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Sukzessivgründung


Definition und rechtliche Einordnung der Sukzessivgründung

Die Sukzessivgründung ist eine besondere Form der Gesellschaftsgründung, die vor allem im Zusammenhang mit Aktiengesellschaften (AG) gemäß dem deutschen Aktiengesetz (AktG) Bedeutung erlangt. Sie steht im Gegensatz zur sogenannten Simultangründung (gleichzeitige Gründung). Bei der Sukzessivgründung erfolgt die Zeichnung der Aktien sowie die Übernahme der Einlagen nacheinander und nicht zeitgleich. Diese Gründungsart ist insbesondere für Konstellationen relevant, in denen die Gründer nicht sämtliche Aktien unmittelbar bei Errichtung der Gesellschaft zeichnen, sondern diese sukzessive von mehreren Beteiligten übernommen werden.

Historische Entwicklung und gesetzliche Grundlagen

Ursprung und rechtliches Fundament

Die Sukzessivgründung ist ein im deutschen Gesellschaftsrecht normiertes Verfahren. Die maßgeblichen Bestimmungen finden sich insbesondere in den §§ 29 ff. AktG. Diese Vorschriften regeln die Gründung der Aktiengesellschaft, wobei klar zwischen Simultan- und Sukzessivgründung differenziert wird. Während die Simultangründung eine sofortige Übernahme sämtlicher Aktien vorsieht, lässt die Sukzessivgründung einen gestuften Übernahmeprozess zu.

Gesetzliche Regelungen im deutschen Aktiengesetz

Gemäß § 29 Abs. 1 AktG ist eine Sukzessivgründung dann gegeben, wenn bei dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages (der Satzung) noch nicht sämtliche Aktien durch die Gründer übernommen worden sind und daher eine spätere Zeichnung durch Dritte vorgesehen ist. Das Gesetz enthält spezielle Vorschriften, die bei einer solchen gestuften Gründung einzuhalten sind, um die Interessen aller zukünftigen Aktionäre sowie der Allgemeinheit zu schützen.

Ablauf und wesentliche Schritte der Sukzessivgründung

Zeichnung der Aktien

Bei der Sukzessivgründung werden zunächst nur ein Teil oder wenige Aktien von den Gründern übernommen. Weitere Aktien werden anschließend von anderen Beteiligten gezeichnet. Die Gründung ist erst dann abgeschlossen, wenn alle in der Satzung vorgesehenen Aktien gezeichnet und die gesetzlichen Mindestbeiträge eingezahlt sind.

Mindestanforderungen und Sicherungsmechanismen

Das Aktiengesetz stellt hohe Anforderungen an die Sukzessivgründung, um Missbrauch zu vermeiden:

  • Mindestzeichnung: Es muss stets gewährleistet sein, dass das in der Satzung festgelegte Grundkapital erreicht wird.
  • Einzahlungspflicht: Die gesetzlichen Mindesteinzahlungen auf das Grundkapital sind vor Eintragung der Gesellschaft zu leisten.
  • Gründungsbericht und Prüfung: Gemäß § 33 AktG ist ein Gründungsbericht zu erstellen, in dem sämtliche Umstände der Gründung detailliert dargestellt werden. Zusätzlich erfolgt eine externe Gründungsprüfung.

Anmeldung und Eintragung

Die Gesellschaft wird erst mit Eintragung ins Handelsregister rechtlich existent. Die Gründungsunterlagen müssen dem Registergericht zur Prüfung vorgelegt werden, gemeinsam mit Bestätigungen über die Übernahme und Einzahlung der Aktien.

Abgrenzung: Simultangründung versus Sukzessivgründung

Der zentrale Unterschied zwischen Simultangründung und Sukzessivgründung liegt im zeitlichen Ablauf der Aktienübernahme. Während bei der Simultangründung alle Gründer gemeinsam sämtliche Aktien zeichnen und die Gesellschaft unmittelbar entsteht, sehen die Vorschriften zur Sukzessivgründung eine stufenweise Übernahme und Kapitalbildung vor. Dies stellt höhere Anforderungen an Transparenz und Kontrolle im Vergleich zur gleichzeitigen Gründung.

