Beurkundung und Beurkundungsgesetz (BeurkG): Rechtliche Grundlagen, Bedeutung und Anwendungsbereiche
Die Beurkundung ist ein zentrales Element im deutschen Rechtssystem und bezeichnet die förmliche und rechtlich verbindliche Aufzeichnung von Willenserklärungen, Tatsachen oder Vorgängen durch eine dazu befugte Amtsperson, in der Regel eine Notarin oder ein Notar. Das Beurkundungsgesetz (BeurkG) regelt in Deutschland die allgemeinen Vorschriften zur Beurkundung von Rechtsgeschäften, Maßnahmen und Tatsachen. Die ordnungsgemäße Beurkundung ist Voraussetzung für die Wirksamkeit bestimmter Rechtsgeschäfte und dient insbesondere dem Schutz der Beteiligten, der Rechtssicherheit und der Beweissicherung.
Gesetzliche Grundlagen der Beurkundung
Das Beurkundungsgesetz (BeurkG)
Das Beurkundungsgesetz (BeurkG) ist das zentrale Regelwerk, das die Beurkundung in Deutschland regelt. Es trat am 1. Januar 1938 in Kraft und erfuhr seither zahlreiche Anpassungen und Erweiterungen. Das Gesetz legt die formalen und inhaltlichen Anforderungen sowie die verfahrensmäßige Ausgestaltung der Beurkundung fest. Relevant sind insbesondere die Vorschriften über Vorbereitung, Durchführung, Beurkunderstellung, Niederschrift und Beweissicherung.
Verhältnis zu anderen Rechtsnormen
Neben dem BeurkG enthalten auch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), das Handelsgesetzbuch (HGB) und das Grundbuchrecht zahlreiche beurkundungsrelevante Regelungen. Das BeurkG gilt grundsätzlich subsidiär, das heißt, spezielle Vorschriften anderer Gesetze haben vorrangige Geltung, soweit sie abweichende oder ergänzende Regelungen über die Beurkundung enthalten.
Funktionen und Zwecke der Beurkundung
Formerfordernis und Rechtssicherheit
In bestimmten Fällen schreibt das Gesetz für die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften die Beurkundung vor (z. B. bei Grundstücksgeschäften gemäß § 311b BGB, bei Eheverträgen nach § 1410 BGB oder bei Schenkungsversprechen nach § 518 BGB). Die Beurkundung dient in diesen Fällen dem Schutz vor Übereilung, der Dokumentation der Willenserklärungen und der Wahrung der Rechtssicherheit.
Beweissicherungsfunktion
Die Beurkundung stellt ein besonders beweissicheres Dokument dar. Die von einer Amtsperson erstellte Urkunde hat einen hohen Beweiswert im Prozess (§ 415 ZPO). Die darin festgehaltenen Erklärungen und Feststellungen gelten als voll bewiesen, bis ihre Unrichtigkeit nachgewiesen ist.
Warnfunktion
Durch die persönliche Beteiligung einer Notarin oder eines Notars und die erforderliche Beratung werden Erklärungspflichtige auf die Bedeutung und Tragweite ihrer Willenserklärung aufmerksam gemacht. Die Warnfunktion soll vor unbedachten oder rechtlich nachteiligen Handlungen schützen.
Ablauf und Anforderungen an die Beurkundung
Beteiligte und deren Mitwirkung
Das BeurkG sieht vor, dass grundsätzlich alle Beteiligten anwesend sind. Die Amtsperson hat deren Identität festzustellen (§ 10 BeurkG) und sich von deren Geschäftsfähigkeit, Erklärungsfähigkeit und Ernsthaftigkeit zu überzeugen. In Sonderfällen können Beteiligte durch Vertreter oder Bevollmächtigte handeln.
Aufnahme und Inhalt der Niederschrift
Die zu beurkundende Erklärung wird von der Amtsperson vollständig aufgenommen, den Beteiligten vorgelesen, von diesen genehmigt und im Anschluss von ihnen sowie der Amtsperson unterschrieben (§§ 8, 13 BeurkG). Die Niederschrift muss alle wesentlichen Angaben enthalten, insbesondere Zeit, Ort, Personalien der Beteiligten, Erklärungen und ggf. weitere Feststellungen.
