Begriff und rechtliche Grundlagen des Termingeschäfts
Das Termingeschäft – auch als Terminkontrakt oder auch Futures-Geschäft bezeichnet – ist ein zentrales Instrument des modernen Finanz- und Wirtschaftsrechts. Es handelt sich um ein schuldrechtliches Geschäft, bei dem die Vertragspartner die Lieferung oder Abnahme eines bestimmten Gegenstands (beispielsweise Wertpapieren, Waren oder Devisen) zu einem zukünftigen, zuvor vereinbarten Zeitpunkt und zu einem konkreten Preis vereinbaren. Im Gegensatz zu Kassageschäften, bei denen Erfüllung und Leistung unmittelbar erfolgen, liegt beim Termingeschäft zwischen Vertragsschluss und Erfüllung ein bestimmter Zeitraum.
Rechtsquellen und gesetzliche Regelungen
Die rechtliche Einordnung von Termingeschäften ist in vielerlei nationalen und internationalen Gesetzen und Verordnungen geregelt. In Deutschland finden sich die wesentlichen Rechtsgrundlagen vor allem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), dem Handelsgesetzbuch (HGB), dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) sowie in spezialgesetzlichen Regelungen, insbesondere im Börsengesetz (BörsG) und in der Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente (MiFIR).
Von besonderer Bedeutung für den Anlegerschutz ist dabei auch die Regelung des § 37d WpHG, die sogenannte Informations- und Risikoaufklärungspflicht, die etwa Banken und Wertpapierhandelsunternehmen beim Vertrieb von Termingeschäften gegenüber privaten Anlegern trifft.
Unterscheidung: Echtes und Unechtes Termingeschäft
Im Sinne der deutschen Rechtsprechung ist zwischen echten und unechten Termingeschäften zu differenzieren:
- Echtes Termingeschäft: Vertragserfüllung durch Lieferung oder Abnahme der Ware, des Finanzinstruments oder des Gegenstandes zum festgelegten Termin.
- Unechtes Termingeschäft (Differenzgeschäft): Es erfolgt statt der tatsächlichen Lieferung lediglich ein finanzieller Ausgleich der Preisdifferenz (Barabgeltung).
Vertragstypen und wirtschaftliche Funktion
Grundtypen von Termingeschäften
Termingeschäfte gliedern sich gemäß § 2 Abs. 2 WpHG und nach Handelsbrauch insbesondere in folgende Grundformen:
1. Festtermingeschäfte (Forward Contracts)
Verbindliche Vereinbarung, zu festgelegtem Preis und festem Termin zu kaufen oder zu verkaufen. Erfüllungspflicht besteht für beide Vertragsparteien.
2. Börsentermingeschäfte (Futures)
Standardisierte Termingeschäfte, die an organisierten Terminbörsen (wie der Eurex) gehandelt werden; sie unterliegen speziellen Zulassungs-, Clearing- und Sicherungsvorschriften.
3. Optionen
Geben dem Inhaber das Recht, jedoch nicht die Pflicht, einen bestimmten Basiswert zu einem fixierten Preis innerhalb eines bestimmten Zeitraums oder zu einem festen Termin zu kaufen (Call) oder zu verkaufen (Put).
4. Swaps
Verträgt über den periodischen Austausch unterschiedlicher Zahlungsströme (beispielsweise Zins-, Währungs- oder Warenpreis-Swaps).
Wirtschaftliche Ziele und Risiken von Termingeschäften
Termingeschäfte dienen verschiedenen ökonomischen Zwecken:
- Hedging (Absicherung): Schutz vor Preisänderungsrisiken.
- Spekulation: Möglichkeit, von Kursschwankungen zu profitieren.
- Arbitrage: Ausnutzung von Preisdifferenzen an unterschiedlichen Märkten.
Ihnen wohnt stets ein erhöhtes Risiko inne, insbesondere durch Kursveränderungen, Volatilität, Liquiditäts- und Kontrahentenrisiken. Der Gesetzgeber hat zum verbesserten Schutz geeignete Kontroll- und Informationspflichten etabliert.
Rechtsfolgen und Erfüllung beim Termingeschäft
Abwicklung und Erfüllung
Die Abwicklung eines Termingeschäfts erfolgt zum vereinbarten Termin entweder durch tatsächliche Lieferung und Bezahlung oder (beim unechten Termingeschäft) durch Barausgleich. Börsentermingeschäfte werden in der Regel über eine zentrale Gegenpartei (Clearinghaus) abgewickelt, wodurch das Ausfallrisiko minimiert wird.
