Legal Lexikon

ARGE


Definition und rechtlicher Rahmen der ARGE

Die Abkürzung ARGE steht im deutschen Rechtswesen für „Arbeitsgemeinschaft“ und bezeichnet einen Zusammenschluss mehrerer natürlicher oder juristischer Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks, in der Regel auf vertraglicher Grundlage. Der Begriff ist in diversen rechtlichen Kontexten relevant, insbesondere im Bau- und Vergaberecht, Wirtschaftsrecht sowie im Sozialrecht. ARGEN kommen häufig bei der Durchführung komplexer Projekte in Betracht, deren Umfang und Komplexität eine Zusammenarbeit mehrerer unabhängiger Unternehmen erfordern.

Rechtliche Grundlagen der ARGE

Vertragliche Ausgestaltung

Eine Arbeitsgemeinschaft wird regelmäßig durch einen privatrechtlichen Vertrag gegründet, der die Rechte und Pflichten der beteiligten Mitglieder regelt. Dieser ARGE-Vertrag ist grundsätzlich im Rahmen der Privatautonomie gestaltbar, unterliegt jedoch bestehenden gesetzlichen Regelungen, insbesondere aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Üblicherweise beinhaltet der Vertrag Regelungen zur Aufgabenverteilung, Haftung, Geschäftsführung und der Gewinn- und Verlustverteilung.

Rechtsnatur der ARGE

Rechtlich handelt es sich bei der ARGE im deutschen Recht typischerweise um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gemäß §§ 705 ff. BGB. In Abhängigkeit vom Gesellschafterkreis und Tätigkeitsbereich kann sie aber auch als offene Handelsgesellschaft (OHG) oder in seltenen Fällen als andere Personengesellschaft eingeordnet werden. Eine ARGE in Form einer GbR besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit, kann aber unter bestimmten Voraussetzungen als „rechtsfähige Personengesellschaft“ auftreten und am Rechtsverkehr teilnehmen.

ARGE im Bau- und Vergaberecht

Einsatzgebiete und Motivation

Im Bauwesen ist die ARGE ein gebräuchliches Modell, insbesondere für größere Infrastrukturprojekte, bei denen Bauunternehmen ihre Ressourcen bündeln. Durch diese Zusammenarbeit können Risiken gemeinsam getragen und wirtschaftliche sowie technische Synergieeffekte erzielt werden.

Ausschreibung und Teilnahme

Gemäß dem Vergaberecht können Bieter in Form von Bietergemeinschaften, meist als ARGE organisiert, an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen. Die Vergabestellen verlangen üblicherweise die Abgabe einer gesamtschuldnerischen Haftungserklärung aller ARGE-Mitglieder, um eine umfassende Haftung sicherzustellen. Die Gründung einer ARGE ist vor allem bei Projekten üblich, die den organisatorischen und finanziellen Rahmen eines einzelnen Unternehmens übersteigen.

Haftungsfragen

Nach außen haftet die ARGE gegenüber Dritten grundsätzlich gesamtschuldnerisch, das heißt jedes Mitglied haftet für Verbindlichkeiten der ARGE in voller Höhe. Dies schließt auch vertraglich eingegangene Leistungspflichten sowie Gewährleistungsansprüche ein. Intern können die Mitglieder eine abweichende Haftungsregelung vereinbaren, die jedoch gegenüber Dritten keine Wirkung entfaltet.

Geschäftsführung und Vertretungsmacht

Die Gesellschafter einer ARGE bestimmen die Führung und Vertretung regelmäßig im Gesellschaftsvertrag. Üblich ist die Bestellung eines Geschäftsführers (häufig eines der Mitglieder), der die ARGE nach innen und außen vertritt. Die Vertretungsbefugnisse müssen klar geregelt sein, da eine Überschreitung der Kompetenzen zu Haftungsrisiken führen kann.

ARGE im Sozialrecht

ARGE als Gemeinschaftseinrichtungen nach SGB II

Im deutschen Sozialrecht stand ARGE für „Arbeitsgemeinschaft“ im Sinne des Zweiten Sozialgesetzbuchs (SGB II), wo die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, insbesondere die Bundesagentur für Arbeit und die Kommunen, früher in Arbeitsgemeinschaften kooperierten. Ziel war die gemeinsame Wahrnehmung der Aufgaben aus dem SGB II (Leistungen zur Eingliederung in Arbeit und Sicherung des Lebensunterhalts). Diese Organisationsform wurde im Rahmen der Neuordnung der SGB-II-Trägerschaft ab 2011 in „gemeinsame Einrichtungen“ umgewandelt.

