Legal Wiki

ARGE

Begriff und Grundzüge der ARGE

Der Begriff ARGE bezeichnet eine Arbeitsgemeinschaft, also den Zusammenschluss mehrerer Unternehmen oder Organisationen zur gemeinsamen Erfüllung einer konkreten Aufgabe. Im allgemeinen Sprachgebrauch steht ARGE vor allem für projektbezogene Zusammenschlüsse in Bau, Planung, Forschung oder IT. Daneben wurde ARGE früher auch als Bezeichnung für gemeinsame Einrichtungen von Bundesagentur für Arbeit und Kommunen verwendet; diese heißen heute überwiegend Jobcenter.

Die private ARGE ist keine eigene Rechtsform, sondern eine vertraglich organisierte Kooperation. Sie tritt häufig als außenwirksame Gesellschaft auf, die gemeinsame Leistungen erbringt, Angebote abgibt und Verträge schließt. Der Zusammenschluss ist in der Regel auf einen bestimmten Zweck und eine begrenzte Dauer angelegt.

ARGE im Privatrecht: projektbezogene Zusammenarbeit

Rechtsnatur und Abgrenzung

Eine private ARGE ist meist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisiert. Sie kann nach außen in Erscheinung treten, Verträge schließen und als eigenständige Einheit am Rechtsverkehr teilnehmen. Eine ARGE ist von einer Kapitalgesellschaft oder einem eigenständigen Gemeinschaftsunternehmen zu unterscheiden, da sie typischerweise kein eigenes Stammkapital hat und zeitlich auf den Projekterfolg ausgerichtet ist. Der Begriff Bietergemeinschaft beschreibt die ARGE im Vergabeverfahren; nach Zuschlag wird dieser Zusammenschluss häufig als ARGE fortgeführt. Daneben existieren verwandte Modelle wie Konsortien, Interessengemeinschaften oder europäische Zusammenschlüsse, die andere Schwerpunkte und Strukturen aufweisen.

Gründung und ARGE-Vertrag

Grundlage ist ein ARGE-Vertrag. Er regelt Zweck und Laufzeit, Beiträge und Arbeitspakete der Mitglieder, Leitung und Vertretung, Stimmrechte, interne Haftungsverteilung, Vergütungs- und Abrechnungsmodalitäten, Dokumentation, Geheimhaltung und den Umgang mit Ergebnissen und Schutzrechten. Üblich sind Regelungen zu einer federführenden Partnerin oder einem Leitungsgremium, zur Einrichtung von Projekt- und Treuhandkonten sowie zur Bearbeitung von Änderungen im Leistungsumfang. Für den Fall von Streitigkeiten werden häufig interne Klärungsverfahren und Schlichtungsmechanismen vorgesehen.

Außenauftritt und Vertretung

Nach außen kann die ARGE durch eine oder mehrere vertretungsberechtigte Mitglieder handeln. Die Vertretung wird im ARGE-Vertrag festgelegt, etwa durch gemeinschaftliche Vertretung oder Einzelvertretung der Federführung. Üblich ist eine einheitliche Bezeichnung, eine gemeinsame Geschäftsanschrift für das Projekt und die Verwendung gemeinsamer Kommunikationsmittel. Im Rahmen öffentlicher Aufträge weist die ARGE ihre Vertretungs- und Zeichnungsbefugnisse regelmäßig durch Vollmachten nach.

Haftung und Risiken

Gegenüber Auftraggebern und Dritten haften die Mitglieder einer ARGE regelmäßig gesamtschuldnerisch, sofern nichts Abweichendes vereinbart und wirksam einbezogen ist. Intern kann die Haftung quotal verteilt werden, etwa nach Workshare oder Verantwortungsbereichen. Zu den maßgeblichen Risikofeldern zählen Termin- und Leistungspflichten, Mängel- und Gewährleistungsthemen, Sicherheiten, Versicherungsfragen, Schutzrechte, Datenschutz und Vertraulichkeit sowie der Umgang mit Nachunternehmern. Die Verantwortung für Dokumentation, Leistungsschnittstellen und Qualitätsmanagement ist typischerweise detailliert geregelt.

