Bewertungsportal – Rechtslexikon
Definition und Bedeutung von Bewertungsportalen
Bewertungsportale sind internetbasierte Plattformen, auf denen Nutzerinnen und Nutzer Bewertungen zu Produkten, Dienstleistungen, Unternehmen oder Einzelpersonen abgeben sowie abrufen können. Diese Portale erfüllen eine wichtige Funktion im digitalen Zeitalter, indem sie Transparenz schaffen und es Verbraucherinnen und Verbrauchern ermöglichen, informierte Entscheidungen zu treffen. Bewertungsportale haben insbesondere in den Bereichen Gastronomie, Hotellerie, Handwerk, Dienstleistungen, E-Commerce und Medizin eine hohe Relevanz erlangt. Typische Beispiele sind Plattformen wie Google-Bewertungen, TripAdvisor, Yelp oder Jameda.
Rechtliche Grundlagen von Bewertungsportalen
Allgemeine Gesetzliche Rahmenbedingungen
Bewertungsportale bewegen sich im Spannungsfeld verschiedener rechtlicher Regelungen. Zentrale Normen finden sich unter anderem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), im Telemediengesetz (TMG), im Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), im Datenschutzrecht sowie im allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
1. Meinungsfreiheit (Art. 5 GG)
Bewertungen fallen regelmäßig unter den Schutz der Meinungsfreiheit. Dabei ist zu differenzieren: Werturteile sind grundsätzlich geschützt, Tatsachenbehauptungen jedoch nur dann, wenn sie wahr sind.
2. Allgemeines Persönlichkeitsrecht und Unternehmenspersönlichkeitsrecht
Unternehmen und Einzelpersonen können sich gegen rufschädigende, unwahre oder beleidigende Bewertungen auf ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen. Im Rahmen der Abwägung von Persönlichkeitsrecht und Meinungsfreiheit ist regelmäßig eine Einzelfallprüfung erforderlich.
3. Datenschutzrechtliche Bestimmungen
Bewertungsportale verarbeiten personenbezogene Daten der Bewertenden und der Bewerteten. Dies erfordert die Einhaltung einschlägiger Datenschutzregelungen, insbesondere der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Von Bedeutung sind hier die Rechtsgrundlagen der Datenverarbeitung, Informationspflichten und die Rechte der betroffenen Personen (z. B. Auskunfts-, Lösch- und Widerspruchsrecht).
4. Wettbewerbsrechtliche Aspekte
Das UWG schützt Mitbewerber, Verbraucher und sonstige Marktteilnehmer vor unlauteren Geschäftspraktiken. Gerade gefälschte Bewertungen, bezahlte Bewertungen ohne Kennzeichnung oder manipulative Maßnahmen können als unzulässige geschäftliche Handlung nach § 5 UWG oder als Irreführung angesehen werden.
Haftung von Bewertungsportalen
Bewertungsportale sind grundsätzlich nicht verantwortlich für von Dritten eingestellte Inhalte (§ 7 Abs. 2 TMG), sofern sie nicht Kenntnis von rechtswidrigen Inhalten haben oder nach Kenntniserlangung nicht unverzüglich tätig werden (Störerhaftung). Bewertungsportale treffen daher Prüf- und Handlungspflichten ab dem Zeitpunkt, zu dem sie auf eine Rechtsverletzung hingewiesen werden.
1. Prüfpflichten
Abhängig von der Art und dem Umfang der Bewertung, der Anzahl der Hinweise und der Konkretheit einer Beschwerde müssen Portale eine angemessene Sachverhaltsaufklärung vornehmen. Dies schließt die Kontaktaufnahme mit den Beteiligten und eine sachgerechte Prüfung der vorgetragenen Einwände ein.
2. Entfernungspflichten („Notice and Takedown“)
Besteht eine offenkundige Rechtsverletzung, hat das Portal die betreffende Bewertung unverzüglich zu sperren oder zu löschen.
Schutzmöglichkeiten für Unternehmen und Einzelpersonen
Löschung und Gegendarstellung
Bewertete Unternehmen oder Personen können von Bewertungsportalen die Entfernung rechtsverletzender Inhalte verlangen. Insbesondere bei unwahren Tatsachenbehauptungen, Schmähkritik oder beleidigenden Inhalten besteht regelmäßig ein Anspruch auf Löschung. Zudem kommt die Geltendmachung einer Gegendarstellung in Betracht.
Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche
Gegen den Bewertenden können im Fall rechtsverletzender Bewertungen Unterlassungs- sowie Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Ein Vorgehen gegen das Portal selbst ist möglich, wenn dieses trotz Kenntnis nicht tätig wurde.
Auskunftsansprüche
In bestimmten Fällen besteht ein Auskunftsanspruch gegen das Portal auf Herausgabe der Nutzerdaten des Bewertenden (§ 14 Abs. 2 TMG), zumeist im Falle einer schwerwiegenden Rechtsverletzung und nach richterlicher Anordnung.
