Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Gesellschaftsrecht»Unternehmensvertrag

Unternehmensvertrag


Begriff und Bedeutung des Unternehmensvertrags

Ein Unternehmensvertrag ist ein im Gesellschaftsrecht verankerter Vertrag zwischen mindestens zwei rechtlich selbstständigen Unternehmen, der bestimmte Rechte und Pflichten hinsichtlich der Unternehmensführung, Gewinn- und Verlustübernahme oder der finanziellen Ausstattung regelt. Insbesondere im deutschen Recht stellt der Unternehmensvertrag ein Instrument der Unternehmensverbindung dar, das vor allem bei Konzernstrukturen zur Anwendung kommt.

Unternehmensverträge sind insbesondere in den §§ 291 ff. Aktiengesetz (AktG) geregelt und nehmen im Rahmen des deutschen Gesellschaftsrechts eine zentrale Rolle ein. Die bekanntesten Formen des Unternehmensvertrags sind der Beherrschungsvertrag, der Gewinnabführungsvertrag und der Teilgewinnabführungsvertrag. Diese Verträge regeln das Verhältnis zwischen einem herrschenden Unternehmen (zumeist Muttergesellschaft) und einem abhängigen Unternehmen (zumeist Tochtergesellschaft).


Rechtsgrundlagen des Unternehmensvertrags

Gesetzliche Grundlagen

Die grundlegenden gesetzlichen Vorschriften für Unternehmensverträge finden sich primär in den §§ 291 bis 307 AktG. Diese Regelungen gelten in erster Linie für Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA), finden jedoch bei bestimmten Vertragstypen auch auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) Anwendung, soweit das GmbH-Gesetz (GmbHG) auf das Aktiengesetz verweist. Eine Ausdehnung auf andere Gesellschaftsformen ist möglich, sofern das Gesetz entsprechende Verweise enthält oder der Vertragstyp dies zulässt.

Arten von Unternehmensverträgen

Unternehmensverträge lassen sich gemäß AktG vor allem in folgende Kategorien einteilen:

  • Beherrschungsvertrag (§ 291 I AktG): Vertrag, durch den sich eine Gesellschaft verpflichtet, ihre Leitung einem anderen Unternehmen zu unterstellen.
  • Gewinnabführungsvertrag (§ 291 I AktG): Vertrag, durch den sich eine Gesellschaft verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen abzuführen.
  • Teilgewinnabführungsvertrag (§ 292 I Nr. 1 AktG): Vertrag, durch den sich eine Gesellschaft verpflichtet, einen Teil ihres Gewinns an ein anderes Unternehmen abzuführen.
  • Vertrag über Betriebsüberlassung (§ 292 I Nr. 2 AktG): Vertrag, durch den sich eine Gesellschaft verpflichtet, ihren Betrieb ganz oder teilweise einem anderen Unternehmen zur Nutzung zu überlassen.

Zustandekommen eines Unternehmensvertrags

Vertragsschluss und Zustimmungspflichten

Unternehmensverträge werden in Schriftform abgeschlossen und bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Hauptversammlung der betroffenen Gesellschaft mit einer qualifizierten Mehrheit (§ 293 I, II AktG). Die Zustimmungspflicht betrifft beide Vertragspartner, sofern es sich bei beiden um Aktiengesellschaften handelt.

Der Unternehmensvertrag muss zusätzlich in das Handelsregister der betroffenen Gesellschaften eingetragen werden (§ 294 AktG). Das Registergericht prüft die formelle Ordnungsmäßigkeit, insbesondere die Zustimmung der Hauptversammlung sowie die ordnungsgemäße Ausfertigung des Vertrags.

Wirkung und Publizität

Ein Unternehmensvertrag wird grundsätzlich erst mit seiner Eintragung in das Handelsregister wirksam. Die Eintragung entfaltet konstitutive Wirkung und sorgt mit der anschließenden Bekanntmachung für die notwendige Publizität.


