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Ausfertigung einer Urkunde

Ausfertigung einer Urkunde: Bedeutung, Funktion und Abgrenzung

Eine Ausfertigung ist eine amtlich hergestellte und ausdrücklich als solche gekennzeichnete Wiedergabe einer Urkunde, die von der Stelle stammt, welche die Urschrift erstellt oder verwahrt. Sie trägt einen besonderen Vermerk, der bestätigt, dass Inhalt und Umfang der Ausfertigung mit der Urschrift übereinstimmen. Durch diese Kennzeichnung erhält die Ausfertigung eine eigenständige Beweisfunktion im Rechtsverkehr und kann die Urschrift im Alltag ersetzen.

Abgrenzung zu verwandten Dokumentarten

  • Urschrift: Das ursprüngliche, maßgebliche Dokument, das bei der ausstellenden Stelle verbleibt (z.B. im Register, bei einem Notariat oder Gericht).
  • Ausfertigung: Amtliche, autorisierte Wiedergabe der Urschrift mit Ausfertigungsvermerk, Unterschrift und Siegel/Stampel der ausstellenden Stelle; dient als „vertretungsfähiges“ Dokument im Rechtsverkehr.
  • Beglaubigte Abschrift: Bestätigt lediglich, dass eine Kopie mit dem vorgelegten Dokument übereinstimmt; sie wird nicht zwingend von der Stelle erteilt, die die Urschrift erstellt hat, und hat im Regelfall eine geringere rechtliche Reichweite als eine Ausfertigung.
  • Einfache Kopie/Abschrift: Reine Vervielfältigung ohne amtliche Bestätigung; besitzt keine eigenständige Beweisfunktion.
  • Zweitschrift/Neuausfertigung: Erneut erteilte Ausfertigung, wenn eine Ausfertigung ersetzt werden soll (z.B. nach Verlust); erfolgt nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Formale Bestandteile einer Ausfertigung

  • Ausfertigungsvermerk: Deutliche Bezeichnung als „Ausfertigung“ mit Hinweis auf die Übereinstimmung mit der Urschrift.
  • Identifikationsmerkmale: Datum, Aktenzeichen, Kennzeichnung der ausstellenden Stelle, gegebenenfalls Bezeichnung des/der Beteiligten.
  • Unterschrift und Siegel/Stampel: Bestätigung durch die autorisierte Person der ausstellenden Stelle; bei Papier regelmäßig handschriftliche Unterschrift mit Dienstsiegel/Stampel.
  • Umfang: Die Ausfertigung umfasst den vollständigen Inhalt der Urschrift einschließlich beigefügter Anlagen, auf die sich die Urkunde bezieht.
  • Besondere Hinweise: Je nach Zweck kann eine Ausfertigung eine besondere Kennzeichnung tragen (z.B. als „vollstreckbare Ausfertigung“ bei Titeln, die zur Zwangsvollstreckung bestimmt sind).

Elektronische Ausfertigung

Ausfertigungen können auch elektronisch erteilt werden. In diesem Fall wird die Echtheit technisch durch eine qualifizierte elektronische Signatur oder ein qualifiziertes elektronisches Siegel der ausstellenden Stelle abgesichert. Die elektronische Form kann die Papierform ersetzen, sofern die formalen Anforderungen erfüllt sind. Prüfbarkeit und Integrität erfolgen über anerkannte Verifikationsverfahren.

Zuständige Stellen und Anwendungsfelder

Notarielle Urkunden

Bei notariellen Urkunden verbleibt die Urschrift in der amtlichen Verwahrung. Die Beteiligten erhalten Ausfertigungen, die sie im Rechtsverkehr verwenden. Die Ausfertigung dient als Beleg über Inhalt und Zustandekommen der beurkundeten Erklärung.

Gerichte

Gerichte erstellen Ausfertigungen von Entscheidungen oder Beschlüssen. Eine besondere Form ist die „vollstreckbare Ausfertigung“, die den Vollzug staatlicher Durchsetzungsmaßnahmen ermöglicht. Sie ist in der Regel eindeutig gekennzeichnet und baut auf einer besonderen Bestätigung auf, dass die Entscheidung vollstreckbar ist.

Verwaltungsbehörden

Behörden fertigen Ausfertigungen von Verwaltungsakten, Bescheinigungen oder behördlichen Urkunden aus. Die Ausfertigung belegt die Übereinstimmung mit der Urschrift in der Verwaltungsakte und dient dem Nachweis im Rechtsverkehr.

Rechtswirkungen und Beweisfunktion

Die Ausfertigung hat eine eigenständige Beweisfunktion: Sie dokumentiert offiziell, dass ihr Inhalt mit der Urschrift übereinstimmt und von der zuständigen Stelle autorisiert wurde. In vielen Konstellationen wird ihr die volle Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde zugemessen. Bei der vollstreckbaren Ausfertigung kommt die besondere Funktion hinzu, staatliche Durchsetzungsmaßnahmen zu eröffnen.

Einzelne Rechtswirkungen im Überblick

  • Identitätsnachweis: Bestätigung der inhaltlichen Übereinstimmung mit der Urschrift.
  • Rechtsverkehrstauglichkeit: Geeignet, anstelle der Urschrift vorgelegt zu werden.
  • Durchsetzung: Bei kennzeichnender Ausfertigung (z.B. vollstreckbar) Eröffnung von Zwangsmaßnahmen.
  • Beweiswert: Stützt die Beweisführung über Inhalt, Datum und Ursprung der Urkunde.

