Begriff und rechtliche Einordnung von Structured
Der Begriff Structured (deutsch: „strukturiert“) ist in unterschiedlichen rechtlichen Kontexten relevant und wird vor allem im Bereich des Finanz-, Gesellschafts- und Datenschutzrechts verwendet. Damit bezeichnet „structured“ im Allgemeinen die bewusste Ordnung, Systematisierung oder Gestaltgebung von Informationen, Finanzprodukten, Daten oder Vertragsbeziehungen. Im rechtlichen Sinne dienen strukturierte Prozesse und Produkte dazu, gesetzliche Anforderungen einzuhalten, Transparenz zu gewährleisten und Risiken zu steuern.
Structured im Finanzrecht
Structured Finance
Structured Finance beschreibt Finanzierungsformen, die unter Einsatz von speziellen Finanzinstrumenten und -konstruktionen individualisierte Lösungen für komplexe Finanzierungsbedarfe bieten. Dabei werden Forderungen, Vermögenswerte oder zukünftige Zahlungsströme gebündelt und zweckgebundenen rechtlichen Einheiten (Special Purpose Vehicles, SPV) zugeordnet. Häufige Erscheinungsformen sind Asset-Backed Securities (ABS), Collateralized Debt Obligations (CDO) und strukturierte Unternehmenskredite. Diese Strukturierung dient u. a. der Risikoverteilung, der Liquiditätsbeschaffung sowie der Einhaltung regulatorischer Kapitalanforderungen (z. B. nach Basel III).
Rechtliche Rahmenbedingungen
Die Ausgestaltung strukturierter Finanzprodukte unterliegt in Deutschland und Europa umfangreichen gesetzlichen Vorschriften, insbesondere durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) sowie die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II). Besondere Anforderungen bestehen in Bezug auf Informationspflichten, Anlegerschutz, Risikodiversifikation und die Zulassung der Produkte zum Handel.
Structured Notes und strukturierte Anleihen
Strukturierte Anleihen oder Structured Notes bezeichnen Schuldverschreibungen, bei denen die Rückzahlungs- und Zinsansprüche an die Entwicklung von Basiswerten (wie Aktien, Indizes, Rohstoffe oder Währungen) gekoppelt sind. Sie kombinieren festverzinsliche Anlagekomponenten mit derivativen Elementen. Rechtlich handelt es sich um Wertpapiere gemäß § 2 Abs. 1 WpHG, auf welche spezifische Prospekt- und Informationspflichten gemäß Wertpapierprospektgesetz (WpPG) und EU-Prospektverordnung Anwendung finden.
Vertragsgestaltung und Verbraucherrechte
Anleger haben nach dem Wertpapierhandelsgesetz das Recht auf Aufklärung und Beratung. Anbieter sind verpflichtet, die Struktur, Risiken und Kosten der Produkte transparent darzustellen. Verstöße können Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche begründen.
Structured im Gesellschafts- und Vertragsrecht
Structured Arrangements und Organisationsgestaltung
Im Gesellschaftsrecht wird der Begriff oftmals in Zusammenhang mit Structured Arrangements genutzt. Dies bezeichnet vertraglich und organisatorisch klar geregelte Formen der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, beispielsweise in Rahmenverträgen, Joint-Venture-Strukturen oder durch Holdings. Ziel der Strukturierung ist die effiziente Verteilung von Rechten, Pflichten und Risiken sowie die steuerliche und haftungsrechtliche Optimierung.
Relevante Rechtsnormen
Rechtliche Grundlagen ergeben sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), Handelsgesetzbuch (HGB) und den jeweiligen Spezialgesetzen (AktG, GmbHG). Dabei sind insbesondere die Mitbestimmung, Compliance, Rechnungslegung und internationale Steuerregelungen (z. B. Doppelbesteuerungsabkommen) zu beachten.
Structured Data und Datenschutzrecht
Strukturiert versus unstrukturiert
Im Datenschutzrecht ist mit Structured Data eine Datenverarbeitung gemeint, bei der personenbezogene Daten in festgelegten, zumeist digitalen Formaten (wie Datenbanken oder Tabellen) erhoben, gespeichert und verarbeitet werden. Dies steht im Gegensatz zu unstrukturierten Daten (z. B. Freitext, E-Mails).
Datenschutzrechtliche Besonderheiten
Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) definiert in Art. 4 Abs. 6 den Begriff des „Dateisystems“ („structured set of personal data“) und sieht für strukturierte Daten erweiterte Rechte auf Auskunft, Berichtigung und Löschung vor. Verantwortliche Stellen müssen Verzeichnisstrukturen, Zugriffskontrollen und Nachweisführungen implementieren und dokumentieren. Bei strukturierten Datensätzen ist oft eine leichtere und rechtssichere Umsetzung der Pflichten nach Art. 15 ff. DSGVO möglich.