Rechtsfolgen von Unternehmensverträgen

Abhängigkeit und Konzernrecht

Mit dem Abschluss eines Unternehmensvertrags entsteht zwischen den beteiligten Gesellschaften ein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne des Konzernrechts (§§ 16 ff. AktG). Die abhängige Gesellschaft unterliegt den Weisungen der herrschenden Gesellschaft, im Falle eines Beherrschungsvertrags sogar in umfassendem Maß. Dies hat insbesondere Auswirkungen auf die Geschäftsführung, das Rechnungswesen und die Ausschüttungspolitik der betroffenen Gesellschaften.

Gewinnabführung und Verlustübernahme

Im Rahmen eines Gewinnabführungsvertrags ist die abhängige Gesellschaft verpflichtet, ihren gesamten Gewinn an die Obergesellschaft abzuführen. Im Gegenzug verpflichtet sich die herrschende Gesellschaft, einen während der Vertragslaufzeit entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen (§ 302 AktG). Der Gewinnabführungsvertrag dient insbesondere steuerlichen Optimierungen, etwa bei der Bildung eines steuerlichen Organkreises.

Schutz der Minderheitsaktionäre

Das Gesetz sieht besondere Schutzmechanismen zugunsten der Anteilseigner der abhängigen Gesellschaft vor. So besteht im Rahmen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags ein Anspruch der außenstehenden Aktionäre auf Abfindung (§ 305 AktG) sowie auf eine angemessene Ausgleichszahlung (§ 304 AktG).

Darüber hinaus können die Aktionäre Anfechtungsklage gegen den Zustimmungsbeschluss erheben oder gemäß § 306 AktG die Nichtigkeit des Unternehmensvertrags geltend machen, wenn dieser gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt.


Beendigung und Rechtsfolgen des Wegfalls eines Unternehmensvertrags

Ein Unternehmensvertrag kann durch Kündigung, Aufhebung, Ablauf einer bestimmten Zeit oder durch Schließung des Unternehmens enden. Zu beachten sind gesetzliche Mindestlaufzeiten und spezielle Kündigungsfristen (§ 297 AktG). Die Abwicklung eines gekündigten Unternehmensvertrags ist mit diversen Rechtsfolgen verbunden, insbesondere in Bezug auf Ausgleichs- und Abfindungsansprüche der Minderheitsaktionäre sowie Nachhaftungstatbestände (z. B. § 303 AktG).

Eine Beendigung hat Auswirkungen auf die steuerliche Organschaft und auf die weitere Behandlung von Gewinn- bzw. Verlustvorträgen.


Steuerliche Aspekte des Unternehmensvertrags

Besondere Bedeutung haben Unternehmensverträge im Steuerrecht, da sie für die Anerkennung der ertragsteuerlichen Organschaft vorausgesetzt werden. Insbesondere der Gewinnabführungsvertrag, der den Vorgaben des § 14 KStG (Körperschaftsteuer) entsprechen muss, ermöglicht steuerliche Vorteile durch Verrechnung von Gewinnen und Verlusten innerhalb einer Unternehmensgruppe. Eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren ist ebenso gesetzlich gefordert wie eine tatsächliche Durchführung des Vertrags.


Unternehmensvertrag im internationalen Kontext

Während das deutsche Recht weitreichende Regelungen zu Unternehmensverträgen enthält, variieren die gesellschaftsrechtlichen Verknüpfungsmöglichkeiten in anderen Rechtsordnungen erheblich. Internationale Unternehmensverträge müssen daher stets die Kollisionsnormen und das jeweilige nationale Recht beachten, was zusätzliche Prüfung und Gestaltung erfordert.


Literatur und weiterführende Vorschriften

  • Aktiengesetz (AktG)
  • Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG)
  • Körperschaftsteuergesetz (KStG)

Weiterführende Literatur

  • Baums, Die Unternehmensverträge im Aktien- und Konzernrecht
  • Hüffer/Koch, Aktiengesetz Kommentar
  • Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz

Fazit

Der Unternehmensvertrag ist ein zentrales Instrument des Gesellschafts- und Konzernrechts, welches das Verhältnis verbundener Unternehmen rechtlich verbindlich regelt. Die strengen gesetzlichen Regelungen sichern sowohl gesellschaftsrechtliche als auch handels- und steuerrechtliche Interessen, wobei Besonderheiten bezüglich Vertragsabschluss, Rechtsfolgen und Schutz der Minderheitsaktionäre zu beachten sind. Ein rechtssicherer und sorgfältig gestalteter Unternehmensvertrag ist daher grundlegend für die effiziente und rechtlich belastbare Verbindung von Unternehmen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen für den Abschluss eines Unternehmensvertrags nach deutschem Recht erfüllt sein?

