Begriff und rechtliche Bedeutung von Venture
Der Begriff „Venture“ stammt aus dem englischen Sprachraum und wird im Deutschen üblicherweise mit „Wagnis“, „Beteiligung“ oder „Unternehmung“ übersetzt. In der Rechtswissenschaft und der Wirtschaft bezeichnet „Venture“ meist die Mitwirkung an einem Unternehmen unter Inkaufnahme erhöhter unternehmerischer Risiken mit dem Ziel einer überdurchschnittlichen Rendite. Der Begriff findet insbesondere im Kontext von Beteiligungsfinanzierungen (z. B. Venture Capital), Unternehmensgründungen (Start-ups) und Joint-Venture-Konstrukten Anwendung. Rechtlich stellt ein Venture kein eigenes gesetzliches Konstrukt dar, sondern bezeichnet eine Vielzahl von Gestaltungsmodellen, die in unterschiedlichen gesetzlichen Rahmen eingebettet sein können.
Typische Erscheinungsformen des Venture
Venture Capital
Das sogenannte Venture Capital beschreibt die finanzielle Beteiligung an zumeist jungen, innovativen Unternehmen durch institutionelle oder private Investoren. Rechtlich handelt es sich dabei regelmäßig um Eigenkapital- oder mezzanine Finanzierungsformen. Venture Capital dient der Bereitstellung von Wachstumskapital unter Übernahme hoher Verlustrisiken. Die Verträge und Rahmenbedingungen unterliegen dem Kapitalgesellschaftsrecht (z. B. GmbH-Gesetz, Aktiengesetz), den Erfordernissen des Kapitalmarktrechts sowie häufig individuell angepassten Beteiligungskonstruktionen.
Vertragsstrukturen und rechtliche Rahmenbedingungen
In der Praxis dominieren Beteiligungen in Form von Gesellschaftsanteilen (z. B. durch Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen oder Aktien). Daneben werden häufig sogenannte „Convertible Loans“ (Wandeldarlehen), Genussrechte oder stille Beteiligungen verwendet. Die Vertragsgestaltung und die damit verbundenen Rechte und Pflichten wie Mitspracherechte, Exit-Vereinbarungen, Verwässerungsschutz oder Informationsrechte sind detailliert auszuhandeln und rechtlich abzusichern. Relevant sind hierbei das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das Handelsgesetzbuch (HGB), gesellschaftsrechtliche Regelungen sowie steuerrechtliche Rahmenbedingungen.
Joint Venture
Das Joint Venture ist die rechtlich und wirtschaftlich intendierte Zusammenarbeit mindestens zweier Unternehmungen, die zur Durchführung eines gemeinsamen Projekts eine eigenständige Gesellschaft (Joint Venture-Gesellschaft) gründen oder eine vertragliche Zusammenarbeit (Contractual Joint Venture) vereinbaren.
Gesellschaftsrechtliche Einordnung
Ein Joint Venture kann in der Form einer Kapitalgesellschaft (insbesondere GmbH oder AG), einer Personengesellschaft (z. B. OHG, KG) oder als reine Innengesellschaft erfolgen. Je nach gewähltem Rechtsformmodell unterliegt das Joint Venture dem Gesellschaftsrecht, dem Wettbewerbsrecht sowie gegebenenfalls kartellrechtlichen und steuerlichen Vorschriften. Prüfungsgegenstände sind unter anderem Gründungsformalitäten, Eintragungen im Handelsregister, Zuständigkeiten, Haftungs- und Kontrollregelungen sowie Exit- und Auflösungsklauseln.
Kartellrechtliche Aspekte
Joint Ventures sind im Rahmen nationaler und europäischer Fusionskontrolle anzeigepflichtig, sofern bestimmte Umsatzschwellen überschritten werden. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sowie die EU-Fusionskontrollverordnung finden Anwendung, um wettbewerbliche Auswirkungen und Marktkonzentrationen zu prüfen und zu steuern.