Beratungspflicht und Hinweispflichten
Ein wesentlicher Grundsatz der Beurkundung ist die unparteiische Betreuung der Beteiligten durch die Notarin oder den Notar. Gemäß § 17 BeurkG hat diese Stelle darauf hinzuwirken, dass sämtliche Erklärungen klar, vollständig und juristisch zutreffend wiedergegeben werden. Auf rechtliche Folgen und Risiken muss hingewiesen werden.
Elektronische Beurkundung
Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) im Jahr 2022 ist die Beurkundung ausgewählter Rechtsgeschäfte auch auf elektronischem Wege möglich. Voraussetzung sind elektronische Identifikation, qualifizierte elektronische Signatur und die Nutzung sicherer IT-Infrastrukturen (§§ 16a ff. BeurkG).
Beurkundungspflichtige Rechtsgeschäfte
Grundstücksgeschäfte
Nach § 311b BGB ist der Kauf, die Übertragung oder die Belastung von Grundstücken beurkundungspflichtig. Gleiches gilt für die Bestellung und Aufhebung von Erbbaurechten und anderen grundstücksgleichen Rechten.
Eheverträge, Scheidungsfolgenvereinbarungen, Gesellschaftsverträge
Eheverträge (§ 1410 BGB), Scheidungsfolgenvereinbarungen sowie der Gesellschaftsvertrag bei einer GmbH-Gründung (§ 2 GmbHG) müssen notariell beurkundet werden, andernfalls sind sie nichtig.
Schenkungsversprechen
Ein Schenkungsversprechen ist gemäß § 518 BGB nur mit notarieller Beurkundung rechtsgültig, außer die Schenkung ist bereits vollzogen (Handschenkung).
Rechtsfolgen und Bedeutung der Beurkundung
Nichtigkeit mangels Form
Verstöße gegen das Beurkundungserfordernis führen in der Regel zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts (§ 125 BGB), sofern nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Die Nachholung der Beurkundung kann das Rechtsgeschäft in bestimmten Fällen wirksam machen.
Heilung von Formmängeln
Für einige Rechtsgeschäfte sieht das Gesetz Heilungsmöglichkeiten vor, z. B. kann bei Versäumnis der notariellen Beurkundung eines Schenkungsversprechens die Bewirkung der Leistung durch den Schenker den Formmangel heilen (§ 518 Abs. 2 BGB).
Formen der Beurkundung
Notarielle Beurkundung
Die notarielle Beurkundung ist die Hauptform und erfolgt durch Notarinnen bzw. Notare als unabhängige Träger eines öffentlichen Amtes. Sie erfassen die Erklärungen, sorgen für die korrekte Formulierung, prüfen die Identität und Geschäftsfähigkeit und belehren die Beteiligten über rechtliche Konsequenzen.
Beglaubigungen
Von der Beurkundung zu unterscheiden ist die Beglaubigung von Unterschriften oder Abschriften, bei der lediglich die Echtheit einer eigenhändigen Unterschrift oder die Übereinstimmung mit dem Original bestätigt wird (§ 39 BeurkG). Eine inhaltliche Prüfung des Rechtsgeschäfts erfolgt hierbei nicht.
Internationale Beurkundungen und grenzüberschreitende Beurkundungstatbestände
Im internationalen Rechtsverkehr können deutsche Beurkundungen nach Maßgabe der Haager Apostille oder durch Legalisation zur Anerkennung in anderen Staaten versehen werden. Umgekehrt können ausländische Urkunden unter bestimmten Voraussetzungen in Deutschland verwendet werden, sofern sie beglaubigt und erforderlichenfalls übersetzt sind.
Aufbewahrung und Registerpflichten
Beurkundete Urkunden werden dauerhaft oder für festgelegte Zeiträume in notariellen Archiven bzw. bei den zuständigen Stellen sicher verwahrt (§ 50 BeurkG). Für bestimmte beurkundete Rechtsgeschäfte besteht zudem Registerpflicht, z. B. die Eintragung im Grundbuch, Handelsregister oder Vereinsregister.
Zusammenfassung
Die Beurkundung nach Maßgabe des Beurkundungsgesetzes stellt ein essenzielles Instrument zur Sicherung der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes im Rechtsverkehr dar. Sie ist für eine Vielzahl bedeutender Rechtsgeschäfte zwingend vorgeschrieben und gewährleistet neben einer umfassenden Dokumentation auch die Schutz-, Warn- und Klarstellungsfunktion für die Beteiligten. Das Beurkundungsgesetz definiert dabei die Rahmenbedingungen und inhaltlichen Vorschriften, um die Wirksamkeit, Nachweisbarkeit und Bestandskraft beurkundungspflichtiger Rechtsgeschäfte im deutschen Recht zu sichern.
