Legal Lexikon

Bietsicherheit


Definition und rechtliche Bedeutung der Bietsicherheit

Die Bietsicherheit ist ein zentrales Element im Vergaberecht und Bauvertragsrecht, das insbesondere bei öffentlichen Ausschreibungen und Vergabeverfahren als Sicherungsmittel dient. Sie stellt eine vom Bieter zu erbringende finanzielle oder formelle Sicherheit dar, mit der er seine Ernsthaftigkeit im Vergabeverfahren belegt und dem Auftraggeber potenzielle Schadensersatzansprüche für den Fall sichert, dass er seine Angebote nicht aufrechterhält oder nach Zuschlagserteilung ablehnt. Die Bietsicherheit dient damit dem Schutz des Auftraggebers vor wirtschaftlichen Nachteilen durch unseriöse oder nicht leistungsbereite Bieter.

Rechtliche Grundlagen der Bietsicherheit

Vergaberechtliche Regelungen

Im Rahmen des öffentlichen Vergaberechts ist die Bietsicherheit regelmäßig in Gesetzen und Verordnungen sowie den jeweiligen Vergabeunterlagen geregelt. Zentrale Vorschriften sind hierbei:

  • Vergabeverordnung (VgV)
  • Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A)
  • Sektorenverordnung (SektVO)
  • Unterschwellenvergabeordnung (UVgO)

Diese Regelungen definieren, unter welchen Bedingungen, in welcher Höhe und in welcher Form eine Bietsicherheit gefordert werden darf. Grundsätzlich ist die Forderung nach einer Bietsicherheit optional und darf ausschließlich dann verlangt werden, wenn ein legitimes Sicherungsinteresse des Auftraggebers besteht.

Nationale und europäische Vorgaben

Die Anforderung und Ausgestaltung der Bietsicherheit müssen im Einklang mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung, des Wettbewerbs und der Verhältnismäßigkeit stehen. Im Kontext europaweiter Vergabeverfahren sind zudem unionsrechtliche Vorgaben zu beachten, insbesondere die EU-Vergaberichtlinien.

Regelungen in den Vergabeunterlagen

Die konkrete Ausgestaltung der Bietsicherheit, wie insbesondere die Höhe und Form (zum Beispiel Bankbürgschaft, Versicherung, Barsicherheit), wird in den Vergabeunterlagen festgelegt. Der Bieter muss diese Anforderungen strikt einhalten, um nicht vom Verfahren ausgeschlossen zu werden.

Funktionen und Ziele der Bietsicherheit

Die Bietsicherheit erfüllt verschiedene Funktionen:

  • Absicherung des Auftraggebers gegen mögliche Schäden, wenn Bieter ihr Angebot vor Ablauf der Bindefrist zurückziehen oder den Auftrag nach Zuschlag ablehnen.
  • Stärkung der Ernsthaftigkeit der Angebote, indem ein finanzieller Anreiz gesetzt wird, nur realistische Angebote einzureichen.
  • Vermeidung taktischer oder spekulativer Angebote, die das Durchführen von Vergabeverfahren erschweren könnten.

Formen der Bietsicherheit

Bankbürgschaft

Die am häufigsten verwendete Form ist die selbstschuldnerische Bankbürgschaft. Hier verpflichtet sich ein Kreditinstitut, im Sicherungsfall eine bestimmte Summe an den Auftraggeber zu zahlen.

Barsicherheit

Alternativ kann auch eine Barsicherheit, d. h. die Hinterlegung eines bestimmten Betrags auf einem Treuhandkonto, verlangt werden.

Versicherungsgarantie

In einigen Fällen werden auch Versicherungsbürgschaften akzeptiert, bei denen eine Versicherungsgesellschaft für den Sicherungsfall einsteht.

Weitere mögliche Sicherungsmittel

Seltener werden Sparbücher oder andere liquide Mittel als Bietsicherheiten akzeptiert, deren Akzeptanz in den Vergabeunterlagen eindeutig geregelt werden muss.

Rechtsfolgen und Rückgabe der Bietsicherheit

Einbehalt und Verwertung der Bietsicherheit

Kommt es zum Zuschlag und verweigert der ausgewählte Bieter den Vertragsabschluss, kann der Auftraggeber auf die Bietsicherheit zurückgreifen und ggf. Schadenersatzforderungen geltend machen. Gleiches gilt, wenn der Bieter sein Angebot vor Ablauf der Bindefrist zurückzieht.

Rückgabe der Bietsicherheit

Nach Abschluss des Vergabeverfahrens und Erfüllung aller Vertragspflichten ist die Bietsicherheit umgehend und ohne gesonderte Aufforderung zurückzugeben, sofern keine Ansprüche des Auftraggebers mehr bestehen. Die Rückgabe erfolgt in der Regel unverzüglich an den Bieter.

