Begriff und Bedeutung der Zusicherung einer Eigenschaft
Die Zusicherung einer Eigenschaft ist ein zentraler Begriff im deutschen Zivilrecht, insbesondere im Kaufrecht (§§ 434, 437 BGB) und Werkvertragsrecht (§§ 633 ff. BGB). Sie bezeichnet die ausdrückliche oder konkludente vertragliche Erklärung des Verkäufers bzw. Unternehmers gegenüber dem Vertragspartner, dass ein Vertragsgegenstand eine bestimmte, objektiv feststellbare Eigenschaft besitzt. Die Zusicherung verpflichtet den Erklärenden rechtlich in der Weise, dass er für das Vorhandensein dieser Eigenschaft einzustehen hat und für deren Fehlen verschuldensunabhängig haftet.
Definition
Eine Zusicherung einer Eigenschaft liegt vor, wenn der Veräußerer ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten zu erkennen gibt, dass eine bestimmte Eigenschaft des Vertragsgegenstandes zum Zeitpunkt der Übergabe gegeben ist und er hierfür einstehen möchte (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB a.F.; heute maßgeblich Beschaffenheitsvereinbarung). Die Zusicherung geht über eine bloße Beschreibung oder Anpreisung hinaus und begründet vertragliche Haftungstatbestände.
Rechtsgrundlagen
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Die Zusicherung einer Eigenschaft findet sich insbesondere in folgenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs:
- § 434 BGB (Sachmangel): Definiert, wann eine Sache mangelhaft ist. Bis 31.12.2021 war die Zusicherung im Gesetz ausdrücklich genannt. Mit der Schuldrechtsreform 2022 ist der Begriff im Gesetzestext entfallen, während das Konzept im Rahmen der sogenannten „Beschaffenheitsvereinbarung“ fortgeführt wird.
- § 639 BGB (Haftung für zugesicherte Eigenschaften bei Werkverträgen): Hier ist die Haftung für das Fehlen zugesicherter Eigenschaften ausdrücklich geregelt.
- § 276 BGB (Verantwortlichkeit des Schuldners): Bildet die Grundlage für die allgemeine Haftung bei Zusicherungen.
Rechtsprechung und Auslegung
Die höchstrichterliche Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an das Vorliegen einer Zusicherung. Entscheidend ist stets der rechtsgeschäftliche Wille, eine bestimmte Eigenschaft als vertraglich verbindlich zu gewährleisten.
Merkmale und Abgrenzung
Wesentliche Merkmale
- Objektiv feststellbare Eigenschaft: Die zugesicherte Eigenschaft muss eine unmittelbar die Brauchbarkeit oder den Wert betreffende, beschreibbare Eigenschaft des Vertragsgegenstandes sein (z.B. Baujahr, Laufleistung, Schadstofffreiheit).
- Zeitpunkt der Zusicherung: Die Eigenschaft muss zum vertraglich maßgeblichen Zeitpunkt, in der Regel bei Gefahrübergang, vorliegen.
- Rechtsgeschäftlicher Bezug: Die Zusicherung muss im Rahmen eines Vertragsabschlusses erfolgen und darf nicht lediglich eine Wissenserklärung oder bloße Information sein.
Abgrenzung zu anderen Erklärungen
- Werbung und Anpreisung: Unverbindliche Werturteile oder Hinweise, die nicht Bestandteil des Vertrages sind, begründen keine Zusicherung.
- Beschaffenheitsvereinbarung: Seit der Reform 2022 ist die Beschaffenheitsvereinbarung dem Begriff der Eigenschaftszusicherung vorgelagert und fasst diese weiter, enthält aber auch ausdrücklich rechtsverbindliche Zusagen.
- Garantien: Nach heutiger Rechtslage wird auch zwischen Zusicherung einer Eigenschaft und einer Garantie differenziert, wobei eine Garantie regelmäßig eine besondere Einstandspflicht begründet.
Formerfordernisse
Grundsätzlich ist eine Zusicherung formlos möglich, es sei denn, das Gesetz verlangt eine besondere Form (z.B. bei Verbraucherdarlehensverträgen). Sie kann ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten (konkludent) erfolgen.
