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Benutzer, informierter


Begriffserklärung: Benutzer, informierter

Der Ausdruck „Benutzer, informierter“ ist ein rechtsrelevanter Begriff, der insbesondere im Kontext des Datenschutzrechts, des Medizinprodukterechts, der Produktsicherheit sowie im Bereich der Verbraucherinformationen und der technischen Normung eine zentrale Rolle spielt. Der Terminus beschreibt eine Person, die ein bestimmtes Produkt, System oder eine Dienstleistung nicht nur anwendet oder nutzt, sondern dies auf Basis eines bestimmten, höheren Maßes an Kenntnissen, Erfahrungen und Informationen tut. Der Rechtsbegriff grenzt sich vom allgemeinen Benutzer oder Verbraucher ab und ist für unterschiedliche sachliche und rechtliche Bewertungen maßgeblich.


Definition und Bedeutung des informierten Benutzers

Der „informierte Benutzer“ ist im rechtlichen Sinne ein Tatbestandsmerkmal, das zur Einordnung der Kenntnisse und Fähigkeiten einer Person dient, die ein Produkt, eine Dienstleistung oder eine Software verwendet. Im Gegensatz zum durchschnittlichen Benutzer oder Verbraucher zeichnet sich der informierte Benutzer durch spezielle Sachkenntnis, ein erhöhtes Verständnis für die Eigenschaften und Funktionsweisen sowie ein gesteigertes Informations- und Urteilsvermögen aus. Die Definition orientiert sich an europarechtlichen Vorgaben, insbesondere im Produkt- und Designrecht sowie im Rahmen der Produkthaftung und Produktsicherheit.


Rechtsquellen und Anwendungsbereiche

1. Europäisches und nationales Recht

Der Begriff des informierten Benutzers findet seinen Ursprung insbesondere im europäischen Recht. Er ist wesentlich für die Auslegung von Richtlinien und Verordnungen der Europäischen Union, etwa im Zusammenhang mit dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster (Designrecht, Art. 6 und 10 VO (EG) Nr. 6/2002) sowie im Produkt- und Medizinprodukterecht und wird in nationalen Gesetzen und Verordnungen entsprechend umgesetzt.

Gemeinschaftsgeschmacksmuster

Im Designrecht ist der Referenzpunkt des informierten Benutzers ausschlaggebend zur Feststellung der Eigenart oder Schutzfähigkeit eines Designs. Maßgeblich ist, ob sich der Gesamteindruck eines Designs auf den informierten Benutzer unterscheidet. Der informierte Benutzer nimmt damit eine Position ein, die zwischen dem „Endverbraucher“ und dem „Fachkundigen“ angesiedelt ist.

Produktsicherheitsrecht

Im Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) und im europäischen Produktsicherheitsrecht ist die Betrachtung des informierten Benutzers relevant, um zu beurteilen, an welche Zielgruppe sich Sicherheitsinformationen, Warnhinweise oder Betriebsanleitungen richten müssen.

Medizinprodukterecht

In der Medizinprodukteverordnung (MDR (EU) 2017/745) sowie im Medizinproduktegesetz (MPG) spielt der informierte Benutzer eine Rolle, wenn der Grad der erforderlichen Gebrauchsanweisung und Aufklärung entsprechend an das Vorwissen der Benutzergruppe (zum Beispiel geschultes medizinisches Personal) angepasst wird.


2. Verbraucherschutz und Datenschutz

Im Bereich Datenschutz und bei der Einwilligungserklärung von Nutzern nimmt die Unterscheidung zwischen durchschnittlichem Verbraucher und informierten Benutzern Einfluss darauf, wie detailliert Aufklärung, Hinweise und Datenschutzbestimmungen ausgestaltet sein müssen. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verlangt, Informationen in verständlicher Form bereitzustellen, wobei von informierten Benutzern unter Umständen ein größeres Begriffsverständnis erwartet werden kann.