Bemessung der Bietsicherheit

Die Höhe der Bietsicherheit ist grundsätzlich am berechtigten Sicherungsinteresse des Auftraggebers zu bemessen und muss verhältnismäßig sein. In den maßgeblichen Rechtsvorschriften finden sich häufig Obergrenzen, beispielsweise maximal 5 Prozent der Angebotssumme. Überhöhte Bietsicherheiten können die Gleichbehandlung der Bieter und den Wettbewerb beeinträchtigen und sind daher unzulässig.

Ausschluss vom Vergabeverfahren bei unzureichender Bietsicherheit

Die Nichtbeachtung von Anforderungen an die Bietsicherheit kann zum Ausschluss vom Vergabeverfahren führen. Dies gilt insbesondere, wenn die geforderte Form nicht eingehalten, die Sicherheit nicht fristgerecht gestellt oder die Höhe der Sicherheit nicht erreicht wird.

Abgrenzung zu anderen Sicherheiten

Die Bietsicherheit ist abzugrenzen von anderen Sicherheiten, wie zum Beispiel der Vertragserfüllungsbürgschaft oder der Gewährleistungsbürgschaft. Während die Bietsicherheit speziell dem Zeitraum der Angebots- bzw. Ausschreibungsphase zugeordnet ist, sichern die genannten Bürgschaften die Vertragsausführung oder die Gewährleistungsphase ab.

Bedeutung für den Wirtschaftsverkehr

Die Bietsicherheit hat maßgeblichen Einfluss auf das Verhalten der Bieter und die Integrität von Vergabeverfahren. Sie trägt dazu bei, die Risiken für Auftraggeber zu minimieren, die Verfahrenssicherheit zu erhöhen und einen effektiven Wettbewerb sicherzustellen.

Literatur und weiterführende Hinweise

  • Vergabeverordnung (VgV)
  • Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A)
  • Sektorenverordnung (SektVO)
  • Unterschwellenvergabeordnung (UVgO)
  • EU-Vergaberichtlinien

Dieser Artikel liefert eine umfassende Definition und Darstellung aller relevanten rechtlichen Aspekte der Bietsicherheit. Für die Anwendung im Vergabeverfahren ist stets auf die aktuellen rechtlichen Vorgaben und die konkreten Vorgaben der jeweiligen Ausschreibung zu achten.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Anforderungen sind an die Absicherung der Bietsicherheit zu stellen?

Die rechtlichen Anforderungen an die Absicherung der Bietsicherheit ergeben sich in Deutschland vorrangig aus der Vergabeverordnung (VgV) und dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), insbesondere § 48 VgV. Öffentliche Auftraggeber dürfen die Leistung einer Bietsicherheit nur fordern, wenn dies zur Deckung von Risiken erforderlich ist, die mit dem Vergabeverfahren unmittelbar zusammenhängen. Bietsicherheiten müssen zudem diskriminierungsfrei, verhältnismäßig und transparent gestaltet werden. Die Sicherheiten können in Form von Bürgschaften, Garantien oder Barzahlungen erbracht werden; deren genaue Ausgestaltung muss bereits in den Vergabeunterlagen eindeutig festgelegt sein. Ferner muss die Rückgabe der Bietsicherheit nach Ablauf der Bindefrist unverzüglich erfolgen, sofern kein Zuschlag erteilt wurde. Auftraggeber sind rechtlich verpflichtet, Höhe und Modalitäten der Bietsicherheit klar und nachvollziehbar anzugeben, andernfalls sind entsprechende Forderungen unzulässig und führen zu Fehlern im Vergabeverfahren, die zur Anfechtung führen können.

Welche rechtlichen Folgen hat eine nicht ordnungsgemäß gestellte Bietsicherheit?

Wird eine Bietsicherheit nicht ordnungsgemäß gestellt, kann dies zum zwingenden Ausschluss des Bieters vom Vergabeverfahren führen (§ 57 Abs. 1 Nr. 2 VgV). „Nicht ordnungsgemäß“ bedeutet, dass entweder die geforderte Form (z.B. Bankbürgschaft statt Versicherung), der erforderliche Betrag, der Zeitpunkt der Hinterlegung oder weitere in den Vergabeunterlagen ausdrücklich genannte Bedingungen nicht erfüllt werden. Die Vergabestelle ist in diesen Fällen rechtlich gebunden und verfügt über keinen Ermessensspielraum, was einen Ausschluss angeht. Bereits gezahlte Sicherheiten können im Falle des Ausschlusses zurückgefordert werden. Im Fall eines rechtswidrigen Ausschlusses besteht die Möglichkeit, Nachprüfungsanträge bei Vergabekammern einzureichen.