Structured Litigation und Streitbeilegung
Strukturierte Rechtsstreitverfahren
Structured Litigation beschreibt Konzepte zur Verfahrenssteuerung im Zivilprozess, die zu einer geordneten und effizienten Streitbeilegung beitragen. Beispiele sind verfahrensvorbereitende Konferenzen, Beweisvorsortierung, strukturierte Vergleichsverhandlungen (Mediation, Schlichtung) oder gesonderte Verfahren für Massenklagen (Sammelklage, Musterfeststellungsklage gemäß § 606 ZPO).
Rechtliche Vorgaben und Ziele
Durch strukturierte Verfahrensabläufe soll die Einhaltung des rechtlichen Gehörs (§ 103 GG), der Verfahrensökonomie und effektiver Rechtsschutz gesichert werden. Richterliche Hinweise und Ablaufpläne orientieren sich an den §§ 139, 273 ZPO.
Structured in internationalen Rechtsordnungen
Auch außerhalb des deutschen Rechts finden strukturierte Vorgehensweisen Anwendung. Im angloamerikanischen Raum spricht man insbesondere im Finanz- und Gesellschaftsbereich von „structured products“ bzw. „structured transactions“. Dort gelten ergänzend Bestimmungen der US-amerikanischen Securities and Exchange Commission (SEC) sowie internationaler Standards wie Basel III und IFRS.
Fazit und Bedeutung für die Rechtspraxis
Der Begriff Structured ist ein zentraler Sammelbegriff für die gezielte Organisation, transparente Gestaltung und rechtssichere Umsetzung verschiedenster Inhalte und Produkte im Recht. Ob bei der Entwicklung und Vermarktung komplexer Finanzinstrumente, in der Gestaltung von Unternehmenstrukturen, beim Datenschutz oder im Zivilprozess – strukturierte Ansätze und deren umfassende Regulierung sorgen für Planungssicherheit, Risikokontrolle und Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben.
Entsprechend ist bei der rechtlichen Bewertung stets zu prüfen, ob und wie Strukturen rechtliche Anforderungen erleichtern, und in welchen Bereichen gesetzgeberische Vorgaben eine spezifische „Strukturierung“ zwingend verlangen.
Häufig gestellte Fragen
Wer haftet für Fehler in der Erstellung von strukturierten Finanzprodukten?
Für Fehler in der Konzeption, dem Vertrieb oder der Dokumentation von strukturierten Finanzprodukten haften sowohl die Emittenten als auch gegebenenfalls die Vertriebsgesellschaften. Nach den maßgeblichen Gesetzen, darunter insbesondere das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und die EU-Prospektverordnung, ist der Emittent verpflichtet, vollständige und richtige Informationen zur Verfügung zu stellen. Werden wesentliche Risiken, Funktionsweisen oder Renditechancen fehlerhaft, unvollständig oder irreführend dargestellt, kann dies zu Schadensersatzansprüchen der Anleger führen. Darüber hinaus können Beratungsfehler, etwa fehlerhafte Risikoaufklärung durch Banken oder Finanzberater, eine Haftung auslösen, wobei hier in Deutschland § 280 BGB („Verletzung vertraglicher Pflichten“) bzw. § 823 BGB („unerlaubte Handlung“) zu berücksichtigen sind. Zudem greifen aufsichtsrechtliche Sanktionen bei systemischen oder groben Mängeln.
Welche rechtlichen Anforderungen gelten für die Prospektpflicht strukturierten Finanzprodukten?
Strukturierte Finanzprodukte unterliegen grundsätzlich der Prospektpflicht gemäß der EU-Prospektverordnung (VO (EU) 2017/1129) und ergänzenden nationalen Regelungen wie dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG). Der Prospekt muss alle wesentlichen Informationen enthalten, die für die Beurteilung des Produkts durch potenzielle Anleger erforderlich sind, insbesondere zu den Risiken, der Struktur, den Emittenteninformationen und der Renditeerwartung. Teilweise sind bei Produkten, die sich nur an qualifizierte Anleger richten oder bestimmte Volumina unterschreiten, Ausnahmen möglich. Die Billigung des Prospekts durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) oder eine entsprechende Behörde eines anderen EU-Mitgliedstaats ist zwingende Voraussetzung für das öffentliche Angebot. Zudem sind regelmäßig Nachbesserungen („Nachtragspflicht“) vorzunehmen, sollte sich die Risikolage oder das Produkt ändern.
Welche Pflichten zur Risikoaufklärung bestehen beim Vertrieb strukturierter Produkte?
