Legal Lexikon

Rechtsträger


Begriff und rechtliche Einordnung von Rechtsträgern

Der Begriff Rechtsträger ist ein zentraler Begriff im Zivilrecht, Verwaltungsrecht sowie im öffentlichen Recht und bezeichnet jede natürliche oder juristische Person, die Träger von Rechten und Pflichten sein kann. Rechtsträger sind somit Adressaten des Rechts und handeln im eigenen Namen. Im deutschen Recht stellt der Begriff Rechtsträger eine Sammelbezeichnung für alle Personen oder Organisationseinheiten dar, denen die Fähigkeit zukommt, Träger von Rechten und Verpflichtungen zu sein.

Definition und Abgrenzung des Rechtsträgers

Der Begriff des Rechtsträgers ist nicht explizit gesetzlich definiert, wird aber in zahlreichen gesetzlichen Regelungen verwendet, insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie in verschiedenen verwaltungsrechtlichen Vorschriften. Ein Rechtsträger ist demnach jede Einheit, die Träger eigener Rechte und Pflichten ist und damit eine rechtliche Selbstständigkeit besitzt.

Natürliche und juristische Personen als Rechtsträger

  • Natürliche Personen

Jeder Mensch ist ab Geburt unabhängig von Alter oder Geschäftsfähigkeit Träger von Rechten und Pflichten. Somit ist jede natürliche Person grundsätzlich Rechtsträger.

  • Juristische Personen

Juristische Personen sind rechtlich anerkannte Organisationseinheiten, denen die Rechtsordnung eigene Rechtsfähigkeit zuerkennt. Beispiele sind Vereine, Kapitalgesellschaften (wie GmbH oder AG), Stiftungen, Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts.

Nicht-rechtsfähige Organisationen

Nicht jede Organisation ist rechtlich eigenständig. Nichtrechtsfähige Vereine und Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) etwa gelten in bestimmten Fällen als teilrechtsfähig, stellen jedoch im klassischen Sinn keine vollwertigen Rechtsträger dar, da die Mitgliedspersonen für Rechte und Pflichten haften.

Rechtsträger im öffentlichen Recht

Im öffentlichen Recht ist der Rechtsträgerbegriff insbesondere für die Verteilung von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zwischen Bund, Ländern, Gemeinden, Körperschaften oder Anstalten von Bedeutung. Hierbei ist etwa zu klären, wer Träger hoheitlicher Aufgaben ist oder wer im Schadensfall haftet.

Bund, Länder und Kommunen

Die Bundesrepublik Deutschland, die Länder und die Gemeinden sowie sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sind typische Rechtsträger im öffentlichen Sektor. Ihnen können Aufgaben und Zuständigkeiten durch Gesetz oder Satzung übertragen werden, sie handeln durch Organe oder Vertreter.

Träger öffentlicher Verwaltung

Besondere Bedeutung hat der Rechtsträger unter dem Gesichtspunkt der Organleihe und des Verwaltungshandelns. So ist zum Beispiel bei Amtshandlungen festzustellen, ob ein Organ als eigenständiger Rechtsträger (Eigenverwaltung) oder im Rahmen einer Organleihe für einen anderen Rechtsträger (Fremdverwaltung) handelt.

Rechtsträger im Zivilrecht

Das Zivilrecht differenziert nach der Rechtsfähigkeit, sprich der Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein.

Gesellschaftsrecht

Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit – wie die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder die Aktiengesellschaft (AG) – sind Rechtsträger und können daher klagen, verklagt werden und Verträge abschließen. Personengesellschaften wie OHG oder KG sind hingegen nur im eingeschränkten Umfang rechtsfähig.

Schuldverhältnisse und Eigentum

Rechtsträger können Eigentum an Sachen haben, Forderungen besitzen oder mit Rechten belastet sein. Bei Vertragsverhältnissen ist es entscheidend zu ermitteln, wer Vertragspartner und somit Träger der sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten ist.

Rechtsträgerprinzip und rechtsträgerübergreifende Sachverhalte

Das sogenannte Rechtsträgerprinzip besagt, dass Rechtshandlungen und Rechtsfolgen grundsätzlich demjenigen zuzuordnen sind, der als Rechtsträger beteiligt ist. Eine Handlung eines Organs, etwa eines Geschäftsführers, wird nicht diesem, sondern unmittelbar dem vertretenen Rechtsträger zugerechnet.

Rechtsträgerwechsel

In bestimmten Fällen können Rechte und Pflichten von einem Rechtsträger auf einen anderen übergehen, wie bei Umwandlungsvorgängen (Verschmelzung, Spaltung von Gesellschaften), Gesamtrechtsnachfolge (beispielsweise beim Erbfall) oder durch Übertragungsverträge.

