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Ausfertigung einer Urkunde


Begriff und Bedeutung der Ausfertigung einer Urkunde

Die Ausfertigung einer Urkunde ist ein zentraler rechtsstaatlicher Begriff im deutschen Rechtssystem, insbesondere im Bereich des Dokumenten- und Urkundenwesens. Sie bezeichnet ein amtlich hergestelltes und mit einem Ausfertigungsvermerk versehenes Dokument, das den vollständigen und verbindlichen Inhalt der Urschrift einer Urkunde wiedergibt. Die Ausfertigung wird zumeist von Behörden, Gerichten oder Notaren erstellt und dient in vielfältigen Rechtsbeziehungen als Nachweis, Berechtigungsdokument oder Vollstreckungsgrundlage. Die Ausstellung und Verwendung von Ausfertigungen ist in zahlreichen Rechtsgebieten und Verfahrensordnungen geregelt.

Abgrenzung: Urschrift, Ausfertigung, Abschrift und beglaubigte Abschrift

Urschrift

Die Urschrift einer Urkunde stellt das Originaldokument dar, das mit der eigenhändigen Unterschrift der ausstellenden Person(en) versehen ist. Sie ist häufig bei einer öffentlichen Stelle, insbesondere bei Notaren oder Gerichten, hinterlegt und verbleibt dort im Original.

Ausfertigung

Die Ausfertigung ist eine vollständige, mit einem besonderen Ausfertigungsvermerk versehene Wiedergabe der Urschrift. Die Ausfertigung enthält regelmäßig den Hinweis, dass sie „mit der Urschrift übereinstimmt“; sie ist häufig mit Siegel und Unterschrift des Ausfertigenden versehen. Im Rechtsverkehr ist die Ausfertigung weitgehend der Urschrift gleichgestellt und kann rechtliche Wirkungen entfalten, zum Beispiel im Rahmen der Zwangsvollstreckung.

(Einfache) Abschrift

Eine Abschrift ist lediglich eine wortgetreue Kopie der Urschrift – handschriftlich, maschinell oder elektronisch erstellt -, jedoch ohne besondere Bestätigung der Übereinstimmung und ohne rechtliche Beweiskraft.

Beglaubigte Abschrift

Eine beglaubigte Abschrift ist eine Abschrift mit einer Bestätigung der Übereinstimmung mit dem Original durch eine zuständige Stelle. Sie entfaltet höhere Beweiskraft als eine einfache Abschrift, bleibt jedoch hinsichtlich bestimmter Rechtsfolgen hinter der Ausfertigung zurück.

Rechtliche Regelungen zur Ausfertigung

Zivilrechtliche Grundlagen

Im Zivilrecht ist die Ausfertigung insbesondere in § 47 Beurkundungsgesetz (BeurkG) geregelt. Hiernach erstellt beispielsweise ein Notar auf Antrag eine Ausfertigung einer Urkunde, nachdem deren urschriftliche Fassung errichtet und unterzeichnet wurde. Die Ausfertigung wird grundsätzlich als Nachweis des beurkundeten Rechtsgeschäfts im Rechtsverkehr verwendet.

§ 47 BeurkG (Ausfertigung)

„Der Notar hat auf Antrag eine Ausfertigung der Niederschrift zu erteilen. Die Ausfertigung ist durch einen mit Unterschrift und Siegel oder Stempel versehenen Ausfertigungsvermerk als solche zu kennzeichnen.“

Weitere spezialgesetzliche Vorschriften finden sich z. B. im Grundbuchrecht: So ist für die Eintragung im Grundbuch häufig die Vorlage einer Ausfertigung eines notariell beurkundeten Kaufvertrags notwendig.

