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Zusicherung einer Eigenschaft

Was bedeutet Zusicherung einer Eigenschaft?

Unter der Zusicherung einer Eigenschaft versteht man die verbindliche Erklärung, dass eine Sache oder ein Werk eine bestimmte, konkret benannte Eigenschaft besitzt. Solche Eigenschaften sind Merkmale, die für den Zweck der Sache bedeutsam sind und die Beschaffenheit prägen, etwa Leistung, Herkunft, Alter, Material, Funktionsumfang oder Echtheit. Eine Zusicherung geht über unverbindliche Werbung oder bloße Meinungsäußerungen hinaus: Sie ist Teil des Vertragsinhalts oder wird wie ein eigenständiges Versprechen behandelt.

Abgrenzung: Beschaffenheitsvereinbarung, Garantie, bloße Anpreisung

Beschaffenheitsvereinbarung

Hierbei treffen die Vertragsparteien eine klare Vereinbarung über Merkmale der Sache oder des Werks. Weicht das Ergebnis davon ab, liegt ein Sachmangel vor. Die Zusicherung einer Eigenschaft kann als besondere Form einer solchen Vereinbarung verstanden werden, wenn die Bindung deutlich hervorgehoben ist.

Garantieversprechen

Eine Garantie ist ein eigenständiges Versprechen, für das Vorliegen bestimmter Eigenschaften oder für deren Bestand innerhalb eines Zeitraums einzustehen. Sie kann von der vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung getrennt bestehen und eigene Ansprüche auslösen.

Unverbindliche Aussagen und Werbung

Allgemeine Anpreisungen, vage Wertungen oder ersichtlich subjektive Meinungen (z. B. „Top-Zustand“, „wie neu“) gelten in der Regel nicht als Zusicherung. Entscheidend sind Konkretheit, Nachprüfbarkeit und der Eindruck, dass eine verbindliche Aussage zur Beschaffenheit gewollt ist.

Wo spielt die Zusicherung eine Rolle?

Zusicherungen begegnen häufig in Kauf-, Werk- und Mietverträgen sowie in Angeboten und Produktbeschreibungen. Sie sind besonders bedeutsam, wenn der Wert oder die Tauglichkeit wesentlich von bestimmten Merkmalen abhängt.

Typische Beispiele

  • Kfz: „unfallfrei“, „Original-Kilometerstand“, „Erstzulassung Jahr X“
  • Immobilien: „Wohnfläche X qm“, „Baujahr Y“, „Energieeffizienzklasse Z“
  • Technik/Elektronik: „Speicherkapazität X“, „5G-fähig“, „wasserdicht bis Tiefe Y“
  • Mode/Schmuck: „Echtes Leder“, „Massivgold“, „Originalmarke“
  • Maschinen/Material: „Leistung X kW“, „Edelstahlqualität Y“, „CE-konform“
  • Software/Dienstleistungen: „bestimmte Funktionen verfügbar“, „Kompatibel mit System X“

Rechtliche Wirkungen

Maßstab der Vertragserfüllung

Die Zusicherung setzt den Maßstab dafür, was genau geschuldet ist. Fehlt die zugesicherte Eigenschaft, liegt eine Abweichung vom vereinbarten Leistungsinhalt vor.

Abweichung und ihre Folgen

Weicht die Sache oder das Werk von der Zusicherung ab, kommen je nach Vertragstyp verschiedene Rechte in Betracht, etwa Beseitigung der Abweichung, Reduzierung des Preises, Rückabwicklung oder Ersatz von Schäden. Ob ein Verschulden erforderlich ist, hängt davon ab, ob eine vertragliche Beschaffenheitsvereinbarung oder eine eigenständige Garantie vorliegt. Mitunter sind Fristen oder eine Gelegenheit zur Nachbesserung zu berücksichtigen.

