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Entsteinerungsklausel


Begriff und Definition der Entsteinerungsklausel

Die Entsteinerungsklausel bezeichnet eine vertragliche Bestimmung, die insbesondere im Gesellschaftsrecht, namentlich im Rahmen der Umwandlung von Kapitalgesellschaften in Personengesellschaften, Anwendung findet. Der Begriff wird vor allem im deutschen Recht verwendet und ist bedeutend im Zusammenhang mit dem sogenannten „Steinernen Unternehmen”, einem Begriff aus dem Umwandlungssteuerrecht. Die Entsteinerungsklausel regelt die steuerlichen Konsequenzen, die eintreten, wenn innerhalb einer bestimmten Frist nach der Umwandlung das übernommene Vermögen – meist betriebliche Grundstücke oder stilles Reserven aufweisende Wirtschaftsgüter – aus dem Unternehmen herausgelöst oder veräußert wird.

Rechtlicher Hintergrund

Umwandlungsrecht und Umwandlungssteuerrecht

Im Rahmen von Umwandlungsvorgängen, insbesondere bei der formwechselnden Umwandlung oder der Verschmelzung von Kapitalgesellschaften auf Personengesellschaften, können stille Reserven steuerneutral auf die übernehmende Gesellschaft übertragen werden. Das Umwandlungssteuerrecht gestattet in diesen Fällen eine sogenannte Buchwertfortführung, sofern bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden. Dies bedeutet, dass die in den Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven zunächst nicht der Besteuerung unterliegen.

„Steinernes Unternehmen” und Entsteinerung

Eine Kapitalgesellschaft, deren Vermögen – etwa Grundbesitz – unter Ausnutzung der steuerlichen Begünstigungen auf eine Personengesellschaft übertragen werden, wird als „Steinernes Unternehmen” bezeichnet. Das Konzept dient dem Schutz des Steueraufkommens, indem eine nachträgliche Besteuerung der zuvor steuerneutral übertragenen stillen Reserven sichergestellt wird, falls binnen einer gesetzlich bestimmten Frist eine sogenannte Entsteinerung erfolgt.

Die Entsteinerung beschreibt das Ausscheiden, die Veräußerung oder Entnahme der übertragenden, häufig in Grundstücken enthaltenen, stillen Reserven aus dem Betriebsvermögen der aufnehmenden Gesellschaft innerhalb eines steuerlich relevanten Zeitraums.

Inhalt und Funktion der Entsteinerungsklausel

Absicherung der Steuerneutralität

Die Entsteinerungsklausel wird typischerweise in den Umwandlungsverträgen oder -beschlüssen aufgenommen. Ihr Zweck ist es sicherzustellen, dass die im Rahmen der steuerneutralen Übertragung gewährten Buchwertfortführungsvorteile nicht missbräuchlich ausgenutzt werden. Im Kern sieht die Entsteinerungsklausel vor, dass bei einer innerhalb einer bestimmten Frist erfolgenden Veräußerung, Entnahme oder sonstigen Überführung der betreffenden Vermögenswerte die stillen Reserven nachträglich aufzudecken und zu versteuern sind.

Gesetzliche Grundlage

Rechtsgrundlagen ergeben sich vor allem aus den Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), Einkommensteuergesetzes (EStG) und des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG), insbesondere aus:

  • § 22 UmwStG (Übertragung von Wirtschaftsgütern im Rahmen von Umwandlungen)
  • § 15 Abs. 1 UmwStG (Umwandlung von Kapitalgesellschaften auf Personengesellschaften)
  • § 6 Abs. 5 EStG (Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligten Unternehmen zum Buchwert)

Daraus ergibt sich die Pflicht, die in der Entsteinerungsklausel geregelten Steuerfolgen umzusetzen. Die wesentliche Frist für die Beachtung einer Entsteinerungklausel beträgt häufig sieben Jahre ab dem steuerlichen Übertragungsstichtag.