Ausfertigung im Zwangsvollstreckungsrecht

Gemäß §§ 724 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) ist die Ausfertigung von Urteilen, Beschlüssen oder anderen Vollstreckungstiteln Voraussetzung für die Einleitung der Zwangsvollstreckung. Die Ausfertigung wird vom erkennenden Gericht erstellt und trägt einen Vollstreckungsvermerk, der die Zwangsvollstreckung aus dem Titel ermöglicht.

§ 724 ZPO (Vollstreckbare Ausfertigung)

„Die Zwangsvollstreckung findet aus einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels statt.“

Hier ist die Ausfertigung das maßgebliche Dokument, aus dem die Vollstreckungsbehörde tätig wird.

Ausfertigung im Verwaltungsrecht

Auch im Verwaltungsrecht spielt die Ausfertigung eine Rolle, etwa bei Verwaltungsakten, Zeugnissen oder Bescheiden. Hier kann eine Ausfertigung als rechtlich bestandskräftiges Dokument im Rechtsverkehr auftreten.

Voraussetzungen und Ausstellung der Ausfertigung

Antragsberechtigung

Grundsätzlich hat nur derjenige Anspruch auf Erteilung einer Ausfertigung, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen kann. Besonders regelmäßig erhält nur der unmittelbar aus der Urkunde Berechtigte oder Verpflichtete (z. B. Vertragsbeteiligte, Erben) eine Ausfertigung.

Form und Kennzeichnung

Eine Ausfertigung muss inhaltlich vollständig, eindeutig und identifizierbar sein. Sie enthält einen Ausfertigungsvermerk, die beglaubigende Unterschrift und bei öffentlichen Urkunden in der Regel das Dienstsiegel der ausstellenden Stelle. Der Ausfertigungsvermerk stellt die Verbindlichkeit her, dass die Inhalte mit der Urschrift übereinstimmen.

Elektronische Ausfertigungen

Mit der wachsenden Digitalisierung werden vermehrt elektronische Ausfertigungen ausgestellt, beispielsweise mit qualifizierter elektronischer Signatur gemäß § 39 BeurkG.

Rechtswirkung der Ausfertigung

Die Ausfertigung steht im Rechtsverkehr der Urschrift gleich und ersetzt diese praktisch. Sie berechtigt zur Ausübung von Rechten, z. B. zur Zwangsvollstreckung, Eintragung im Grundbuch oder Vorlage bei Behörden und Gerichten. Insbesondere ist die Ausfertigung regelmäßig Voraussetzung zum Beweis der Echtheit und des Inhalts einer Urkunde.

Eine Ausfertigung begründet den öffentlichen Glauben gemäß § 415 ZPO und besitzt damit hohe Beweiskraft im Zivilprozess.

Unterscheidung zur beglaubigten Abschrift

Die Ausfertigung ist stets mit größerer rechtlicher Wirkung ausgestattet als eine beglaubigte Abschrift. Während die beglaubigte Abschrift die inhaltliche Übereinstimmung mit der Urschrift bestätigt, gilt die Ausfertigung im Rechtsverkehr als Stellvertreter der Urschrift. Bestimmte Rechtsakte (z. B. die Vollstreckung) sind ausschließlich auf Vorlage der Ausfertigung möglich.

Verlust, Vernichtung und erneute Erteilung

Beim Verlust einer Ausfertigung kann eine weitere (wiederholte oder zweite) Ausfertigung auf Antrag und Nachweis eines berechtigten Interesses ausgestellt werden. Die erneute Erteilung ist jedoch beschränkt, um Missbrauch zu verhindern.

Bedeutung in der Praxis

Ausfertigungen sind ein wesentliches Instrument im Urkundenverkehr, bei notariellen Beurkundungen, im Gerichtsverfahren und bei der Rechtsdurchsetzung. Sie ermöglichen eine geordnete, nachvollziehbare und rechtssichere Weitergabe von Urkundeninhalten, ohne eine Herausgabe der Urschrift verlangen zu müssen.