Haftungsausschlüsse und ihre Grenzen

Allgemeine Ausschlussklauseln werden zurückhaltend ausgelegt. Eine ausdrücklich zugesicherte Eigenschaft steht regelmäßig im Zentrum des Vertrags; pauschale Ausschlüsse erfassen sie gewöhnlich nicht. Bei vorformulierten Vertragsbedingungen gelten zusätzliche Wirksamkeitsanforderungen. Vorsätzlich falsche Angaben werden durch Ausschlussklauseln nicht gedeckt.

Beweislast und Darlegung

Wer sich auf eine Zusicherung beruft, muss in der Regel deren Inhalt und Zustandekommen sowie die Abweichung darlegen. Hilfreich sind schriftliche Vertragsunterlagen, E-Mails, Exposés, Prospekte oder Nachrichtenverläufe. Öffentliche Aussagen des Anbieters können je nach Einbindung in den Vertrag eine Rolle spielen.

Zustandekommen einer Zusicherung

Form und Zeitpunkt

Eine Zusicherung kann schriftlich, mündlich oder durch eindeutige Beschreibung in Online-Angeboten erfolgen. Maßgeblich ist meist, was bei Vertragsschluss erklärt wurde. Spätere Klarstellungen sind als Ergänzung möglich, wenn Einigkeit darüber besteht.

Auslegung unklarer Zusagen

Entscheidend ist, wie eine verständige Person die Aussage im konkreten Zusammenhang versteht. Je konkreter und messbarer eine Aussage ist, desto eher handelt es sich um eine verbindliche Zusicherung. Vage Bewertungen oder allgemeine Werbeslogans genügen in der Regel nicht.

Rolle von Produktbeschreibungen und Exposés

Detaillierte Beschreibungen in Inseraten, Online-Shops oder Exposés können Vertragsinhalt werden, wenn sie Grundlage der Entscheidung sind. Wird die Eigenschaft hervorgehoben und konkret beziffert, spricht dies für eine Zusicherung.

Besondere Konstellationen

Zusicherung im unternehmerischen Verkehr und gegenüber Verbrauchern

Die rechtliche Bewertung hängt auch davon ab, ob beide Seiten unternehmerisch handeln oder ob eine private Person beteiligt ist. Informationsgehalt, Deutlichkeit der Aussage und die Erwartungshaltung des Vertragspartners sind in beiden Konstellationen maßgeblich; bei Verbraucherverträgen erhalten klarstellende Angaben häufig besonderes Gewicht.

Arglistige Falschangaben

Wer bewusst falsche Eigenschaften behauptet oder wesentliche Umstände verschweigt, setzt sich erweiterten Rechten der Gegenseite aus. In solchen Fällen sind Einschränkungen durch Klauseln typischerweise wirkungslos, und Fristen können abweichend beurteilt werden.

Gebrauchte Sachen und „gekauft wie gesehen“

Bei gebrauchten Sachen sind Abnutzungen üblich. Allgemeine Formulierungen wie „gekauft wie gesehen“ erfassen sichtbare Abweichungen, nicht jedoch das Fehlen ausdrücklich zugesicherter Eigenschaften oder verdeckte Besonderheiten, die für die Entscheidung erkennbar bedeutsam sind.

Abgrenzung zu verwandten Begriffen

Sachmangel

Ein Sachmangel liegt vor, wenn Sache oder Werk von der vereinbarten oder üblichen Beschaffenheit abweichen. Fehlt eine zugesicherte Eigenschaft, ist dies regelmäßig ein Sachmangel mit entsprechenden Rechten.

Gewährleistung und Garantie

Gewährleistung betrifft gesetzliche Rechte bei mangelhafter Leistung. Eine Garantie ist demgegenüber ein zusätzliches Versprechen, für bestimmte Eigenschaften oder deren Dauer einzustehen. Eine Zusicherung kann Teil der Gewährleistungsbewertung sein oder zugleich als Garantie verstanden werden, wenn sie entsprechend formuliert ist.

Beschaffenheitsgarantie und Haltbarkeitsgarantie

Bei einer Beschaffenheitsgarantie wird das Vorliegen eines Merkmals zugesagt. Bei einer Haltbarkeitsgarantie wird zugesagt, dass eine Eigenschaft für einen bestimmten Zeitraum bestehen bleibt. Beide Versprechen können eigenständige Ansprüche begründen.