Häufig gestellte Fragen
Welche formalen Voraussetzungen muss eine Beurkundung nach dem Beurkundungsgesetz erfüllen?
Für eine wirksame öffentliche Beurkundung gemäß dem Beurkundungsgesetz (BeurkG) sind verschiedene formale Voraussetzungen zwingend einzuhalten. Wesentliche Voraussetzung ist die persönliche Anwesenheit aller Beteiligten vor dem Notar (§ 13 BeurkG), da der wesentliche Zweck der Beurkundung darin besteht, dass der Notar den wahren Willen der Beteiligten feststellt sowie über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehrt. Die Urkunde muss sodann den wesentlichen Inhalt der Erklärung, das Datum sowie die persönlichen Angaben der Erschienenen enthalten. Weiterhin muss der Notar den Beteiligten die Niederschrift vorlesen, zur Genehmigung vorlegen und diese von diesen eigenhändig unterschreiben lassen; der Notar selbst hat ebenfalls zu unterschreiben und das Amtsiegel beizufügen (§§ 8, 13 ff. BeurkG). Sind mehrere Parteien beteiligt, müssen alle Parteien und der Notar gleichzeitig anwesend sein. Eine Abweichung hiervon ist nur in eng begrenzten Ausnahmen zulässig, etwa bei Vertretung mit Nachweis der Vertretungsmacht. Verletzt der Notar diese Formvorschriften, kann die Urkunde als unwirksam angesehen werden, was regelmäßig zur Nichtigkeit des Geschäfts führt.
Welche Rechtsfolgen hat die ordnungsgemäße Beurkundung eines Rechtsgeschäfts?
Die ordnungsgemäße Beurkundung durch einen Notar begründet die Echtheit und die Beweiskraft der beurkundeten Erklärung im Rechtsverkehr (§ 415 ZPO). Das beurkundete Rechtsgeschäft erlangt, soweit gesetzlich zwingend vorgeschrieben (z. B. bei Grundstückskaufverträgen, § 311b BGB), erst durch die Beurkundung Wirksamkeit. Das bedeutet, dass das Geschäft ohne Beurkundung nichtig ist (Formnichtigkeit). Darüber hinaus bestärkt die beurkundete Urkunde die Sicherheit, Verlässlichkeit und Nachvollziehbarkeit des Rechtsverkehrs. Die notarielle Beurkundung ist auch Grundlage für bestimmte Vollstreckungstitel; eine vollstreckbare Ausfertigung einer notariellen Urkunde kann beispielsweise bei versprochenen Zahlungen nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO unmittelbare Zwangsvollstreckung ermöglichen. Der Notar trägt zudem besondere Haftung für Fehler bei der Beurkundung.
Können auch Rechtsgeschäfte mit Auslandsberührung in Deutschland beurkundet werden?
Grundsätzlich ist es möglich, dass Rechtsgeschäfte mit internationalem Bezug in Deutschland nach dem Beurkundungsgesetz durch einen Notar beurkundet werden, sofern das Geschäft im deutschen Rechtsraum wirksam werden soll. Der Notar achtet dabei insbesondere auf etwaige ausländische Formvorschriften und prüft, ob sie dem Schutzzweck des deutschen Beurkundungsrechts entsprechen. In bestimmten Fällen muss er die internationale Zuständigkeit, den anzuwendenden Formstatut sowie eventuelle Anerkennungserfordernisse im Ausland prüfen. Schwieriger wird die Beurkundung, wenn fremdsprachige Beteiligte oder fremdsprachige Dokumente vorliegen. Hier hat der Notar für die sachgerechte Übersetzung und Verständlichkeit zu sorgen; ist eine Partei der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig, muss ein beeidigter Dolmetscher hinzugezogen werden (§ 16 BeurkG). Die im Ausland gefertigte Urkunde unterliegt zudem regelmäßig dem Recht des Beurkundungsstaates, es sei denn zwingende deutsche Vorschriften stehen entgegen.
Welche Bedeutung hat die Niederschrift im Rahmen der Beurkundung?