Literaturhinweise

  • Eylmann/Vaasen, BNotO/BeurkG, Kommentar, aktuelle Auflage
  • Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, aktuelle Auflage
  • Zöller, Zivilprozessordnung, Kommentar, aktuelle Auflage

Weblinks


Hinweis: Diese Darstellung bietet eine umfassende Übersicht zum Begriff der Ausfertigung einer Urkunde unter Berücksichtigung der wichtigsten rechtlichen Aspekte und Anwendungsbereiche im Rechtsverkehr.

Häufig gestellte Fragen

Wie unterscheidet sich die Ausfertigung einer Urkunde von ihrer Beglaubigung?

Die Ausfertigung einer Urkunde unterscheidet sich rechtlich deutlich von der Beglaubigung. Bei der Ausfertigung handelt es sich um die vom Urkundsberechtigten gefertigte Abschrift bzw. das Exemplar eines Schriftstücks, das erklärt, mit der Urschrift vollständig übereinzustimmen. Dies wird regelmäßig durch einen entsprechenden Vermerk und die eigenhändige Unterschrift der ausstellenden Behörde oder des Notars bestätigt. Die Ausfertigung steht der Urschrift im Rechtsverkehr gleich und stellt ein vollwertiges, rechtswirksames Dokument dar. Dagegen bezieht sich die Beglaubigung auf die Bestätigung der Echtheit einer Unterschrift oder einer Abschrift durch eine zuständige Stelle. Die Beglaubigung dient lediglich der Sicherstellung der Identität oder der Echtheit des Vorgelegten, vermittelt aber im Gegensatz zur Ausfertigung nicht die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit des Urkundinhalts.

Wer ist berechtigt, eine Ausfertigung einer Urkunde zu erteilen?

Die Erteilung einer Ausfertigung ist regelmäßig auf bestimmte Personenkreise und Institutionen beschränkt. Im Zivilrecht, insbesondere bei notariellen Urkunden, sind es primär Notare, die gesetzlich dazu befugt sind, eine Ausfertigung einer Urkunde anzufertigen. Öffentliche Behörden können Ausfertigungen von ihren eigenen Urkunden erstellen, wobei die jeweilige Sachbearbeitung oder Leitungsstelle zuständig ist. Bei gerichtlichen Urteilen sind es die Gerichte selbst, häufig vertreten durch die Geschäftsstelle, die Ausfertigungen anfertigen. Privatpersonen hingegen sind grundsätzlich nicht berechtigt, Ausfertigungen amtlicher Urkunden selbst zu erstellen; sie können lediglich Abschriften oder Kopien anfertigen, die jedoch ohne die entsprechende Ausfertigungsvermerkung keine rechtliche Wirkung als Ausfertigung entfalten.

Welche rechtlichen Anforderungen gelten für den Ausfertigungsvermerk?

Der Ausfertigungsvermerk ist ein zwingendes Erfordernis für die Wirksamkeit der Ausfertigung. Er besteht aus der eindeutigen Erklärung, dass die vorliegende Abschrift mit der Urschrift vollständig und wortgetreu übereinstimmt. Weiterhin müssen der Ort und das Ausfertigungsdatum angegeben sein, sowie die eigenhändige Unterschrift und ggf. das Dienstsiegel der ausfertigenden Stelle. Im notariellen Kontext ist der Ausfertigungsvermerk im Beurkundungsgesetz (§ 49 BeurkG) geregelt. Jegliche formalen Fehler beim Vermerk, etwa das Fehlen der Unterschrift oder des Stempels, können zur Unwirksamkeit der Ausfertigung führen und deren Rechtswirkung beeinträchtigen. Aus diesem Grund unterliegt der gesamte Vorgang strengen formellen Anforderungen.

In welchen Fällen ist eine Ausfertigung rechtlich erforderlich oder vorgeschrieben?

