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Interessengemeinschaft


Begriff und Definition der Interessengemeinschaft

Eine Interessengemeinschaft (kurz: IG) bezeichnet im deutschen Zivilrecht einen Zusammenschluss mehrerer natürlicher oder juristischer Personen zur gemeinschaftlichen Verfolgung bestimmter wirtschaftlicher, sozialer oder ideeller Interessen. Die Interessengemeinschaft ist häufig durch eine lose, vertragliche Kooperation gekennzeichnet, ohne eigene Rechtsfähigkeit im Sinne einer juristischen Person zu besitzen. Ziel einer Interessengemeinschaft ist es, durch das Zusammenwirken ihrer Mitglieder eine stärkere Durchsetzung von Einzelinteressen gegenüber Dritten zu erreichen.

Rechtsnatur und Abgrenzung

Interessengemeinschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

Rechtlich betrachtet handelt es sich bei einer Interessengemeinschaft regelmäßig um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gemäß §§ 705-740 BGB, sofern ein vertraglicher Zusammenschluss mit mindestens zwei Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks vorliegt. Die GbR ist eine rechtsfähige Personengesellschaft, soweit sie am Rechtsverkehr teilnimmt.

Voraussetzungen der GbR

  • Gemeinsamer Zweck: Die Mitglieder verfolgen ein kollektives Ziel, das durch gemeinsame Anstrengung erreicht werden soll.
  • Gesellschaftsvertrag: Ein ausdrücklicher oder konkludenter Vertrag zwischen den Mitgliedern ist notwendig.
  • Beitragsleistung: Jeder Gesellschafter leistet einen Beitrag; dieser kann materiell, finanziell oder in Form von Arbeitskraft erfolgen.

Abgrenzung zu anderen Zusammenschlüssen

Unterschied zu Vereinen

Ein Verein gemäß § 21 BGB ist eine körperschaftlich organisierte Personenvereinigung mit eigenen Organen und Rechtsfähigkeit. Interessengemeinschaften sind dagegen in aller Regel formloser organisiert, treten nicht als eingetragener Verein auf und sind selten auf Dauer angelegt.

Kooperation und Arbeitsgemeinschaft

Im wirtschaftlichen Kontext kommt es zur Überschneidung mit Begriffen wie „Arbeitsgemeinschaft“ (ArGe) oder „Kooperation“. Die Interessengemeinschaft unterscheidet sich vorrangig durch den Grad der organisatorischen Bindung und die eigene Zwecksetzung.

Gründung und Organisation

Abschluss des Gesellschaftsvertrags

Die Gründung einer Interessengemeinschaft setzt den Abschluss eines Gesellschaftsvertrags voraus. Hierbei genügt auch eine mündliche oder konkludente Vereinbarung. Inhalt des Vertrages sind:

  • Bestimmung des gemeinsamen Zwecks
  • Regelung der Beiträge der Mitglieder
  • Entscheidungsfindung innerhalb der Interessengemeinschaft
  • Dauer und Auflösungskriterien der Gemeinschaft

Vertretung und Haftung

Die Vertretung der Interessengemeinschaft erfolgt nach den Vorschriften der GbR. Grundsätzlich sind alle Mitglieder gemeinschaftlich vertretungsberechtigt, soweit nichts anderes vereinbart ist. Für rechtsgeschäftliche Handlungen der Interessengemeinschaft haften die Mitglieder gesamtschuldnerisch, also mit ihrem gesamten persönlichen Vermögen (vgl. § 421 ff. BGB).

Innen- und Außenverhältnis

Im Innenverhältnis regeln die Mitglieder der Interessengemeinschaft die Aufgabenverteilung und Entscheidungsprozesse. Im Außenverhältnis treten sie geschlossen oder durch bevollmächtigte Mitglieder gegenüber Dritten auf.