Nichtigkeit und Risiken für Privatpersonen
Nach § 762 BGB sind Glücksverträge, bei denen der Gewinn ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt, nichtig. Die Rechtsnatur von Termingeschäften führte in der Vergangenheit dazu, dass Gerichte manche Differenz- und Optionsgeschäfte als nichtig einstuften, vor allem, wenn private oder nicht professionelle Anleger beteiligt waren und keine klaren Sicherungsgeschäfte („Hedging“) vorlagen. Der Gesetzgeber hat darauf reagiert und Termingeschäfte zwischen Unternehmen sowie im Börsenverkehr vom Nichtigkeitsgrund freigestellt (§ 763 BGB). Für Privatpersonen verbleiben spezifische Vorschriften zum Verbot oder zur Begrenzung des Zugangs zu hochspekulativen Termingeschäften, etwa durch die Produktinterventionsmaßnahmen der BaFin.
Aufklärungs- und Wohlverhaltenspflichten
Wesentliche Bedeutung haben die Informations-, Aufklärungs- und Wohlverhaltenspflichten bei der Vermittlung von Termingeschäften:
- Pflicht zur umfassenden Information über Funktionsweise, Risiken und Kosten des Termingeschäfts
- Sicherstellung einer anleger- und produktgerechten Beratung gemäß WpHG
- Dokumentationspflicht der Beratung und Geeignetheit des angebotenen Produkts
Verletzungen dieser Pflichten können zu Schadensersatzansprüchen führen.
Regulatorische Anforderungen und Meldepflichten
Kapitalmarktregulierung
Im Rahmen der seit 2018 Geltung findenden europäischen Finanzmarktregulierung (MiFID II/MiFIR) sind Termingeschäfte als sogenannte Finanzinstrumente definiert und unterliegen besonderen Anzeige-, Dokumentations- und Berichtspflichten, um Transparenz und Marktintegrität zu gewährleisten. Baufinanzinstitute und Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen entsprechende interne Kontroll- und Überwachungssysteme vorhalten.
Aufsichtsrechtliche Behandlung und Zulassung
Termingeschäfte dürfen in Deutschland nur von hierzu zugelassenen Unternehmen und unter Beachtung der geltenden Prospekt-, Zulassungs- und Aufklärungsvorschriften angeboten und vermittelt werden. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nimmt dabei eine zentrale Überwachungsrolle ein.
Steuerliche Aspekte
Gewinne und Verluste aus Termingeschäften unterliegen nach deutschem Steuerrecht grundsätzlich der Besteuerung. Maßgeblich ist die Einordnung als privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG oder als Kapitalertrag nach § 20 Abs. 2 EStG. Verluste können nur unter bestimmten Voraussetzungen und mit Einschränkungen steuerlich geltend gemacht werden.
Abgrenzungen und Internationale Aspekte
Abgrenzung zu vergleichbaren Finanzinstrumenten
Termingeschäfte sind von reinen Kassageschäften sowie von sogenannten außerbörslichen Derivatekontrakten (OTC-Derivaten) abzugrenzen.
Internationale Harmonisierung
Die internationale Harmonisierung der Rechtsgrundlagen für Termingeschäfte wird maßgeblich von Vereinbarungen der International Swaps and Derivatives Association (ISDA) sowie durch Vorschriften der EU und internationale Standards der IOSCO geprägt.
Literatur und weiterführende Quellen
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- Handelsgesetzbuch (HGB)
- Wertpapierhandelsgesetz (WpHG)
- Verordnung (EU) Nr. 600/2014 (MiFIR)
- Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Merkblätter und Berichte
- Literatur: Hopt/Schnabel, „Handbuch der Termingeschäfte“, 7. Aufl., Beck
Hinweis: Dieser Artikel vermittelt einen umfassenden Überblick über die rechtlichen, wirtschaftlichen und regulatorischen Aspekte des Termingeschäfts und dient der Klärung zentraler Begrifflichkeiten, Risiken und Regelungsbereiche für die Verwendung in rechtswissenschaftlichen und praxisrelevanten Kontexten.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für das Zustandekommen eines rechtsgültigen Termingeschäfts erfüllt sein?