Abgrenzung zum Organträger und zur Organisationseinheit

Während der Rechtsträger Inhaber der Rechte und Pflichten ist, sind die Organe lediglich handlungsbevollmächtigte Vertreter. Ein Organ kann nie selbst Rechte und Pflichten für sich begründen, sondern stets nur für den Rechtsträger, dem es angehört. Häufig sind Organisationseinheiten ohne eigene Rechtsfähigkeit von einem übergeordneten Rechtsträger abhängig, auf den die rechtlichen Folgen ihres Handelns zurückfallen.

Haftung des Rechtsträgers

Der Rechtsträger haftet grundsätzlich für Handlungen seiner Organe und Vertreter. Im öffentlichen Recht ist dies für Amtshaftungsfälle (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) geregelt, im Gesellschaftsrecht für juristische Personen durch die Organtheorie.

Bedeutung im Rechnungswesen und Steuerrecht

Im Rechnungswesen und Steuerrecht ist der Rechtsträger diejenige Einheit, für die eine Buchführungspflicht besteht und der steuerpflichtig wird. Der Rechtsträger ist Steuerobjekt, zum Beispiel als Unternehmensträger bei der Körperschaftssteuer.

Zusammenfassung

Der Begriff Rechtsträger umfasst sämtliche natürlichen und juristischen Personen, denen durch die Rechtsordnung die Fähigkeit verliehen ist, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Die korrekte Bestimmung, wer Rechtsträger ist, ist in sämtlichen Bereichen des Zivil-, Verwaltungs- und Steuerrechts essenziell, unter anderem zur Feststellung von Haftung, Zuständigkeit, Besitz und Eigentum sowie steuerlichen Pflichten. Durch die klare Abgrenzung des Rechtsträgerbegriffs wird Rechtssicherheit im Rechtsverkehr gewährleistet.


Literaturhinweise

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Handelsgesetzbuch (HGB)
  • Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG)
  • Aktiengesetz (AktG)
  • Grundgesetz (GG)
  • Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
  • Umwandlungsgesetz (UmwG)

Weblinks

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Pflichten hat ein Rechtsträger in Bezug auf die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften?

Ein Rechtsträger ist verpflichtet, sämtliche für ihn geltenden Gesetze und Verordnungen einzuhalten. Dazu zählen insbesondere die Regelungen aus dem jeweiligen Gesellschaftsrecht (z.B. Bürgerliches Gesetzbuch, GmbH-Gesetz, Aktiengesetz), Steuerrecht, Arbeitsrecht sowie branchenspezifische Vorschriften. Der Rechtsträger muss als Träger von Rechten und Pflichten selbst dafür Sorge tragen, dass diese Regelungen beachtet werden. Die Einhaltung erfolgt regelmäßig durch Organe bzw. vertretungsberechtigte Personen (z.B. Geschäftsführer, Vorstand), welche für das Handeln des Rechtsträgers verantwortlich sind. Zu den Hauptpflichten gehören u.a. die ordnungsgemäße Buchführung, die Abgabe von Steuererklärungen, die Veröffentlichungspflichten (bei bestimmten Gesellschaftsformen im Handelsregister oder Bundesanzeiger) sowie die Gewährleistung des Datenschutzes nach DSGVO. Die Nichteinhaltung gesetzlicher Vorschriften kann zu teils erheblichen zivil-, straf- oder bußgeldrechtlichen Konsequenzen für den Rechtsträger führen.

Wer haftet für Verbindlichkeiten eines Rechtsträgers?

Die Haftung für Verbindlichkeiten eines Rechtsträgers richtet sich maßgeblich nach der Rechtsform des Rechtsträgers. Juristische Personen wie die GmbH oder die AG haften grundsätzlich nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen, eine persönliche Haftung der Gesellschafter besteht grundsätzlich nicht. Bei Personengesellschaften wie der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder der Kommanditgesellschaft (KG) haften hingegen die persönlich haftenden Gesellschafter (Komplementäre) auch mit ihrem Privatvermögen. Einzelfirmen (eingetragener Kaufmann, e.K.) haften mit dem gesamten Geschäfts- und Privatvermögen. Im Insolvenzfall können unter bestimmten Voraussetzungen (insbesondere bei Pflichtverletzungen der Geschäftsleitung) auch eine Durchgriffshaftung oder eine Haftung wegen Insolvenzverschleppung auf die handelnden Personen persönlich entstehen.

Wie erfolgt die Vertretung eines Rechtsträgers im Rechtsverkehr?

