ihrem Vermögen. Eine Nachschusspflicht der Mitglieder kann in der Satzung vorgesehen sein, ist aber nicht verpflichtend. Fehlt eine entsprechende Satzungsbestimmung, ist die Haftung auf die Einlagen beschränkt.

Finanzierung

Das Eigenkapital der Genossenschaft setzt sich aus den Geschäftsanteilen der Mitglieder, Rücklagen sowie gegebenenfalls Nachschüssen zusammen. Fremdfinanzierung, insbesondere Bankdarlehen, kann ebenfalls erfolgen. Die Mittel dienen der Verwirklichung des gemeinschaftlichen Zwecks.


Steuerliche Behandlung

Die Genossenschaft ist körperschaftsteuerpflichtig. Sie unterliegt außerdem dem Solidaritätszuschlag und der Gewerbesteuer. Die Mitglieder erhalten Erträge aus ihrer Beteiligung, welche als Kapitaleinkünfte steuerpflichtig sein können, soweit eine Ausschüttung erfolgt.


Aufsicht und Prüfungswesen

Prüfungsverbände

Jede eingetragene Genossenschaft muss Mitglied eines zugelassenen Prüfungsverbandes sein (§ 54 GenG). Prüfungsverbände sind verpflichtet, regelmäßig die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung zu prüfen.

Betriebsprüfung

Mindestens alle zwei Jahre ist eine umfassende Prüfung durch den Prüfungsverband durchzuführen, bei größeren Genossenschaften (Bilanzsumme über 2 Mio. Euro oder Umsatzerlöse über 6 Mio. Euro) jährlich (§ 53 GenG).


Vorteile und Herausforderungen der eingetragenen Genossenschaft

Vorteile

  • Demokratische Struktur (jedes Mitglied hat eine Stimme)
  • Mitgliederförderung als gesetzlich verankerter Zweck
  • Begrenzte Haftung, sofern keine Nachschusspflicht besteht
  • Förderung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen

Herausforderungen

  • Gesetzliche Prüfungs- und Transparenzanforderungen
  • Potenziell schwierige Kapitalbeschaffung im Vergleich zu anderen Rechtsformen
  • Geringere Flexibilität bei Veränderungen der Gesellschaftsstruktur

Auflösung und Beendigung

Eine Genossenschaft kann durch Beschluss der Mitglieder, durch gerichtliches Urteil oder bei Überschuldung aufgelöst werden. Nach Durchführung der Liquidation und Begleichung aller Verbindlichkeiten erfolgt die Löschung der e. G. im Genossenschaftsregister.


Zusammenfassung

Die eingetragene Genossenschaft (e. G.) ist eine gesellschaftsbezogene Rechtsform, die eine enge Verbindung zwischen ihren Mitgliedern und dem gemeinschaftlichen, wirtschaftlichen Handeln schafft. Als juristische Person ist sie rechtlich klar geregelt und unterliegt strengen gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich Gründung, Verwaltung, Prüfung und Auflösung. Die e. G. bietet den Vorteil einer demokratischen, mitgliederorientierten Organisation, bringt aber auch spezifische rechtliche Pflichten mit sich. Sie ist insbesondere für Unternehmen geeignet, die einen gemeinsamen Zweck im Vordergrund sehen und dabei auf eine partnerschaftliche Struktur Wert legen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Gründung einer eingetragenen Genossenschaft (e. G.) erfüllt sein?

Für die Gründung einer eingetragenen Genossenschaft müssen mindestens drei Gründungsmitglieder vorhanden sein, wobei es sich um natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften handeln kann (§ 4 Genossenschaftsgesetz, GenG). Die Gründung erfolgt durch den Abschluss einer schriftlichen Satzung, in der u. a. Sitz, Firma, Gegenstand sowie Form und Umfang der Mitgliederbeiträge festgelegt werden müssen (§ 6 GenG). Die Satzung muss von den Gründungsmitgliedern unterzeichnet werden. Anschließend ist der Vorstand und – sofern gesetzlich vorgeschrieben oder in der Satzung vorgesehen – der Aufsichtsrat zu bestellen (§§ 24, 9 GenG). Vor Eintragung in das Genossenschaftsregister erfolgt die Prüfung der Genossenschaft durch einen Prüfungsverband (§ 11 GenG). Erst nach der positiven Stellungnahme des Verbands kann die Anmeldung der Genossenschaft beim zuständigen Amtsgericht (Genossenschaftsregister) durch sämtliche Vorstandsmitglieder vorgenommen werden (§ 19 GenG). Die e. G. erlangt ihre Rechtsfähigkeit mit der Eintragung in das Register (§ 17 GenG).

Wie erfolgt die Haftung der Mitglieder einer eingetragenen Genossenschaft?

