Legal Lexikon

Treubruch


Begriff und Definition des Treubruchs

Der Begriff Treubruch bezeichnet im deutschen Strafrecht eine Straftat, bei der eine Person ihre vermögensbetreuende Pflicht gegenüber einer anderen Person verletzt und ihr dadurch einen Vermögensschaden zufügt. Der Tatbestand des Treubruchs ist in § 266 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. Ziel dieser Norm ist der Schutz des Vermögens vor Pflichtverletzungen, die von Personen mit einer sogenannten „fremdnützigen Vermögensbetreuungspflicht“ begangen werden.

Der Treubruch zählt zu den Straftaten gegen das Vermögen und nimmt insbesondere Stellung zu Vermögensschäden, die nicht durch klassische Eigentumsdelikte, wie Diebstahl oder Betrug, hervorgerufen werden, sondern aufgrund von rechtswidrigem Verhalten bei der Wahrnehmung von Vermögensinteressen Dritter.


Gesetzliche Regelung des Treubruchs (§ 266 StGB)

Text der Norm

§ 266 StGB (Vermögens­betreuungspflicht­verletzung) lautet auszugsweise:

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts auferlegte Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu wahren hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Diese Norm unterscheidet zwischen dem sogenannten Missbrauchstatbestand (§ 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB) und dem Treuebruchtatbestand (§ 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB).


Tatbestandsmerkmale des Treubruchs

1. Vermögensbetreuungspflicht

Das zentrale Tatbestandsmerkmal des Treubruchs ist die Vermögensbetreuungspflicht. Sie ergibt sich aus Gesetz, behördlichem Auftrag oder Rechtsgeschäft (insbesondere Verträgen). Eine solche Pflicht liegt vor, wenn einer Person die Betreuung fremder Vermögensinteressen in so erheblichem Maß anvertraut ist, dass der Auftrag über reine Gefälligkeiten oder Nebenpflichten hinausgeht. Typische Konstellationen sind beispielsweise:

  • Geschäftsführer einer GmbH in Bezug auf das Gesellschaftsvermögen
  • Betreuer über das Vermögen von hilfsbedürftigen Personen
  • Angestellte mit Berechtigung über Vermögenswerte des Arbeitgebers zu verfügen

Die Abgrenzung zwischen bloßer Nebenpflicht und vermögensbetreuender Hauptpflicht erfolgt anhand der Intensität der erforderlichen Sorgfalt und der Selbstständigkeit der Entscheidungsbefugnisse.

2. Pflichtverletzung

Eine Strafbarkeit wegen Treubruchs setzt voraus, dass die beteiligte Person ihre Vermögensbetreuungspflicht verletzt. Die Pflichtverletzung kann entweder aktiv durch Tun oder passiv durch Unterlassen erfolgen. Maßgeblich ist dabei, ob das Verhalten im konkreten Fall nach dem objektiven Pflichtmaßstab das geschützte fremde Vermögen beeinträchtigt hat.

3. Vermögensnachteil

Für die Vollendung des Tatbestandes ist es erforderlich, dass dem Vermögen des Berechtigten ein Nachteil zugefügt wurde. Ein Nachteil liegt vor, wenn der tatsächliche wirtschaftliche Wert des Vermögens durch das pflichtwidrige Verhalten gemindert wird und keine gleichwertige Kompensation stattfindet.

4. Vorsatz

Der Täter muss vorsätzlich handeln, also um die Pflichtverletzung wissen und sie wollen, sowie den Vermögensnachteil zumindest billigend in Kauf nehmen.


Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen

Der Treubruch ist von anderen vermögensbezogenen Straftaten abzugrenzen, insbesondere von:

  • Unterschlagung (§ 246 StGB): Hier steht die Zueignung fremder Sachen im Vordergrund, ohne dass eine Vermögensbetreuungspflicht vorliegt.
  • Untreue oder Diebstahl (§ 242 StGB): Während es bei Diebstahl um die Wegnahme von Sachen gegen den Willen des Berechtigten geht, setzt Treubruch kein Eigentumsdelikt voraus, sondern die Verletzung einer anvertrauten Pflicht.