Verwendungszweck im Gesellschaftsrecht

Im gesellschaftsrechtlichen Kontext dient die Entsteinerungsklausel zudem der Absicherung zwischen den Gesellschaften und Dritten. So kann Vertragsparteien die Pflicht auferlegt werden, im Falle einer späteren Entnahme einen steuerlichen Ausgleich oder eine Kompensation zu leisten, um steuerliche Belastungen gleichmäßig zu verteilen und Streitigkeiten vorzubeugen.

Wirkungen der Entsteinerungsklausel

Steuerliche Folgen bei Verstoß (Nachversteuerung)

Kommt es während der Frist zur Entsteinerung, führt dies zur Nachversteuerung der zuvor steuerneutral übertragenen stillen Reserven. Betroffen sind insbesondere Gewinne, die durch die Veräußerung oder Entnahme der relevanten Wirtschaftsgüter realisiert werden. Die steuerliche Mehrbelastung wird sodann dem zur Entsteinerung führenden Transaktionsbeteiligten zugerechnet.

Zivilrechtliche und vertragliche Rechtsfolgen

Neben steuerlichen Folgen ist die Entsteinerungsklausel für etwaige Haftungs- oder Ausgleichsansprüche zwischen den Vertragspartnern relevant. Die Klausel kann etwa vorsehen, dass der auslösende Beteiligte für sämtliche daraus resultierende steuerliche Schäden haftet. Zudem kann sie Regelungen zur Kostentragung und zur Informationspflicht über ausgelöste Entsteinerungstatbestände enthalten.

Praktische Bedeutung und Anwendungsbereiche

Anwendungsfälle

Die Entsteinerungsklausel findet insbesondere Anwendung bei folgenden Konstellationen:

  • Formwechsel einer Kapital- zu einer Personengesellschaft unter Inanspruchnahme von Buchwertfortführung
  • Verschmelzungen oder Spaltungen mit Bestandteilen aus unbeweglichem Vermögen
  • Ausgliederungen von Unternehmensteilen, die erhebliche stille Reserven aufweisen
  • Abschluss von Unternehmensverträgen mit Übertragungen, die steuerbegünstigt erfolgen sollen

Bedeutung für Verträge und steuerliche Planung

Die Entsteinerungsklausel ist Gegenstand sorgfältiger Vertragsgestaltung und prüfungsrelevant für steuerliche Umstrukturierungen. Sie sichert die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und schützt die Vertragspartner vor unerwarteten Steuernachteilen. Die korrekte und transparente Ausgestaltung kann Risiken minimieren sowie steuerliche Planungssicherheit gewährleisten.

Rechtsprechung zur Entsteinerungsklausel

Die Rechtsprechung der deutschen Finanzgerichte und des Bundesfinanzhofs konkretisiert die Auslegung und Anwendung der Entsteinerungsklausel, insbesondere im Hinblick auf die betroffenen Zeiträume, die Bemessungsgrundlagen für die Nachversteuerung sowie die Voraussetzungen für eine steuerneutrale Umwandlung und den Eintritt eines Entsteinerungstatbestandes.

Literaturhinweise und weiterführende Vorschriften

  • Umwandlungssteuergesetz (UmwStG)
  • Körperschaftsteuergesetz (KStG)
  • Einkommensteuergesetz (EStG)
  • BFH-Urteile zu Umwandlungsvorgängen und Entsteinerung

Zusammenfassung

Die Entsteinerungsklausel ist ein zentrales Instrument zur Sicherstellung der steuerlichen Gleichbehandlung und Vermeidung von Gestaltungsmißbrauch bei der Übertragung steuersensibler Vermögenswerte im Zuge gesellschaftsrechtlicher Restrukturierungen. Ihre rechtliche Funktion besteht in der Sicherung der nachträgllichen Steuererhebung, sofern es zu vorfristigen Vermögensabflüssen, insbesondere „Entsteinerungen”, kommt. Damit stellt sie einen integralen Bestandteil der Vertragsgestaltung dar und ist von erheblicher Bedeutung für die steuerliche und rechtliche Planung bei Unternehmensumstrukturierungen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Verstößen gegen die Entsteinerungsklausel?