Für den Abschluss eines Unternehmensvertrags, insbesondere Beherrschungs- oder Gewinnabführungsverträgen gemäß §§ 291 ff. AktG, sind mehrere rechtliche Voraussetzungen zwingend zu beachten. Zunächst müssen beide Vertragspartner als eigenständige juristische Personen agieren, wobei meistens eine Aktiengesellschaft oder eine GmbH beteiligt ist. Der Abschluss des Vertrags muss durch einen schriftlichen Vertrag erfolgen. Darüber hinaus erfordert der Unternehmensvertrag grundsätzlich die Zustimmung der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung der beteiligten Gesellschaften mit einer qualifizierten Mehrheit (meistens drei Viertel des vertretenen Grundkapitals). Bei Aktiengesellschaften bedarf der Vertrag zusätzlich der notariellen Beurkundung. Zur Wirksamkeit ist außerdem die Eintragung in das Handelsregister am Sitz der abhängigen Gesellschaft erforderlich. Erst mit dieser Eintragung entfaltet der Unternehmensvertrag externe Bindungswirkung. Sollte es sich um eine börsennotierte Gesellschaft handeln, sind zudem die besonderen Bekanntmachungspflichten und eventuell Mitbestimmungsregelungen zu beachten.

Welche Rechte und Pflichten entstehen aus einem Beherrschungsvertrag für die beteiligten Unternehmen?

Mit Abschluss eines Beherrschungsvertrags wird dem herrschenden Unternehmen die rechtliche Möglichkeit eingeräumt, dem abhängigen Unternehmen Weisungen hinsichtlich der Geschäftsführung zu erteilen. Das abhängige Unternehmen ist verpflichtet, diesen Weisungen nachzukommen, sofern dadurch nicht der Fortbestand des Unternehmens gefährdet wird. Für die herrschende Gesellschaft ergibt sich daraus eine umfassende Einflussnahmemöglichkeit, allerdings besteht infolge der Weisungsabhängigkeit eine verschärfte Haftung für entstandene Schäden aus der Ausübung dieser Weisungen. Daneben sind Ausgleichs- und Abfindungsansprüche der außenstehenden Aktionäre beziehungsweise Gesellschafter gesetzlich geregelt (§§ 304, 305 AktG). Das abhängige Unternehmen bleibt trotz Beherrschung juristisch selbstständig, verliert jedoch bei der eigenständigen Geschäftsführung an Autonomie.

Wie kann ein Unternehmensvertrag gekündigt oder vorzeitig aufgehoben werden?

Die gesetzliche Mindestlaufzeit eines Gewinnabführungsvertrags beträgt fünf Jahre (§ 302 Abs. 1 AktG). Eine ordentliche Kündigung vor Ablauf dieser Frist ist grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, der Vertrag sieht ein Sonderkündigungsrecht für bestimmte Ausnahmefälle, wie beispielsweise bei Verschmelzung, Spaltung oder Liquidation einer der Gesellschaften, vor. Eine außerordentliche Kündigung ist nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich, der so gravierend sein muss, dass das Festhalten am Vertrag unzumutbar erscheint. Als wichtige Gründe werden etwa Veränderung der Gesellschafterstruktur, Kontrollwechsel, Insolvenz oder schwerwiegende Vertragsverletzungen anerkannt. Die Aufhebung des Vertrages erfordert grundsätzlich einen schriftlichen Aufhebungsvertrag sowie wiederum die jeweiligen Zustimmungen der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlungen und eine Eintragung ins Handelsregister.

