Legal Lexikon

Windfarm


Begriff und rechtliche Einordnung der Windfarm

Eine Windfarm (auch Windpark genannt) bezeichnet einen räumlich zusammenhängenden Verbund mehrerer Windenergieanlagen, der dazu dient, elektrische Energie aus Windkraft zu erzeugen und in das öffentliche Stromnetz einzuspeisen. Die rechtliche Einordnung und Ausgestaltung einer Windfarm umfasst eine Vielzahl gesetzlicher, technischer und verwaltungsrechtlicher Vorschriften, die auf Bundes-, Landes- und EU-Ebene greifen.

Rechtsgrundlagen für Windfarmen in Deutschland

Energiewirtschaftsrecht und erneuerbare Energien

Die Errichtung und der Betrieb von Windfarmen sind maßgeblich durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sowie das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) geregelt. Das EEG fördert den Ausbau erneuerbarer Energien und regelt insbesondere die Einspeisevergütung und Netzanschlusspflichten. Das EnWG stellt die Anforderungen an die Energieversorgungssicherheit und die Netzintegration.

Zulassungsverfahren und Genehmigungspflicht

Die Realisierung einer Windfarm unterliegt grundsätzlich zahlreichen Genehmigungsverfahren:

Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)

Für Windenergieanlagen ab bestimmten Schwellenwerten ist eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz erforderlich. Für die Genehmigung einer Windfarm werden regelmäßig folgende Aspekte betrachtet:

  • Schall- und Schattenwurf
  • Auswirkungen auf die Luftqualität
  • Schutz von Anwohnern und Umwelt

Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung umfasst zudem in der Regel mehrere Anlagen einer Windfarm in einem Sammelbescheid.

Baugenehmigungsrecht

Neben dem BImSchG muss das Bauordnungsrecht beachtet werden. Genehmigungsverfahren nach der jeweiligen Bauordnung des Bundeslandes sind zu durchlaufen. Dabei spielt insbesondere die baurechtliche Zulässigkeit im Außenbereich nach § 35 Baugesetzbuch (BauGB) eine zentrale Rolle.

Raumordnung und Regionalplanung

Für Windfarmen gilt, dass Standorte nur im Einklang mit den Flächennutzungs- und Bebauungsplänen entwickelt werden können. Landesplanerische Festlegungen bestimmen, wo Windvorrangflächen entstehen und wo Windenergie im Außenbereich zulässig ist. Die Bundesländer regeln dies jeweils im Rahmen ihrer Landesplanung.

Weitere rechtliche Anforderungen

Naturschutzrecht und Umweltverträglichkeitsprüfung

Der Schutz von Natur und Landschaft ist zentrales Anliegen bei der Planung von Windfarmen. Folgende Regelungen sind zu beachten:

  • Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
  • Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG)

Bei Projekten einer gewissen Größenordnung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung obligatorisch, in deren Rahmen insbesondere Belange des Artenschutzes (z. B. Vögel, Fledermäuse) und Eingriffe in Landschaft und Boden bewertet werden.

Luftverkehrsrecht

Da Windenergieanlagen eine Gefahr für den Flugverkehr darstellen können, setzen Genehmigungen oft die Zustimmung der zuständigen Luftfahrtbehörde voraus. Dies betrifft etwa die Einhaltung von Höhenbegrenzungen und Abstände zu Flugplätzen.

Denkmalschutzrecht und militärische Belange

Windfarmen dürfen Kulturgüter und Denkmäler nicht beeinträchtigen. Auch Belange der Landesverteidigung, wie etwa Einflüsse auf militärische Radaranlagen, müssen im Genehmigungsprozess geprüft und gegebenenfalls abgewogen werden.

Eigentums- und Nutzungsrechte

Grundstücksrechtliche Aspekte

Die Errichtung von Windenergieanlagen einer Windfarm setzt entweder das Eigentum am Grundstück oder entsprechende Nutzungsrechte (z. B. durch Pachtverträge) voraus. Durch grundbuchliche Sicherung wird typischerweise das Betreiberrisiko minimiert und die Dauerhaftigkeit der Nutzung gewährleistet.

Wegerechte und Leitungsrechte

Neben der Standfläche ist das Recht zur Verlegung von Kabeln und Wegen erforderlich. Hierzu kommen Dienstbarkeiten und Gestattungsverträge in Betracht, um Zugang und Netzanschluss sicherzustellen.

Betreiberverpflichtungen und Haftungsfragen

Betriebspflichten und Wartung

Betreiber einer Windfarm sind verpflichtet, Anlagen ordnungsgemäß zu betreiben, regelmäßig prüfen zu lassen und Risiken etwa durch technische Defekte auszuschließen. Sicherheitsbestimmungen, wie das technische Sicherheitsmanagement, greifen hierbei umfassend.

Haftung bei Schäden

Für Schäden, die durch den Betrieb einer Windfarm entstehen (z. B. infolge herabfallender Teile oder Betriebsstörungen), gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Haftungsregelungen. In der Betriebsphase ist insbesondere die Haftpflichtversicherung obligatorisch.