Rechtsfolgen der Zusicherung einer Eigenschaft
Gewährleistungsrechte
Kommt es zu einem Fehlen der zugesicherten Eigenschaft, liegt stets ein Sachmangel vor. Der Käufer bzw. Besteller kann die gesetzlichen Gewährleistungsrechte geltend machen, insbesondere:
- Nacherfüllung (Nachbesserung oder Nachlieferung)
- Rücktritt vom Vertrag
- Minderung des Kaufpreises
- Schadensersatzansprüche
Besonderheiten der Haftung
Die Haftung des Verkäufers bei Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft ist verschuldensunabhängig. Das bedeutet, der Verkäufer haftet unabhängig davon, ob ihn ein Verschulden trifft oder nicht. Darüber hinaus kann der Käufer auch auf Ersatz des sogenannten Mangelfolgeschadens Anspruch haben (§ 280 BGB), sofern die Zusicherung gerade vor dem Eintritt eines bestimmten Schadens schützen sollte.
Beweislast
Im Streitfall ist der Käufer darlegungs- und beweispflichtig für das Fehlen der zugesicherten Eigenschaft und das Vorliegen der Zusicherung. Im Rahmen von Verbrauchsgüterkäufen kann sich die Beweislastumkehr (§ 477 BGB) zugunsten des Käufers auswirken.
Praxisrelevanz und Fallbeispiele
Kaufvertrag
Wird beispielsweise beim Verkauf eines Gebrauchtwagens ausdrücklich eine Unfallfreiheit garantiert, handelt es sich um eine Zusicherung dieser Eigenschaft. Stellt sich später heraus, dass das Fahrzeug einen Vorschaden hatte, kann der Käufer aufgrund des Sachmangels Rückabwicklung und Schadensersatz verlangen.
Werkvertrag
Im Werkvertragsrecht kann eine Zusicherung z.B. darin bestehen, dass ein Dach absolut wasserdicht ist oder eine Heizungsanlage eine bestimmte Energieeffizienz erreicht. Kommt es zum Fehlen dieser Eigenschaft, ergeben sich umfangreiche Ansprüche für den Besteller.
Unterschiede zwischen alter und neuer Rechtslage
Mit der Schuldrechtsreform 2022 wurde der Begriff der Eigenschaftszusicherung durch die „Beschaffenheitsvereinbarung“ ersetzt. Dennoch bleibt das Konzept der rechtlich bindenden Zusage bestimmter Eigenschaften weiterhin von großer praktischer Bedeutung. Die genaue Unterscheidung und rechtliche Würdigung erfolgt auch nach neuer Rechtslage anhand der vertraglichen Vereinbarungen und Erklärungen im Einzelfall.
Rechtliche Bedeutung im internationalen Kontext
Im internationalen Geschäftsverkehr ist die Rechtsfigur der zugesicherten Eigenschaft ebenfalls von Bedeutung, insbesondere bei der Auslegung von Verträgen nach dem UN-Kaufrecht (CISG). Auch hier ist eine ausdrücklich vereinbarte Eigenschaft oder Qualität der Ware rechtlich bindend und bildet die Grundlage für Mängelrechte des Käufers.
Zusammenfassung und Bedeutung im modernen Vertragsrecht
Die Zusicherung einer Eigenschaft stellt ein wichtiges Instrument zur Risikoverteilung und Vertrauensbildung im Vertragsrecht dar. Sie begründet eine stärkere Verpflichtung des Veräußerers und ermöglicht dem Erwerber im Fall des Fehlens der zugesicherten Eigenschaft umfassende Rechte. Die aktuelle Gesetzeslage fasst dieses Instrument weiter, indem jede vertraglich vereinbarte Beschaffenheit maßgeblich ist, wobei ausdrücklich zugesicherte Eigenschaften einen besonderen Stellenwert für die Haftung und Gewährleistungsrechte einnehmen.