Beim Vertrieb strukturierter Finanzinstrumente besteht nach § 63 WpHG eine weitreichende Pflicht zur Risikoaufklärung. Der Vertriebspartner ist verpflichtet, den Kunden verständlich, vollständig und individuell über Funktionsweise, Risiken (zum Beispiel Totalverlustrisiko, Marktrisiken, Emittentenrisiken, Kündigungs- oder Liquiditätsrisiken) sowie über Kostenstrukturen und den außerbörslichen Charakter solcher Produkte zu informieren. Insbesondere müssen die Informationspflichten auch die Eignung des Produkts in Bezug auf die Anlageziele und die Kenntnisse des Kunden abdecken (Stichwort: Geeignetheitsprüfung und Angemessenheitsprüfung). Verstöße gegen diese Aufklärungspflichten eröffnen dem Kunden Schadensersatzansprüche und können zu aufsichtsrechtlichen Konsequenzen bis hin zum Vertriebsverbot führen.
Wie werden strukturierte Produkte rechtlich von Investmentfonds oder anderen Finanzinstrumenten abgegrenzt?
Strukturierte Produkte stellen rechtlich gesehen Schuldverschreibungen oder Derivate mit Kombinationen mehrerer Basiswerte dar. Sie unterscheiden sich von Investmentfonds dadurch, dass sie in der Regel keine Sondervermögen, sondern Inhaberschuldverschreibungen darstellen, d. h. Anleger sind Gläubiger des Emittenten und tragen im Zweifel auch dessen Insolvenzrisiko (Emittentenrisiko). Investmentfonds sind hingegen als Sondervermögen vor Zugriffen des Emittenten geschützt (§ 92 KAGB), was bei strukturierten Produkten nicht der Fall ist. Auch unterscheiden sich die rechtlichen Offenlegungs-, Genehmigungs- und Vertriebsvorgaben: Für Fonds gelten zum Beispiel spezielle Regelungen nach KAGB und UCITS, für strukturierte Produkte die Vorschriften im WpHG, der Prospektverordnung und den jeweiligen Spezialgesetzen für Derivate und Wertpapiere.
Gibt es bestimmte Anlegerschutzmechanismen bei strukturierten Finanzprodukten?
Der rechtliche Anlegerschutz für strukturierte Produkte besteht vor allem aus Transparenzvorschriften, Prospektpflichten und Beratungsstandards. Die gesetzlichen Regelungen fordern eine klare und verständliche Darstellung aller Risiken und Kosten (u. a. in Form von Basisinformationsblättern nach PRIIP-Verordnung). Zudem unterliegen Emittenten und Vertriebe einer strengen Überwachung durch Aufsichtsbehörden (z. B. BaFin). Mechanismen wie Einlagensicherung oder Anlegerentschädigung greifen jedoch in der Regel nicht, da es sich um Inhaberschuldverschreibungen und nicht um Bankeinlagen handelt. Bei Beratungsfehlern oder Prospektmängeln kann der Anleger rechtlich gegen Emittent oder Vertriebsstelle vorgehen.
Welche aufsichtsrechtlichen Anforderungen stellt die BaFin an strukturierte Finanzprodukte?
Die BaFin prüft im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit, ob Emittenten die Vorgaben aus der EU-Prospektverordnung, dem WpHG sowie weiteren spezialgesetzlichen Regelungen (z. B. PRIP-Verordnung) einhalten. Dazu gehören insbesondere die ordnungsgemäße Erstellung, Billigung und Veröffentlichung von Wertpapierprospekten sowie die Einhaltung der Produktgovernance- und Vertriebsvorschriften. Bei Verstößen kann die BaFin Maßnahmen wie Vertriebsverbote, Bußgelder oder Untersagungen verhängen. Im Rahmen der Produktinterventionsbefugnisse kann sie zudem bestimmte Produkte vom Vertrieb ausnehmen oder Warnhinweise veröffentlichen.
Welche steuerlichen Implikationen sind aus rechtlicher Perspektive zu beachten?
Rechtlich betrachtet unterliegen strukturierte Produkte verschiedenen steuerlichen Regelungen, die insbesondere in Bezug auf die Ertragserfassung, Quellensteuer und Abgeltungsteuer in Deutschland relevant sind. Gewinne aus strukturierten Produkten werden grundsätzlich als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG behandelt und unterliegen der Abgeltungsteuer. Komplexität entsteht oft bei der steuerlichen Behandlung von Derivatkomponenten, Barrieren, Bonuselementen oder bei der Rückzahlung. Zudem hat der Emittent bestimmte Melde- und Dokumentationspflichten, um den steuerlichen Anforderungen zu genügen. Anleger sind verpflichtet, ihre Kapitalerträge entsprechend zu deklarieren; Fehler oder Versäumnisse können zu Nachforderungen oder strafrechtlichen Konsequenzen führen.