Legal Lexikon

Beratungshilfe

 

Begriff und Definition der Beratungshilfe

Präzise Definition

Beratungshilfe bezeichnet eine staatlich geförderte Form der Unterstützung, durch die Personen mit geringem Einkommen Zugang zu rechtlicher Beratung und außergerichtlicher Vertretung erhalten können. Sie dient dem Ziel, die Wahrnehmung rechtlicher Interessen unabhängig von den eigenen finanziellen Möglichkeiten sicherzustellen. Die Beratungshilfe ist in Deutschland in erster Linie im Beratungshilfegesetz (BerHG) geregelt und ermöglicht es Menschen, anwaltliche Hilfe bei Rechtsproblemen zu erhalten, ohne die vollen Kosten selbst tragen zu müssen.

Allgemeiner Kontext und Relevanz

Im Alltag treten häufig Situationen auf, in denen rechtlicher Beistand erforderlich ist – beispielsweise bei Problemen mit Vermietern, Streitigkeiten im Arbeitsverhältnis, Schwierigkeiten mit Behörden, Sozialleistungsfragen oder familienrechtlichen Auseinandersetzungen. Nicht jeder ist jedoch in der Lage, die dafür anfallenden Kosten aus eigener Tasche zu bezahlen. Hier setzt die Beratungshilfe an, um soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit zu fördern.

Die Beratungshilfe ist somit ein wichtiger Baustein des deutschen Rechtssystems. Sie trägt dazu bei, den Anspruch auf Rechtswahrnehmung auch für Menschen mit begrenzten finanziellen Mitteln realisierbar zu machen.

Laienverständliche Erklärung

Vereinfacht gesagt: Wer rechtliche Unterstützung benötigt, sich diese aber finanziell nicht leisten kann, kann bei Gericht einen sogenannten Beratungshilfeschein beantragen. Mit diesem Schein kann die betreffende Person eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt aufsuchen. Die staatliche Hilfe deckt dabei die Kosten der anwaltlichen Beratung und gegebenenfalls auch eines außergerichtlichen Schriftwechsels mit der Gegenseite. Die zu beratende Person zahlt in der Regel lediglich einen Eigenanteil.


Rechtliche Grundlagen der Beratungshilfe

Gesetzliche Regelungen

Die Beratungshilfe ist in Deutschland hauptsächlich durch das Gesetz über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen (Beratungshilfegesetz, BerHG) geregelt. Weitere einschlägige Regelungen finden sich in der Beratungshilfeverordnung (BerHV) sowie in Teilen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG).

Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen sind:

  • Beratungshilfegesetz (BerHG)
  • Beratungshilfeverordnung (BerHV)
  • Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)

Das Beratungshilfegesetz enthält die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe, regelt das Antragsverfahren sowie die Erfordernisse zur Nachweisführung der Bedürftigkeit.

Wichtige Paragraphen und Institutionen

  • § 1 BerHG: Regelung des Anspruchs auf Beratungshilfe
  • § 3 BerHG: Antragsverfahren, Zuständigkeit des Amtsgerichts
  • § 44 RVG: Vergütung des Rechtsanwalts im Rahmen der Beratungshilfe

Zuständig für die Bearbeitung von Anträgen sind in der Regel die Amtsgerichte am Wohnort des Antragstellers.


Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Beratungshilfe

Personelle Voraussetzungen

Beratungshilfe steht grundsätzlich natürlichen Personen zu, die

  • ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und
  • nicht in der Lage sind, die erforderlichen Mittel auf andere Weise – namentlich durch Selbstzahlung, durch eine Rechtsschutzversicherung oder durch anderweitig zumutbare Hilfen – aufzubringen.

Bedürftigkeit

Ein zentrales Kriterium ist die finanzielle Hilfsbedürftigkeit des Antragstellers. Diese wird ähnlich wie im Fall der Prozesskostenhilfe geprüft. Das Einkommen, die monatlichen Ausgaben sowie das Vermögen werden anhand von Nachweisen beurteilt. Maßstab ist, dass nach Abzug bestimmter Freibeträge keine ausreichenden Mittel zur Durchführung der beabsichtigten Rechtsberatung zur Verfügung stehen.

Keine andere zumutbare Möglichkeit der Hilfe

Bevor Beratungshilfe beansprucht werden kann, wird geprüft, ob eine andere zumutbare Möglichkeit der Hilfe besteht. Dazu zählt beispielsweise der Kontakt zu sozialen Beratungsstellen oder Verbraucherschutzverbänden, sofern dort eine zufriedenstellende Lösung zu erwarten ist.