Durchsetzung und Fristen

Anzeige und Rüge

Die zeitnahe Mitteilung über Abweichungen kann je nach Vertragsart eine Rolle spielen. Im Geschäftsverkehr bestehen teils besondere Rügeanforderungen. Inhalt und Zeitpunkt der Mitteilungen können die Rechtsfolgen beeinflussen.

Verjährung

Ansprüche im Zusammenhang mit fehlenden Eigenschaften sind zeitlich begrenzt. Beginn und Dauer richten sich nach Vertragsgegenstand, Art der Leistung und Umständen des Einzelfalls. Bei Bauwerken und arglistigen Fällen gelten regelmäßig längere Zeiträume.

Beweismittel

Vertragsunterlagen, Produktbeschreibungen, E-Mail-Korrespondenzen, Fotos, Messprotokolle und Zeugen können im Streitfall Bedeutung erlangen. Je genauer Inhalt und Kontext der Zusicherung dokumentiert sind, desto leichter lässt sich ihr Bestehen und eine Abweichung darlegen.

Häufig gestellte Fragen

Ist eine mündliche Zusicherung bindend?

Ja, auch eine mündliche Zusicherung kann bindend sein. Entscheidend sind der konkrete Wortlaut, der Kontext und ob die Aussage als verbindliche Beschaffenheitsangabe verstanden werden durfte. Die Nachweisbarkeit ist bei mündlichen Zusagen jedoch anspruchsvoller.

Reicht eine Produktbeschreibung im Online-Shop als Zusicherung?

Eine präzise, überprüfbare Produktbeschreibung kann als vertraglich relevante Beschaffenheitsangabe gelten. Wird sie Grundlage des Vertragsschlusses, spricht vieles für eine Zusicherung. Allgemeine Werbeslogans oder unbestimmte Floskeln genügen hingegen meist nicht.

Was unterscheidet die Zusicherung von Werbung?

Werbung enthält oft wertende oder allgemeine Aussagen. Eine Zusicherung ist demgegenüber konkret, messbar und als verbindliche Eigenschaftszusage erkennbar. Maßgeblich ist, wie die Erklärung aus Sicht eines verständigen Empfängers zu verstehen ist.

Was passiert, wenn die zugesicherte Eigenschaft fehlt?

Das Fehlen der zugesicherten Eigenschaft stellt regelmäßig eine Abweichung vom geschuldeten Leistungsinhalt dar. Je nach Vertragstyp kommen Ansprüche auf Beseitigung der Abweichung, Preisreduzierung, Rückabwicklung oder Ersatz von Schäden in Betracht. Bei einer eigenständigen Garantie können zusätzliche Rechte bestehen.

Kann ein allgemeiner Haftungsausschluss eine Zusicherung ausschließen?

Pauschale Haftungsausschlüsse erfassen regelmäßig nicht den Kern ausdrücklich zugesicherter Eigenschaften. Vorformulierte Klauseln unterliegen zudem besonderen Wirksamkeitsanforderungen. Vorsätzlich unrichtige Angaben werden durch Ausschlüsse nicht gedeckt.

Gilt eine Zusicherung auch bei gebrauchten Sachen?

Ja. Auch bei gebrauchten Sachen ist eine ausdrücklich zugesicherte Eigenschaft maßgeblich. Allgemeine Hinweise auf den „Gebrauchtzustand“ oder Formulierungen wie „gekauft wie gesehen“ treten hinter konkreten, verbindlichen Eigenschaften zurück.

Wer trägt die Beweislast für eine Zusicherung?

Wer sich auf eine Zusicherung beruft, muss üblicherweise deren Inhalt und Zustandekommen sowie die Abweichung darlegen. Vertragsunterlagen, Produktbeschreibungen, Nachrichtenverläufe, Fotos und Zeugen können hierfür von Bedeutung sein.