Siehe auch:
- [Beschaffenheit (Recht)]
- [Gewährleistung im Kaufrecht]
- [Garantie (Recht)]
- [Werkvertrag]
- [Sachmangel]
Häufig gestellte Fragen
Wann gilt eine Eigenschaft als „zugesichert“ im rechtlichen Sinne?
Eine Eigenschaft eines Kaufgegenstandes oder Vertragsgegenstandes gilt im rechtlichen Sinne als „zugesichert“, wenn der Verkäufer oder eine andere Vertragspartei ausdrücklich bestätigt, dass der Gegenstand diese bestimmte Eigenschaft zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs aufweist, und damit verbindlich für das Vorhandensein dieser Eigenschaft einsteht. Eine Zusicherung kann sowohl ausdrücklich erfolgen, etwa in Form einer schriftlichen Erklärung oder mündlichen Abrede, als auch konkludent durch das Verhalten oder bestimmte Umstände, sofern diese nach Treu und Glauben, unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, eindeutig auf eine Bindung an die Eigenschaft hindeuten. Entscheidend ist, dass für den Empfänger (z. B. den Käufer) klar erkennbar ist, dass der Verkäufer gerade für das Vorhandensein dieser Eigenschaft eine Gewähr übernehmen will. Die bloße Beschreibung oder Anpreisung einer Eigenschaft im Sinne einer bloßen „Beschaffenheitsangabe“ genügt demgegenüber nicht. Erst wenn mit der Eigenschaftszusicherung ein über die normale Gewährleistung hinausgehendes Einstehen für das Vorhandensein der Eigenschaft verbunden ist, spricht man rechtlich von einer Zusicherung. Dies ist insbesondere für Gewährleistungs- und Garantiefragen sowie für die Geltendmachung von Schadensersatz statt der Leistung von Bedeutung.
Welche rechtlichen Folgen hat die Zusicherung einer Eigenschaft?
Die Zusicherung einer Eigenschaft hat erhebliche haftungsrechtliche Konsequenzen. Wird eine zugesicherte Eigenschaft vom Vertragsgegenstand nicht erfüllt, ist nicht nur ein einfacher Sachmangel im Sinne des § 434 BGB gegeben, sondern es können zusätzlich zum Rücktritt oder zur Minderung Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Insbesondere haftet der Verkäufer nach § 463 BGB a.F. bzw. nach der aktuellen Gesetzeslage (vor Allem im Werkvertragsrecht und in Spezialbereichen) auch für Mangelfolgeschäden, wenn und soweit die Nichteinhaltung der zugesicherten Eigenschaft Ursache für weitergehende Schäden ist, die über den reinen Mangel an der Sache hinausgehen. Eine zugesicherte Eigenschaft bindet den Vertragspartner also sehr stark, und einen Haftungsausschluss für zugesicherte Eigenschaften kann er grundsätzlich nicht wirksam vereinbaren.
Wie unterscheidet sich die Zusicherung einer Eigenschaft von einer bloßen Beschaffenheitsvereinbarung?
Im Unterschied zur bloßen Beschaffenheitsvereinbarung, bei der sich die Parteien lediglich über die Eigenschaften einigen, die der Vertragsgegenstand aufweisen soll, stellt die Zusicherung einer Eigenschaft ein besonderes, rechtliches Versprechen dar, für das Vorhandensein genau dieser Eigenschaft auch einzustehen. Die Zusicherung geht damit qualitativ über die Beschreibung der Soll-Beschaffenheit hinaus und beinhaltet die ernsthafte Übernahme eines Haftungsrisikos durch den Zusichernden. Während bei einer nicht erfüllten Beschaffenheitsvereinbarung regelmäßig nur die gesetzlichen Mängelrechte wie Nacherfüllung, Rücktritt oder Minderung, aber Schadensersatz nur bei Verschulden, in Betracht kommen, führt die Nichterfüllung einer zugesicherten Eigenschaft unmittelbar zum Schadensersatzanspruch, unabhängig von einem etwaigen Verschulden.
Welche Bedeutung hat die Zusicherung einer Eigenschaft im Werkvertragsrecht?