Öffentliche Aufträge und Vergaberecht

ARGE-Modelle sind im Vergabewesen als Bietergemeinschaften verbreitet. Sie können die Eignung gemeinschaftlich nachweisen und auf die Kapazitäten ihrer Mitglieder zurückgreifen. Änderungen in der Zusammensetzung nach Angebotsabgabe sind rechtlich eingeschränkt, da die Identität des Bieters und die Eignungsgrundlage betroffen sein können. Nach Zuschlag ist die Übertragung oder der Wechsel maßgeblicher ARGE-Partner ebenfalls nur in engen Grenzen möglich. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht sind Zusammenschlüsse zulässig, wenn sie der Teilnahme am Wettbewerb dienen und keine unzulässige Abstimmung zwischen selbstständig konkurrenzfähigen Unternehmen bewirken. Informationsaustausch und Koordination haben sich am Projekterfordernis zu orientieren.

Steuerliche Einordnung und Rechnungswesen

Tritt die ARGE nach außen als Leistungserbringerin auf, wird sie für Zwecke der Umsatzsteuer regelmäßig wie ein eigenständiger Unternehmer behandelt. Ertragsteuerlich werden Gewinne und Verluste der ARGE den Mitgliedern zugerechnet. Üblich sind eine gemeinsame Ergebnisrechnung, projektbezogene Kostenstellen, interne Leistungsverrechnungen und dokumentierte Verteilungsschlüssel. In Bau- und Montagekonstellationen können besondere Abzugs-, Melde- und Nachweispflichten bestehen. Die konkrete Ausgestaltung hängt von Leistungsart, Vertragsstruktur und Auftreten nach außen ab.

Arbeits- und sozialrechtliche Aspekte

Eine ARGE kann eigenes Personal beschäftigen oder mit von den Mitgliedern bereitgestellten Teams arbeiten. Weisungsrechte, Arbeitsschutz, Qualifikationsanforderungen und Verantwortlichkeiten werden vertraglich zugeordnet. Die Zuordnung der Beschäftigten zu einem Betrieb, Mitbestimmungsfragen, Einsatz von Fremdpersonal und die Abgrenzung zur Arbeitnehmerüberlassung hängen von der konkreten Organisation ab. Bei international zusammengesetzten Teams sind aufenthalts- und melderechtliche Pflichten sowie berufsrechtliche Zulassungen zu beachten.

ARGE im öffentlichen Bereich: frühere Trägergemeinschaften der Grundsicherung

Hintergrund und Aufgaben

Im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende wurden frühere Trägergemeinschaften zwischen Bundesagentur für Arbeit und Kommunen vielfach als ARGE bezeichnet. Diese Einrichtungen waren für Leistungsgewährung, Beratung und Integration in Arbeit zuständig und kombinierten die Zuständigkeiten zweier Träger.

Organisation und heutige Bezeichnung

Im Zuge organisatorischer Neuausrichtungen wurde die Bezeichnung ARGE im Verwaltungsvollzug weitgehend durch den Begriff Jobcenter ersetzt. Die rechtliche und organisatorische Ausgestaltung wurde vereinheitlicht. In der Öffentlichkeit ist der Begriff ARGE in diesem Zusammenhang dennoch weiterhin geläufig, bezeichnet jedoch heute regelmäßig keine eigene Behörde mehr.

Datenschutz und Aufsicht

Die damaligen Trägergemeinschaften unterlagen einer besonderen Aufsichts- und Datenschutzstruktur aufgrund der Beteiligung zweier Verwaltungsträger. Mit der Umstellung auf Jobcenter wurden Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Kontrollmechanismen neu geordnet und standardisiert.

Typische Einsatzbereiche einer privaten ARGE

Private ARGE-Strukturen sind in Großprojekten verbreitet, etwa im Hoch- und Tiefbau, bei Infrastrukturvorhaben, in der technischen Gebäudeausrüstung, im Anlagenbau, in Ingenieur- und Planungskooperationen, in IT- und Digitalisierungsprojekten sowie in Forschungsvorhaben. Gemeinsam ist ihnen die projektbezogene Zielsetzung, die Bündelung unterschiedlicher Leistungsprofile und eine klare Aufgaben- und Schnittstellenverteilung.

