Begriff und Einordnung: Teilfrachtführer
Ein Teilfrachtführer ist ein Unternehmen, das eine Güterbeförderung nur auf einem Abschnitt der gesamten Transportstrecke ausführt. Er wird entweder vom Vertragspartner des Absenders (dem Vertragsfrachtführer) beauftragt oder reiht sich als aufeinanderfolgender Frachtführer in eine Transportkette ein. Der Teilfrachtführer übernimmt die tatsächliche Durchführung für eine Teilstrecke, ohne notwendigerweise selbst derjenige zu sein, der den Transportvertrag mit dem Absender geschlossen hat.
Abgrenzung zu verwandten Rollen
- Vertragsfrachtführer: Derjenige, der den Transportvertrag mit dem Absender schließt. Er kann die Beförderung ganz oder teilweise selbst ausführen oder andere Frachtführer einschalten.
- Unterfrachtführer: Ein vom Vertragsfrachtführer beauftragter Frachtführer. Ein Unterfrachtführer kann zugleich Teilfrachtführer sein, wenn er nur eine Teilstrecke übernimmt.
- Aufeinanderfolgende Frachtführer: Mehrere Frachtführer, die nacheinander jeweils einen Streckenabschnitt derselben Sendung im Rahmen einer Transportkette befördern. Jeder von ihnen ist Teilfrachtführer.
- Spediteur/Fixkostenspediteur: Organisiert Transporte im eigenen oder fremden Namen. Führt er die Beförderung (teilweise) selbst aus, tritt er für diesen Abschnitt wie ein Frachtführer auf.
- Teilladung: Bezeichnet die Auslastung der Ladefläche, nicht die Rolle des Frachtführers. Sie ist von der Funktion des Teilfrachtführers zu unterscheiden.
Rechtsnatur und Vertragsbeziehungen
Typische Konstellationen
- Subunternehmer-Konstellation: Der Vertragsfrachtführer schließt einen Transportvertrag mit dem Absender und beauftragt für eine Teilstrecke einen Teilfrachtführer. Zwischen Absender und Teilfrachtführer besteht kein eigener Vertrag.
- Aufeinanderfolgende Frachtführer: Mehrere Frachtführer übernehmen jeweils einen Abschnitt. Jeder ist für den eigenen Abschnitt verantwortlich; gegenüber dem Absender können besondere Haftungs- und Zurechnungsregeln gelten.
- Multimodale Ketten: Bei Transporten über verschiedene Verkehrsträger (Straße, Schiene, See, Luft) können unterschiedliche Haftungsregime je Teilstrecke gelten. Der jeweils ausführende Teilfrachtführer unterliegt dem für seinen Verkehrsträger einschlägigen Regelwerk.
Direktansprüche und Anspruchsgegner
In vielen Regimen kann der Absender oder Empfänger Ansprüche nicht nur gegenüber dem Vertragsfrachtführer, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch unmittelbar gegen den ausführenden Teilfrachtführer geltend machen. Daneben bestehen interne Ausgleichsansprüche zwischen Vertragsfrachtführer und Teilfrachtführer, etwa nach Regulierung eines Schadens oder Zahlung von Entgelt.
Pflichten des Teilfrachtführers
Obhut und Durchführung
- Sorgfältige Übernahme, Behandlung und Ablieferung des Gutes innerhalb des übernommenen Abschnitts.
- Einsatz geeigneter Fahrzeuge, Ausrüstung und Personal sowie Einhaltung verkehrs- und sicherheitsrechtlicher Anforderungen.
- Ladungs- und Transportsicherheit im Rahmen der übernommenen Aufgaben und der vertraglichen Schnittstellen.
Dokumentation und Übergaben
- Mitwirkung bei der Dokumentation (z. B. Frachtbrief, elektronische Frachtdokumente) und Eintragung von Vorbehalten bei erkennbaren Abweichungen.
- Nachweisbare Übernahme- und Übergabeprozesse an Umschlagpunkten, Hubs oder an den nächsten Frachtführer.
Hindernisse und Mitteilungen
- Anzeige von Transporthindernissen, Unklarheiten zu Weisungen oder erkennbaren Risiken entlang der Teilstrecke.
- Koordination mit Vertragsfrachtführer oder Vorgänger/Nachfolger in der Kette, wenn Abweichungen, Verzögerungen oder Schadensfälle auftreten.
Haftung
Grundprinzip
Regelmäßig gilt eine Obhutshaftung: Der Teilfrachtführer haftet für Verlust und Beschädigung des Gutes während der von ihm beherrschten Obhutszeit sowie für Lieferfristüberschreitungen, soweit keine gesetzlich anerkannten Haftungsausschlüsse eingreifen (z. B. unvermeidbare Ereignisse, besondere Risiken, unzureichende Verpackung durch den Absender). Die Beweislastverteilung und Beweiserleichterungen können je Regime variieren.