Auch im Werkvertragsrecht (§§ 631 ff. BGB) spielt die Zusicherung von Eigenschaften eine zentrale Rolle. Wird bei einem Werkvertrag eine Eigenschaft zugesichert, haftet der Unternehmer verschärft dafür, dass das Werk bei Abnahme diese zugesicherte Eigenschaft besitzt. Ist dies nicht der Fall, so kann der Besteller neben den standardmäßigen Gewährleistungsrechten auch wegen Fehlens der zugesicherten Eigenschaft Schadensersatz verlangen. Das umfasst insbesondere auch Mangelfolgeschäden, wie etwa Produktionsausfall, entgangenen Gewinn oder Folgeschäden, die gerade durch das Fehlen der zugesicherten Eigenschaft verursacht wurden. Die Abgrenzung zwischen einfacher Beschaffenheitsvereinbarung und Zusicherung erfordert auch hier eine sorgfältige Auslegung des Parteiwillens.
Wie kann eine Zusicherung einer Eigenschaft rechtssicher dokumentiert werden?
Um die rechtliche Verbindlichkeit und Reichweite einer Eigenschaftszusicherung eindeutig zu bestimmen und spätere Streitigkeiten zu vermeiden, empfiehlt sich eine schriftliche Fixierung im Vertrag. Die Erklärung sollte ausdrücklich als „Zusicherung einer Eigenschaft“ oder mit gleichwertigem unmissverständlichem Wortlaut („Der Verkäufer sichert ausdrücklich zu, dass …“) im Vertragstext aufgenommen werden. Außerdem sollte klargestellt werden, für welchen Zeitpunkt und ggfs. für welchen Zeitraum die vertragliche Zusicherung gilt. Hilfreich können auch Formulierungen sein, wonach im Schadensfall für Folgeschäden gehaftet wird, die gerade auf dem Fehlen der zugesicherten Eigenschaft beruhen. Diese dokumentarische Klarheit dient im Zweifel auch der Beweisführung und verhindert Missverständnisse hinsichtlich der rechtlichen Reichweite der Zusicherung.
Welche Besonderheiten gelten bei gebrauchten Sachen hinsichtlich der Zusicherung einer Eigenschaft?
Bei gebrauchten Sachen sind Zusicherungen von Eigenschaften besonders sorgfältig zu beurteilen. Grundsätzlich kann auch bei Gebrauchtwaren eine Eigenschaft ausdrücklich zugesichert werden. Jedoch ist zu beachten, dass ein Verkäufer durch allgemeine Angaben zum Zustand (z. B. „fahrbereit“ bei einem gebrauchten Auto) nicht zwingend eine Zusicherung abgibt, sondern regelmäßig nur eine Beschaffenheitsvereinbarung trifft. Eine ausdrückliche Zusicherung liegt vielmehr in einer über die üblichen Angaben hinausgehenden, ernstlich gemeinten Erklärung, etwa „Das Fahrzeug ist unfallfrei, garantiert kein Unfallschaden.“. Auch bei Gebrauchtwaren entfaltet die Zusicherung haftungsrechtlich die gleiche Wirkung wie bei Neuwaren und lässt sich nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ausschließen.
Welche Rolle spielt die Zusicherung einer Eigenschaft im Falle von Garantien?
Die Zusicherung einer Eigenschaft ist von einer eigenständigen Garantie zu unterscheiden, insbesondere von der freiwilligen Herstellergarantie. Während die Zusicherung eine rechtlich bindende Zusage im Rahmen des jeweiligen Vertrags ist und meist das Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer prägt, stellt eine Garantie häufig eine zusätzliche Leistungsverpflichtung (z. B. Herstellergarantie) dar, die unabhängig von der gesetzlichen Gewährleistung sein kann. Überschneiden sich Garantie und Zusicherung, kann der Käufer wählen, ob er aus der Eigenschaftszusicherung oder aus der Garantie vorgeht. Entscheidend für die Einordnung ist somit, ob tatsächlich für eine konkrete Eigenschaft gesetzlich zwingend von Verkäuferseite oder freiwillig auf Herstellerseite gehaftet werden soll und welche Rechtsfolgen daran geknüpft werden.