Die Niederschrift ist das zentrale Element der notariellen Beurkundung nach dem Beurkundungsgesetz. Sie dokumentiert schriftlich den vollständigen Inhalt der Erklärungen der Beteiligten, ihre Identität sowie den Ablauf der Beurkundung (§ 8 BeurkG). Die Niederschrift sichert nicht nur die Authentizität, sondern auch die Nachprüfbarkeit und Beweiskraft des Rechtsgeschäfts. Sie muss alle wesentlichen Angaben enthalten, zum Beispiel die Feststellung der Geschäftsfähigkeit der Erschienenen, etwaige gesetzliche Warnpflichten und Hinweise sowie getroffene Nebenabreden. Die Urkunde ist dauerhaft aufzubewahren und bildet eine verbindliche Grundlage für spätere Rechtsstreitigkeiten oder die Eintragung in öffentliche Register (z. B. Grundbuch). Änderungen, Berichtigungen oder Ergänzungen sind nach der Unterzeichnung nur noch unter außergewöhnlichen gesetzlichen Voraussetzungen zulässig.
Wie wird bei rechtlich oder sprachlich nicht ausreichend versierten Beteiligten bei der Beurkundung verfahren?
Sind Beteiligte einer Beurkundung in rechtlicher oder sprachlicher Hinsicht nicht ausreichend versiert oder ist ihre Geschäftsfähigkeit zweifelhaft, sieht das Beurkundungsgesetz besondere Schutzmechanismen vor. Nach § 17 BeurkG ist der Notar verpflichtet, den Willen der Beteiligten zu erforschen, sie über die rechtliche Tragweite und mögliche Risiken der beurkundeten Erklärungen zu belehren und diese im Bedarfsfall besonders aufzuklären. Ist ein Beteiligter der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig, muss eine Übersetzung erfolgen oder ein beeidigter Dolmetscher hinzugezogen werden (§ 16 BeurkG). Bei erheblichen Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit muss der Notar die Beurkundung ggf. ablehnen oder besondere Sicherungen (z. B. ärztliches Zeugnis) verlangen. So wird sichergestellt, dass niemand durch Unkenntnis oder Verständnisdefizite benachteiligt wird und die Wirksamkeit der Beurkundung gewährleistet bleibt.
Welche Protokoll- und Aufbewahrungspflichten treffen den beurkundenden Notar?
Der Notar ist nach dem Beurkundungsgesetz verpflichtet, die Originalurkunden in seinen Urkundenrollen zu sammeln und dauerhaft aufzubewahren (§ 45 BeurkG i. V. m. den Richtlinien der Bundesnotarkammer und der jeweiligen Landesnotarkammer). Darüber hinaus müssen Abschriften und Ausfertigungen auf Anforderung den Beteiligten, Behörden oder Gerichten zur Verfügung gestellt werden, wobei jeweils die Einsichtsrechte und datenschutzrechtlichen Anforderungen zu beachten sind. Die Aufbewahrungsfristen betragen mindestens 100 Jahre für Urkunden mit dauerhafter Rechtsbedeutung (etwa Grundstücksverträge), wobei die Fristen gesetzlich oder standesrechtlich festgelegt werden können. Die ordnungsgemäße Protokollierung und Archivierung dient der Rechtssicherheit und Nachprüfbarkeit sowie der Verhinderung von Rechtsverlusten bei den Beteiligten.
Was geschieht, wenn bei der Beurkundung ein Formmangel vorliegt?
Ein Verstoß gegen die zwingenden Formvorschriften des Beurkundungsgesetzes führt grundsätzlich zur Nichtigkeit der beurkundeten Willenserklärung (§ 125 BGB, § 13 ff. BeurkG). Formmängel können sich beispielsweise aus der Nichterfüllung der Anwesenheitspflicht, mangelhafter Feststellung der Identität, fehlender Vorlesung oder unvollständiger Niederschrift ergeben. In bestimmten Ausnahmefällen kann eine Heilung des Formmangels eintreten, etwa durch vollständige Durchführung und Vollzug des Geschäfts im Grundbuchrecht (§ 311b Abs. 1 S. 2 BGB), sofern gesetzlich vorgesehen. Ansonsten bleibt das Geschäft unwirksam, und eventuell erbrachte Leistungen sind nach Bereicherungsrecht rückabzuwickeln. Im Einzelfall kann ein Formmangel allerdings auch zu Schadensersatzansprüchen gegen den Notar führen, sollte diesem ein haftungsbegründendes Fehlverhalten nachzuweisen sein.