Manipulation und Missbrauch von Bewertungsportalen
Gefälschte und gekaufte Bewertungen
Das Anbieten oder Erstellen falscher oder bezahlter Bewertungen ohne entsprechende Kennzeichnung ist unzulässig und stellt regelmäßig einen Wettbewerbsverstoß dar. Auch das gezielte Entfernen negativer Bewertungen kann als irreführende Handlung eingestuft werden.
Reputationsmanagement und rechtliche Grenzen
Reputationsmanagement durch die gezielte Beauftragung von Bewertungen ist innerhalb klarer rechtlicher Schranken zulässig. Selbst verfasste oder gekaufte Bewertungen sind nur erlaubt, wenn sie als Werbung gekennzeichnet werden und keine irreführenden Angaben enthalten.
Urteile und Rechtsentwicklungen
Die Rechtsprechung hat die Pflichten und Rechte im Bereich von Bewertungsportalen in den letzten Jahren stetig konkretisiert. Leitentscheidungen betreffen unter anderem die Prüfpflichten der Portalbetreiber (BGH, Urteil vom 1.03.2016, Az. VI ZR 34/15), die Zulässigkeit von Bewertungsaggregationen sowie den Anspruch auf Löschung unwahrer Behauptungen (BGH, Urteil vom 23.09.2014, Az. VI ZR 358/13).
Ausblick und kommende Regulierungen
Die regulatorischen Anforderungen an Bewertungsportale werden voraussichtlich weiter ansteigen. Im Zuge der europäischen Digitale-Dienste-Gesetzgebung (Digital Services Act – DSA) sind künftig noch umfassendere Pflichten hinsichtlich Transparenz, Bekämpfung von Desinformation und Schutz vor Missbrauch zu erwarten.
Zusammenfassung
Bewertungsportale sind komplexe Plattformen, die eine Vielzahl von rechtlichen Fragen im Spannungsfeld zwischen Meinungsäußerungsfreiheit, Persönlichkeitsrecht, Datenschutz und Wettbewerbsrecht aufwerfen. Für die Betreiber solcher Portale sind insbesondere die Einrichtung wirksamer Prüf- und Löschprozesse sowie die Einhaltung der datenschutzrechtlichen „Spielregeln“ von zentraler Bedeutung. Bewertete Unternehmen und Einzelpersonen besitzen umfangreiche Schutzmöglichkeiten, deren Durchsetzung zumeist einer individuellen Abwägung im Einzelfall bedarf. Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung und der Bedeutung von Bewertungen für den Unternehmenserfolg sind Bewertungsportale ein zunehmend wichtiger Gegenstand der Rechtsprechung und Gesetzgebung.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen gegen eine nachteilige Bewertung auf einem Bewertungsportal?
Betroffene, die eine nachteilige Bewertung auf einem Bewertungsportal erhalten haben, können sich auf verschiedene rechtliche Wege gegen diese Bewertung zur Wehr setzen. Zunächst steht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Vordergrund, welches im Rahmen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützt ist. Ist die Bewertung unwahr, beleidigend, verleumderisch oder enthält sie Schmähkritik, kommen Unterlassungs-, Löschungs- und möglicherweise auch Schadensersatzansprüche gegen den Verfasser der Bewertung sowie gegen das Bewertungsportal selbst in Betracht. Die meisten Portale sind nach den geltenden Vorgaben des Telemediengesetzes (TMG) bzw. nach Art. 17 DSGVO verpflichtet, rechtswidrige Inhalte nach Kenntniserlangung unverzüglich zu entfernen. Ein Vorgehen kann zunächst durch eine formlose Beschwerde oder einen Antrag auf Löschung erfolgen. Verweigert das Portal die Entfernung, kann eine anwaltliche Abmahnung oder gegebenenfalls ein gerichtliches Vorgehen, etwa per einstweiliger Verfügung, folgen.
Wann haften Bewertungsportale für rechtswidrige Inhalte ihrer Nutzer?
Bewertungsportale sind grundsätzlich sogenannte Host-Provider im Sinne des Telemediengesetzes und haften nicht automatisch für fremde, durch Nutzer erstellte Inhalte. Sobald das Portal allerdings von einer konkreten Rechtsverletzung Kenntnis erhält – zum Beispiel durch einen Hinweis des Betroffenen -, ist es verpflichtet, die Bewertung zu überprüfen und ggf. unverzüglich zu löschen (sogenannter „Notice-and-take-down“-Mechanismus). Kommt das Portal dieser Pflicht nicht nach, können Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche auf Grundlage von § 823 BGB sowie aus dem UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) entstehen. Zudem kann bei groben Pflichtverletzungen eine Mitstörerhaftung auftreten. Ein Portal haftet allerdings nicht für rein allgemeine Kenntnis über die Möglichkeit rechtswidriger Inhalte, sondern erst ab spezifischer Benachrichtigung.
Welche datenschutzrechtlichen Aspekte sind bei der Nutzung eines Bewertungsportals zu beachten?