Zweck und Erscheinungsformen

Interessengemeinschaften treten in vielfältiger Ausprägung auf, beispielsweise:

  • Zusammenschlüsse von Wohnungseigentümern zur gemeinsamen Verwaltung bestimmter Belange
  • Zusammenschlüsse von Unternehmen zur Durchsetzung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen
  • Zusammenschlüsse von Verbrauchern oder Betroffenen zur Vertretung gemeinsamer Anliegen gegenüber Behörden oder Dritten

Die Gemeinsamkeit besteht stets in der Verfolgung eines Zwecks, der durch die alleinige Initiative eines Einzelnen nicht in gleichem Maße erreicht werden könnte.

Rechtliche Folgen und Wirkungen

Rechtliche Bindung der Mitglieder

Der Eintritt in die Interessengemeinschaft begründet Rechte und Pflichten der Mitglieder. Dazu zählen insbesondere:

  • Leistung der vereinbarten Beiträge
  • Beteiligung an Entscheidungen
  • Haftung für gemeinschaftliche Verbindlichkeiten
  • Anspruch auf einen etwaigen gemeinschaftlichen Nutzen oder Erlös

Außendarstellung und Name

Die Interessengemeinschaft kann unter einer eigenen Bezeichnung auftreten. Diese Bezeichnung ist allerdings rechtlich nicht geschützt, sofern keine zusätzliche Eintragung als Marke oder Firma erfolgt. Sie dient der Identifikations- und Kommunikationszwecken gegenüber Dritten.

Beendigung der Interessengemeinschaft

Die Auflösung einer Interessengemeinschaft folgt den allgemeinen Vorschriften des Gesellschaftsrechts:

  • Erreichen oder Wegfall des Zwecks
  • Kündigung durch ein Mitglied
  • Vereinbarte Fristablauf
  • Einvernehmliche Aufhebung

Nach Auflösung erfolgt die Auseinandersetzung nach den gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen.

Steuerliche Behandlung

Interessengemeinschaften unterliegen bei wirtschaftlicher Tätigkeit der Einkommen-, Körperschaft- und gegebenenfalls der Umsatzsteuer, sofern Einnahmen erzielt werden. Die steuerliche Bewertung richtet sich nach den jeweiligen Tätigkeitsfeldern und der Gewinnverteilung im Rahmen der gemeinschaftlichen wirtschaftlichen Betätigung.

Rechtsbezüge und Absprachen mit Dritten

Vertragsabschlüsse mit Dritten erfolgen durch die gemeinschaftlich bevollmächtigten Mitglieder. Rechte und Pflichten aus Verträgen entstehen ebenfalls für alle Mitglieder gesamtschuldnerisch. Im Fall gerichtlicher Auseinandersetzungen besteht die Möglichkeit einer gemeinschaftlichen Klagefähigkeit der Interessengemeinschaft, wenn sie als GbR gilt.

Zusammenfassung

Die Interessengemeinschaft ist ein flexibles rechtliches Konstrukt zur Verfolgung gemeinsamer Interessen mehrerer Personen. Ihr rechtlicher Rahmen wird überwiegend durch die Vorschriften des Gesellschaftsrechts bestimmt. Die Besonderheiten der Interessengemeinschaft liegen in ihrer Formlosigkeit, ihrer individuell anpassbaren vertraglichen Grundlage sowie den weitreichenden Haftungs- und Vertretungsregelungen, die für die Mitglieder von wesentlicher Bedeutung sind. Aufgrund der wirtschaftlichen, ideellen und sozialen Ziele sind Interessengemeinschaften in zahlreichen Lebens- und Rechtsbereichen von großer praktischer Relevanz.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Gründung einer Interessengemeinschaft erfüllt sein?