Ein Verstoß gegen die Entsteinerungsklausel kann weitreichende rechtliche Folgen nach sich ziehen. Zunächst kann die Verletzung dieser Klausel als Vertragsbruch gewertet werden, wodurch dem Geschädigten ein Schadensersatzanspruch entsteht. In vielen Fällen sehen Verträge mit einer Entsteinerungsklausel ausdrücklich Vertragsstrafen oder die Möglichkeit zur fristlosen Kündigung vor. Zudem kann der Verstoß dazu führen, dass bestimmte steuerliche Vergünstigungen rückgängig gemacht werden und Nachzahlungsforderungen oder andere Sanktionen durch die Finanzbehörde drohen. Im gesellschaftsrechtlichen Kontext riskieren Gesellschafter bei Missachtung der Klausel, dass gewährte Rechtspositionen, etwa bezüglich der Übertragbarkeit von Anteilen, hinfällig werden. Besonders drastisch können die Konsequenzen im Arbeits- und Mietrecht sein, wenn beispielsweise die Klausel im Rahmen betrieblicher Umstrukturierungen missachtet wird, was unter Umständen die Unwirksamkeit ganzer Umgestaltungsmaßnahmen zur Folge haben kann. Die individuellen Folgen sind jedoch stets einzelfallabhängig und sollten gegebenenfalls durch eine rechtliche Beratung geprüft werden.

Wann ist die Entsteinerungsklausel unwirksam?

Die Unwirksamkeit einer Entsteinerungsklausel kann sich aus verschiedenen rechtlichen Gründen ergeben. Grundsätzlich sind Entsteinerungsklauseln nur dann rechtlich verbindlich, wenn sie ausdrücklich und klar im Vertrag vereinbart wurden und nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen. Sie können beispielsweise dann unwirksam sein, wenn sie gegen zwingende gesetzliche Regelungen, wie etwa das Verbot sittenwidriger Rechtsgeschäfte (§ 138 BGB), das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) oder kartellrechtliche Vorgaben, verstoßen. Ebenso kann die Klausel als unwirksam eingestuft werden, wenn sie eine unangemessene Benachteiligung einer Vertragspartei gemäß § 307 BGB darstellt. Ferner ist auf die Transparenz und Verständlichkeit der Klausel zu achten, da Intransparenz nach ständiger Rechtsprechung zur Unwirksamkeit führen kann. In Arbeitsverträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt die Entsteinerungsklausel einer besonders strengen AGB-Kontrolle. Werden diese Anforderungen nicht erfüllt oder fehlt eine eindeutige Vereinbarung, so ist die Entsteinerungsklausel regelmäßig rechtlich nicht durchsetzbar.

Muss eine Entsteinerungsklausel notariell beurkundet werden?

Ob eine Entsteinerungsklausel notariell beurkundet werden muss, hängt vom jeweiligen Vertragstyp und dem Regelungsgegenstand ab. Im Gesellschaftsrecht beispielsweise bedarf die Aufnahme einer Entsteinerungsklausel in den Gesellschaftsvertrag einer notariellen Beurkundung, wenn für den Vertrag selbst Beurkundungspflicht besteht, wie etwa bei der Gründung einer GmbH oder bei Grundstücksgeschäften (§ 311b BGB). In Arbeits- oder Mietverträgen ist eine notarielle Beurkundung hingegen in der Regel nicht erforderlich, sofern das Gesetz dies für die betreffende Vertragsart nicht explizit verlangt. Dennoch kann es aus Beweiszwecken sinnvoll sein, die Vereinbarung schriftlich und von beiden Parteien unterzeichnet zu dokumentieren. Für die steuerliche Wirksamkeit oder gesellschaftsrechtliche Geltung kann jedoch die Formvorschrift entscheidend sein, weshalb in Zweifelsfällen immer eine Überprüfung der jeweiligen gesetzlichen Vorschriften zu empfehlen ist.

Welche Rolle spielt die Entsteinerungsklausel bei gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen?