Die Nutzung und das Betreiben von Bewertungsportalen unterliegen den Vorgaben der DSGVO, insbesondere dem Grundsatz der Datenminimierung und -transparenz. Personenbezogene Daten (Name, Kontaktdaten, Bewertungen) dürfen nur dann verarbeitet werden, wenn hierfür eine rechtliche Grundlage besteht, meist eine Einwilligung des Nutzers oder ein berechtigtes Interesse gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Betroffene können vom Portal Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten verlangen (Art. 15 DSGVO) und deren Löschung beantragen (Art. 17 DSGVO). Außerdem müssen Bewertungsportale geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten vorhalten. Verstöße können mit Bußgeldern belegt werden.
Dürfen Bewertungen auf Bewertungsportalen anonym abgegeben werden und welche rechtlichen Grenzen gibt es dabei?
Bewertungen dürfen bei vielen Portalen anonym abgegeben werden, wobei die anonyme oder pseudonyme Nutzung nach § 13 Abs. 6 TMG sogar ausdrücklich erlaubt ist – soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Jedoch gilt auch für anonyme Bewertungen das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie das Recht auf Ehre und wirtschaftlichen Ruf des Bewerteten. Falsche Tatsachenbehauptungen, Beleidigungen oder Formalbeleidigungen sind auch bei anonymen Bewertungen rechtswidrig. Kommt es zu Streitfällen, muss das Portal im Rahmen des Auskunftsanspruchs gem. § 14 Abs. 2 TMG bzw. nach den Voraussetzungen der Strafverfolgung (Strafanzeige bei Polizei/Staatsanwaltschaft) unter Umständen die Bestandsdaten der anonym Bewertenden herausgeben, sofern diese vorhanden und die Voraussetzungen erfüllt sind.
Unter welchen Bedingungen ist eine Bewertung (un-)zulässig und wann spricht man von einer Rechtsverletzung?
Eine Bewertung auf einem Bewertungsportal ist stets dann unzulässig, wenn sie die Grenze zur Schmähkritik, zur Formalbeleidigung oder Verleumdung überschreitet (§ 185 ff. StGB, § 823 BGB). Meinungsäußerungen sind zwar durch Art. 5 GG geschützt, doch endet dieser Schutz, wenn unwahre Tatsachen behauptet, Persönlichkeitsrechte verletzt oder gezielt geschäftsschädigende Inhalte verbreitet werden. Richtig ist, dass ein gewisser Spielraum für kritische Bewertungen besteht, solange sie auf nachprüfbaren Tatsachengrundlagen beruhen und nicht unverhältnismäßig diffamierend sind. Besonders kritisch sind unrichtige Tatsachenbehauptungen, erfundene Vorfälle oder absichtlich falsche negative Erfahrungsberichte. Ab Grenze dieser Tatbestände kann der Bewertete auf Unterlassung, Löschung und ggf. Schadenersatz klagen. Die Beweislast für die Wahrheit einer behaupteten Tatsache liegt beim Bewertenden.
Müssen Unternehmen berechtigterweise schlechte Bewertungen hinnehmen?
Grundsätzlich müssen Unternehmen berechtigte kritische oder auch negative Bewertungen hinnehmen, sofern diese von der Meinungsfreiheit gedeckt und sachlich begründet sind. Dies ergibt sich aus dem öffentlichen Informationsinteresse (§ 5 GG) und dem Wettbewerbsrecht. Eine Grenze ist jedoch überschritten, wenn Bewertungen falsch, verleumderisch, beleidigend oder irreführend sind. Gegen objektiv unzutreffende oder mutwillige Bewertungen besteht ein Anspruch auf Löschung. In Zweifelsfällen muss das Portal eine Prüfung vornehmen und die Rechte beider Parteien – des Bewertenden und des Bewerteten – sorgfältig abwägen.
Welche rechtlichen Schritte stehen Unternehmen oder Privatpersonen gegen Bewertungsmanipulationen (Fake-Bewertungen) offen?
Gegen Fake-Bewertungen – etwa durch Mitbewerber, gekaufte Rezensionen oder bewusste Manipulationen – können Unternehmen und Privatpersonen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sowie nach zivilrechtlichen Vorschriften (§ 823 BGB) vorgehen. Das Vorgehen beginnt meist mit der Beanstandung beim Bewertungsportal, wofür mittlerweile eigene Beschwerdemechanismen existieren. Die Portale sind verpflichtet, offensichtliche Manipulationen zu prüfen und zu entfernen. Bleibt dies erfolglos, kann durch anwaltliche Abmahnung, Unterlassungsklage oder – bei massiven Schäden – durch Schadensersatzklage gegen die Verantwortlichen oder sogar gegen das Portal selbst vorgegangen werden. Strafrechtlich kann in betrügerischen Fällen auch eine Strafanzeige erfolgen, etwa wegen übler Nachrede oder Verleumdung (§§ 186, 187 StGB).