Rechtliche Besonderheiten und Risiken

Schutzmechanismen für Anleger und Gläubiger

Das Gesetz sichert durch verschiedene Regelungen die Interessen der zukünftigen Aktionäre und Gläubiger:

  • Offenlegungspflichten: Angaben zu den Übernahmebedingungen und zur Zahlungsabwicklung sind offen zu legen.
  • Verbot der Unterpariemission: Eine Ausgabe von Aktien unterhalb des Nominalwerts ist nicht gestattet.
  • Haftungsregeln: Die übernehmenden Aktionäre haften für die Erbringung der versprochenen Einlagen. Bis zur vollständigen Einzahlung bleibt das Haftungspotenzial bestehen.

Folgen unvollständiger Übernahme

Kommt es bei der Sukzessivgründung nicht zur vollständigen Übernahme sämtlicher gezeichneter Aktien, ist die Gründung als nichtig anzusehen. Eine Teilausführung ist unzulässig. Das Handelsregister darf eine Gesellschaft erst eintragen, wenn die vollständige und ordnungsgemäße Übernahme des Grundkapitals nachgewiesen ist.

Bedeutung der Sukzessivgründung in der Praxis

Die Sukzessivgründung besitzt heute nur noch geringe praktische Relevanz, da die meisten Gründungen als Simultangründungen erfolgen. Historisch war sie jedoch gerade bei größeren Unternehmensgründungen von Bedeutung, insbesondere bei der Beteiligung mehrerer Investoren in mehreren Phasen. In Einzelfällen kann die sukzessive Gründung immer noch von Interesse sein, beispielsweise wenn mehrere Investoren zu unterschiedlichen Zeitpunkten einsteigen möchten oder eine gesellschaftsrechtliche Flexibilisierung notwendig erscheint.

Internationale Perspektive und Vergleiche

In anderen Rechtsordnungen bestehen vergleichbare Mechanismen zur sukzessiven Gesellschaftsgründung. Die konkrete Ausgestaltung und die gesetzlichen Anforderungen können jedoch variieren. In der Regel gelten auch im internationalen Kontext hohe Anforderungen an Kapitalaufbringung, Transparenz und Anlegerschutz im Rahmen sukzessiver Gründungsprozesse.

Fazit

Die Sukzessivgründung ist eine gesetzlich normierte, gestufte Form der Gesellschaftsgründung, die insbesondere für Aktiengesellschaften im deutschen Recht relevant ist. Sie unterliegt strengen gesetzlichen Vorschriften, die den Schutz der Beteiligten und der Allgemeinheit gewährleisten sollen. Trotz ihrer heute seltenen praktischen Anwendung bleibt sie für die gesellschaftsrechtliche Systematik und im Einzelfall bedeutsam.


Dieser Artikel bietet eine detaillierte Übersicht zu den rechtlichen Aspekten der Sukzessivgründung im Gesellschaftsrecht und dient als umfassende Informationsquelle für das Rechtslexikon.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Schritte sind bei einer Sukzessivgründung notwendig?

Bei einer Sukzessivgründung, also der schrittweisen Gründung einer Gesellschaft, sind verschiedene rechtliche Schritte zwingend einzuhalten. Zu Beginn steht meist der Abschluss eines Vorgründungsvertrages, in welchem die zukünftigen Gesellschafter ihre Mitwirkungen und Pflichten zur Vorbereitung der eigentlichen Gründung regeln. Für die spätere notariell zu beurkundende Gesellschaftsgründung, etwa einer GmbH, müssen anschließend ein Gesellschaftsvertrag formuliert und von allen Gründern unterzeichnet werden. Die Gesellschaft entsteht dabei regelmäßig erst durch die Eintragung ins Handelsregister. Zwischen Vertragsschluss und Handelsregistereintragung agiert die Gesellschaft in Gründung (GmbH i.G.), wobei bereits rechtliche Handlungen ermöglicht werden, jedoch unter spezifischen Haftungsverhältnissen: Die Gesellschafter haften in dieser Phase häufig noch persönlich. Erst mit Handelsregistereintragung entsteht die eigentliche juristische Person. Es sind zudem sämtliche handelsrechtlichen und steuerlichen Pflichten zu beachten, wie die Anmeldung beim Finanzamt oder die Erfüllung von Publizitätspflichten im Fall bestimmter Unternehmensgrößen. Rechtlich sollten alle Schritte möglichst dokumentiert werden, um Regressansprüche und Haftungsfragen eindeutig klären zu können.

