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Warenrückvergütung


Begriff und Bedeutung der Warenrückvergütung

Die Warenrückvergütung ist ein Begriff des Handels- und Steuerrechts, der einen nachträglichen Preisnachlass oder eine Rückgewähr von Teilen des bereits gezahlten Kaufpreises für Waren bezeichnet. Diese Rückvergütungen erfolgen in der Regel aus Gründen des Kundenbindungsmanagements oder zur Förderung zukünftiger Geschäftsabschlüsse. Ihre rechtliche Behandlung ist insbesondere im Umsatzsteuerrecht und im Bilanzrecht von Bedeutung.


Rechtliche Grundlagen der Warenrückvergütung

Handelsrechtliche Einordnung

Warenrückvergütungen treten häufig im Rahmen von Handelsvertreterverhältnissen (§§ 84 ff. HGB) oder dauerhaften Lieferbeziehungen zwischen Unternehmen auf. Sie stellen häufig nachträgliche Preisminderungen dar, die nicht im ursprünglichen Kaufvertrag vereinbart wurden, sondern sich aus nachgelagerten Umständen ergeben: z. B. aus Umsatzbeteiligungen, Mengenrabatten oder Bonusregelungen. Ihr Charakter unterscheidet sich damit von beim Vertragsschluss vereinbarten Rabatten oder Skonti.

Steuerrechtliche Behandlung

Umsatzsteuer

Im Umsatzsteuerrecht ist die Warenrückvergütung gem. § 17 Abs. 1 UStG als eine nachträgliche Entgeltminderung anzusehen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Rückvergütung an den Empfänger der Leistung gezahlt wird und auf ein zurückliegendes Umsatzgeschäft Bezug nimmt. Der ursprünglich ausgestellte Rechnungsbetrag ist dadurch entsprechend zu berichtigen. Der Leistende muss die Umsatzsteuer, die auf die Rückvergütung entfällt, berichtigen; der Leistungsempfänger hat einen entsprechenden Vorsteuerberichtigungsanspruch bzw. Korrektur vorzunehmen. Entscheidend ist, dass die Rückvergütung wirtschaftlich als Preisnachlass zu qualifizieren ist und im Zusammenhang mit dem konkreten Umsatzgeschäft steht.

Im Falle von Rückvergütungen an Dritte, zum Beispiel an einen Einkaufsverband statt an das eigentlich belieferten Unternehmen, liegt regelmäßig kein umsatzsteuerlicher Entgeltminderungsfall, sondern eine eigenständige Leistung vor.

Ertragsteuer und Bilanzierung

Bilanzrechtlich werden Warenrückvergütungen als nachträgliche Anschaffungspreisminderungen behandelt (§ 255 Abs. 1 HGB, R 6.10 Abs. 1 EStR). Sie mindern den Buchwert der Vorräte beziehungsweise führen bei bereits veräußerten Waren zu einer entsprechenden Minderung des Aufwands. Die umsatzsteuerliche Berichtigungspflicht wirkt sich auf die Bilanz entsprechend aus – sowohl hinsichtlich der steuerlichen Verbindlichkeiten als auch hinsichtlich des Aufwandsergebnisses.


Gestaltung und Abgrenzung der Warenrückvergütung

Unterschied zu Rabatt, Skonto und Boni

Warenrückvergütungen sind von anderen Preisnachlässen wie Rabatten, Skonti oder Boni abzugrenzen:

  • Rabatt: Sofort bei Vertragsabschluss eingeräumter Preisnachlass.
  • Skonto: Preisnachlass bei vorzeitiger Zahlung.
  • Bonus: Nach Abschluss mehrerer Geschäfte (meist eines Abrechnungszeitraums) gewährter Nachlass.
  • Warenrückvergütung: Rückzahlung nach bereits erfolgtem Umsatz, meist bezogen auf bestimmte Konditionen im Nachhinein. Nicht selten wird der Begriff insbesondere für nachträgliche Rückzahlungen oder ergebnisabhängige Rückführungen verwendet.

Vertragliche Gestaltung

Die rechtliche Wirksamkeit von Warenrückvergütungen setzt voraus, dass zwischen den Parteien eine entsprechende vertragliche Vereinbarung getroffen wurde. In der Praxis werden diese üblicherweise in Handelsverträgen, Einkaufsbedingungen oder durch separate Nachträge geregelt. Eine ausreichende Dokumentation ist aus Gründen der Nachweisbarkeit unabdingbar, nicht zuletzt auch zur Erfüllung der steuerrechtlichen Dokumentationspflichten.

