Begriff und rechtliche Einordnung des Ausübenden Künstlers
Der Begriff des ausübenden Künstlers hat im deutschen sowie internationalen Recht eine zentrale Bedeutung für den Schutz von künstlerischen Darbietungen. Ausübende Künstler stehen im Zentrum des Leistungsschutzrechts des Urheberrechtsgesetzes und werden sowohl national als auch durch internationale Abkommen, wie die WIPO-Verträge, geschützt.
Definition des Ausübenden Künstlers
Ein ausübender Künstler ist nach § 73 Urheberrechtsgesetz (UrhG) jede Person, die ein Werk der Literatur oder Musik, eine Pantomime, ein Tanzwerk oder ein anderes Werk der Darstellenden Kunst, künstlerisch interpretiert oder vorträgt. Die Definition umfasst insbesondere Schauspieler, Musiker, Sänger, Tänzer, Rezitatoren, Puppenspieler, Dirigenten und weitere Personen, die Werke durch ihre persönliche Darbietung für ein Publikum unmittelbar erfahrbar machen.
Grundsätzlich werden folgende Merkmale zur rechtlichen Einordnung herangezogen:
- Künstlerische Darbietung: Die Leistung muss eine schöpferische, interpretierende Komponente aufweisen.
- Schutzzweck: Der Schutz dient dem persönlichen und wirtschaftlichen Interesse der darstellenden Person.
- Abgrenzung zum einfachen Mitwirkenden: Ein bloß technischer Beitrag genügt nicht.
Rechtlicher Schutz ausübender Künstler
Deutsches Recht
Leistungsschutzrecht (§§ 73 ff. UrhG)
Das Urheberrechtsgesetz schützt die Leistungen von ausübenden Künstlern durch eigene Leistungsschutzrechte (§§ 73 bis 83 UrhG). Der Schutz erfasst:
- Die Aufzeichnung ihrer Darbietungen auf Ton- und Bildträgern,
- Die Übertragung der Darbietung durch Rundfunk oder andere öffentliche Wiedergabe,
- Das Recht, über die weitere Nutzung dieser Aufzeichnungen und Sendungen zu entscheiden.
Diese Rechte stehen dem ausübenden Künstler automatisch zu, sofern keine vertraglichen Abreden (z.B. im Rahmen von Musik- oder Bühnenverträgen) etwas anderes bestimmen.
Rechte des ausübenden Künstlers
Die Rechte lassen sich wie folgt unterscheiden:
- Verwertungsrechte: Die Rechte aus § 77 UrhG umfassen insbesondere das Recht, Mitschnitte und Aufzeichnungen der Darbietung zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen.
- Senderecht: Nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 UrhG darf die Darbietung ohne Zustimmung des Künstlers nicht im Rundfunk gesendet werden.
- Recht auf Namensnennung: Der ausübende Künstler hat nach § 74 UrhG das Recht, als ausübender Künstler genannt zu werden.
- Schutz vor Entstellung: Schutz gegen entstellende Veränderungen der Darbietung, soweit berechtigte Interessen des Künstlers beeinträchtigt werden könnten.
- Vergütungsansprüche: Für bestimmte Nutzungen (z.B. Weitersendung, Vermietung, private Vervielfältigung) stehen dem Künstler gesetzliche Vergütungsansprüche zu (§ 78 UrhG).
Schutzdauer
Die Schutzdauer beträgt nach § 82 UrhG grundsätzlich 70 Jahre ab dem Zeitpunkt der Erstveröffentlichung oder Aufführung. Wird die Darbietung nicht veröffentlicht, läuft die Schutzfrist ab dem Darbietungsdatum.
Internationales Schutzregime
Internationale Abkommen
Der Schutz ausübender Künstler ist durch internationale Abkommen geregelt, insbesondere:
- WIPO-Performances and Phonograms Treaty (WPPT): Schafft weltweit einheitliche Mindestschutzstandards.
- Rom-Abkommen (1961): Garantiert internationale Mindestschutzrechte für ausübende Künstler.
- TRIPS-Abkommen: Enthält weitere Vorgaben zum Schutz der Rechte ausübender Künstler innerhalb des Welthandelsrechts.
Europäisches Recht
Die Richtlinie 2001/29/EG (Infosoc-Richtlinie) der Europäischen Union harmonisiert die Rechte ausübender Künstler im Binnenmarkt und verpflichtet die Mitgliedstaaten, angemessene Schutzstandards einzuhalten.