Für das Zustandekommen eines rechtsgültigen Termingeschäfts gelten mehrere rechtliche Voraussetzungen. Zunächst muss Einigkeit über die wesentlichen Vertragsbestandteile (essentialia negotii) zwischen den Vertragspartnern herrschen. Dazu zählen insbesondere der Basiswert, die Art und Menge des Geschäfts, der Preis sowie der Erfüllungszeitpunkt. Zudem gelten im deutschen Recht insbesondere für Wertpapiertermingeschäfte gemäß § 37d WpHG spezielle Schriftform- und Informationspflichten, damit die rechtliche Wirksamkeit gewährleistet ist. Weiterhin ist die Geschäftsfähigkeit der Parteien erforderlich, das heißt, beide Vertragsparteien müssen nach den §§ 104 ff. BGB rechtsfähig sein. Bei bestimmten Termingeschäften – insbesondere Spekulationsgeschäften – gilt darüber hinaus die sogenannte „Hedging-Beschränkung“ (§ 762 BGB), wonach nur solche Geschäfte wirksam sind, die nicht ausschließlich auf Differenzausgleich, sondern auf tatsächliche Erfüllung gerichtet sind, es sei denn es liegt eine ausdrückliche gesetzliche Ausnahme vor. Schließlich können auch aufsichtsrechtliche Vorgaben, z.B. aus dem Börsengesetz (BörsG) oder der europäischen Finanzmarktregulierung (MiFID II/MiFIR), zusätzliche Anforderungen in Bezug auf Risikohinweise, Transparenz und Nachweisführung mit sich bringen. Die Missachtung dieser rechtlichen Voraussetzungen kann zur Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des Termingeschäfts führen.
Welche rechtlichen Risiken und Haftungsfragen ergeben sich bei Termingeschäften?
Bei Termingeschäften treten vielfältige rechtliche Risiken und Haftungsfragen auf. Wesentlich ist das Verlustrisiko infolge von Kursschwankungen, das nicht selten zu finanzieller Überschuldung eines Vertragspartners führen kann. Ist ein Anleger nicht hinreichend über die Risiken aufgeklärt worden (Aufklärungspflicht gemäß § 31 WpHG), kann dies zu Schadensersatzansprüchen gegen die beratende Bank oder den Broker führen. Ebenso kann eine fehlerhafte oder lückenhafte Beratung einen vertraglichen oder sogar deliktischen Haftungsgrund darstellen. Weiterhin besteht das Risiko der Nichtigkeit des Vertrags nach § 762 BGB, sofern das Geschäft als reines Differenzgeschäft (Leerverkauf) ausgestaltet ist und keine legitime Sicherungsabsicht (sog. Hedging) vorliegt. Bei nicht ordentlich dokumentierten Geschäften droht die Anfechtung bzw. schwebende Unwirksamkeit nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen. Schließlich kommt bei missbräuchlicher Nutzung von Insiderwissen oder Marktmanipulation eine strafrechtliche Verantwortung nach dem WpHG oder dem StGB in Betracht.
Welche besonderen Schutzvorschriften gelten für private Anleger beim Abschluss von Termingeschäften?
Private Anleger unterliegen beim Abschluss von Termingeschäften besonderen Schutzvorschriften, die insbesondere dem Schutz vor unkontrollierbaren Risiken und Missverständnissen dienen. Nach dem Wertpapierhandelsgesetz (insbesondere §§ 31 ff. WpHG) sind Banken und Finanzdienstleister verpflichtet, eine sogenannte Geeignetheits- und Angemessenheitsprüfung durchzuführen, um zu überprüfen, ob der Kunde Kenntnis, Erfahrung und die nötige Risikobereitschaft für das jeweilige Termingeschäft besitzt. Es bestehen umfangreiche Aufklärungs- und Dokumentationspflichten. Dazu gehört die Pflicht, dem Anleger ein umfassendes Informationsblatt („Basisinformationsblatt“ nach PRIIPs-Verordnung) auszuhändigen, das Chancen, Risiken und Kosten transparent darstellt. Zusätzlich ist regelmäßig eine ausdrückliche schriftliche Einwilligung des Kunden erforderlich. Verstöße gegen diese Vorschriften können zur Rückabwicklung des Geschäfts und zu Schadenersatzansprüchen führen.
Welche gesetzlichen Regelungen finden auf internationale Termingeschäfte Anwendung?