Rechtliche Gestaltungsformen und Vertragsinhalte
Gesellschaftsvertrag und Vereinbarungen
Die rechtlichen Grundlagen eines Venture-Projekts werden maßgeblich durch die vertragliche Ausgestaltung (z. B. Gesellschaftsvertrag, Beteiligungsvertrag, Kooperationsvertrag) festgelegt. Kerninhalte solcher Verträge sind unter anderem:
- Beteiligungsverhältnisse und Stimmrechte
- Kapitalausstattung und Einlagepflichten
- Gewinn- und Verlustbeteiligung
- Veräußerungsverbote und Vorkaufsrechte
- Rechte und Pflichten bei Austritt oder Ausscheiden
- Regelungen zur Geschäftsführung und Vertretung
- Exit-Strategien, insbesondere bei Börsengang (IPO), Verkauf oder Liquidation
Gesellschafterpflichten und Haftung
Die Mitwirkung im Rahmen eines Ventures begründet neben vermögensrechtlichen Ansprüchen (z. B. Dividenden, Beteiligung am Liquidationserlös) auch Treuepflichten unter den Beteiligten. Die konkrete Haftung richtet sich nach der gewählten Rechtsform (z. B. Haftungsbeschränkung bei der GmbH, persönliche Haftung bei der OHG oder KG).
Aufsichts-, Melde- und Genehmigungspflichten
Je nach Ausgestaltung des Venture und verwendeter Beteiligungsmodelle können aufsichtsrechtliche Vorschriften nach dem Kreditwesengesetz (KWG), dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) oder dem Umwandlungsgesetz (UmwG) greifen. Kapitalmarktrechtliche Genehmigungs-, Billigungs- und Meldepflichten sind zu beachten. Auch Besteuerungsfragen (u. a. Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Grunderwerbsteuer oder Umsatzsteuer) spielen eine bedeutende Rolle.
Datenschutz und Geheimhaltung
Unternehmensbezogene Daten sowie personenbezogene Informationen unterliegen im Rahmen eines Venture-Projekts dem Datenschutzrecht, insbesondere der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Ebenso sind Geheimhaltungsvereinbarungen und Vertraulichkeitsklauseln regelmäßig Bestandteil der Vertragswerke, um Know-how, Geschäftsgeheimnisse und sensible Unternehmensdaten zu schützen.
Risiken und Rechtsfolgen im Venture-Kontext
Die Beteiligung an einem Venture ist stets mit spezifischen Risiken verbunden, etwa finanziellen Totalverlust, persönliche (Mit-)Haftung, mögliche Verletzungen von Treue- und Aufklärungspflichten, Risiken aus fehlerhafter Vertragsgestaltung sowie aus der Nichteinhaltung regulatorischer Vorgaben. Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen ergeben sich je nach Sachverhalt aus dem Gesellschafts-, Zivil- oder Strafrecht bzw. dem jeweiligen speziellen Gesetz.
Abgrenzung zu anderen Beteiligungsformen
Venture unterscheidet sich von klassischen Beteiligungen (wie Aktienerwerb an Börsenunternehmen) vor allem durch die stärkere Risikoakzeptanz, längere Haltefristen und intensivere Mitwirkung sowie Mitbestimmung der Investoren. Übliche Alternativen zum Venture sind Private Equity, Buy-out-Transaktionen oder rein darlehensbasierte Beteiligungsmodelle, wobei die rechtlichen Rahmenbedingungen jeweils signifikante Unterschiede aufweisen.
Fazit
Der Begriff „Venture“ ist rechtlich nicht abschließend definiert und umfasst ein breites Spektrum an Beteiligungs- und Kooperationsformen in der Unternehmenswelt. Die rechtliche Ausgestaltung orientiert sich dabei an den gewählten Gesellschaftsformen, den vertraglichen Vereinbarungen und den einschlägigen gesetzlichen Regelungen. Neben gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen, steuerlichen sowie datenschutzrechtlichen Komponenten sind insbesondere die individuellen Vertragsstrukturen für eine rechtssichere Durchführung maßgeblich. Unternehmen und Investoren sollten sämtliche rechtlichen Rahmenbedingungen frühzeitig prüfen und dokumentieren, um das unternehmerische Risiko angemessen zu steuern.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Grundlagen bestimmen die Gründung eines Ventures in Deutschland?
Die Gründung eines Ventures in Deutschland unterliegt maßgeblich den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), des Handelsgesetzbuches (HGB) sowie spezialgesetzlicher Bestimmungen für die jeweilige Rechtsform, wie zum Beispiel das GmbH-Gesetz (GmbHG), das Aktiengesetz (AktG) oder das Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG). Hierbei ist die Wahl der Rechtsform eine entscheidende Weichenstellung, da sie über Haftungsfragen, Kapitalanforderungen, Steuerpflichten und die interne Organisation bestimmt. Die Gesellschaftsgründung erfordert je nach Form verschiedene Formalitäten, wie notarielle Beurkundung (z. B. bei GmbH und AG), Eintragung ins Handelsregister sowie gegebenenfalls gewerbe- oder aufsichtsrechtliche Genehmigungen. Des Weiteren müssen Gründer insbesondere bei innovativen Geschäftsmodellen bestehende Regulierungen wie das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG), das Telemediengesetz (TMG) oder branchenspezifische Erlaubnispflichten (z. B. das Kreditwesengesetz – KWG für FinTechs) berücksichtigen. Zusätzlich sind bei international ausgerichteten Ventures auch europarechtliche Vorgaben, wie etwa die DSGVO im Datenschutzrecht, zu beachten.