Abgrenzung zu verwandten Begriffen und Personengruppen
Unterschied zum Urheber
Der ausübende Künstler wird nicht Urheber des dargebotenen Werkes; dieser Status bleibt dem Schöpfer des Werkes (z.B. Komponist, Dichter) vorbehalten. Der ausübende Künstler bringt durch eigene künstlerische Leistung das Werk zur Aufführung oder macht es dem Publikum zugänglich. Die Schutzrechte beider Personengruppen stehen nebeneinander.
Unterschied zum Schutz des Tonträgerherstellers und Veranstalters
Neben dem ausübenden Künstler sind auch Tonträgerhersteller (§ 85 UrhG) und Veranstalter (§ 81 UrhG) durch Leistungsschutzrechte geschützt. Während der Schutz des Tonträgerherstellers die wirtschaftlichen Interessen an der Aufnahme und Verwertung betrifft, bezieht sich das Schutzrecht des Veranstalters auf die Veranstaltung einer Darbietung.
Mitwirkende ohne künstlerische Eigeninitiative
Personen, deren Beitrag keinen eigenständigen künstlerischen Gehalt besitzt (z. B. reines Statisten- oder Hilfspersonal), werden nicht als ausübende Künstler im Sinne des UrhG angesehen.
Übertragung, Rechtewahrnehmung und Vergütungen
Übertragung und Einräumung von Rechten
Die Rechte ausübender Künstler können ganz oder teilweise übertragen werden. In der Praxis erfolgt dies häufig durch vertragliche Einräumung von Nutzungsrechten an Produzenten, Labels, Veranstalter oder Verwertungsgesellschaften (z.B. GVL für Musikbereich).
Kollektive Rechtewahrnehmung
Zahlreiche Rechte werden durch Verwertungsgesellschaften kollektiv wahrgenommen. Insbesondere die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) vertritt die Rechte ausübender Künstler gegenüber Nutzern wie Rundfunkanstalten, Streaming-Plattformen oder Veranstaltern und sorgt für die Ausschüttung der entsprechenden Vergütungen.
Rechtsfolgen bei Verletzung der Künstlerrechte
Ansprüche bei Rechtsverletzungen
Bei unberechtigter Nutzung oder rechtswidriger Verwertung einer Darbietung stehen dem ausübenden Künstler Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft und gegebenenfalls Vernichtung rechtswidrig hergestellter Aufnahmen zu (§§ 97 ff. UrhG).
Strafrechtliche Relevanz
Bestimmte Rechtsverletzungen ausübender Künstlerrechte können strafbar sein (§ 108 UrhG), etwa bei unbefugter öffentlicher Wiedergabe, Verbreitung oder Vervielfältigung.
Besondere Konstellationen und Praxisfragen
Kollektive Darbietungen
Bei Ensembles, Orchestern oder Bands steht das Leistungsschutzrecht allen mitwirkenden künstlerischen Individuen je nach ihrem Beitrag zu. In der Praxis wird die Rechtewahrnehmung daher häufig kollektiv, etwa über Orchesterleitungen oder Managementstrukturen, organisiert.
Vertragliche Regelungen
Im Rahmen von Engagementverträgen, Künstleragenturen oder Auftragsproduktionen regeln Vereinbarungen regelmäßig die Übertragung und Ausgestaltung der Rechte, den Umfang der zulässigen Nutzung sowie Vergütungsregelungen.
Technische Entwicklung und Digitalisierung
Mit dem digitalen Wandel und neuen Mediennutzungsformen (z.B. Streaming, Online-Plattformen, digitale Verwertung) haben sich die Ansprüche und Durchsetzungsmöglichkeiten ausübender Künstler erheblich erweitert. Die Rechtewahrnehmung und entsprechende Schutzmechanismen obliegen verstärkt den Verwertungsgesellschaften und modernen technischen Schutzmaßnahmen.
Zusammenfassung
Der ausübende Künstler ist eine zentrale Person des Leistungsschutzrechts. Das Urheberrechtsgesetz und internationale Regelungen sichern ihm einen umfassenden Schutz für die wirtschaftliche und persönliche Nutzung seiner künstlerischen Darbietungen. Rechteübertragungen, kollektive Rechtewahrnehmung und ein gestaffelter Schutzmechanismus gewährleisten eine ausgewogene Berücksichtigung der Interessen gegenüber Dritten, Verwertern und Veranstaltern. Die Entwicklung neuer Medien und Verwertungskanäle erfordert eine fortlaufende Anpassung der Schutzmechanismen zugunsten ausübender Künstler.
Häufig gestellte Fragen
Welche Rechte stehen ausübenden Künstlern nach dem deutschen Urheberrecht zu?