Merkmale des informierten Benutzers

1. Wissensgrad und Übersicht

Der informierte Benutzer verfügt über einen detaillierten Überblick über vorhandene Gestaltungen oder Funktionsweisen und bringt eine über die Basiserwartungen hinausgehende Kenntnis von Technik, Handhabung und Erscheinungsbild mit. Dabei vermittelt der Begriff kein Spezialwissen, sondern ein erfahrungsbasiertes, realistisches Sachverständnis auf gehobenem Niveau.

2. Rezeption und Wahrnehmung

Im Unterschied zum durchschnittlichen Verbraucher, der in der Regel nicht weiter in Sachzusammenhänge eingearbeitet ist, rezipiert der informierte Benutzer die Eigenschaften eines Produkts oder einer Dienstleistung mit einem geschulten Blick für Details, Unterschiede und Zusammenhänge.


Relevanz in Gerichtsentscheidungen und im Prüfungsmaßstab

1. Designrechtliche Verfahren

Gerichte nutzen die Figur des informierten Benutzers als Prüfungsmaßstab, wenn es um die Beurteilung des Gesamteindrucks im Rahmen von Geschmacksmusterklagen geht. Der Blickwinkel des informierten Benutzers wird zur objektiven Beurteilung herangezogen, inwiefern sich einzelne Designs voneinander unterscheiden oder übereinstimmen und ob Schutzfähigkeit bzw. Rechtsverletzung vorliegt.

2. Produkthaftung und -sicherheit

Im Rahmen der Produkthaftung haftet der Hersteller nicht nur für Fehler bei durchschnittlicher, sondern auch bei bestimmungsgemäßer und vorhersehbarer Verwendung durch informierte Benutzer. Die Produktgestaltung, Kennzeichnung und Warnpflichten orientieren sich an den spezifischen Vorkenntnissen und dem typischen Nutzerverhalten dieser Benutzergruppen.


Praxisbeispiele für den informierten Benutzerbegriff

1. Medizinprodukte und technische Geräte

Wenn ein elektrisches Medizinprodukt ausschließlich von geschultem Pflegepersonal genutzt wird, gelten diese als informierte Benutzer, und die Gebrauchsanleitung darf voraussetzen, dass bestimmte Grundkenntnisse und Vorerfahrungen vorhanden sind.

2. Softwareanwendungen

Im Bereich professioneller Software richtet sich die Dokumentation und Benutzerführung bevorzugt an informierte Benutzer, die mit den Grundfunktionen vergleichbarer Systeme und den üblichen Bedienkonzepten vertraut sind.


Bedeutung für Hersteller und Anbieter

Die rechtliche Einordnung der Zielgruppe als „informierte Benutzer“ beeinflusst maßgeblich die Anforderungen an Produktgestaltung, Risikohinweise, Bedienungsanleitungen und Marketingmaßnahmen. Hersteller sind verpflichtet, die Informationsvermittlung und Ausgestaltung eines Produkts nach dem typischen Wissensstand der adressierten Benutzerschicht auszurichten, um den rechtlichen Anforderungen zu genügen.


Abgrenzung zu anderen Nutzergruppen

Der informierte Benutzer unterscheidet sich deutlich von:

  • Dem durchschnittlichen Verbraucher: Besitzt geringere Kenntnisse und Erfahrungswerte.
  • Dem Fachkundigen oder Sachverständigen: Verfügt über spezialisiertes Wissen und tiefgehende Fachkenntnisse.
  • Dem Laien: Hat keinerlei Vorwissen oder Erfahrung mit dem betreffenden Produkt oder System.

Kritische Einordnung und Weiterentwicklung

Die Ausgestaltung des Begriffs „informierter Benutzer“ trägt zur Rechtssicherheit bei, indem sie einen realistischen und praxisnahen Referenzpunkt schafft. Kontinuierliche Anpassungen an technische Entwicklungen und veränderte Informationsstände in der Bevölkerung sind jedoch erforderlich, um eine sachgerechte Bewertung sicherzustellen.