Die Gründung einer Interessengemeinschaft (IG) ist rechtlich grundsätzlich formlos möglich, da sie keine eigene Rechtsform im Sinne eines Vereins oder einer Kapitalgesellschaft darstellt. Eine IG ist regelmäßig eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nach §§ 705 ff. BGB, sofern sie auf einen gemeinsamen Zwecks zur Förderung der Interessen der Mitglieder ausgerichtet ist. Dies setzt voraus, dass sich mindestens zwei natürliche oder juristische Personen (Mitglieder) zusammenschließen, den gemeinsamen Willen zur Zusammenarbeit äußern und einen Zweck verfolgen, der nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des Handelsgesetzbuchs (HGB) gerichtet ist. Es ist kein schriftlicher Vertrag notwendig, dennoch empfiehlt sich aus Beweisgründen und zur Festlegung von Regelungen (zu Rechten, Pflichten, Beiträgen etc.) der Abschluss eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages. Zudem dürfen durch die IG keine satzungsmäßigen Vereinsaufgaben übernommen werden, um der Gefahr einer Scheinselbstständigkeit oder verdeckten Vereinstätigkeit entgegenzuwirken. Eine Eintragung ins Vereinsregister ist nicht erforderlich und auch steuerliche Registrierungspflichten bestehen nur, sofern Einnahmen generiert oder steuerpflichtige Aktivitäten entfaltet werden.

Welche Haftung besteht innerhalb einer Interessengemeinschaft?

Die Mitglieder einer Interessengemeinschaft, die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) organisiert ist, haften laut § 705 ff. BGB gesamtschuldnerisch und unbeschränkt, d. h. sowohl mit dem Gesellschaftsvermögen als auch mit ihrem Privatvermögen für Verbindlichkeiten, die im Namen und aus der Tätigkeit der IG entstehen. Wird beispielsweise eine Verpflichtung im Namen der Interessengemeinschaft eingegangen (z. B. Abschluss eines Mietvertrages für Räumlichkeiten), so haften alle Mitglieder dem Gläubiger direkt und in voller Höhe auf Erfüllung der Forderung, nicht lediglich anteilig nach Mitgliedschaft oder Beteiligung. Eine Haftungsbeschränkung auf das gemeinschaftliche Vermögen ist nur in Ausnahmefällen und bei entsprechender vertraglicher Gestaltung möglich, wobei Dritte (Geschäftspartner) dieser Regelung ausdrücklich zustimmen müssen. Das Risiko der persönlichen Haftung sollte bei Eintritt in eine Interessengemeinschaft also besonders beachtet werden.

Muss eine Interessengemeinschaft beim Finanzamt angemeldet werden?

Eine formelle Pflicht zur Anmeldung einer Interessengemeinschaft beim Finanzamt besteht nur dann, wenn die IG Einnahmen erzielt oder mit Einnahmenerzielungsabsicht tätig wird. Handelt es sich um eine rein ideelle, nicht wirtschaftliche IG (z. B. Nachbarschaftshilfe), ohne jegliche Einnahmen, ist keine steuerliche Anmeldung erforderlich. Soweit jedoch Gelder eingenommen oder Ausgaben verwaltet werden (z. B. Mitgliedsbeiträge, Spenden, Zuschüsse von Dritten), sollte die IG dem zuständigen Finanzamt angezeigt werden. Das Finanzamt vergibt in diesem Fall ggf. eine Steuernummer und klärt, ob steuerliche Pflichten wie das Abgeben einer Steuererklärung bestehen. Außerdem wird geprüft, ob die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit nach §§ 51 ff. AO erfüllt werden. Bei Nichteinhaltung dieser Meldepflichten kann das steuerliche Risiko für die Mitglieder steigen, etwa durch die persönliche Haftung für Steuerverbindlichkeiten.

Kann eine Interessengemeinschaft Rechtsgeschäfte abschließen und vor Gericht klagen oder verklagt werden?