Ausübende Künstler sind im deutschen Urheberrecht durch das sogenannte Leistungsschutzrecht geschützt. Nach §§ 73 ff. UrhG (Urheberrechtsgesetz) stehen ihnen insbesondere das Recht auf Anerkennung ihrer Urheberschaft (§ 74 UrhG), das Recht auf Namensnennung (§ 74 Abs. 2 UrhG) sowie verschiedene Verwertungsrechte zu. Zu den Verwertungsrechten zählt vor allem das Recht, die Aufzeichnung und Verbreitung ihrer Darbietung zu erlauben oder zu verbieten (§ 77 UrhG). Darüber hinaus besitzen sie das Recht, über die audiovisuelle Wiedergabe oder Übertragung ihrer Darbietungen zu entscheiden. Die Rechte gelten unabhängig davon, ob der ausübende Künstler die Darbietung selbst geschaffen oder lediglich interpretiert hat. Zusätzlich stehen ihnen Ansprüche auf angemessene Vergütung zu, wenn ihre Darbietung beispielsweise nach Rundfunksendungen genutzt oder vervielfältigt wird (§ 78 UrhG). Diese Rechte sind jedoch im Regelfall übertragbar und können durch Verträge eingeschränkt sein, weshalb der rechtliche Schutz im Einzelfall zu prüfen ist. Zudem bestehen Schutzfristen, die in der Regel 50 Jahre ab Veröffentlichung der Darbietung laufen, wobei es auch abweichende Berechnungsmodalitäten gibt.
Welche Besonderheiten bestehen bei Verträgen mit ausübenden Künstlern?
Verträge mit ausübenden Künstlern unterliegen bestimmten rechtlichen Rahmenbedingungen, die insbesondere im Urhebervertragsrecht und im Leistungsschutzrecht verankert sind. So ist zu beachten, dass ausübende Künstler ihre Rechte an Dritte (zum Beispiel an ein Tonträgerunternehmen oder einen Veranstalter) übertragen oder Nutzungsrechte einräumen können. Der Umfang der eingeräumten Rechte muss im Vertrag eindeutig festgelegt werden, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden. Vergütungsregelungen stehen dabei unter dem Grundsatz der Angemessenheit (§ 32 UrhG), sodass Künstler etwa bei Pauschalvergütungen Nachvergütungsansprüche geltend machen können, wenn sich das Vertragsverhältnis als unangemessen herausstellt. Darüber hinaus können bestimmte Rechte (wie das Recht auf Namensnennung oder Schutz gegen Entstellung der Darbietung) unverzichtbar sein; diese können zwar übertragen, jedoch nicht vollständig ausgeschlossen werden (§ 74 UrhG). Bei internationalen Verträgen ist außerdem das relevante anwendbare Recht sorgfältig zu berücksichtigen.
Wie unterscheiden sich die Rechte ausübender Künstler von denen der Urheber?
Der wichtigste Unterschied liegt darin, dass ausübende Künstler in der Regel keine schöpferische Leistung im Sinne des Urheberrechts erbringen, sondern eine bereits bestehende schöpferische Leistung (etwa ein Musikstück, ein Theaterstück oder eine Choreografie) interpretieren oder aufführen. Die Urheber (Komponisten, Dichter, Regisseure etc.) besitzen originäre Urheberrechte, während ausübende Künstler sogenannte verwandte Schutzrechte – konkret Leistungsschutzrechte – genießen. Diese sind hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer Dauer meist enger gefasst als das vollumfängliche Urheberrecht. Beispielsweise entstehen die Rechte der ausübenden Künstler bereits durch die Darbietung und nicht durch die Schöpfung eines Werkes. Des Weiteren ist der Schutzumfang zum Teil reduziert: So sind manche Nutzungshandlungen, die das Urheberrecht stets schützt, im Fall der Leistungsschutzrechte eingeschränkt (wie etwa im Bereich der privaten Kopie oder bei bestimmten Formen der Wiedergabe). Allerdings räumt das Gesetz mittlerweile einen weiten Kreis an exklusiven Verwertungsrechten für ausübende Künstler ein.
Welche Rolle spielt die Verwertungsgesellschaft GVL im Zusammenhang mit ausübenden Künstlern?