Steuerliche Behandlung der ARGE

Die ARGE ist steuerrechtlich grundsätzlich als Mitunternehmerschaft anzusehen. Einkünfte aus der ARGE werden den einzelnen Mitgliedern anteilig zugerechnet. Für Zwecke der Umsatzsteuer kann die ARGE als Unternehmer auftreten. Hierbei kommt es auf die Ausgestaltung und die tatsächliche Durchführung der wirtschaftlichen Tätigkeit an.

Auflösung und Abwicklung der ARGE

Eine ARGE wird regelmäßig für einen bestimmten Zweck oder ein Projekt gegründet und auf unbestimmte oder bestimmte Dauer angelegt. Mit Erreichen des gemeinsamen Zwecks (insbesondere der Abwicklung des zugrundeliegenden Projekts) endet die ARGE. Die anschließende Auseinandersetzung umfasst die Verteilung des erzielten Gewinns oder Verlusts, die Begleichung der Verbindlichkeiten sowie die Abwicklung aller noch bestehenden Verträge.

Rechtsprechung und Praxis

Die Rechtsprechung hat sich vielfach mit ARGEN auseinandergesetzt, insbesondere in Fragen der Außenhaftung, Vertreterstellung, Insolvenz und steuerlicher Behandlung. Vereinbarungen innerhalb der ARGE sind für deren Mitglieder verbindlich, erzeugen jedoch regelmäßig keine unmittelbare Wirkung gegenüber Dritten.

Zusammenfassung

Die ARGE ist ein zentrales Instrument für die projektspezifische Zusammenarbeit im deutschen Recht. Ihre vertragliche, gesellschaftsrechtliche und haftungsrechtliche Ausgestaltung ist vielschichtig und erfordert eine sorgfältige Regelung. Im Baurecht, Vergaberecht und Sozialrecht hat sie jeweils spezifische rechtliche Rahmenbedingungen. Die Einordnung als GbR, mit den damit einhergehenden rechtlichen Folgen, ist der Regelfall. Eine eindeutige vertragliche Ausgestaltung des ARGE-Verhältnisses ist für die rechtssichere und effiziente Zusammenarbeit unerlässlich.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist rechtlich verpflichtet, bei einer Bedarfsgemeinschaft mit der ARGE zusammenzuarbeiten?

In einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II sind alle erwachsenen Mitglieder verpflichtet, der ARGE (heute: Jobcenter) gegenüber Auskünfte zu erteilen und bei der Feststellung des Leistungsanspruchs mitzuwirken. Diese Mitwirkungspflichten ergeben sich aus § 60 ff. SGB I sowie § 9 SGB II. Jeder Erwachsene muss seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die der anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen. Dazu zählen insbesondere Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie Informationen über Unterhaltspflichten und Aufenthaltsstatus. Kommt ein Mitglied diesen Pflichten nicht nach, kann die Leistung für die gesamte Bedarfsgemeinschaft ganz oder teilweise versagt werden (§ 66 SGB I). Auch minderjährige Mitglieder haben – vertreten durch ihre Erziehungsberechtigten – Mitwirkungspflichten. Die Zusammenarbeit mit der ARGE ist also kein individuelles, sondern ein gemeinschaftliches Erfordernis aller in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen.

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei falschen Angaben gegenüber der ARGE?

Werden der ARGE vorsätzlich oder fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht, um Leistungen zu erschleichen, drohen verschiedene rechtliche Konsequenzen. Im einfachsten Fall führt dies zur Rückforderung überzahlter Leistungen gemäß § 50 SGB X. Darüber hinaus sieht das Strafrecht gemäß § 263 StGB (Betrug) sowie § 264 StGB (Subventionsbetrug) empfindliche Strafen vor, wenn durch falsche Angaben ein Vermögensschaden (z.B. durch zu Unrecht erhaltene Leistungen) verursacht wird. Verwaltungsrechtlich können zudem Bußgelder verhängt werden (§ 63 SGB II), und im Extremfall kann die ARGE/Jobcenter eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstatten. Auch der zukünftige Leistungsanspruch kann bei wiederholten oder schwerwiegenden Täuschungen gemindert oder ganz ausgeschlossen werden (§ 31a SGB II – Sanktionen). Somit ist eine wahrheitsgemäße und vollständige Angabe sämtlicher relevanter Daten von höchster Bedeutung.