Zusammenfassung

Der „informierte Benutzer“ stellt im Recht einen Schlüsselbegriff dar, um Produkte, Dienstleistungen und deren Gebrauchsfähigkeit, Schutzfähigkeit und Rechtskonformität anhand des Kenntnisstandes einer spezifischen Nutzergruppe sachgerecht bewerten zu können. Seine rechtliche Relevanz erstreckt sich vom Design- und Produkthaftungsrecht über die Produktsicherheit bis zu Fragen des Verbraucherschutzes und Datenschutzes. Hersteller, Entwickler und Dienstleistungsanbieter müssen die Besonderheiten dieses Begriffs in Konzeption, Dokumentation und Kommunikation umfassend berücksichtigen, um rechtlichen Vorgaben und Haftungslagen sachgerecht zu begegnen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Anforderungen müssen bei der Erhebung und Verarbeitung von Benutzerdaten beachtet werden?

Bei der Erhebung und Verarbeitung von Benutzerdaten müssen insbesondere die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union eingehalten werden. Zentrale Prinzipien sind hierbei die Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz, Zweckbindung, Datenminimierung, Richtigkeit, Speicherbegrenzung, sowie Integrität und Vertraulichkeit. Die Verarbeitung darf grundsätzlich nur erfolgen, wenn eine Rechtsgrundlage vorliegt, beispielsweise die Einwilligung des Benutzers, ein Vertrag oder ein berechtigtes Interesse. Unternehmen sind verpflichtet, Benutzer spätestens zum Zeitpunkt der Datenerhebung umfassend zu informieren – etwa über die Zwecke, Rechtsgrundlagen, Empfänger der Daten und deren Speicherdauer. Zusätzlich ist der Grundsatz der Datensparsamkeit zu beachten, der fordert, stets nur die für den jeweiligen Zweck erforderlichen Angaben zu verarbeiten. Weiterhin müssen adäquate technische und organisatorische Maßnahmen getroffen werden, um die Sicherheit der Benutzerdaten, insbesondere vor unbefugtem Zugriff oder Verlust, zu gewährleisten. Verstöße gegen diese Vorschriften können bußgeldbewehrt sein und zivilrechtliche Schadensersatzansprüche der betroffenen Benutzer auslösen.

Welche Rechte haben Benutzer im Rahmen der Datenschutzgesetze?

Benutzer haben aufgrund der DSGVO eine Vielzahl von Rechten gegenüber dem Verantwortlichen, der ihre Daten verarbeitet. Dazu gehören das Recht auf Auskunft, Berichtigung, Löschung („Recht auf Vergessenwerden“), Einschränkung der Verarbeitung, Datenübertragbarkeit und Widerspruch. Das Auskunftsrecht ermöglicht dem Benutzer, sämtliche über ihn gespeicherte personenbezogene Daten sowie Informationen über deren Herkunft, Empfänger und Verarbeitungszwecke einzusehen. Das Recht auf Berichtigung erlaubt die Korrektur unzutreffender oder unvollständiger Daten. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Löschung der Daten verlangt werden, beispielsweise wenn der ursprüngliche Verarbeitungszweck entfällt oder eine Einwilligung widerrufen wird. Die Einschränkung der Verarbeitung ist insbesondere relevant bei strittigen Angaben. Darüber hinaus kann der Benutzer die Übertragung seiner Daten zu einem anderen Dienstleister verlangen oder gegen bestimmte Verarbeitungen Widerspruch einlegen, etwa bei Direktwerbung. Die Wahrung dieser Rechte ist verpflichtend, und deren Missachtung kann zu erheblichen Sanktionen führen.

Unter welchen Bedingungen darf ein Benutzerprofil rechtlich ausgewertet oder analysiert werden?