Kein gleichzeitiger Anspruch auf Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe

Beratungshilfe kann nicht für Angelegenheiten beansprucht werden, für die bereits eine gerichtliche Auseinandersetzung bevorsteht oder läuft. In diesen Fällen ist Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe einschlägig.


Anwendungsbereiche und typische Kontexte der Beratungshilfe

Einsatzgebiete der Beratungshilfe

Die Beratungshilfe ist auf die außergerichtliche Rechtsberatung und -vertretung ausgerichtet. Zu den klassischen Anwendungsbereichen zählen:

  • Zivilrechtliche Streitigkeiten

– Mietrecht (z.B. Streit mit Vermietern)
– Vertragsrecht (z.B. Probleme mit Käufen, Dienstleistungen)
– Familienrecht (vor gerichtlichen Verfahren, z.B. Trennungsberatung)
– Erbrechtliche Angelegenheiten (z.B. Auskunft über Erbansprüche)

  • Sozialrechtliche Fragestellungen

– Streitigkeiten mit Behörden (z.B. Jobcenter, Rentenversicherung)

  • Arbeitsrecht

– Differenzen im Arbeitsverhältnis (Abmahnungen, Kündigungen)

  • Verwaltungsrecht

– Konflikte mit Ämtern oder Behörden

  • Strafrecht

– Beratung für Beschuldigte zu Beginn eines Ermittlungsverfahrens (außergerichtlich)

  • Bußgeldsachen

– Beratung bei Ordnungswidrigkeiten und Bußgeldbescheiden

Beispiel:
Eine Mieterin steht wegen einer Mieterhöhung in Streit mit ihrem Vermieter. Sie ist alleinstehend und bezieht Sozialleistungen. Da sie sich einen Anwalt selbst nicht leisten könnte, beantragt sie beim zuständigen Amtsgericht Beratungshilfe und legt die erforderlichen Nachweise vor. Nach Bewilligung sucht sie eine Anwältin auf, die ihr in der Angelegenheit beratend zur Seite steht.

Abgrenzung zur Prozesskostenhilfe

Beratungshilfe bezieht sich ausschließlich auf die außergerichtliche Tätigkeit. Steht bereits ein Gerichtsverfahren bevor oder wird dieses notwendig, erfolgt eine Beantragung von Prozesskostenhilfe, die andere gesetzliche Voraussetzungen und Verfahren umfasst.


Beantragung und Ablauf der Beratungshilfe

Ablauf der Antragstellung

Das Antragsverfahren erfolgt grundsätzlich schriftlich oder zur Niederschrift bei der Rechtsantragstelle des örtlich zuständigen Amtsgerichts.

  • Der Antrag kann vor oder nach der Inanspruchnahme einer Rechtsanwältin bzw. eines Rechtsanwalts gestellt werden.
  • Wird der Antrag vor dem Gespräch mit dem Anwalt gestellt, erhält die antragsstellende Person einen Beratungshilfeschein, den sie beim Besuch vorlegt.
  • Wird der Antrag nachträglich gestellt, kann ein Anwalt den Antrag im Namen des Ratsuchenden beim Gericht einreichen.

Benötigte Nachweise

Für eine erfolgreiche Beantragung sind folgende Unterlagen und Angaben erforderlich:

  • Personalausweis oder vergleichbares Ausweisdokument
  • Nachweise über Einkommen und Vermögen (z.B. Gehaltsabrechnungen, Kontoauszüge, Bescheid über Sozialleistungen)
  • Belege über laufende Ausgaben (z.B. Miete, Unterhaltsverpflichtungen)
  • Darstellung des Beratungsanliegens (Schilderung des rechtlichen Problems)
  • Angaben zu bestehenden Rechtsschutzversicherungen oder alternativen Hilfeangeboten

Eigenanteil

Die kostenmäßige Beteiligung der hilfesuchenden Person ist gering: In der Regel fällt eine Gebühr von 15 EUR an, sofern die rechtliche Beratung tatsächlich erfolgt. Ausnahmen sind möglich, wenn die Zahlung eine unzumutbare Härte darstellen würde.

Dauer und Umfang der Gewährung

Nach positiver Prüfung wird die Beratungshilfe für die betreffende Angelegenheit und den außengerichtlichen Bereich bewilligt. Die Bewilligung bezieht sich immer auf einen konkreten Lebenssachverhalt und umfasst alle erforderlichen Maßnahmen im Beratungshilfebereich.