Tathandlungsformen: Missbrauchstatbestand und Treuebruchtatbestand

1. Missbrauchstatbestand

Der Missbrauchstatbestand liegt vor, wenn eine Person im Außenverhältnis zwar über Vermögenswerte verfügen darf, im Innenverhältnis diese Verfügung aber unzulässig ist. Beispiel: Ein Prokurist überschreitet bewusst seine internen Anweisungen und schadet dadurch dem Unternehmen.

2. Treuebruchtatbestand

Hier verletzt der Täter ohne rechtliche Befugnis eine Pflicht zur Vermögensbetreuung und fügt dem Betreuten dadurch einen Nachteil zu. Diese Variante ist weiter gefasst und erfasst auch Fälle, in denen keine spezielle Verfügungsmacht besteht.


Sanktionen und Rechtsfolgen

Der Treubruch wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bedroht. Die Höhe der Strafe richtet sich nach dem Ausmaß der Pflichtverletzung, dem angerichteten Schaden und möglichen weiterführenden Umständen, etwa gewerbs- oder bandenmäßiges Handeln.

Bei erheblichem Vermögensschaden, fortgesetzter Tatbegehung oder Ausnutzung einer besonderen Vertrauensstellung kann auch ein erhöhtes Strafmaß in Betracht gezogen werden. Daneben sind Nebenfolgen wie Schadensersatzansprüche des Geschädigten, Bußgelder, berufsrechtliche Konsequenzen oder das Verbot zur Ausübung bestimmter Tätigkeiten möglich.


Praxisrelevante Beispiele für Treubruch

  • Überweisungen eines Vereinsvorsitzenden auf ein Privatkonto
  • Zweckwidrige Verwendung von Unternehmensgeldern durch einen Geschäftsführer
  • Missbrauch von Bevollmächtigungen bei Kontoverfügungen einer pflegebedürftigen Person

Verjährung und Verfolgung

Die Strafverfolgungsverjährung für Treubruch beträgt in der Regel fünf Jahre, kann jedoch bei besonders schweren Fällen verlängert sein. Die Verfolgung kann sowohl auf Anzeige eines Geschädigten als auch durch staatliche Ermittlungen erfolgen.


Zusammenfassung

Der Treubruch ist ein zentrales Delikt zum Schutz fremder Vermögen, wenn den Tätern aufgrund besonderer Vertrauensstellung die Betreuung anvertraut wurde. Die rechtlichen Anforderungen sind hoch und die Abgrenzung zu anderen Vermögensdelikten ist oftmals komplex. Die Strafbarkeit setzt voraus, dass die Pflichtverletzung vorsätzlich erfolgte und einen Vermögensschaden verursacht hat. Die Ahndung erfolgt entsprechend der Schwere der Verletzung und des entstandenen Schadens und kann weitreichende Konsequenzen für die Täter nach sich ziehen.

Häufig gestellte Fragen

Wie wird Treubruch strafrechtlich verfolgt?

Treubruch ist im deutschen Strafrecht nach § 266 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Der Tatbestand setzt voraus, dass der Täter eine ihm anvertraute Vermögensbetreuungspflicht verletzt und dem betreuten Vermögen dadurch Schaden zufügt. Die Strafverfolgung erfolgt in der Regel als Offizialdelikt, das heißt, die Strafverfolgungsbehörden leiten von Amts wegen aus eigenen Erkenntnissen oder durch Anzeige ein Ermittlungsverfahren ein. Das Strafmaß sieht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. In besonders schweren Fällen kann sogar eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren verhängt werden. Die Ermittlungen in Sachen Treubruch sind oft sehr komplex, da sie sowohl wirtschaftliche als auch rechtliche Sachverhalte betreffen und häufig aufwendige Prüfungen der Vermögensverschiebungen sowie der Betreuungsverhältnisse erforderlich machen.

Welche Rolle spielt die Vermögensbetreuungspflicht im Tatbestand des Treubruchs?

Die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht ist das zentrale Element des Tatbestands beim Treubruch. Eine solche Pflicht besteht immer dann, wenn eine Person mit der Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen in eigenverantwortlicher Weise betraut ist. Typische Beispiele finden sich im Bereich des Arbeits- und Gesellschaftsrechts, etwa bei Geschäftsführern, Prokuristen, Vereinsvorständen oder Treuhändern. Die Pflicht kann sich aus Gesetz, vertraglicher Vereinbarung oder einer sonstigen Rechtspflicht ergeben. Um den Tatbestand des Treubruchs zu erfüllen, muss eine gravierende Pflichtverletzung vorliegen, die über bloße Vertragsverletzungen hinausgeht und eine sozialethische Missbilligung erfährt, da ansonsten eine rein zivilrechtliche Auseinandersetzung vorläge.