Förderfähigkeit und Vergütungsregelungen

Einspeisetarife & Ausschreibungsverfahren

Die Vergütung für den eingespeisten Strom wird im Rahmen des EEG durch Auktionen bzw. Ausschreibungen bestimmt. Betreiber von Windfarmen müssen sich an Ausschreibungen beteiligen, wobei die jeweils geltenden Förderrichtlinien und Vergütungssätze maßgeblich sind.

Netzanschluss und Abnahmepflicht

Netzbetreiber sind verpflichtet, den Strom von Windfarmen abzunehmen und vorrangig zu transportieren (§ 8 EEG). Dies umfasst auch die Verpflichtung, erforderliche Netzinfrastruktur zur Verfügung zu stellen.

Europarechtliche Rahmenbedingungen

Die Förderung und Entwicklung von Windfarmen steht neben nationalem Recht auch im Kontext europäischer Vorgaben. Die Erneuerbare-Energien-Richtlinien der EU setzen Ziele für den Anteil erneuerbarer Energien und beeinflussen die nationale Gesetzgebung maßgeblich.

Beihilferechtliche Genehmigungspflichten

Fördermaßnahmen im Bereich der Windenergie werden auf EU-Ebene beihilferechtlich überprüft. Dies dient der Sicherstellung eines unverfälschten Wettbewerbs im europäischen Energiebinnenmarkt.

Fazit

Windfarmen sind rechtlich komplex regulierte Infrastruktureinrichtungen, deren Errichtung, Betrieb und Förderung durch eine Vielzahl an Normen geprägt ist. Der rechtliche Rahmen erstreckt sich von der Standortplanung über Umweltverträglichkeit und Naturschutz bis hin zu Betreiberpflichten sowie steuerlichen und förderrechtlichen Aspekten. Das Verständnis sämtlicher Rechtsfragen ist unerlässlich für eine rechtssichere Projektplanung und -umsetzung.

Häufig gestellte Fragen

Welche Genehmigungen sind für den Bau und Betrieb einer Windfarm erforderlich?

Für den Bau und Betrieb einer Windfarm in Deutschland sind zahlreiche Genehmigungen und behördliche Zustimmungen erforderlich, die hauptsächlich aus dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) hervorgehen. Die wichtigste Genehmigung ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 4 BImSchG. Im Rahmen dieses Verfahrens werden unter anderem die Auswirkungen auf Umwelt, Anwohner (insbesondere Schall- und Schattenimmissionen) und Landschaft überprüft und bewertet. Darüber hinaus sind naturschutzrechtliche Belange wie der Artenschutz gemäß Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) zu beachten. Außerdem ist regelmäßig eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen, bei der die Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt bewertet werden. Je nach Standort der Windfarm kommen weiterhin bauplanungsrechtliche Vorgaben (z.B. gemäß Baugesetzbuch – BauGB), wasserrechtliche Erlaubnisse und ggf. luftfahrtrechtliche Zustimmungen hinzu, insbesondere wenn sich die Anlage im Einwirkungsbereich von Flugplätzen oder Radaranlagen befindet. Auch kommunale Satzungen sowie denkmalrechtliche oder forstrechtliche Vorschriften können relevant sein. Der gesamte Genehmigungsprozess ist komplex und bedarf einer sorgfältigen Koordination aller beteiligten Fachbehörden.

Welche Rolle spielt das Bauplanungsrecht bei der Errichtung von Windfarmen?

Das Bauplanungsrecht, insbesondere das Baugesetzbuch (BauGB) und die jeweiligen Bauleitpläne der Gemeinden, nehmen wesentlichen Einfluss auf die Zulässigkeit von Windenergieanlagen. Windfarmen sind im Außenbereich grundsätzlich nach § 35 BauGB privilegiert zulässig, wenn öffentliche Belange – wie Naturschutz, Landschaftsschutz oder Belange der Landes- und Regionalplanung – nicht entgegenstehen. Die Gemeinden haben zudem die Möglichkeit, durch sog. Konzentrationszonen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bestimmte Flächen für Windenergie zu bündeln und an anderen Standorten auszuschließen (sog. Steuerung durch Flächennutzungspläne). Dabei ist die Planungsverantwortung der Kommunen von großer Bedeutung. Die Einhaltung der Mindestabstände zu Wohnbebauungen und sensiblen Gebieten wird durch landesrechtliche Vorgaben und die Bauleitplanung geregelt. Verstöße gegen bauplanungsrechtliche Vorgaben können zu Versagung der Genehmigung oder sogar zu Rückbauanordnungen führen.

Wie wird der Artenschutz beim Genehmigungsverfahren berücksichtigt?