Welche rechtlichen Anforderungen bestehen bei der Finanzierungsrunde eines Ventures?
Venture-Finanzierungsrunden erfordern die sorgfältige Ausgestaltung und Prüfung von Investmentverträgen, wie Gesellschaftsverträgen (bei einer GmbH bzw. „Articles of Association“ bei einer AG), Beteiligungsverträgen (z. B. Anteilskauf- und Abtretungsverträge), Wandeldarlehensverträgen sowie Nebenabreden wie Gesellschaftervereinbarungen oder Poolverträgen. Hierbei ist insbesondere auf die Einhaltung kapitalmarktrechtlicher Vorschriften zu achten, etwa im Rahmen von Prospektpflichten beim öffentlichen Angebot von Beteiligungen. Das Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß § 30 GmbHG ist zwingend einzuhalten, sofern Beteiligungen als Kapitalerhöhung ausgestaltet werden. Darüber hinaus sind gesellschaftsrechtliche Mitspracherechte, Verwässerungsschutzklauseln, Liquidationspräferenzen sowie Vesting- und Leaver-Bestimmungen in rechtssicherer Form zu vereinbaren. Bei einem geplanten Einstiegs ausländischer Investoren sind ggf. die Vorgaben der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) und des Investmentkontrollgesetzes (InvKG) hinsichtlich Melde- und Zustimmungspflichten einzuhalten. Steuerrechtliche Konsequenzen sollten im Rahmen der Strukturierung der Finanzierungsrunde im Vorfeld geprüft werden.
Welche Pflichten bestehen gegenüber Behörden und Registern nach der Gründung eines Ventures?
Nach der Gründung eines Ventures besteht eine Verpflichtung zur Anmeldung beim Handelsregister gemäß §§ 12 ff. HGB. Zusätzlich ist das neu gegründete Unternehmen beim Gewerbeamt anzumelden. Je nach Gesellschaftsform und Tätigkeitsfeld ergeben sich spezifische Meldungen, etwa an das Transparenzregister (§§ 18 ff. GwG), das statistische Bundesamt und ggf. die Industrie- und Handelskammer bzw. Handwerkskammer. Startups unterliegen zudem gegebenenfalls jährlichen Prüfungspflichten, sei es durch die Finanzverwaltung oder im Rahmen der Offenlegungspflichten nach §§ 325 ff. HGB. Geschäftsführende Organe müssen zudem steuerliche Anmeldungen, wie Umsatz- und Gewerbesteuer, beim zuständigen Finanzamt vornehmen und für eine ordnungsgemäße Buchführung und Aufbewahrungspflicht sorgen. Bei bestimmten, insbesondere regulierten Aktivitäten (wie Finanzdienstleistungen, Medizinprodukte, Versandhandel) müssen sektorale Anzeige-, Genehmigungs- oder Erlaubnispflichten beachtet werden.
Welche Haftungsrisiken bestehen für Gründer und Gesellschafter eines Ventures?
Die Haftungsrisiken variieren stark nach Rechtsform. Bei Personengesellschaften, wie der GbR oder OHG, haften Gesellschafter grundsätzlich unbeschränkt und persönlich für Gesellschaftsschulden. Bei Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH, AG) ist die Haftung der Gesellschafter grundsätzlich auf die Stammeinlage beschränkt. Dennoch können Geschäftsführer bei Pflichtverletzungen persönlich in Haftung genommen werden, etwa bei Insolvenzverschleppung (§ 15a InsO), bei Verletzung steuerlicher oder sozialversicherungsrechtlicher Abführungspflichten oder bei Missachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes (§ 43 GmbHG). Für Gründer besteht zudem ein Risiko der Durchgriffshaftung im Falle existenzvernichtender Eingriffe oder bei Existenzgründungen aus dem Ausland ohne wirtschaftlichen Inlandsbezug (Scheingeschäft). Darüber hinaus unterliegen Venture-Gesellschaften spezifischen Compliance-Anforderungen wie Geldwäscheprävention, Arbeitsrecht, Datenschutz und gegebenenfalls Produkthaftung.