Besondere Problemstellungen, Einschränkungen und häufige Fragen

Möglichkeiten der Ablehnung

Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn

  • die Voraussetzungen der Bedürftigkeit nicht erfüllt sind,
  • eine andere zumutbare Hilfe zur Verfügung steht,
  • der Rechtsrat mutwillig in Anspruch genommen wird oder
  • keine rechtliche Problemlage im Sinne des Gesetzes vorliegt.

Wiederholte Anträge

Bei wiederholtem Antrag zu demselben Lebenssachverhalt wird Beratungshilfe in der Regel nicht erneut bewilligt. Änderungen der Sach- oder Rechtslage können eine Ausnahme begründen.

Problemfeld: Unklare Zuständigkeit und keine Rechtsvertretung

Beratungshilfe ist ausschließlich auf außergerichtliche Tätigkeiten beschränkt. Kommt es zu einem Gerichtsverfahren, endet die Berechtigung zur Beratungshilfe, und es ist gegebenenfalls Prozesskostenhilfe zu beantragen. Ein häufiger Irrtum besteht darin, dass die Beratungshilfe auch die Vertretung vor Gericht umfasst – dies ist jedoch nicht der Fall.

Rückforderungsmöglichkeiten

Stellt sich nachträglich heraus, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung – etwa bei Einkommensverschweigen – nicht vorlagen, kann das Gericht die Beratungshilfe zurückfordern.


Bedeutung und Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte

Die Beratungshilfe ist ein zentrales Instrument zur Sicherstellung von Chancengleichheit bei der Rechtswahrnehmung in Deutschland. Sie ermöglicht Menschen mit geringen finanziellen Mitteln, ihre Rechte außergerichtlich wahrzunehmen. Das Verfahren ist rechtlich klar geregelt, die Bewerbung erfolgt beim Amtsgericht, die Einkommenssituation wird sorgfältig geprüft. Beratungshilfe findet in vielen Lebensbereichen Anwendung – von mietrechtlichen Problemen über arbeitsrechtliche Fragestellungen bis hin zum Familienrecht oder Sozialrecht.

Das Beratungshilfegesetz (BerHG) und das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) bilden die maßgeblichen Rechtsgrundlagen.

Für Ratsuchende ist es entscheidend, alle notwendigen Unterlagen und Nachweise sorgfältig beizulegen und das Anliegen verständlich darzulegen. Eine fehlerfreie Antragstellung beschleunigt die Bewilligung und sichert einen schnellen Zugang zu rechtlichem Beistand.


Relevanz des Begriffs Beratungshilfe

Beratungshilfe spielt insbesondere für folgende Personengruppen eine wichtige Rolle:

  • Menschen mit geringem Einkommen oder Sozialleistungsbezug
  • Arbeitslose und Geringverdienende
  • Alleinerziehende
  • Rentnerinnen und Rentner mit niedrigen Bezügen
  • Studierende oder Auszubildende ohne ausreichende finanzielle Mittel

Darüber hinaus ist sie für alle Personen relevant, die kurzfristig in eine finanzielle Notlage geraten und anwaltlichen Rat benötigen.


Fazit

Die Beratungshilfe gewährleistet in Deutschland die Möglichkeit, auch bei beschränkten finanziellen Ressourcen rechtliche Unterstützung und Beratung außerhalb gerichtlicher Verfahren in Anspruch zu nehmen. Sie unterliegt klaren rechtlichen Voraussetzungen, zielt auf soziale Ausgewogenheit und trägt zur Verwirklichung des Rechtsstaatsprinzips bei. Wer Anspruch auf Beratungshilfe hat, kann sich effektiv und kostengünstig gegen rechtliche Benachteiligungen schützen und die eigenen Rechte durch qualifizierte Unterstützung wahrnehmen.

Häufig gestellte Fragen zum Thema Beratungshilfe

Wer hat Anspruch auf Beratungshilfe?

Anspruch auf Beratungshilfe haben Personen, die aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage sind, die Kosten für eine anwaltliche Beratung und gegebenenfalls Vertretung aus eigenen Mitteln zu tragen, ohne dadurch ihren notwendigen Lebensunterhalt oder den ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen zu gefährden. Beratungshilfe wird zudem nur gewährt, wenn keine andere Möglichkeit für kostenlose Beratung, etwa durch die Rechtsantragsstelle am Amtsgericht, besteht. Voraussetzung ist ebenfalls, dass die Rechtsangelegenheit nicht mutwillig erscheint und eine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Nicht antragsberechtigt sind Unternehmen und juristische Personen, ausgenommen gemeinnützige Vereine in bestimmten Fallkonstellationen.