Wettbewerbsrechtliche Aspekte

Warenrückvergütungen können im geltenden Recht des unlauteren Wettbewerbs (§§ 1-7 UWG) relevant werden, wenn sie als sog. verdeckte Preisnachlässe eingesetzt werden. Dies ist vor allem dann kritisch, wenn sie geeignet sind, den Wettbewerb zu verfälschen oder gegen Transparenzpflichten im Geschäftsverkehr verstoßen.


Anwendungsbeispiele und typische Konstellationen

Beispiele finden sich insbesondere im Groß- und Einzelhandel, in der Konsumgüter- und Automobilindustrie sowie bei kooperierenden Unternehmen aus der Landwirtschaft. Typisch sind etwa Rückvergütungsmodelle in Form von Jahresboni oder bei Zielüberschreitungen im Rahmen von Absatzförderungsprogrammen.


Rechtliche Risiken und Pflichten bei der Warenrückvergütung

Aufzeichnungspflichten

Zur steuerlich anerkannten Behandlung von Warenrückvergütungen sind umfassende Aufzeichnungen erforderich. Der Grund und die Höhe der Rückvergütung, der betroffene Geschäftsfall sowie die jeweilige Rechnungsnummer müssen nachvollziehbar dokumentiert sein.

Gefahr von Scheingeschäften

Missbräuchliche Verwendung von Warenrückvergütungen kann zu steuerrechtlichen Nachteilen, insbesondere im Zusammenhang mit Scheingeschäften oder nicht ordnungsgemäßer Dokumentation, führen. Hier drohen steuerliche Nachforderungen sowie (bei Vorsatz) strafrechtliche Konsequenzen.


Internationale Aspekte der Warenrückvergütung

Bei grenzüberschreitenden Geschäftsvorgängen ist die Behandlung von Warenrückvergütungen regelmäßig komplexer, da unter Umständen unterschiedliche umsatzsteuerliche und handelsrechtliche Vorschriften zu berücksichtigen sind. Insbesondere bei innergemeinschaftlichen Lieferungen und im Drittlandsgeschäft sind abweichende Formalien und Fristen zu beachten.


Fazit

Die Warenrückvergütung ist ein zentraler Begriff im Handels- und Steuerrecht und hat zahlreiche rechtliche sowie praktische Auswirkungen. Die richtige Behandlung von Warenrückvergütungen ist insbesondere im Hinblick auf Umsatzsteuer, Gewinnermittlung und Bilanzierung von oberster Bedeutung. Eine klare vertragliche Streitregelung, sorgfältige Dokumentation sowie die Einhaltung der steuerlichen Vorschriften sind für die risikofreie Nutzung von Warenrückvergütungen unabdingbar.


Siehe auch

  • Rabatt
  • Bonus (Handel)
  • Skonto
  • Umsatzsteuerliche Berichtigung
  • Handelsvertreterrecht

Literatur

  • Wendt, Ulrich: Preisnachlässe und Rückvergütungen im Handelsrecht, 5. Aufl., München 2021.
  • Reiß, Hartmut: Umsatzsteuerliche Behandlung von Preisnachlässen, ZKF 2020, S. 432-438.
  • Bundesministerium der Finanzen: Umsatzsteuer-Anwendungserlass – Erläuterungen zur Entgeltminderung.

Dieser Artikel ist für ein Rechtslexikon und dient der allgemeinen Information zum Begriff Warenrückvergütung.

Häufig gestellte Fragen

Müssen Warenrückvergütungen im Rahmen des Handelsgesetzbuches (HGB) offengelegt werden?

Im Rahmen des Handelsgesetzbuches (HGB) müssen insbesondere größere Handelsunternehmen Warenrückvergütungen offenlegen, sofern diese für die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage von wesentlicher Bedeutung sind. Nach § 238 HGB besteht die Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Buchführung. Rückvergütungen, die als Erlösschmälerungen oder Preisnachlässe zu erfassen sind, müssen über gesonderte Buchungskonten abgewickelt werden, damit für Bilanzierende und Dritte die Nachvollziehbarkeit gewährleistet ist. Zudem ist gemäß § 266 HGB im Rahmen des Jahresabschlusses ersichtlich zu machen, in welchem Ausmaß Rückvergütungen die Umsätze beeinflussen. Insbesondere für den Jahresabschluss sowie Lagebericht eines bilanzierungspflichtigen Unternehmens ist auf die Angabe von unregelmäßigen beziehungsweise periodenfremden Rückvergütungen zu achten.

Wie wirken sich Warenrückvergütungen steuerlich aus?