Internationale Termingeschäfte unterliegen einer Vielzahl von gesetzlichen Regelungen, die teilweise national, teilweise supranational oder durch bilaterale Abkommen geregelt sind. Zentrale Bedeutung hat hierbei die Bestimmung des anwendbaren Rechts und Gerichtsstandes nach den Vorschriften der Rom-I-Verordnung (bei vertraglichen Schuldverhältnissen) sowie der EuGVVO (Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung). Im europäischen Kontext gelten insbesondere MiFID II/MiFIR sowie die EMIR-Verordnung, die Standards bezüglich Transparenz, Clearing und Risikoabsicherung vorgeben. Nationale Umsetzungen, wie beispielsweise das WpHG oder Börsengesetz in Deutschland, ergänzen diese Vorgaben. Bei internationalen Geschäften mit anglo-amerikanischen Partnern gelten teils zusätzlich Regelungen aus dem US-amerikanischen Commodity Exchange Act oder britischen Financial Services and Markets Act. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die mögliche Pflicht zur Anerkennung und Durchsetzung ausländischer Gerichtsentscheidungen und Schiedssprüche nach den internationalen Übereinkommen.
Wie unterscheiden sich die rechtlichen Anforderungen bei außerbörslichen (OTC) und börsengehandelten Termingeschäften?
Die rechtlichen Anforderungen bei außerbörslichen (Over-the-Counter, OTC) und börsengehandelten Termingeschäften unterscheiden sich signifikant. Börsengehandelte Termingeschäfte (z. B. Futures) unterliegen den Regeln der jeweiligen Börse sowie den übergeordneten Vorgaben des Börsengesetzes (BörsG), der Handelsüberwachungsverordnung und der Clearingsysteme. Diese Regelwerke schreiben meist eine zentrale Abwicklung, eine Standardisierung der Verträge und hohe Transparenz- und Sicherungsanforderungen vor. Im Gegensatz dazu werden OTC-Geschäfte individuell zwischen den Parteien ausgehandelt, was zu einer größeren Vertragsfreiheit führt. Hier sind die vertraglichen Vereinbarungen über das Rahmenwerk entscheidend, häufig nach ISDA-Standard (International Swaps and Derivatives Association). Gleichzeitig bestehen bei OTC-Geschäften höhere Risiken in Bezug auf die Vertragsdurchsetzbarkeit und das Ausfallrisiko der Gegenpartei. Die EMIR-Verordnung verpflichtet jedoch auch OTC-Geschäfte zunehmend zu einer Risikobegrenzung (z.B. durch zentrale Clearingstellen und Meldepflichten).
Welche Rolle spielt die Aufklärungspflicht gemäß WpHG bei Termingeschäften?
Die Aufklärungspflicht nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) spielt bei Termingeschäften eine zentrale Rolle. Finanzinstitute sind verpflichtet, Kunden rechtzeitig, verständlich und umfassend über die Funktionsweise, Chancen und spezifischen Risiken des jeweiligen Termingeschäfts zu informieren (§§ 31 ff. WpHG). Dies umfasst insbesondere die Aufklärung über die Möglichkeit von Totalverlusten, Nachschusspflichten, Hebelwirkungen und die Unsicherheiten in der Preisentwicklung. Zudem muss überprüft werden, ob das konkrete Produkt für den Kunden angesichts seiner persönlichen und finanziellen Verhältnisse geeignet ist. Die Erfüllung dieser Aufklärungspflicht ist dokumentationspflichtig und im Streitfall nachweispflichtig für das Institut. Verstöße können zur Unwirksamkeit des Geschäfts oder zu Schadensersatzansprüchen führen.
Inwieweit ist bei Termingeschäften der Verbraucherschutz relevant?
Der Verbraucherschutz ist bei Termingeschäften besonders relevant, wenn diese durch Privatpersonen abgeschlossen werden. Zahlreiche verbraucherschützende Vorschriften des BGB (beispielsweise zum Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen oder zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen) kommen zur Anwendung, sofern der Kunde als Verbraucher handelt. Der Gesetzgeber sieht zum Schutz vor unbedachten Verpflichtungen des Anlegers besondere Transparenz- und Informationspflichten vor. Insbesondere die Pflicht zur Vermeidung von Überrumpelungssituationen und Fehlinformationen ist hervorzuheben; Anleger sollen Angebote und Risiken bequem vergleichen können. Verstöße hiergegen können zur Anfechtung, zum Widerruf oder zur Nichtigkeit der Verträge führen. Auch spielen die Vorschriften zur Unzulässigkeit missbräuchlicher Vertragsklauseln (§§ 305 ff. BGB) eine wichtige Rolle.