Rechtsträger agieren nicht selbst, sondern werden durch ihre gesetzlichen oder vertraglich bestellten Vertreter im Rechtsverkehr repräsentiert. Bei Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, AG) übernehmen diese Aufgabe regelmäßig die Geschäftsführer bzw. der Vorstand. Die Vertretungskompetenz ergibt sich aus dem Gesetz (etwa § 35 GmbHG für Geschäftsführer) oder aus der Satzung bzw. dem Gesellschaftsvertrag. Bei Personengesellschaften haften und vertreten die persönlich haftenden Gesellschafter, bei der GbR jeder Gesellschafter einzeln oder gemeinsam. Die Vertretung umfasst sowohl die gerichtliche als auch die außergerichtliche Wahrnehmung der Interessen des Rechtsträgers. Für bestimmte Rechtsgeschäfte können Beschränkungen vorgesehen werden (z.B. Zustimmungsvorbehalte), die nach außen jedoch meist keine Wirkung entfalten, wenn der Vertretungsmacht nach dem Gesetz keine Schranken gesetzt sind.

Was ist bei der Gründung eines neuen Rechtsträgers rechtlich zu beachten?

Die Gründung eines Rechtsträgers verlangt die Beachtung verschiedener gesetzlicher und formeller Vorgaben. Je nach Rechtsform ist eine notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrages bzw. der Satzung (z.B. bei GmbH, AG) sowie eine Anmeldung und Eintragung im zuständigen Register (Handelsregister, Vereinsregister) erforderlich. Hinzu kommen steuerliche Anmeldungen beim Finanzamt, ggf. die Anmeldung als Arbeitgeber bei der Sozialversicherung sowie branchenspezifische Genehmigungen oder Erlaubnisse. Nach Eintragung entsteht der Rechtsträger mit all seinen Rechten und Pflichten („normative Wirkung“ der Eintragung). Im Falle einer fehlerhaften oder verspäteten Errichtung können die handelnden Personen unter Umständen persönlich haften („Vorgründungshaftung“).

Welche Bedeutung hat die Unterscheidung von Rechtsträger und Organ im rechtlichen Kontext?

Die Trennung von Rechtsträger (als Träger von Rechten und Pflichten) und Organ (als vertretungsberechtigtes, funktional handelndes Organ wie Vorstand, Geschäftsführer) ist ein zentrales Prinzip des Gesellschaftsrechts. Der Rechtsträger selbst ist nicht handlungsfähig und bedarf daher der Organe zur Ausübung seiner Rechte und Pflichten. Organe handeln im Namen und auf Rechnung des Rechtsträgers, ihre Handlungen und Erklärungen werden diesem rechtlich zugerechnet. Eine Vermischung dieser Ebenen kann zu rechtlichen Unsicherheiten und ggf. zur Durchgriffshaftung führen, etwa wenn ein Organ die Trennung zwischen persönlichem und gesellschaftlichem Vermögen nicht beachtet.

Welchen Einfluss hat die Rechtsform auf die Rechtsfähigkeit des Rechtsträgers?

Die Rechtsfähigkeit – also die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein – hängt entscheidend von der gewählten Rechtsform des Rechtsträgers ab. Juristische Personen des Privatrechts (z.B. GmbH, AG, eingetragener Verein) erlangen ihre Rechtsfähigkeit erst mit der Eintragung in das jeweilige Register. Vor der Eintragung können sie grundsätzlich keine wirksamen Rechtsgeschäfte tätigen, es existiert jedoch unter Umständen eine sogenannte Vorgesellschaft. Personengesellschaften (wie GbR, OHG) sind grundsätzlich rechtsfähig, soweit sie durch einen gemeinsamen Zweck verbunden sind und im Rechtsverkehr auftreten; hier regeln spezielle Vorschriften unter anderem die Außenhaftung der Gesellschafter.

Wie kann ein Rechtsträger beendet oder liquidiert werden?

Die Beendigung eines Rechtsträgers erfolgt durch förmliche Auflösung, meist durch entsprechenden Gesellschafterbeschluss oder aufgrund gesetzlicher Gründe (etwa Insolvenz, Zeitablauf, gerichtliche Entscheidung). Anschließend folgt die Liquidation, bei der das Gesellschaftsvermögen verwertet, Verbindlichkeiten beglichen und ein etwaiger verbleibender Rest an die Gesellschafter verteilt wird. Erst mit der Löschung im Register erlischt der Rechtsträger rechtlich vollständig. Auch im Rahmen der Liquidation bestehen fortbestehende Pflichten, etwa zur Buchführung und Abgabe von Steuererklärungen. Sofern Verbindlichkeiten bestehen bleiben, kann auch nach der Löschung unter Umständen eine Nachtragsliquidation oder Nachhaftung gegenüber Gläubigern eintreten.