Eine Ausfertigung ist immer dann rechtlich erforderlich, wenn eine Partei im Rechtsverkehr die Berechtigung oder den Nachweis über bestimmte Rechte aus einer Urkunde nachweisen muss, beispielsweise bei Grundbuchangelegenheiten, Erbscheinen, vollstreckbaren Titeln oder anderen notariellen Vorgängen. Insbesondere im Zivilprozess dient die Ausfertigung von Urteilen als vollstreckbare Ausfertigung gemäß § 724 ZPO, die für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zwingend notwendig ist. Auch bei der Eintragung im Handelsregister oder im Grundstücksverkehr wird häufig die Vorlage einer Ausfertigung verlangt, da sie nachweist, dass das Original existiert und ihr Inhalt verbindlich ist.

Können mehrere Ausfertigungen derselben Urkunde existieren und sind sie alle rechtswirksam?

Ja, es können mehrere Ausfertigungen einer Urkunde existieren, wobei jede von ihnen grundsätzlich die gleiche rechtliche Wirkung wie die Urschrift entfaltet. Die Zahl der möglichen Ausfertigungen kann gesetzlich oder durch Verfügung der urkundenausstellenden Stelle begrenzt sein, wie etwa im Rahmen einer notariellen Vollmacht, wo nur eine Person zum Inhaber der Ausfertigung gemacht werden soll. Im Fall der titulierenden Urkunde, wie einem Urteil, wird in der Regel nur eine vollstreckbare Ausfertigung herausgegeben, weitere können nur auf besonderen Antrag und unter bestimmten Voraussetzungen ausgestellt werden. Jede wirksam erstellte Ausfertigung genießt die gleiche Beweiskraft und kann eigenständig im Rechtsverkehr verwendet werden. Missbrauch oder Mehrfachausfertigung entgegen gesetzlichen Vorgaben kann jedoch zu Haftung der ausstellenden Person führen.

Was sind die rechtlichen Folgen, wenn eine Ausfertigung fehlerhaft ist oder fehlt?

Ist eine Ausfertigung inhaltlich fehlerhaft, etwa weil sie nicht mit der Urschrift übereinstimmt oder der Ausfertigungsvermerk unvollständig ist, kann dies weitreichende Folgen haben. Eine fehlerhafte Ausfertigung kann im Zweifel keine Wirksamkeit im Rechtsverkehr erlangen und die aus ihr abgeleiteten Rechtsfolgen sind anfechtbar oder nichtig. Bei fehlender Ausfertigung fehlt der Nachweis im Rechtsverkehr, was insbesondere bei Vollstreckungstiteln oder beglaubigungspflichtigen Rechtsgeschäften zur Unwirksamkeit der Handlung oder zur Abweisung des Gesuchs führen kann. Rechtsmittel gegen die Ablehnung oder fehlerhafte Ausstellung sind je nach Rechtsgebiet und Instanz zulässig und müssen meist innerhalb gewisser Fristen eingelegt werden.

Besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Ausfertigung, und wie kann dieser rechtlich durchgesetzt werden?

Ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Ausfertigung besteht nur, wenn dieser gesetzlich vorgesehen oder durch ein berechtigtes Interesse begründet ist. Im Bereich des Notariats besteht der Anspruch gemäß § 47 BeurkG, sofern der Antragsteller ein berechtigtes Interesse nachweist, etwa als Beteiligter oder Rechtsnachfolger. Bei gerichtlichen Urkunden oder Verwaltungsakten ergibt sich das Recht auf Ausfertigung aus den einschlägigen Verfahrensgesetzen (z. B. § 798 ZPO für vollstreckbare Titel). Die Durchsetzung eines Anspruchs auf Ausfertigung kann mittels Antrag bei der jeweiligen Behörde, ggf. auch im Wege einer Dienstaufsichtsbeschwerde oder durch Klage im Verwaltungs- bzw. Zivilrechtsweg erfolgen, falls die Ausstellung der Ausfertigung unberechtigt verweigert wird.