Warenrückvergütungen sind aus steuerlicher Sicht als sogenannte nachträgliche Preisnachlässe zu behandeln und wirken sich sowohl bei der Umsatzsteuer als auch bei der Ertragsteuer aus. Erhält ein Unternehmen eine Warenrückvergütung, mindert diese im Regelfall die Anschaffungskosten der bezogenen Waren (§ 255 HGB). Bei der Umsatzsteuer ist es erforderlich, die ursprünglich abgerechnete Steuer im Rahmen der sogenannten Berichtigung gemäß § 17 UStG zu ändern. Die Rückvergütung gilt als tatsächliche Änderung der Bemessungsgrundlage, so dass eine entsprechende Korrektur der Umsatz- bzw. Vorsteuer notwendig wird. Im Bereich der Ertragsteuern wirkt sich die Rückvergütung als Erlösschmälerung oder als sonstiger betrieblicher Ertrag auf die steuerliche Gewinnermittlung aus.

Welche vertraglichen Voraussetzungen müssen für eine wirksame Warenrückvergütung vorliegen?

Eine Warenrückvergütung bedarf in der Regel einer Vereinbarung im Rahmen des zugrunde liegenden Vertragsverhältnisses zwischen Lieferant und Abnehmer. Die Rückvergütungsklausel muss eindeutig formuliert sein und den genauen Auslöser (zum Beispiel Mengenstaffel, Jahresumsatz, Treueboni) sowie die Bemessungsgrundlage (zum Beispiel Nettowarenwert) und den Auszahlungszeitpunkt oder -modus enthalten. Ohne eine vertragliche Vereinbarung kann ein Anspruch auf Warenrückvergütung im Allgemeinen nicht wirksam geltend gemacht werden. In manchen Branchen, etwa im Lebensmittelhandel, gelten zudem kartellrechtliche Prüfungsmaßstäbe, da Rückvergütungsregelungen mit Wettbewerbs- und Preisbindungsrecht kollidieren können. Hier besteht die Notwendigkeit, die Regelungen auch auf Wirksamkeit im Sinne des § 307 BGB und hinsichtlich etwaiger Wettbewerbsbeschränkungen zu prüfen.

Inwieweit können Warenrückvergütungen der Inhaltskontrolle nach AGB-Recht unterliegen?

Warenrückvergütungen, die im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) vereinbart werden, unterliegen grundsätzlich der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Hierbei wird insbesondere geprüft, ob die Klauseln den Vertragspartner unangemessen benachteiligen oder intransparent sind. Insbesondere müssen Bedingungen klar und verständlich gefasst sein (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Klauseln, die Rückvergütungen von Bedingungen abhängig machen, die einseitig von einer Partei bestimmt werden können oder Rückvergütungen ohne sachlichen Grund ausschließen, können unwirksam sein. Gerichte beanstanden regelmäßig Regelungen, die zu überraschenden Nachteilen für den Vertragspartner führen oder das Transparenzgebot verletzen.

Welche Auswirkungen haben Warenrückvergütungen auf die Bilanzierungspflicht?

Warenrückvergütungen beeinflussen die Bilanzierungspflicht in mehrfacher Hinsicht. Nach HGB sind sie regelmäßig als Erlösschmälerung (Leistender) bzw. als sonstiger betrieblicher Ertrag (Empfänger) zu erfassen. Im Zeitpunkt der wirtschaftlichen Verursachung sind Rückstellungen zu bilden, sofern die Verpflichtung zur Rückvergütung bereits aus den zugrundeliegenden Verträgen resultiert und eine Schätzung der Höhe möglich ist (§ 249 HGB). Zur sachgerechten periodengerechten Abgrenzung sind sie auf das Geschäftsjahr zu buchen, in dem der zugrundeliegende Umsatz erzielt wurde. Die Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften verlangen hierbei eine genaue Abgrenzung zwischen Rückvergütung und sonstigen Nachlässen bzw. Boni.

Welche kartellrechtlichen Beschränkungen sind im Zusammenhang mit Warenrückvergütungen zu beachten?

Im deutschen und europäischen Kartellrecht werden Vereinbarungen über Warenrückvergütungen daraufhin geprüft, ob sie den Wettbewerb einschränken oder zu einer unzulässigen Preisbindung führen. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und Art. 101 AEUV untersagen Vereinbarungen, die geeignet sind, den freien Warenverkehr oder Preiswettbewerb zu beschränken. So können marktbeherrschende Unternehmen durch überhöhte oder diskriminierende Rückvergütungsregelungen gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB). In Branchen mit wenigen großen Marktteilnehmern ist daher darauf zu achten, dass Rückvergütungen nicht missbräuchlich als Marktabschottungsinstrument genutzt werden. Besonderes Augenmerk gilt vertikalen Rückvergütungsmodellen, bei denen die Bedingungen für alle Marktteilnehmer diskriminierungsfrei ausgestaltet sein müssen.