Welche Schutzmechanismen bestehen für Minderheitsaktionäre im Rahmen von Unternehmensverträgen?

Das Aktiengesetz sieht zum Schutz der Minderheitsaktionäre umfassende Rechte vor. Zum Abschluss eines Unternehmensvertrags sind qualifizierte Mehrheiten in der Hauptversammlung erforderlich, um einen ausreichenden Schutz vor einer willkürlichen Einflussnahme durch Großaktionäre zu gewährleisten. Zudem stehen den außenstehenden Aktionären Ausgleichszahlungen (§ 304 AktG) und Abfindungsansprüche (§ 305 AktG) gegen die herrschende Gesellschaft zu. Diese Zahlungen sollen sicherstellen, dass Minderheitsaktionäre wirtschaftlich so gestellt werden, als ob der Unternehmensvertrag nicht bestünde. Die Angemessenheit des Ausgleichs sowie der Abfindung ist im Streitfall gerichtlich überprüfbar (Spruchverfahren). Weiterhin sind umfangreiche Publizitäts- und Informationspflichten bezüglich des Unternehmensvertrags zu beachten, um Transparenz zu gewährleisten.

Wie wirkt sich ein Unternehmensvertrag auf die Rechnungslegung und Steuerpflicht aus?

Ein Unternehmensvertrag, insbesondere ein Gewinnabführungsvertrag, hat weitreichende Auswirkungen auf die Rechnungslegung der beteiligten Gesellschaften. Nach steuerrechtlichen Vorschriften kann eine sogenannte Organschaft entstehen, wenn die Voraussetzungen des § 14 KStG erfüllt sind. Die abhängige Gesellschaft überträgt dabei ihren Gewinn an die herrschende Gesellschaft, was steuerlich zur Ergebnisverrechnung führt. Allerdings schreibt das Steuerrecht vor, dass der Vertrag mindestens über einen Zeitraum von fünf Jahren wirksam durchgeführt werden muss. In der handelsrechtlichen Rechnungslegung ist die Gewinnabführung als Aufwand bzw. als Ertrag zu erfassen, was zu Veränderungen beim Ausweis der Kapital- und Gewinnrücklagen führen kann. Die Beteiligten müssen außerdem konzernrechtliche Vorschriften beachten, etwa im Hinblick auf die Erstellung von Konzernabschlüssen.

Welche Bedeutung hat die Eintragung des Unternehmensvertrags ins Handelsregister?

Die Eintragung des Unternehmensvertrags in das Handelsregister ist konstitutiv, das heißt, der Vertrag wird erst mit dieser Eintragung gegenüber Dritten wirksam (§ 294 AktG). Bis zur Eintragung ist der Vertrag nur im Innenverhältnis zwischen den Parteien relevant und entfaltet keine Wirkung gegenüber Dritten – insbesondere Gläubigern und außenstehenden Gesellschaftern. Erst ab Eintragung beginnt auch die Frist zur Anfechtungsklage durch Aktionäre und die laufenden Fristen für Minderheitenschutzrechte (z. B. Anspruch auf Abfindung oder Ausgleichszahlung).

Können Unternehmensverträge rückwirkend geschlossen werden?

Grundsätzlich sieht das deutsche Recht vor, dass Unternehmensverträge nur mit Wirkung ab dem Zeitpunkt ihrer Eintragung ins Handelsregister Geltung erlangen. Eine rückwirkende Wirksamkeit im Außenverhältnis ist daher ausgeschlossen. Im Innenverhältnis zwischen den Parteien können zwar abweichende Vereinbarungen getroffen werden; rechtlich durchsetzbare Verpflichtungen gegenüber Dritten entstehen jedoch frühestens ab Handelsregistereintragung. Steuerrechtlich wird die rückwirkende Anerkennung eines Gewinnabführungsvertrags ebenfalls nur dann zugelassen, wenn der Vertrag spätestens bis zum Ende des ersten Wirtschaftsjahres der Vertragsdurchführung angemeldet und eingetragen ist (§ 14 Abs. 1 Satz 2 KStG).