Welche datenschutzrechtlichen Vorgaben gelten bei Ventures insbesondere im Hinblick auf Cloud-Lösungen und internationale Datenverarbeitung?
Mit dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem ergänzenden Bundesdatenschutzgesetz (BDSG-neu) müssen Ventures umfangreiche Pflichten im Umgang mit personenbezogenen Daten beachten. Bei der Nutzung von Cloud-Lösungen und internationalem Datentransfer ist insbesondere Artikel 44 DSGVO maßgeblich, der den Transfer personenbezogener Daten in Drittländer (außerhalb der EU/des EWR) regelt. Hierzu müssen geeignete Garantien vorliegen, wie Angemessenheitsbeschlüsse der EU-Kommission oder Standardvertragsklauseln. Ferner sind bei der Nutzung externer Dienste Verträge zur Auftragsverarbeitung gemäß Art. 28 DSGVO zwingend zu schließen. Es besteht die Pflicht zur Durchführung von Datenschutz-Folgenabschätzungen (§ 35 BDSG, Art. 35 DSGVO) bei risikobehafteten Verarbeitungen. Ventures müssen ein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten führen und entsprechende technische und organisatorische Maßnahmen (TOMs) ergreifen. Sensible Bereiche stellen zudem die Einwilligungserfordernisse im Marketing sowie die Rechte der Betroffenen (z. B. Auskunft, Löschung, Datenübertragbarkeit) dar.
Welche Aspekte sind bei Exit-Szenarien wie Unternehmensverkauf oder IPO rechtlich zu beachten?
Bei Exit-Szenarien, etwa im Rahmen eines Unternehmenskaufs (Share Deal oder Asset Deal) oder eines Börsengangs (IPO), sind zahlreiche rechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Beim Unternehmensverkauf ist insbesondere die Prüfung und Erstellung von Due-Diligence-Unterlagen und Garantien essentiell, ebenso wie die Gestaltung von Kaufpreisregelungen, Verschwiegenheitsverpflichtungen und vertraglichen Haftungsregelungen (Warranties & Indemnities). Kartellrechtliche Freigabepflichten nach dem GWB müssen im Vorfeld geprüft und sichergestellt werden. Im Falle eines IPOs sind die umfangreichen Anforderungen des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG), des Börsengesetzes (BörsG) sowie kapitalmarktrechtliche Publizitäts- und Insiderregeln zu beachten. Auch gesellschaftsrechtlich sind die Interessen der Altgesellschafter, Nebenabreden wie Drag-along- und Tag-along-Rechte und ggf. Sperrabreden im Vorfeld final zu regeln. Darüber hinaus spielen steuerliche Folgen sowohl auf Ebene des Unternehmens als auch auf Ebene der Anteilseigner eine wichtige Rolle und sollten gegebenenfalls durch steuerliche Strukturierungen optimiert werden.
Wie sind Mitarbeiterbeteiligungsprogramme rechtlich auszugestalten?
Mitarbeiterbeteiligungsprogramme (Employee Stock Option Plans – ESOPs, Virtual Shares, Phantom Shares) sind aus rechtlicher Sicht klar zu strukturieren. Sie benötigen transparente vertragliche Gestaltung, die u.a. Vesting-Perioden, Cliff- und Good/Bad Leaver-Regelungen, Bewertungskriterien sowie die Modalitäten für Ausübung und Verfall der Beteiligung festschreibt. Mitarbeiterbeteiligungen an Kapitalgesellschaften bedürfen oft einer notariellen Beurkundung und Handelsregistereintragung, sofern sie zu echten Gesellschaftsanteilen führen. Virtuelle Beteiligungen (z. B. VSOP, Phantom Shares) stellen schuldrechtliche Ansprüche dar, die regelmäßig klar geregelt werden müssen, insbesondere in Bezug auf Fälligkeit, Berechnungsmodalitäten, Steuerbehandlung und etwaige Vererbung. Die steuerrechtlichen Auswirkungen sind für die Mitarbeiter und das Unternehmen zu prüfen, da etwa die sofortige Besteuerung bei Ausübung oder Verschiebung auf einen Exit-Fall unterschiedliche Konsequenzen haben kann. Die arbeitsrechtliche Einbindung und Kommunikation ist ebenso zu berücksichtigen, um Konflikte und rechtliche Risiken zu vermeiden.