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Gesetz für faire Verbraucherverträge

Gesetz für faire Verbraucherverträge – Bedeutung, Inhalt und Reichweite

Das Gesetz für faire Verbraucherverträge ist eine in Deutschland verabschiedete Reform, die seit 2021/2022 stufenweise gilt und den Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern bei Dauerschuldverhältnissen und typischen Alltagsverträgen stärkt. Es zielt darauf ab, intransparente Laufzeiten, erschwerte Kündigungen, unerwünschte Vertragsverlängerungen sowie missbräuchliche Vertragspraktiken einzudämmen. Dafür wurden bestehende zivilrechtliche und marktrechtliche Regeln angepasst, insbesondere zu Laufzeiten, Kündigungsfristen, Online-Kündigungsmöglichkeiten, Telefonwerbung sowie Abtretungsverboten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Zweck und Leitgedanke

Im Mittelpunkt stehen Transparenz, selbstbestimmte Vertragsentscheidungen und einfache Beendigungswege. Verträge sollen nicht durch Hürden wie überlange Kündigungsfristen, versteckte Verlängerungen oder schwer zugängliche Kündigungskanäle künstlich fortgeführt werden. Das Gesetz setzt damit an typischen Problemfeldern des Verbraucheralltags an, etwa bei Mitgliedschaften, Abos, Telekommunikations-, Fitnessstudio- oder Energielieferverträgen.

Anwendungsbereich

Das Gesetz greift bei Verträgen zwischen Unternehmen und Verbraucherinnen oder Verbrauchern, vor allem bei wiederkehrenden Leistungen oder längerfristigen Bindungen. Nicht erfasst sind rein private Verträge zwischen Privatpersonen. Branchenspezifische Sonderregeln (etwa im Telekommunikations- oder Energierecht) bleiben unberührt, soweit sie strengere oder ergänzende Vorgaben enthalten.

Zentrale Neuregelungen im Überblick

1) Vertragslaufzeiten und automatische Verlängerungen

Maximale Bindungswirkung und Verlängerungsmechanismen

Nach Ablauf einer vereinbarten Mindestlaufzeit dürfen Verträge nicht mehr starr um ein weiteres Jahr verlängert werden, ohne dass dafür eine ausdrückliche Zustimmung eingeholt wird. Stattdessen ist eine Verlängerung auf unbestimmte Zeit mit einer kurzen, verbraucherfreundlichen Kündigungsfrist vorgesehen. Unternehmen können längere Verlängerungen nur erreichen, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher diesen ausdrücklich zustimmen.

Verkürzte Kündigungsfristen

Die zulässige Kündigungsfrist für Verbraucherverträge wurde auf maximal einen Monat reduziert. Längere Fristen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam. Ziel ist, die Beendigung von Verträgen zu vereinfachen und zeitliche Hürden abzubauen.

2) Kündigungsbutton für Online-Verträge

Webseiten, über die Verträge im Internet abgeschlossen werden können, müssen eine leicht zugängliche, klar bezeichnete Schaltfläche zur Online-Kündigung bereitstellen. Das Verfahren sieht eine zweistufige Bestätigung vor und schließt eine unmittelbare Kündigungsbestätigung durch den Anbieter ein. Dadurch wird die digitale Beendigung von Verträgen ebenso einfach wie der digitale Vertragsschluss.

3) Telefonische Vertragsanbahnung und Werbeanrufe

Bei Telefonwerbung gelten erhöhte Anforderungen: Unternehmen müssen Einwilligungen in Werbeanrufe sorgfältig dokumentieren und über einen längeren Zeitraum nachweisbar aufbewahren. Zudem bestehen für bestimmte telefonisch angebahnte Verträge – insbesondere bei Energieversorgung außerhalb von Geschäftsräumen – zusätzliche Formanforderungen, damit ein Vertrag wirksam wird. Ziel ist, missbräuchliche oder überraschende Vertragswechsel zu verhindern.

4) Abtretungsverbote in Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Allgemeine Geschäftsbedingungen, die Verbraucherinnen und Verbrauchern die Abtretung ihrer Zahlungsansprüche pauschal untersagen, sind in weiten Teilen unwirksam. Das stärkt die Möglichkeit, berechtigte Forderungen beispielsweise über Dienstleister durchzusetzen. Zulässig bleiben nur sachlich gerechtfertigte Einschränkungen, etwa zur Vermeidung unzumutbarer Nachteile für die andere Vertragspartei.

Zeitlicher Geltungsbereich und Übergänge

Die Reform trat gestaffelt in Kraft: Erste Teile gelten seit 2021. Die zentralen Regeln zu Kündigungsfristen, automatischen Verlängerungen sowie der verpflichtende Kündigungsbutton gelten seit 2022. Ob eine konkrete Vertragsklausel an den neuen Maßstäben zu messen ist, hängt insbesondere vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses und eventuellen Verlängerungen ab.