Bei gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen – etwa Verschmelzungen, Spaltungen oder Formwechseln – erfüllt die Entsteinerungsklausel eine zentrale steuer- und haftungsrechtliche Funktion. Sie stellt sicher, dass steuerliche Buchwerte oder privilegierte Rechtspositionen – die sogenannten „Steinzeiten” – bei der Übertragung von Vermögenswerten oder Rechten nicht verloren gehen. Die Einhaltung der Entsteinerungsklausel kann entscheidend dafür sein, dass bestimmte Steuervergünstigungen, etwa im Rahmen des Umwandlungssteuerrechts gemäß UmwStG, nicht nachträglich versagt werden. Wird die Klausel missachtet, kann dies zu rückwirkenden Besteuerungen oder Realisation latenter stiller Reserven führen. Zudem sichert die Entsteinerungsklausel, dass bei einer Umstrukturierung vertragliche und unternehmensrechtliche Bindungen ihre Gültigkeit behalten. Dies betrifft insbesondere die Übernahme von Verträgen, Haftungsverhältnissen und in bestimmten Fällen auch von arbeitsrechtlichen Verpflichtungen. Aus diesem Grund ist eine detaillierte rechtliche Prüfung und Umsetzung gesellschaftsrechtlicher Entsteinerungsklauseln in der Praxis unabdingbar.

Greift die Entsteinerungsklausel auch rückwirkend bei bereits abgeschlossenen Geschäften?

Die Anwendbarkeit einer Entsteinerungsklausel auf bereits abgeschlossene Geschäfte ist grundsätzlich davon abhängig, ob die Parteien dies ausdrücklich vereinbart haben und ob das Gesetz eine Rückwirkung zulässt. In aller Regel entfaltet die Klausel nur Wirkung auf solche Rechtsgeschäfte oder Maßnahmen, die nach ihrem Inkrafttreten vorgenommen werden. Eine rückwirkende Anwendung ist im deutschen Zivilrecht grundsätzlich unzulässig, es sei denn, sie ist ausdrücklich vertraglich geregelt und verletzt keine zwingenden gesetzlichen Vorgaben, insbesondere nicht das Rückwirkungsverbot. Im Steuerrecht kann eine Entsteinerungsklausel in eng begrenzten Ausnahmefällen rückwirkende Wirkung zukommen, etwa wenn das Gesetz dies explizit zulässt (z.B. im Rahmen bestimmter Umwandlungsvorgänge nach § 2 UmwStG). Allerdings ist dabei stets zu beachten, dass eine Rückwirkung nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung Dritter oder zu Umgehung gesetzlicher Fristen führen darf. Daher sollte im Zweifel eine individuelle rechtliche Prüfung erfolgen.

Was muss bei der Formulierung einer Entsteinerungsklausel rechtlich beachtet werden?

Die rechtssichere Formulierung einer Entsteinerungsklausel setzt voraus, dass sie klar, eindeutig und umfassend die beabsichtigten Rechtsfolgen regelt. Sie sollte den sachlichen und zeitlichen Anwendungsbereich präzise bestimmen. Juristisch relevant ist vor allem, dass die Klausel nicht zu weitgehend gestaltet wird und keine überraschenden oder unwirksamen Regelungen enthält. Zum Schutz vor Unwirksamkeit empfiehlt sich regelmäßig eine Anpassung an die neueste Rechtsprechung und gesetzliche Vorgaben. Die Parteien sollten zudem festlegen, welche Rechte, Pflichten oder Buchwerte „entsteinert” oder erhalten werden sollen und welche Konsequenzen ein Verstoß nach sich zieht. Ebenfalls ist es ratsam, die Entsteinerungsklausel an bestehende Hauptverträge anzupassen und auf deren Gesamtsystematik abzustimmen, damit sie im Konfliktfall nicht isoliert oder entgegen dem vertraglichen Gefüge ausgelegt werden kann. Im Zweifel wird die Hinzuziehung juristischer Expertise für die Formulierung empfohlen, insbesondere bei komplexen gesellschafts-, steuer- oder arbeitsrechtlichen Sachverhalten.