Beendigung, Abwicklung und Nachhaftung

Mit Erreichen des Projektzwecks endet die ARGE regelmäßig und wird abgewickelt. Dazu gehören die Schlussrechnung, die Abarbeitung offener Mängel und Restleistungen, die Verteilung des Ergebnisses, die Beendigung laufender Verträge, die geordnete Dokumentation und Archivierung sowie die Klärung von Gewährleistungsansprüchen und etwaiger Nachhaftung. In vielen Projekten bleibt die ARGE für die Dauer von Gewährleistungs- und Sicherungsfristen organisatorisch erreichbar, auch wenn operative Leistungen abgeschlossen sind.

Abgrenzungen und verwandte Modelle

Von der ARGE abzugrenzen sind dauerhafte Unternehmensträger wie Kapitalgesellschaften, die als Joint Venture Company ein Projekt ausführen, sowie die stille Gesellschaft, bei der eine Beteiligung nach außen nicht in Erscheinung tritt. Eine Partnerschaftsgesellschaft dient freiberuflicher Zusammenarbeit, während eine Nachunternehmerkette keine gemeinsame Außenvertretung vorsieht. Europäische Modelle wie der wirtschaftliche Interessenverband sind auf grenzüberschreitende Kooperationen ausgerichtet. Die passende Struktur richtet sich nach Projektumfang, Haftungs- und Steuerungsbedürfnis sowie dem gewünschten Außenauftritt.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Ist eine ARGE eine eigene Rechtsform?

Nein. ARGE bezeichnet eine Arbeitsgemeinschaft als vertragliche Kooperation. Sie nutzt eine bestehende Rechtsform, meist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, und ist zweck- sowie laufzeitbezogen organisiert.

Worin unterscheidet sich eine ARGE von einer Bietergemeinschaft?

Die Bietergemeinschaft ist die Form der ARGE im Vergabeverfahren. Nach Zuschlag setzt die ARGE das Projekt als ausführende Einheit fort. Inhaltlich handelt es sich um denselben Zusammenschluss in zwei Verfahrensphasen.

Wer haftet nach außen für Verpflichtungen der ARGE?

Nach außen haften die Mitglieder regelmäßig gesamtschuldnerisch. Intern kann die Haftung abweichend verteilt werden, etwa nach Arbeitspaketen oder Beteiligungsquoten. Diese interne Verteilung wirkt gegenüber Dritten jedoch grundsätzlich nicht unmittelbar.

Kann die Zusammensetzung einer ARGE während eines Vergabeverfahrens geändert werden?

Änderungen der Zusammensetzung nach Angebotsabgabe sind rechtlich nur eingeschränkt möglich, weil die Identität des Bieters und die Eignungsgrundlage betroffen sein können. Auch nach Zuschlag sind Wechsel, die den Vertrag wesentlich verändern, begrenzt zulässig.

Wie wird eine ARGE steuerlich behandelt?

Tritt die ARGE nach außen als Leistungserbringerin auf, wird sie für die Umsatzsteuer regelmäßig wie ein Unternehmer behandelt. Ertragsteuerlich werden Gewinne und Verluste den Mitgliedern zugerechnet und nach einem vereinbarten Schlüssel verteilt.

Darf eine ARGE eigenes Personal beschäftigen?

Ja. Eine ARGE kann eigenes Personal anstellen oder mit Personal der Mitglieder arbeiten. Weisungsrechte, Arbeitsschutz und organisatorische Einbindung werden vertraglich zugeordnet.

Was geschieht mit der ARGE nach Projektende?

Nach Erreichen des Zwecks wird die ARGE abgewickelt. Dazu gehören Schlussrechnung, Verteilung des Ergebnisses, Beendigung von Verträgen, Dokumentation sowie die Bearbeitung von Gewährleistungs- und Nachhaftungsthemen.

Wird der Begriff ARGE noch für Behörden verwendet?

Der Begriff wurde im Bereich der Grundsicherung durch die Bezeichnung Jobcenter abgelöst. Umgangssprachlich ist ARGE noch verbreitet, bezeichnet aber heute in der Regel keine eigenständige Behörde mehr.