Die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH (GVL) ist in Deutschland die zentrale Verwertungsgesellschaft für die Rechte ausübender Künstler an ihren Darbietungen. Sie nimmt kollektivrechtlich die Vergütungsansprüche von Künstlern in Bezug auf deren öffentlich zugänglich gemachte und genutzte Darbietungen wahr, insbesondere Vergütungsansprüche gegenüber Nutzern (z. B. Radiosendern, Veranstaltern, Streamingdiensten) für die Nutzung von Tonträgern (§ 77 UrhG) oder Sendevergütungen. Künstler können der GVL ihre Rechte zur treuhänderischen Verwaltung einräumen, sodass die GVL im Namen der Rechteinhaber die entsprechenden Lizenzen vergibt, Gebühren erhebt und an die Künstler ausschüttet. Die GVL trägt damit maßgeblich dazu bei, die Durchsetzung von Vergütungsansprüchen, die im Einzelfall nur schwer zu verfolgen wären, kollektiv und effizient zu gestalten.
Welche Ansprüche haben ausübende Künstler bei unberechtigter Nutzung ihrer Darbietung?
Wird eine Darbietung eines ausübenden Künstlers ohne seine Zustimmung genutzt – zum Beispiel aufgezeichnet, vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergegeben -, stehen dem Künstler verschiedene Ansprüche zu. Hierzu gehören vorrangig Unterlassungsansprüche nach §§ 97, 77 UrhG, mit deren Hilfe die fortdauernde oder zukünftige Rechtsverletzung unterbunden werden kann. Zudem hat der Künstler Anspruch auf Schadensersatz beziehungsweise eine angemessene Vergütung (§ 97 Abs. 2 UrhG), die entweder aufgrund entgangener Lizenzeinnahmen, durch konkrete Berechnung des Schadens oder durch die sogenannte Lizenzanalogie ermittelt wird. Ferner kann ein Auskunftsanspruch über Umfang und Art der Nutzung sowie gegebenenfalls ein Herausgabeanspruch für unrechtmäßig erworbene Vervielfältigungsstücke gegen den Rechtsverletzer bestehen. Schließlich hat der Künstler nach § 83 UrhG einen Anspruch auf Vernichtung der unrechtmäßig hergestellten Vervielfältigungsstücke.
Unter welchen Voraussetzungen können Rechte ausübender Künstler lizenziert oder übertragen werden?
Die Leistungsschutzrechte ausübender Künstler sind grundsätzlich übertragbar, können also im Wege eines Vertrags auf Dritte übertragen oder zur Nutzung lizenziert werden (§ 78 Abs. 2 UrhG). Essenziell ist dabei die eindeutige Spezifizierung der Rechte und Nutzungsarten im Vertrag. Eine Übertragung ist jedoch insoweit ausgeschlossen, als sie den Kernbereich der Persönlichkeitsrechte, wie das Recht auf Namensnennung und Schutz vor Entstellung, betrifft. Diese Rechte gelten als unverzichtbar und können nicht vollständig abgetreten werden (§ 74 UrhG). Bei der Lizenzierung unterscheidet man zwischen ausschließlichen und einfachen Nutzungsrechten: Ausschließliche Rechte ermöglichen dem Lizenznehmer die alleinige Nutzung und schließen eine Nutzung durch den Künstler selbst aus, während einfache Nutzungsrechte eine parallele Nutzung durch mehrere erlauben. Übertragungen bzw. Lizenzen sollten stets schriftlich dokumentiert werden, insbesondere bei umfassenden Rechten. Bei kollektiv verwerteten Rechten geschieht die Lizenzierung häufig über die GVL.
Welche Ansprüche bestehen nach Ablauf der Schutzfrist für ausübende Künstler?
Die Schutzfrist für die Leistungsschutzrechte ausübender Künstler beträgt nach § 82 UrhG grundsätzlich 50 Jahre ab dem Datum der Darbietung beziehungsweise Veröffentlichung. Nach Ablauf dieser Frist fallen die Darbietungen gemeinfrei, das heißt, sie dürfen von jedermann ohne Zustimmung genutzt, vervielfältigt oder öffentlich wiedergegeben werden. Der ausübende Künstler kann somit keine urheberrechtlichen oder leistungsschutzrechtlichen Ansprüche mehr geltend machen. Persönlichkeitsrechte (etwa das postmortale Namensnennungsrecht aus § 74 UrhG) können hiervon jedoch ausnahmsweise unberührt bleiben, soweit sie nicht mit Ablauf der Schutzfrist oder Tod des Künstlers erlöschen. Auch vertragliche Ansprüche, die unabhängig vom Urheberrecht bestehen (z. B. aus laufenden Lizenzverträgen), sind im Einzelfall zu prüfen, erlöschen jedoch meist spätestens mit dem Entfallen des Schutzrechts.