Praxisrelevante Vertragstypen

  • Telekommunikationsverträge (Mobilfunk, Internet): Verkürzte Kündigungsfrist; nach Mindestlaufzeit monatliche Beendigungsmöglichkeit.
  • Fitness- und Freizeitverträge: Keine starren Jahresverlängerungen ohne ausdrückliche Zustimmung; einmonatige Kündigungsfrist ausreichend.
  • Streaming- und Presse-Abos: Verpflichtender Kündigungsbutton bei Online-Abschluss; einfache digitale Kündigung.
  • Energieverträge außerhalb von Geschäftsräumen oder telefonisch: Zusätzliche Formanforderungen zur wirksamen Vertragserklärung.

Rechtsfolgen bei Verstößen

Unzulässige Vertragsklauseln sind unwirksam. Fehlt etwa der Kündigungsbutton, darf die Kündigung nicht an technischen Hürden scheitern; Anbieter haben Kündigungen auf anderem Wege anzunehmen. Bei Verstößen drohen zudem wettbewerbsrechtliche Konsequenzen und aufsichtsbehördliche Maßnahmen. Ziel ist es, rechtswidrige Praktiken wirkungsvoll zu unterbinden.

Systematische Einordnung und Verhältnis zu anderen Regelungsbereichen

Verhältnis zum Online-Verbraucherschutz

Der Kündigungsbutton ergänzt bestehende Pflichten zum klaren Bestellprozess im Internet. Während es beim Vertragsschluss um transparente Kostenhinweise geht, stellt der Kündigungsbutton die symmetrische, ebenso einfache Beendigung sicher.

Verhältnis zum Telekommunikations- und Energierecht

Branchenspezifische Gesetze enthalten teilweise zusätzliche Schutzmechanismen, etwa besondere Informations- und Kündigungsrechte oder formale Anforderungen. Das Gesetz für faire Verbraucherverträge wirkt hierbei als Grundrahmen; strengere Spezialregeln gehen vor.

Abgrenzung zum Widerrufsrecht

Das Widerrufsrecht betrifft den kurzfristigen Rücktritt nach Vertragsschluss, insbesondere bei Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen. Die hier beschriebenen Regeln zielen dagegen auf die faire Gestaltung laufender Vertragsbeziehungen, Kündigungswege und Verlängerungen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was regelt das Gesetz für faire Verbraucherverträge im Kern?

Es begrenzt automatische Vertragsverlängerungen, verkürzt Kündigungsfristen, verpflichtet zu einem einfach bedienbaren Online-Kündigungsbutton und verschärft Anforderungen an Telefonwerbung sowie telefonisch angebahnte Verträge. Zudem setzt es engen Grenzen für Abtretungsverbote in Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Für welche Verträge gilt das Gesetz?

Für Verträge zwischen Unternehmen und Verbraucherinnen oder Verbrauchern, vor allem bei Dauerschuldverhältnissen wie Abonnements, Mitgliedschaften, Telekommunikations- und Energielieferverträgen. Branchenspezifische Sonderregeln bleiben unberührt.

Seit wann gelten die neuen Kündigungs- und Verlängerungsregeln?

Die Reform trat stufenweise in Kraft. Die zentralen Vorgaben zu monatlicher Kündbarkeit nach der Mindestlaufzeit, zur maximal einmonatigen Kündigungsfrist und zum verpflichtenden Kündigungsbutton gelten seit 2022 für neue Verträge beziehungsweise für Angebote über Webseiten mit Online-Vertragsschluss.

Was bedeutet der Kündigungsbutton konkret?

Webseiten, über die Verträge online abgeschlossen werden können, müssen eine leicht auffindbare Schaltfläche zur Kündigung bereitstellen. Das Verfahren ist zweistufig und schließt eine unmittelbare Kündigungsbestätigung ein. Dadurch kann online so einfach gekündigt werden, wie zuvor online abgeschlossen wurde.

Welche Folgen hat es, wenn der Kündigungsbutton fehlt?

Fehlt der Kündigungsbutton, darf die Wirksamkeit einer Kündigung nicht an der fehlenden Schaltfläche scheitern. Kündigungen sind dann auf anderen zulässigen Wegen entgegenzunehmen. Zusätzlich kommen marktrechtliche Sanktionen in Betracht.

Wie werden telefonisch angebahnte Energieverträge behandelt?

Für außerhalb von Geschäftsräumen oder telefonisch angebahnte Energielieferverträge bestehen erhöhte Form- und Informationsanforderungen. Ohne die geforderte Bestätigung in der vorgesehenen Form wird kein wirksamer Vertrag begründet.

Sind Mindestlaufzeiten von mehr als 24 Monaten möglich?

Die Regelungen zielen auf eine Begrenzung langfristiger Bindungen. Nach Ablauf einer Mindestlaufzeit ist eine stillschweigende Verlängerung nur noch auf unbestimmte Zeit mit monatlicher Kündbarkeit zulässig. Längere Bindungen erfordern eine ausdrückliche Zustimmung.

Dürfen Unternehmen die Abtretung von Ansprüchen in ihren AGB ausschließen?

Pauschale Abtretungsverbote für Geldforderungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern sind weitgehend unwirksam. Nur sachlich gerechtfertigte, eng begrenzte Einschränkungen bleiben möglich.