Die Haftung der Mitglieder einer e. G. ist grundsätzlich auf ihre Geschäftsanteile begrenzt (§ 17 Abs. 2 GenG). Für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft haften die Mitglieder grundsätzlich nicht mit ihrem Privatvermögen. In der Satzung kann jedoch festgelegt werden, dass eine Nachschusspflicht besteht (§ 21 GenG), sodass die Mitglieder im Insolvenzfall verpflichtet sein können, über die Einlagen hinausgehende Zahlungen zu leisten. Die Art und Höhe einer eventuell bestehenden Nachschusspflicht muss in der Satzung eindeutig geregelt sein und ist im Genossenschaftsregister offenzulegen. Vorstandsmitglieder und Aufsichtsratsmitglieder haften persönlich für Pflichtverletzungen nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts (§§ 34, 41 GenG, §§ 823 ff. BGB).

Welche Pflichten hat der Vorstand einer eingetragenen Genossenschaft nach deutschem Recht?

Der Vorstand ist das Leitungsorgan der Genossenschaft und vertritt sie gerichtlich und außergerichtlich (§ 24 GenG). Zu seinen Aufgaben gehören insbesondere die ordnungsgemäße Geschäftsführung, die Einberufung der Generalversammlung sowie die Erstellung des Jahresabschlusses und – bei größeren Genossenschaften – des Lageberichts (§ 38 GenG). Er hat weiterhin dafür Sorge zu tragen, dass die gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorgaben eingehalten werden und der Prüfungsverband alle erforderlichen Unterlagen erhält (§ 59 GenG). Verstöße gegen diese Pflichten können zu Schadensersatzansprüchen der Genossenschaft oder Dritter führen.

Wie wird eine eingetragene Genossenschaft rechtlich vertreten?

Die Genossenschaft wird grundsätzlich durch den Vorstand vertreten (§ 26 GenG). Die Vertretungsbefugnis des Vorstands ist grundsätzlich unbeschränkt und bezieht sich auf alle gerichtlichen und außergerichtlichen Angelegenheiten. Die Satzung kann die Vertretungsbefugnis einzelner Vorstandsmitglieder modifizieren, etwa durch Einzel- oder Gesamtvertretung. Im Genossenschaftsregister ist die jeweilige Vertretungsregelung einzutragen und damit für Dritte einsehbar. Einschränkungen der Vertretungsbefugnis haben gegenüber Dritten jedoch grundsätzlich keine Wirkung, sofern die Beschränkung nicht bei der Vertretung im Namen der Genossenschaft deutlich gemacht wird (§ 28 GenG).

Welche Prüfungs- und Offenlegungspflichten bestehen für eingetragene Genossenschaften?

Eingetragene Genossenschaften unterliegen der verpflichtenden regelmäßigen Prüfung durch einen Prüfungsverband (§ 53 GenG). Die Prüfung umfasst insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung. Für kleinere Genossenschaften im Sinne der §§ 53a, 53b GenG gelten Erleichterungen hinsichtlich Umfang und Turnus der Prüfung. Zudem müssen Genossenschaften ab einer bestimmten Größe ihren Jahresabschluss und ggf. einen Lagebericht offenlegen (ähnlich wie Kapitalgesellschaften, §§ 336, 339 HGB). Die Einreichung erfolgt beim Betreiber des Bundesanzeigers.

Wie erfolgt der Beitritt und der Austritt von Mitgliedern in einer e. G. nach rechtlichen Vorgaben?

Der Beitritt eines neuen Mitglieds erfolgt durch eine schriftliche Beitrittserklärung und Genehmigung durch den Vorstand (§ 15 GenG). Die Modalitäten zum Erwerb der Mitgliedschaft und zur Übernahme von Geschäftsanteilen regelt die Satzung. Für den Austritt ist eine schriftliche Austrittserklärung an die Genossenschaft erforderlich, wobei die Satzung Fristen und Modalitäten näher bestimmt (§ 65 GenG). Nach dem Austritt bleibt das ehemalige Mitglied für die bis zur Beendigung der Mitgliedschaft begründeten Verbindlichkeiten noch für eine Nachhaftungsfrist von bis zu zwei Jahren haftbar (§ 73 GenG).

Welche rechtlichen Anforderungen gelten für die Auflösung und Liquidation einer eingetragenen Genossenschaft?

Die Auflösung einer e. G. kann durch Beschluss der Generalversammlung mit einer qualifizierten Mehrheit, durch gerichtliche Entscheidung oder kraft Gesetzes erfolgen (§ 77 GenG). Bei Auflösung erfolgt regelmäßig die Liquidation nach den Vorschriften des Genossenschaftsgesetzes (§§ 84 ff. GenG). Die Liquidatoren haben das Genossenschaftsvermögen zu verwerten, Gläubiger zu befriedigen und einen etwaigen Überschuss nach Maßgabe der Satzung oder des Gesetzes an die Mitglieder zu verteilen. Nach Abschluss der Liquidation ist die Genossenschaft im Genossenschaftsregister zu löschen. Während und nach der Liquidation bestehen umfangreiche Mitteilungspflichten gegenüber Mitgliedern und Gläubigern.