Kann Treubruch auch bei fahrlässigem Verhalten vorliegen?

Der Tatbestand des Treubruchs nach § 266 StGB setzt zumindest bedingten Vorsatz voraus; fahrlässiges Verhalten reicht nicht aus. Der Täter muss also die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht und die Schädigung zumindest billigend in Kauf nehmen. Dies dient dazu, das Strafrecht vor einer Ausweitung auf bloße Sorgfaltsverletzungen zu schützen, wie sie im Wirtschaftsverkehr häufig vorkommen und primär dem Zivilrecht zugeordnet bleiben sollen. Kommt es dennoch zu einem gravierenden Schaden aufgrund fahrlässigen Verhaltens, kann unter Umständen eine Strafbarkeit aus anderen Delikten, etwa wegen fahrlässiger Untreue, relevant werden, die jedoch im deutschen Recht nicht besteht.

Wie wird der Schaden im Sinne des § 266 StGB definiert und nachgewiesen?

Ein Schaden im Sinne des Treubruchs liegt immer dann vor, wenn das betreute Vermögen wirtschaftlich messbar beeinträchtigt wird. Dies kann durch direkte Vermögensminderungen, aber auch durch das Begründen einer Verlustgefahr, zum Beispiel durch riskante Geschäfte oder das Eingehen von Verpflichtungen, geschehen. Die Feststellung und Bezifferung des Schadens erfordern oft umfangreiche wirtschaftsrechtliche und buchhalterische Prüfungen. Zu beachten ist, dass die bloße Gefahr eines Schadenseintritts in der Regel nicht ausreicht, es sei denn, der Eintritt eines konkreten Vermögensnachteils ist feststellbar und nachweisbar.

Welche Rechtsmittel stehen Beschuldigten und Geschädigten im Verfahren wegen Treubruchs zur Verfügung?

Beschuldigte im Strafverfahren wegen Treubruchs stehen alle im Strafprozess vorgesehenen Rechtsmittel zur Verfügung. Dazu gehören das Widerspruchsrecht gegen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen, das Recht auf Akteneinsicht (durch den Verteidiger) und das Recht auf anwaltlichen Beistand. Im Falle einer Verurteilung können Berufung oder Revision eingelegt werden. Geschädigte haben die Möglichkeit, sich dem Strafverfahren als Nebenkläger anzuschließen oder im Rahmen des Adhäsionsverfahrens zivilrechtliche Ansprüche, insbesondere Schadensersatz, geltend zu machen. Daneben bleibt ihnen der Weg zu den Zivilgerichten zur eigenständigen Durchsetzung ihrer Ansprüche.

Wann verjährt die Strafbarkeit wegen Treubruchs?

Die Verjährungsfrist für Treubruch beträgt gemäß § 78 Absatz 3 Nr. 4 StGB regulär fünf Jahre. In besonders schweren Fällen, bei denen eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren droht, verlängert sich die Verjährungsfrist auf zehn Jahre. Die Verjährung beginnt mit Beendigung der Tat, das heißt in aller Regel dann, wenn die pflichtwidrige Handlung vollständig abgeschlossen ist und ein Vermögensnachteil eingetreten ist. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Verjährung durch Handlungen der Strafverfolgungsbehörden oder durch unterbrochene Ermittlungsverfahren gehemmt oder neu zu laufen beginnen.

Gibt es Möglichkeiten der Strafmilderung oder eines Absehens von Strafe beim Treubruch?

Grundsätzlich bestehen mehrere Möglichkeiten der Strafmilderung oder des Absehens von Strafe, insbesondere wenn der Täter einen Ausgleich des entstandenen Schadens herbeiführt oder ein Geständnis ablegt. Nach § 46a StGB kann das Gericht auf eine Strafmilderung oder im Einzelfall auf Strafe ganz verzichten, wenn der Täter wesentliche Anstrengungen unternommen hat, um den rechtswidrig verursachten Zustand wiedergutzumachen, etwa durch Schadensersatz an den Geschädigten. Darüber hinaus wird das Verhalten nach der Tat, insbesondere Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden und Reue, strafmildernd berücksichtigt.