In welchen Fällen kann die ARGE Leistungen ganz oder teilweise verweigern?

Die ARGE kann gemäß § 66 SGB I und § 31 SGB II Leistungen ganz oder teilweise verweigern, wenn die Mitwirkungspflichten gemäß § 60 SGB I nicht erfüllt werden. Dazu zählt insbesondere die Nichterbringung erforderlicher Unterlagen, das Verschweigen von Einkommen oder Vermögen, aber auch die Verweigerung von zumutbaren Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit, wie die Annahme von Vermittlungsvorschlägen oder Maßnahmen zur beruflichen Qualifizierung. Gerade bei wiederholten Pflichtverletzungen können Sanktionen ausgesprochen werden, die bis hin zur völligen Leistungskürzung reichen. Bei alleinstehenden Erwachsenen kann im Extremfall auch der gesamte Regelsatz gestrichen werden, während bei Minderjährigen lediglich die jeweiligen Leistungen für die erwachsene Person gekürzt werden dürfen. Eine vollständige Verweigerung erfolgt insbesondere dann, wenn eine ernsthafte Mitarbeit oder die Vorlage wesentlicher Dokumente dauerhaft verweigert wird.

Wie ist die rechtliche Handhabung des Datenschutzes bei der ARGE?

Die ARGE/Jobcenter unterliegen strengen datenschutzrechtlichen Vorgaben des SGB I, SGB II sowie der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Personenbezogene Daten dürfen nur erhoben, verarbeitet und genutzt werden, soweit dies zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben zwingend notwendig ist. Die Weitergabe an Dritte ist nur in den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen (§ 67 ff. SGB X) zulässig, z.B. im Rahmen von Sozialdatenabgleichen oder zur Erfüllung von Mitteilungspflichten gegenüber anderen Sozialleistungsträgern. Die Betroffenen haben gemäß Art. 15 DSGVO – auch gegenüber der ARGE – das Recht auf Auskunft über die gespeicherten personenbezogenen Daten und können unrichtige Daten berichtigen oder löschen lassen, soweit keine gesetzlichen Aufbewahrungspflichten entgegenstehen. Verstöße gegen den Datenschutz können mit erheblichen Geldbußen geahndet und zivilrechtlich verfolgt werden (§ 82 DSGVO).

Welche Rechtsmittel stehen gegen Bescheide der ARGE zur Verfügung?

Gegen einen Bescheid der ARGE/Jobcenter kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch eingelegt werden (§ 84 SGG). Der Widerspruch ist formlos möglich, muss jedoch schriftlich oder zur Niederschrift bei der ARGE eingereicht werden. Legt die Behörde daraufhin einen Widerspruchsbescheid vor, gegen den weiterhin Einwände bestehen, so kann Klage beim zuständigen Sozialgericht (§ 87 SGG) erhoben werden. Diese Klage ist ebenfalls innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides möglich, eine Vertretung durch einen Anwalt ist im erstinstanzlichen Verfahren nicht verpflichtend, jedoch empfehlenswert. Neben dem regulären Rechtsbehelfsverfahren sind im Eilfall auch Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz (§ 86b SGG) möglich, um vorläufigen Leistungsanspruch zu sichern, falls eine Existenzgefährdung droht.

Ist die ARGE zur Kostenübernahme von Unterkunft und Heizung verpflichtet?

Nach § 22 SGB II ist die ARGE/Jobcenter grundsätzlich verpflichtet, die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung zu übernehmen. Dies gilt jedoch nur, soweit die Kosten „angemessen“ sind. Die Angemessenheit wird nach lokalen Unterkunftskostenrichtlinien, Mietspiegeln und Rechtsprechung der Sozialgerichte beurteilt. Übersteigen die tatsächlichen Kosten die Angemessenheitsgrenze, werden diese in der Regel nur für einen Übergangszeitraum von sechs Monaten übernommen, innerhalb dessen ein Umzug in eine günstigere Wohnung zumutbar ist. Unangemessene Heizkosten müssen rechtzeitig und vollständig nachgewiesen sowie auf Angemessenheit überprüft werden. Für selbstgenutztes Wohneigentum gelten Sonderregelungen. Streitigkeiten über die Angemessenheit der Unterkunftskosten sind ein häufiger Grund für Widersprüche und Klagen gegen ARGE-Bescheide.