Für welche Angelegenheiten kann man Beratungshilfe beantragen?

Beratungshilfe kann für Angelegenheiten aus nahezu allen Rechtsgebieten beantragt werden, beispielsweise im Familienrecht, Mietrecht, Sozialrecht, Arbeitsrecht oder Strafrecht. Ausgenommen ist regelmäßig das Steuerrecht, soweit die Angelegenheit nicht das persönliche Einkommen betrifft. Auch in Fällen, in denen bereits ein gerichtliches Verfahren läuft, ist Beratungshilfe grundsätzlich ausgeschlossen; hier kann Prozesskostenhilfe greifen. Zu beachten ist außerdem, dass Beratungshilfe nicht für Angelegenheiten im Ausland oder für gewerbliche Zwecke gewährt wird.

Wie und wo stellt man einen Antrag auf Beratungshilfe?

Den Antrag auf Beratungshilfe kann man direkt beim zuständigen Amtsgericht (meist dem eigenen Wohnort) stellen, entweder schriftlich, persönlich oder – in vielen Bundesländern – auch online. Vor Ort füllt man einen Vordruck aus und weist seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse durch Unterlagen wie Einkommensnachweise, Mietvertrag, Kontoauszüge und gegebenenfalls Sozialhilfebescheid nach. Die Rechtssuchenden schildern außerdem ihr konkretes rechtliches Problem. Alternativ kann auch ein Anwalt nachträglich die Bewilligung beantragen, wenn der Rechtssuchende sich zunächst direkt an ihn gewendet hat.

Welche Unterlagen werden für den Antrag benötigt?

Für die Beantragung von Beratungshilfe sind zahlreiche Unterlagen erforderlich: Personalausweis oder Reisepass, aktuelle Nachweise über das Einkommen (z.B. Gehaltsabrechnungen, Rentenbescheid, ALG-II-Bescheid), Nachweise über laufende Ausgaben (Mietvertrag, Nachweise über Nebenkosten, Unterhaltsverpflichtungen), Kontoauszüge der letzten drei Monate und gegebenenfalls Nachweise über besondere Belastungen wie Kredite oder Schulden. Zusätzlich wird eine kurze Schilderung des rechtlichen Problems und vorhandene relevante Unterlagen (z. B. Schriftverkehr, Verträge, Bescheide) benötigt.

Muss ich trotzdem einen Eigenanteil zahlen?

Auch wenn Beratungshilfe bewilligt wurde, kann der Anwalt für seine Beratung einen Eigenanteil von derzeit maximal 15 Euro (Stand 2024) verlangen. Diese sogenannte Schutzgebühr ist gesetzlich festgelegt. Sie kann jedoch in begründeten Fällen, z.B. bei vollständiger Mittellosigkeit, vom Anwalt erlassen werden. Für weitergehende Vertretungshandlungen oder das Einreichen von Schriftsätzen im Namen des Mandanten ist ebenfalls Beratungshilfe möglich, solange noch kein gerichtliches Verfahren anhängig ist.

Was deckt die Beratungshilfe genau ab?

Die Beratungshilfe umfasst die rechtliche Beratung und, wenn notwendig, außergerichtliche Vertretung, also etwa das Verfassen von Schreiben, Verhandeln mit der Gegenseite oder Einlegen eines Widerspruchs. Sie schließt jedoch gerichtliche Verfahren (Klage, Verteidigung, Prozessführung) ausdrücklich aus – dafür ist im Regelfall Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe zu beantragen. Beratungshilfe kann auch mehrfach für verschiedene Angelegenheiten in Anspruch genommen werden, sofern für jede ein gesonderter Antrag vorliegt.

Was mache ich, wenn mein Antrag auf Beratungshilfe abgelehnt wurde?

Wenn der Antrag auf Beratungshilfe abgelehnt wird, erhalten Sie vom Amtsgericht einen förmlichen Bescheid mit Begründung. Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Erinnerung beim Amtsgericht einlegen. In der Erinnerung legen Sie nochmals ausführlich dar, warum Sie der Ansicht sind, dass die Voraussetzungen für Beratungshilfe vorliegen und reichen gegebenenfalls ergänzende Unterlagen nach. Wird auch die Erinnerung abgelehnt, besteht abschließend die Möglichkeit einer Beschwerde zum Landgericht, wobei eine anwaltliche Vertretung hilfreich sein kann.