Welche Haftungsrisiken bestehen während der einzelnen Gründungsphasen?

Die Haftung bei der Sukzessivgründung unterliegt während der verschiedenen Stufen unterschiedlichen Regelungen. In der Vorgründungshaftung, also vor dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags, haften die Initiatoren vollumfänglich persönlich für alle eingegangenen Verpflichtungen. Mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags und vor der Handelsregistereintragung spricht man von der sogenannten Vor-GmbH oder GmbH in Gründung. In dieser Phase haften die Gesellschafter weiterhin gesamtschuldnerisch, insbesondere wenn die Stammeinlage noch nicht in vollem Umfang eingezahlt wurde oder im Zusammenhang mit deliktischen Ansprüchen. Erst mit der Eintragung ins Handelsregister und der Entstehung der juristischen Person begrenzt sich die Haftung grundsätzlich auf das Gesellschaftsvermögen. Allerdings können Durchgriffshaftungen greifen, wenn etwa Sacheinlagen überbewertet wurden oder Sorgfaltspflichten verletzt wurden. Besondere Aufmerksamkeit verdienen auch ggf. vorab abgeschlossene Verträge – diese müssen später klar übernommen werden, um nicht dauerhaft persönliche Haftung zu riskieren.

Welche Bedeutung haben Vorverträge und Vorgründungsgesellschaften rechtlich?

Vorverträge und die sogenannte Vorgründungsgesellschaft spielen bei der Sukzessivgründung eine wesentliche Rolle. Ein Vorvertrag kann bereits verbindliche Abreden zwischen den Gründern enthalten, kann aber keine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit begründen. Rechtlich gesehen sind solche Vorverträge meist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder als einfache Mitwirkungsvereinbarung einzuordnen. Sie regeln insbesondere die Rechte und Pflichten der Parteien im Hinblick auf die geplante Gründung und können Schadensersatzansprüche für Pflichtverletzungen begründen. Auch die sogenannte „Vorgründungsgesellschaft” haftet nach den Regeln der GbR; alle beteiligten Personen haften insoweit unbeschränkt und persönlich. Es folgt mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages die Gesellschaft in Gründung, die bereits als Vorgesellschaft grundsätzlich wie die spätere Kapitalgesellschaft, jedoch nur mit beschränkter Rechtsfähigkeit, agiert.

Inwiefern unterscheidet sich die Sukzessivgründung rechtlich von der Sofortgründung?

Die wesentlichen rechtlichen Unterschiede zwischen Sukzessivgründung und Sofortgründung bestehen vor allem in der Abfolge und Flexibilität der Gründungsschritte. Bei der Sofortgründung werden alle rechtlichen Erfordernisse in einem Schritt erfüllt: Gesellschaftsvertrag, notarielle Beurkundung, Einzahlung der Stammeinlagen sowie die Handelsregistereintragung erfolgen meist in kurzer Abfolge. Die Sukzessivgründung hingegen ermöglicht es, einzelne Schritte zeitlich zu strecken, etwa um gesellschaftsrechtliche, steuerliche oder wirtschaftliche Fragen vor Eintritt in die Gesellschaft genau zu regeln. Rechtlich ergibt sich jedoch der Nachteil, dass in der verlängerten Übergangszeit, also bis zur Handelsregistereintragung, eine längere persönliche Haftung der Gesellschafter besteht. Vorteilhaft ist hingegen die Gestaltungsmöglichkeit und rechtliche Absicherung der einzelnen Phasen. Sämtliche Pflichten und Rechte müssen sorgfältig dokumentiert und überwacht werden, da sonst erhebliche Haftungs- und Anfechtungsrisiken drohen.

Welche gesetzlichen Grundlagen gelten speziell für die Sukzessivgründung?