Haftungszeitraum und Ort der Schadensentstehung
Ansprüche richten sich grundsätzlich gegen denjenigen Frachtführer, in dessen Obhutsbereich der Schaden eingetreten ist. Bei multimodalen Verkehren gilt häufig das Netzwerkprinzip: Es findet das Haftungsregime der Teilstrecke Anwendung, auf der der Schaden entstanden ist. Ist der Schadensort nicht feststellbar, greifen Auffangregeln des Hauptvertrags oder des überwiegend betroffenen Verkehrsträgers.
Haftungshöchstbeträge und Einwendungen
- Die Haftung ist in vielen Rechtsordnungen pauschal begrenzt, oft bezogen auf das beschädigte oder verlorene Bruttogewicht; bei internationalen Regimen häufig an Sonderziehungsrechte gekoppelt.
- Einwendungen umfassen insbesondere fehlende Obhut, unvermeidbares Ereignis, besondere Güterrisiken, unzureichende Kennzeichnung oder Verpackung sowie die Einhaltung vertraglich vereinbarter Lieferfristen.
- Bei vorsätzlichem oder waghalsigem Verhalten sind Haftungserleichterungen regelmäßig ausgeschlossen; Haftungshöchstbeträge können entfallen.
Mehrere, aufeinanderfolgende Frachtführer
In Ketten mit aufeinanderfolgenden Frachtführern können besondere Regeln greifen, nach denen jeder Frachtführer für den gesamten Transport gegenüber dem Empfänger einsteht, zugleich aber intern Ausgleich stattfindet. Teils besteht eine gesamtschuldähnliche Haftung mit späterer interner Verteilung nach Verursachung oder Streckenanteil.
Rückgriff und interne Verteilung
Hat ein Vertragsfrachtführer gegenüber dem Absender geleistet, kann er bei Verantwortlichkeit des Teilfrachtführers Rückgriff nehmen. Maßgeblich sind die vertraglichen Abreden und die anwendbaren gesetzlichen Ausgleichsregeln. Die interne Quote orientiert sich meist am Verursachungsbeitrag, an der Schadenslokalisierung und an den vertraglich übernommenen Risiken.
Vergütung und Nebenkosten
Fracht, Zuschläge, Fälligkeit
- Der Teilfrachtführer erhält für den übernommenen Abschnitt eine anteilige Fracht. Zuschläge können für besondere Leistungen (z. B. Temperaturführung, Übermaße, Maut, Wartezeiten) anfallen.
- Die Fälligkeit richtet sich nach den vertraglichen Vereinbarungen der beteiligten Frachtführer; die Absenderbeziehung bleibt davon grundsätzlich unberührt.
Pfand- und Zurückbehaltungsrechte
Frachtführern stehen regelmäßig gesetzliche Sicherungsrechte am Gut zu, um ihre Forderungen aus dem konkreten Transport zu sichern. Diese Rechte bestehen unabhängig davon, ob der Frachtführer nur eine Teilstrecke ausgeführt hat, und sind inhaltlich beschränkt auf transportbezogene Forderungen.
Internationale und multimodale Bezüge
Internationaler Straßengüterverkehr
Grenzüberschreitende Straßentransporte unterliegen häufig einem internationalen Übereinkommen, das Haftung, Dokumentation, Zuständigkeit und Verjährung vereinheitlicht. Teilfrachtführer innerhalb solcher Ketten sind an diese Regelungen gebunden, soweit sie einen Abschnitt der Straßenbeförderung übernehmen.
See-, Luft- und Schienentransport
Für See-, Luft- und Schienenbeförderung gelten jeweils eigenständige Haftungs- und Dokumentationsregime mit abweichenden Haftungshöchstbeträgen, Beweislastregeln und Zuständigkeitsvorschriften. Teilfrachtführer auf diesen Abschnitten unterliegen den dort geltenden Besonderheiten, selbst wenn der Hauptvertrag über mehrere Verkehrsträger läuft.
Multimodale Transporte
Bei kombinierten Transporten ist die Zuordnung von Ansprüchen davon abhängig, ob der Schadensort festgestellt werden kann. Ist dies der Fall, gilt regelmäßig das Recht der betroffenen Teilstrecke. Bei unbekanntem Schadensort kommen häufig Auffanglösungen aus dem Hauptvertrag oder allgemeinere Regeln zur Anwendung.
Beweis und Dokumentation
Frachtbrief und elektronische Dokumente
Der Frachtbrief dokumentiert die Beförderungsabrede und den Zustand des Gutes bei Übernahme. Teilfrachtführer vermerken Übergaben, Vorbehalte und Abläufe der Teilstrecke. Elektronische Frachtbriefe übernehmen diese Funktion in digitaler Form, einschließlich Nachweisen über Scan- und Tracking-Ereignisse.
Vorbehalte und Schadensanzeigen
Erkennbare Abweichungen oder Beschädigungen sind bei Übernahme oder Ablieferung mit hinreichender Bestimmtheit zu vermerken. Nicht sofort erkennbare Schäden sind innerhalb der dafür vorgesehenen Fristen anzuzeigen. Diese Vermerke beeinflussen die Beweislast und den Umfang der vermuteten Güterbeschaffenheit.