Welche Bestimmungen gibt es zur Höhe der Bietsicherheit?

Die Höhe einer Bietsicherheit muss gemäß den Grundsätzen der Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit festgelegt werden. Das bedeutet, sie darf weder unverhältnismäßig hoch noch zu niedrig sein, typischerweise liegt sie zwischen 1% und 5% des geschätzten Auftragswertes, wobei dies je nach Branche variieren kann. Die konkrete Höhe ist in den Vergabeunterlagen abschließend zu bestimmen und rechtlich bindend. Wird eine zu hohe Sicherheit gefordert, kann dies vergaberechtlich angreifbar sein, da dadurch kleinere Unternehmen diskriminiert oder übermäßig belastet werden. In einigen Vergaberegularien, beispielsweise der VOB/A, sind Obergrenzen und weitere Einzelheiten ausdrücklich geregelt.

Wann und wie ist die Bietsicherheit rechtlich zurückzuzahlen oder herauszugeben?

Die Rückzahlung oder Herausgabe der Bietsicherheit ist rechtlich eng geregelt: Nach § 49 Abs. 2 VgV ist die Sicherheit unverzüglich nach Ablauf der Bindefrist oder nach Zuschlagserteilung bzw. nachdem der Bieter aus dem Verfahren ausgeschieden ist, freizugeben oder zurückzuzahlen. Erfolgt dies nicht zeitnah, kann der Bieter Schadensersatzansprüche geltend machen. Im Fall einer Bürgschaft ist das Bürgschaftsdokument zurückzugeben; bei einer Barsicherheit erfolgt die Überweisung des Betrags. Verzögerungen oder eine unrechtmäßige Zurückbehaltung können rechtliche Schritte nach sich ziehen, die im Falle eines öffentlichen Auftraggebers auch auf dem Verwaltungsrechtsweg durchgesetzt werden können.

Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen kann der Auftraggeber die Bietsicherheit einbehalten?

Der Einbehalt der Bietsicherheit darf nur erfolgen, wenn die Vergabeunterlagen diese Möglichkeit ausdrücklich vorsehen und nur unter bestimmten, gesetzlich zulässigen Voraussetzungen. Typischerweise handelt es sich dabei um Fälle, in denen ein Bieter sein Angebot vor Ablauf der Bindefrist unzulässig zurückzieht, den Zuschlag verweigert oder Pflichten aus dem Vergabeverfahren verletzt. Der Einbehalt dient dann der Deckung des Schadens, der dem Auftraggeber hierdurch entsteht. Rechtsgrundlage sind die einschlägigen Regelungen der VOB/A, VOL/A und SektVO sowie entsprechende Auslegungsgrundsätze der Rechtsprechung. Ein unrechtmäßiger Einbehalt kann Ansprüche auf Rückzahlung und ggf. Schadensersatz auslösen.

Welche Formvorgaben bestehen bei der Stellung der Bietsicherheit?

Gesetzlich ist festgelegt, dass die Bietsicherheit stets in einer Form zu leisten ist, die der Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen nennt. Häufig sind dies die unbefristete, selbstschuldnerische Bankbürgschaft auf erstes Anfordern oder eine Versicherungsgarantie. In jedem Fall müssen die Dokumente im Original und fristgerecht vorgelegt werden; Kopien, Fax oder E-Mail-Scans werden rechtlich nicht anerkannt. Verstöße gegen diese Formvorgaben ziehen regelmäßig den Ausschluss des Angebots nach sich. Auftraggeber haben zudem sicherzustellen, dass die vorgesehenen Formen für alle Bieter rechtlich und wirtschaftlich zugänglich sind.

Welche Rolle spielen Fristen bei der Einreichung und Rückgabe der Bietsicherheit?

Die Einhaltung von Fristen bei der Einreichung und Rückgabe der Bietsicherheit ist zentraler Bestandteil der rechtlichen Prüfpflichten sowohl für Bieter als auch für Auftraggeber. Die Sicherheit muss spätestens bis zum Ablauf der Angebotsfrist eingereicht werden, andernfalls erfolgt ein zwingender Ausschluss vom Verfahren (§ 57 Abs. 1 Nr. 2 VgV). Verspätete Rückgaben durch den Auftraggeber sind unzulässig und können Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Die Rückgabe muss grundsätzlich unverzüglich nach Ablauf der Bindefrist oder nach Zuschlag erteilt werden, sofern keine Gründe für deren Einbehalt bestehen. Die genaue zeitliche Abfolge sollte dem Vergabeprotokoll entnommen und dokumentiert werden.