Im deutschen Recht finden sich die gesetzlichen Grundlagen für die Sukzessivgründung vor allem im GmbH-Gesetz (GmbHG), dem Handelsgesetzbuch (HGB) sowie im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in Bezug auf Vorgründungsfragen. Während der eigentliche Gründungsprozess einer GmbH zwingend notariell beurkundet werden muss (§ 2 GmbHG), richten sich Vorverträge nach den Vorschriften über Gesellschaften bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB). Das Handelsgesetzbuch regelt vor allem die Eintragungspflichten und die Folgen im Falle einer „Handelndenhaftung” (§ 11 Abs. 2 GmbHG). Gesellschaften in Gründung sind außerdem verpflichtet, die Zusatzbezeichnung „in Gründung” oder „i.G.” zu führen, um Dritte auf die beschränkte Rechtsfähigkeit und mögliche Haftungsrisiken hinzuweisen. Steuerrechtliche Aspekte ergeben sich aus der Abgabenordnung (AO) und relevanten Steuergesetzen, da die Gesellschaft steuerlich bereits vor Eintragung als eigenständiges Gebilde behandelt werden kann.

Welche Mitwirkungspflichten und Rechte der Gesellschafter bestehen während der Sukzessivgründung?

Während der Sukzessivgründung haben die Gesellschafter umfangreiche Mitwirkungspflichten: Dazu zählen unter anderem die Mitwirkung an der Erstellung des Gesellschaftsvertrags, die Einzahlung vereinbarter Kapitalanteile, die Beschaffung erforderlicher Unterlagen für Register- und Steueranmeldungen sowie die Aufnahme des Geschäftsbetriebs im Falle einer Vorgesellschaft. Rechtlich kann jeder Gesellschafter verlangen, dass die weiteren Schritte zur Eintragung ordnungsgemäß und innerhalb eines zumutbaren Zeitrahmens vorgenommen werden. Ferner können Gesellschafter auf Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, auf Information über alle wesentlichen Gründungsschritte sowie auf die Teilnahme an (Vor-)Gesellschafterversammlungen bestehen. Tatsächliche und rechtliche Engpässe oder Verzögerungen sind unverzüglich allen Beteiligten anzuzeigen. Falls einzelner Gesellschafter seinen Pflichten nicht nachkommt, entstehen, je nach Vertragslage, Schadenersatzansprüche oder sogar ein Ausschlussrecht.

Wie wird der Übergang von der Vorgründungsphase zur eingetragenen Gesellschaft rechtlich gestaltet?

Der Übergang verläuft in drei rechtlich unterschiedlichen Stadien: der Vorgründungsphase (rechtlich als GbR eingeordnet), der Vorgesellschaft (z.B. GmbH in Gründung) ab Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages und der finalen Phase mit Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister. Mit Eintragung wird die juristische Person rechtskräftig geschaffen. Sämtliche während der Vorphasen geschlossenen Verträge müssen entweder erneut bestätigt oder, sofern sie in Erwartung der Eintragung geschlossen wurden, durch die neue Gesellschaft ausdrücklich übernommen werden. Im Falle von noch nicht eingezahlten Stammeinlagen bestehen entsprechende Nachschusspflichten. Haftungsfragen werden grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Eintragung auf die Gesellschaft „übertragen”, wobei Althaftungen der Gesellschafter für vor Eintragung begründete Verbindlichkeiten fortbestehen können.

Welche typischen Fehlerquellen bestehen im Zusammenhang mit der Sukzessivgründung aus rechtlicher Sicht?

Typische rechtliche Fehler bei der Sukzessivgründung liegen in einer unzureichenden Dokumentation der einzelnen Gründungsschritte, der Missachtung von Eintragungspflichten oder dem Abschluss irreversibler Rechtsgeschäfte vor der Eintragung. Ebenfalls problematisch ist die Unterlassung der Haftungshinweise „in Gründung”, was zur Durchgriffshaftung führen kann. Gleichfalls wird häufig die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Einzahlung des Stammkapitals verkannt. Im Steuerrecht kann es zu Schwierigkeiten kommen, wenn Geschäftstätigkeit vor Handelsregistereintragung aufgenommen wird, ohne steuerrechtliche Anmeldung. Besonders kritisch sind Differenzen im Verhältnis und der Mitwirkung der Gesellschafter, etwa bei späterem Gesellschaftereintritt oder Austritt, falls hierzu keine klaren Regelungen getroffen wurden. Schließlich dürfen auch gesellschaftsrechtliche Melde- und Offenlegungspflichten nicht übersehen werden, da hier andernfalls teils empfindliche Bußgelder drohen.