Der Artenschutz nimmt im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für Windfarmen eine zentrale Stellung ein. Nach § 44 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sind streng geschützte Arten – insbesondere Vögel und Fledermäuse – besonders zu beachten. Im Genehmigungsverfahren muss durch faunistische Untersuchungen ermittelt werden, ob von der geplanten Anlage Gefährdungen für kollisionsgefährdete Arten ausgehen. Die Ergebnisse münden in eine artenschutzrechtliche Prüfung, bei der das Tötungsverbot, das Störungsverbot sowie das Verbot der Zerstörung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten beachtet werden müssen. Stellt die Behörde erhebliche Beeinträchtigungen fest, ist eine Ausnahme gemäß § 45 Abs. 7 BNatSchG nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Zudem sind Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen vorzusehen und ggf. technische Schutzmaßnahmen wie die Abschaltung der Anlagen in bestimmten Zeiträumen (z.B. zur Brutzeit) festzulegen.

Welche rechtlichen Risiken bestehen bei der Planung und Errichtung von Windfarmen?

Die Planung und Errichtung von Windfarmen ist mit verschiedenen rechtlichen Risiken verbunden. Dazu zählen insbesondere Anfechtungsklagen von Anwohnern, Umweltverbänden oder anderen Dritten, die zu erheblichen Verzögerungen oder Aufhebungen der Genehmigung führen können. Diese klagen häufig aufgrund von Verstößen gegen Immissionsschutz, Naturschutz oder fehlerhafter Öffentlichkeitsbeteiligung im Genehmigungsverfahren. Ein weiteres Risiko ist die Nichteinhaltung baurechtlicher oder planungsrechtlicher Vorgaben, die zur Unzulässigkeit des gesamten Vorhabens führen kann. Ferner bestehen Haftungsrisiken, wenn Schäden durch die Windfarm verursacht werden, beispielsweise durch Eiswurf, Schallimmissionen oder Beeinträchtigungen der Nachbargrundstücke. Auch vertragsrechtliche Risiken hinsichtlich Pachtverträgen, Liefer- und Bauverträgen spielen eine Rolle, da Mängelrügen oder Streitigkeiten über Zahlungsmodalitäten regelmäßig zu Auseinandersetzungen führen können.

Wie sind Abstandsregelungen zu Siedlungen und anderen Schutzgebieten geregelt?

Abstandsregelungen zu Wohnsiedlungen und Schutzgebieten sind sowohl bundesrechtlich als auch landesrechtlich geregelt und variieren daher teils erheblich zwischen den Bundesländern. Mit der sog. Länderöffnungsklausel (§ 249 BauGB) können die Länder eigene Mindestabstände festlegen – wie etwa die 10H-Regelung in Bayern, bei der der Abstand zur nächsten Wohnbebauung das Zehnfache der Anlagenhöhe betragen muss. Daneben gibt es bundesweit Vorgaben zum Schutz bestimmter Gebiete wie Natur- oder Vogelschutzgebieten, für die strenge Prüfkriterien nach Bundesnaturschutzgesetz gelten. Abstände zu Verkehrswegen, Radaranlagen oder militärischen Einrichtungen sind ebenfalls zu berücksichtigen. Verstöße gegen diese Abstände führen in der Regel zur Versagung der Genehmigung oder können juristische Auseinandersetzungen mit Nachbarn nach sich ziehen.

Welche Bedeutung hat die Beteiligung der Öffentlichkeit im Genehmigungsverfahren?

Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist ein gesetzlich vorgeschriebenes Element im Genehmigungsverfahren für Windfarmen, insbesondere bei Vorhaben mit Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Gemäß § 10 BImSchG sowie dem Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) werden die Antragsunterlagen öffentlich ausgelegt und Einwendungen können von Bürgern, Kommunen oder anerkannten Umweltverbänden vorgebracht werden. Die Behörde hat die vorgetragenen Bedenken ernsthaft zu prüfen und in die Entscheidungsfindung einfließen zu lassen. Öffentlichkeitsbeteiligung erhöht die Transparenz und Akzeptanz, kann aber auch dazu führen, dass das Verfahren verlängert wird, insbesondere bei massiven Einwendungen oder Klagen seitens der Öffentlichkeit oder Umweltverbänden.

Welche rechtlichen Vorgaben sind beim Rückbau und der Entsorgung von Windfarmen zu beachten?

Für den Rückbau und die Entsorgung von Windfarmen gelten strenge gesetzliche Anforderungen. Im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung wird in der Regel bereits die Verpflichtung zur Rückbauverpflichtung und anschließenden Rekultivierung des Standorts gefordert. Betreiber von Windenergieanlagen sind verpflichtet, nach Ende der Betriebszeit (i.d.R. nach 20 bis 25 Jahren oder bei vorzeitiger Stilllegung) die Anlagen zu demontieren und die Flächen in den ursprünglichen Zustand zu versetzen. Die Rückbaukosten müssen meist durch Sicherheiten (z.B. Bürgschaften) abgedeckt sein. Beim Rückbau sind Vorgaben aus dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG), dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) sowie ggf. Naturschutzauflagen zu berücksichtigen. Die ordnungsgemäße Entsorgung von Materialien, insbesondere Rotorblätter aus Verbundstoffen, steht zunehmend im Mittelpunkt rechtlicher Debatten.