Verjährung
Fristen und Beginn
Ansprüche aus Güterbeförderungen unterliegen regelmäßig kurzen Verjährungsfristen. Im Straßengüterverkehr ist häufig eine einjährige Frist vorgesehen, die bei qualifiziertem Fehlverhalten verlängert sein kann. Der Fristbeginn knüpft typischerweise an die Ablieferung oder den geplanten Ablieferungszeitpunkt an.
Hemmung und Rückgriff
Schriftliche Reklamationen können Fristen hemmen oder unterbrechen, je nach anwendbarem Regime. Rückgriffsansprüche zwischen Frachtführern haben teils eigene, ebenfalls kurze Fristen, die etwa mit der Inanspruchnahme oder Erfüllung gegenüber dem Anspruchsteller beginnen.
Praxisrelevante Konstellationen
Sammelgut, Umschlag, Cross-Docking
In Sammelgutnetzen übernehmen Teilfrachtführer häufig definierte Relationen zwischen Umschlagpunkten. Die rechtliche Verantwortung wechselt an den Schnittstellen; Dokumentation und lückenlose Übergabeprotokolle sind für Haftungszuordnung und Beweisführung maßgeblich.
Besondere Güter und Anforderungen
Bei Gefahrgut, temperaturgeführten Sendungen oder wertintensiven Gütern bestehen erhöhte Anforderungen an Ausrüstung, Überwachung und Dokumentation. Für den Teilfrachtführer wirken sich diese Anforderungen auf die Zurechnung von Risiken, auf Sorgfaltsmaßstab und auf mögliche Einwendungen aus.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Teilfrachtführer
Worin unterscheidet sich der Teilfrachtführer vom Unterfrachtführer?
Der Teilfrachtführer beschreibt die Rolle eines Frachtführers, der nur eine Teilstrecke der Beförderung ausführt. Ein Unterfrachtführer ist derjenige, der vom Vertragsfrachtführer beauftragt wird. Ein Unterfrachtführer kann Teilfrachtführer sein, muss es aber nicht; umgekehrt kann ein Teilfrachtführer auch Teil einer Kette aufeinanderfolgender Frachtführer sein, ohne direkt vom Vertragsfrachtführer beauftragt worden zu sein.
Haftet der Teilfrachtführer gegenüber Absender oder Empfänger unmittelbar?
In vielen Rechtsordnungen ist eine unmittelbare Inanspruchnahme des ausführenden Frachtführers möglich, insbesondere wenn der Schaden in dessen Obhutsbereich eintrat. Daneben bleibt die Haftung des Vertragsfrachtführers bestehen; die interne Verteilung erfolgt anschließend zwischen den beteiligten Frachtführern.
Welche Bedeutung hat der Frachtbrief für den Teilfrachtführer?
Der Frachtbrief dokumentiert Annahme, Beschaffenheit und Übergaben der Sendung. Vorbehalte des Teilfrachtführers bei Übernahme oder Ablieferung beeinflussen die Beweisführung über den Zustand des Gutes und können haftungsrelevant sein. Elektronische Frachtbriefe erfüllen diese Funktion in digitaler Form.
Kann der Teilfrachtführer die Herausgabe der Ware verweigern?
Frachtführern stehen regelmäßig Sicherungsrechte am Gut zu, die der Absicherung transportbezogener Forderungen dienen. Diese Rechte können, innerhalb enger Grenzen und nach den Voraussetzungen des anwendbaren Rechts, zur vorläufigen Zurückhaltung der Ware berechtigen.
Wie wird die Haftung zugeordnet, wenn der Schadensort unbekannt ist?
Ist der Ort der Schadensentstehung nicht feststellbar, greifen Auffanglösungen. Häufig wird auf das Regime des Hauptvertrags oder des vorrangig betroffenen Verkehrsträgers abgestellt. In Ketten mehrerer Frachtführer kommen Regeln zur gesamtschuldähnlichen Haftung mit anschließendem internem Ausgleich zur Anwendung.
Welche Verjährungsfristen gelten gegenüber dem Teilfrachtführer?
Ansprüche verjähren regelmäßig in kurzen Fristen, häufig etwa innerhalb eines Jahres ab Ablieferung oder vorgesehenem Ablieferungszeitpunkt; bei qualifiziertem Fehlverhalten können längere Fristen gelten. Rückgriffsansprüche unter Frachtführern haben teils eigene Fristläufe.
Gilt im internationalen Straßengüterverkehr Besonderes für Teilfrachtführer?
Ja. Grenzüberschreitende Straßentransporte unterliegen regelmäßig einem internationalen Übereinkommen mit einheitlichen Regeln zu Haftung, Zuständigkeit, Beweis und Verjährung. Teilfrachtführer, die eine internationale Teilstrecke übernehmen, sind daran gebunden.