Anspruchsberechtigung, Zugang und Anzahl

Ausfertigungen erhalten in der Regel die unmittelbar Beteiligten oder Personen mit nachweisbarem berechtigten Interesse. Datenschutz- und Geheimhaltungsvorgaben begrenzen den Personenkreis. Die Anzahl der zulässigen Ausfertigungen richtet sich nach dem Zweck, dem Schutz vor Mehrfachverwendungen und den internen Vorgaben der ausstellenden Stelle. Bei vollstreckbaren Ausfertigungen wird üblicherweise nur eine einzige erteilt; weitere werden nur unter besonderen Voraussetzungen ausgegeben.

Erteilung und Verfahren

Prüfung und Herstellung

Vor der Erteilung prüft die ausstellende Stelle Identität, Beteiligung und Zweck. Die Herstellung erfolgt entweder als Papierausfertigung mit Unterschrift und Siegel/Stampel oder elektronisch mit qualifizierter Signatur bzw. qualifiziertem Siegel. Der Ausfertigungsvermerk und sämtliche Anlagen werden einbezogen.

Übermittlung

Die Ausfertigung wird übergeben, zugestellt oder elektronisch bereitgestellt. Bei förmlicher Zustellung gelten besondere Regeln, die die Bekanntgabe dokumentieren.

Gültigkeit, Aufbewahrung und Ersatz

Eine Ausfertigung ist grundsätzlich zeitlich nicht befristet. Ihre Bedeutung hängt jedoch vom Fortbestand der zugrunde liegenden Rechtslage ab (etwa Wirksamkeit der Urkunde, Eintritt oder Wegfall von Bedingungen). Bei Verlust kann eine erneute Ausfertigung erteilt werden, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse und die erforderlichen Nachweise vorliegen. Die Urschrift verbleibt in amtlicher Verwahrung und dient als Referenz für jede weitere Ausfertigung.

Typische Fehlerquellen und Folgen

  • Formmängel: Fehlender Ausfertigungsvermerk, fehlende Unterschrift oder fehlendes Siegel/Stampel können die Beweiskraft beeinträchtigen.
  • Unvollständigkeit: Nicht beigefügte Anlagen oder Seiten führen zu Zweifeln an der Übereinstimmung mit der Urschrift.
  • Verwechslung: Einsatz einer beglaubigten Abschrift anstelle einer Ausfertigung kann unzureichend sein, wenn eine Ausfertigung verlangt wird.
  • Elektronische Prüfbarkeit: Nicht verifizierbare Signaturen oder abgelaufene Zertifikate mindern die Nachweisfunktion elektronischer Ausfertigungen.
  • Mehrfachverwendung: Parallel im Umlauf befindliche Ausfertigungen mit besonderer Funktion (z.B. vollstreckbar) können zu rechtlichen Konflikten führen.

Häufig gestellte Fragen

Worin unterscheidet sich eine Ausfertigung von einer beglaubigten Abschrift?

Die Ausfertigung stammt von der Stelle, die die Urschrift erstellt oder verwahrt, und bestätigt die Übereinstimmung mit der Urschrift durch einen besonderen Vermerk mit Unterschrift und Siegel/Stampel. Die beglaubigte Abschrift bestätigt lediglich die Übereinstimmung einer Kopie mit einem vorgelegten Dokument; sie hat üblicherweise eine geringere rechtliche Reichweite.

Wer darf eine Ausfertigung erteilen?

Ausfertigungen werden von der Stelle erteilt, die die Urschrift erstellt hat oder sie verwahrt, etwa Notariate, Gerichte oder Behörden. Die Erteilung erfolgt durch autorisierte Personen dieser Stelle.

Wozu dient eine vollstreckbare Ausfertigung?

Eine vollstreckbare Ausfertigung ist speziell gekennzeichnet und eröffnet die Möglichkeit, staatliche Durchsetzungsmaßnahmen zu veranlassen. Sie dokumentiert, dass der zugrunde liegende Titel zur Vollstreckung geeignet ist.

Ersetzt eine elektronische Ausfertigung die Papierform?

Ja, wenn die elektronische Ausfertigung die formalen Anforderungen erfüllt, insbesondere durch eine qualifizierte elektronische Signatur oder ein qualifiziertes elektronisches Siegel der ausstellenden Stelle. Ihre Echtheit muss elektronisch überprüfbar sein.

Wer hat Anspruch auf eine Ausfertigung?

In der Regel erhalten Ausfertigungen die unmittelbar Beteiligten und Personen mit nachweisbarem berechtigten Interesse. Datenschutz- und Geheimhaltungsregeln begrenzen den Kreis der Bezugsberechtigten.

Wie viele Ausfertigungen können existieren?

Die Anzahl richtet sich nach Zweck und internen Vorgaben der ausstellenden Stelle. Bei Ausfertigungen mit besonderer Funktion, wie der vollstreckbaren Ausfertigung, wird meist nur eine einzige erteilt.

Welche Beweiskraft hat eine Ausfertigung?

Die Ausfertigung belegt offiziell die Übereinstimmung mit der Urschrift und besitzt eine eigenständige Beweisfunktion. Sie ist zum Einsatz im Rechtsverkehr bestimmt und ersetzt die Urschrift bei der Vorlage.

Was geschieht bei Verlust einer Ausfertigung?

Bei Verlust kann eine erneute Ausfertigung erteilt werden, sofern ein berechtigtes Interesse nachgewiesen wird und keine schutzwürdigen Belange entgegenstehen. Die Urschrift in der amtlichen Verwahrung dient dabei als Grundlage.