Eine Auswertung oder Analyse von Benutzerprofilen (Profiling) ist grundsätzlich nur zulässig, wenn eine geeignete Rechtsgrundlage besteht; in der Regel ist dies eine ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person oder ein berechtigtes Interesse des Verantwortlichen, das die Grundrechte und Interessen der Benutzer nicht überwiegt. Das Profiling ist gemäß Art. 22 DSGVO besonders geregelt, wenn es zu einer automatisierten Entscheidungsfindung mit rechtlicher Wirkung für den Benutzer führt. In diesem Fall sind zusätzliche Schutzmaßnahmen wie die Möglichkeit des menschlichen Eingreifens, das Einlegen eines Widerspruchs oder das Recht auf eine Erklärung der herangezogenen Logik verpflichtend. Weiterhin muss der Benutzer bei Beginn der Datenverarbeitung explizit über die stattfindende Profilbildung, deren Zwecke sowie über seine Rechte informiert werden. Die Einwertung von sensiblen Daten (z.B. Gesundheitsdaten) ist nur unter besonders strengen Voraussetzungen zulässig. Verstöße können zu erheblichen datenschutzrechtlichen Konsequenzen führen.

Welche Informationspflichten treffen einen Anbieter gegenüber dem Benutzer?

Anbieter müssen dem Benutzer im Rahmen der Datenerhebung eine umfassende Datenschutzerklärung zur Verfügung stellen, die klar, verständlich und transparent sämtliche gesetzlich geforderten Informationen enthält. Hierzu zählen insbesondere Name und Kontaktdaten des Verantwortlichen sowie gegebenenfalls des Datenschutzbeauftragten, die Zwecke der Datenverarbeitung, die jeweilige Rechtsgrundlage, etwaige Empfänger der Daten (z.B. Dienstleister, Partnerfirmen), Dauer und Kriterien für die Speicherung sowie die Rechte der Benutzer (z.B. Auskunft, Löschung, Widerspruch). Weiterhin sind alle Weitergaben an Drittstaaten oder internationale Organisationen anzugeben, ebenso wie die diesbezüglichen Schutzmechanismen. Die Informationen müssen dem Benutzer rechtzeitig, in der Regel bereits bei Ersterhebung der Daten, zur Verfügung gestellt werden. Ergänzend gilt eine Pflicht zur fortlaufenden Aktualisierung der Angaben, wenn sich die Datenverarbeitungsprozesse ändern.

Was ist bei der Speicherung von Benutzerkennungen und Passwörtern aus rechtlicher Sicht zu beachten?

Die Speicherung von Benutzerkennungen und Passwörtern unterliegt strikten datenschutzrechtlichen sowie IT-sicherheitsrechtlichen Anforderungen. Zunächst sind personenbezogene Zugangsdaten stets nach dem Prinzip der Datensicherheit zu verarbeiten. Passwords dürfen niemals im Klartext gespeichert werden; stattdessen sind zeitgemäße kryptografische Hash-Algorithmen (wie bcrypt oder Argon2) unter Verwendung von Salts verpflichtend. Zugriff auf Passwörter ist technisch bestmöglich zu unterbinden, und es dürfen keine Maßnahmen implementiert werden, die eine nachträgliche Wiederherstellung des Klartextes erlauben. Im Falle eines Sicherheitsvorfalls besteht eine gesetzliche Meldepflicht an die Datenschutzbehörde und, sofern ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten der Benutzer besteht, auch an die betroffenen Personen. Regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung der Sicherheitsvorkehrungen ist zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten erforderlich.

Wann bedarf eine Datenverarbeitung der expliziten Einwilligung des Benutzers?

Eine explizite Einwilligung ist immer dann erforderlich, wenn die Verarbeitung personenbezogener Daten nicht auf einer gesetzlichen Grundlage, einem Vertrag oder einem berechtigten Interesse basiert, oder wenn es sich um die Verarbeitung besonders schützenswerter Kategorien personenbezogener Daten handelt. Die Einwilligung muss freiwillig, für einen bestimmten Zweck, in informierter Weise und eindeutig zum Ausdruck gebracht werden – beispielsweise durch eine aktive Handlung wie das Setzen eines Häkchens. Darüber hinaus muss sie jederzeit widerrufbar sein und der Benutzer muss über dieses Widerrufsrecht vorab informiert werden. Die Protokollierung der Einwilligung ist ebenso zwingend zur Nachweisbarkeit. Fehlt eine erforderliche Einwilligung, ist die Verarbeitung rechtswidrig, was Bußgelder und Schadensersatzansprüche nach sich ziehen kann.