Die Interessengemeinschaft als solche ist keine eigene juristische Person und damit grundsätzlich nicht rechtsfähig. Das bedeutet, sie kann nicht selbst klagen, verklagt werden oder als Vertragspartner auftreten. Rechtsgeschäfte (z. B. Mietverträge, Kaufverträge) werden stets im Namen aller Mitglieder abgeschlossen, die somit auch entsprechend gesamtschuldnerisch verpflichten. Lediglich im Bereich der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) hat der Bundesgerichtshof in seiner neueren Rechtsprechung die so genannte Teilrechtsfähigkeit anerkannt. Sie kann somit unter eigenem Namen klagen und verklagt werden, sofern sie nach außen als eigenständige GbR auftritt. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Transparenz der Mitgliedschaft und die Vertretungsbefugnis für die Gesellschaft hergestellt sind. Einzelne Mitglieder können die Rechte der IG nur wahrnehmen, wenn sie ausdrücklich für die IG bevollmächtigt wurden.

Welche Pflichten und Rechte haben die Mitglieder einer Interessengemeinschaft?

Die Rechte und Pflichten der Mitglieder ergeben sich vorrangig aus dem Gründungsvertrag, subsidiär aus den §§ 705 ff. BGB. Zu den Pflichten zählen die Förderung des gemeinsamen IG-Zwecks, Beitragszahlungen und die Durchführung vereinbarter Aufgaben. Jedes Mitglied ist zur Loyalität, zur Mitwirkung und zur Rücksichtnahme gegenüber den anderen Mitgliedern verpflichtet. Bei wirtschaftlicher Tätigkeit besteht die Pflicht zur korrekten Buch- und Kassenführung sowie zur ordnungsgemäßen Verwendung gemeinsamer Mittel. Rechte umfassen u.a. das Mitbestimmungsrecht bei Entscheidungen und bei der Verwendung der Gelder wie auch das Recht auf Auskunft über die Geschäfte der IG. Über die Aufnahme neuer Mitglieder, Satzungsänderungen oder die Auflösung entscheidet im Zweifel die Mitgliederversammlung, sofern solche Gremien eingerichtet wurden.

Wie kann ein Mitglied aus einer Interessengemeinschaft austreten und welche rechtlichen Folgen entstehen?

Ein Austritt ist grundsätzlich jederzeit möglich, sofern im Gründungsvertrag nichts anderes geregelt ist. Der Austritt muss dem/der bevollmächtigten Vertreter/in der IG angezeigt werden; in größeren Interessengemeinschaften empfiehlt sich dabei die Schriftform. Ausstehende Verpflichtungen, die während der Mitgliedschaft eingegangen wurden, sind weiterhin zu erfüllen, sofern keine andere vertragliche Regelung besteht, d.h. das Mitglied haftet für Verbindlichkeiten, die zu seiner Zeit als Mitglied der IG entstanden sind, weiterhin mit. In der Auflösungsphase oder beim Austritt eines Mitglieds ist eine Abrechnung über das eingebrachte Vermögen und die bis dato entstandenen Verbindlichkeiten zu erstellen. Details sollte der Gründungsvertrag festhalten.

Welche gesetzlichen Vorschriften gelten bei Auflösung einer Interessengemeinschaft?

Die Auflösung einer Interessengemeinschaft richtet sich nach den Regeln des Gesellschaftsrechts, insbesondere §§ 730 ff. BGB. Die Auflösung erfolgt durch einstimmigen Beschluss der Mitglieder, Zeitablauf, Erreichen oder Unmöglichkeit des Gesellschaftszwecks sowie durch gerichtliches Urteil. Nach Auflösung ist die IG abzuwickeln (Liquidation). Dabei werden die Schulden der IG beglichen und das verbleibende Vermögen auf die Mitglieder nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages bzw. nach gesetzlichen Regelungen verteilt. Die Liquidatoren sind im Zweifel die verbleibenden Mitglieder. Werden etwaige gesetzliche Verpflichtungen (Steuer, Meldung an Banken etc.) nicht erfüllt, können die Mitglieder persönlich haftbar gemacht werden. Weiterführende rechtliche Schritte, insbesondere bei umfangreicher Vermögensverwaltung, sollten mit juristischer Beratung geklärt werden.