Straußwirtschaft – Rechtliche Definition, Voraussetzungen und Regelungen
Die Straußwirtschaft (auch Besenwirtschaft, Heckenwirtschaft, Kranzwirtschaft oder Rädlewirtschaft genannt) bezeichnet eine vorübergehende und saisonale Ausschankstelle für selbst erzeugten Wein, Traubenmost oder andere weinbaulich erzeugte Getränke sowie einfache Speisen durch Winzerinnen und Winzer oder landwirtschaftliche Betriebe. Charakteristisch für die Straußwirtschaft ist ihr rechtlicher Sonderstatus, der insbesondere aus historischen Traditionsrechten hervorgeht und im deutschen Gaststättenrecht sowie in weiteren Rechtsgebieten detailliert geregelt ist.
Historischer Hintergrund und Begriffserklärung
Die Bezeichnung Straußwirtschaft geht auf den alten Brauch zurück, einen Strauß (Besen, Kranz) als Zeichen für die Öffnung und den Betrieb der Ausschankstelle an das Haus des Winzers zu hängen. Dieses Symbol kündigte an, dass Gäste in diesem Zeitraum selbst hergestellten Wein in der Wirtschaft konsumieren können, ohne dass der Betrieb eine klassische Gaststättenkonzession benötigte.
Gaststättenrechtliche Grundlagen
Rechtliche Sonderstellung (§ 2 Gaststättengesetz)
Im deutschen Recht sind Straußwirtschaften in erster Linie durch das Gaststättengesetz (GastG) geregelt:
- § 2 GastG (Ausnahmen für Straußwirtschaften/Besenwirtschaften): Straußwirtschaften sind von der Erlaubnispflicht nach § 2 Abs. 1 GastG ausgenommen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Diese Ausnahme gilt jedoch ausschließlich für Winzer oder landwirtschaftliche Unternehmer, die eigene Erzeugnisse ausschenken.
- Vorübergehender Betrieb: Die Bewirtschaftung ist auf eine Gesamtdauer von maximal vier Monaten pro Jahr beschränkt (Ausgestaltung bundeslandspezifisch, vgl. § 2 Absatz 2 GastG i.V.m. Landesausführungsgesetzen).
Voraussetzung: Selbstherstellung und Ausschank
Zugelassen ist ausschließlich der Ausschank von selbst erzeugtem Wein, Traubenmost, Apfelwein oder anderen eigenen landwirtschaftlichen Erzeugnissen (keine zugekauften Getränke oder Handelserzeugnisse). Auch die angebotenen Speisen müssen sich auf eine einfache, selbst zubereitete Küche beschränken (beispielsweise Hausmacherbrot, kalte Platten).
Landesrechtliche Regelungen und Unterschiede
Die konkrete Ausgestaltung und weitere Details zu Straußwirtschaften sind oft durch die Bundesländer geregelt. Für Betreiber und deren Gäste empfiehlt sich stets eine Überprüfung der einschlägigen Landesgesetze (beispielsweise Weingesetze der einzelnen Bundesländer, Hygienevorschriften, Landesbauordnungen).
Bundeslandspezifische Unterschiede
- Baden-Württemberg (§ 14 GastG BW, Landesweingesetz BW): Bis zu vier Monate Ausschank innerhalb eines Kalenderjahres, dabei kann die Zeitspanne in maximal zwei Intervalle unterteilt werden.
- Rheinland-Pfalz (§ 3 GastG RP): Auch hier ist eine saisonale Bewirtschaftung vorgesehen, insgesamt nicht länger als vier Monate jährlich. Ausschließlich Ausschank eigener Erzeugnisse sowie einfache Speisen sind gestattet.
- Hessen und weitere Länder: Einheitlicher Zeitrahmen von vier Monaten, teilweise mit Pflicht zur Anzeige bei der Gemeinde.
Steuerrechtliche Aspekte
Straußwirtschaften genießen steuerrechtliche Erleichterungen im Einkommensteuerrecht (§ 13 EStG – Land- und Forstwirtschaft) wie auch im Bereich der Umsatzsteuer. Dennoch unterliegen Gewinne grundsätzlich der Einkommen- und Umsatzsteuer, sofern die gesetzlichen Pauschalierungsgrenzen überschritten werden.
- Betriebsvermögen: Gewinne aus der Straußwirtschaft sind Teil des landwirtschaftlichen Betriebsvermögens.
- Pauschalierung der Umsatzsteuer: Es kommen besondere Pauschalierungsmöglichkeiten für land- und forstwirtschaftliche Betriebe zur Anwendung (§ 24 UStG).
Gewerberechtliche und baurechtliche Aspekte
Keine Gewerbeanmeldung erforderlich
Die Tätigkeit im Rahmen einer Straußwirtschaft stellt keine Gewerbeausübung im Sinne der Gewerbeordnung (GewO) dar, solange die Gaststättentätigkeit den Charakter der Nebentätigkeit zum landwirtschaftlichen Hauptbetrieb wahrt.
Baugenehmigung und Nutzung
Für bauliche Veränderungen, die über eine gelegentliche Nutzung hinausgehen (Um- oder Neubau von Ausschankräumen), sind baurechtliche Genehmigungen gemäß Landesbauordnung erforderlich. Häufig besteht die Pflicht, bestimmte sanitäre und sicherheitstechnische Vorgaben einzuhalten.
Lebensmittel- und Hygienerechtliche Vorschriften
Obwohl Straußwirtschaften privilegiert sind, müssen sie alle einschlägigen Hygienevorschriften nach dem Lebensmittelrecht (u. a. Lebensmittelhygiene-Verordnung, Infektionsschutzgesetz) einhalten. Hierzu zählen:
- Vorgaben zu Kühlmöglichkeiten
- Reinigung und Zustand der Betriebsstätten
- Meldepflichten beim zuständigen Gesundheitsamt
Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen
Betreiber dürfen im Rahmen der Straußwirtschaft auch familienangehörige Personen sowie geringfügig Beschäftigte beschäftigen. Es gelten die regulären arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften, insbesondere das Arbeitszeitgesetz und das Mindestlohngesetz.
Folgen bei Verstößen und Missbrauch
Ein Betrieb außerhalb der gesetzlichen Voraussetzungen – etwa über den zulässigen Zeitraum hinaus, mit zugekauften Produkten oder ohne Einhaltung hygienischer Mindeststandards – kann empfindliche Bußgelder nach sich ziehen sowie die Verpflichtung, eine Gaststättenerlaubnis nachzuholen. In schweren Fällen ist auch der Entzug des Privilegs zur Führung einer Straußwirtschaft möglich.
Abgrenzung gegenüber sonstigen Bewirtungsformen
Nicht zu verwechseln sind Straußwirtschaften mit Gasthäusern, Schänken oder landwirtschaftlichen Hofläden. Nur Straußwirtschaften unterliegen der besonderen Ausnahme im Gaststättenrecht bezüglich Erlaubnispflicht und Steuervorteilen. Ein regelmäßiger oder ganzjähriger Bewirtungsbetrieb ist nicht zulässig.
Zusammenfassung
Die Straußwirtschaft stellt eine traditionelle und rechtlich privilegierte Form des saisonalen Wein- und Speisenausschanks durch Winzer und landwirtschaftliche Betriebe dar. Sie ist im Gaststättenrecht umfassend geregelt und genießt Erleichterungen hinsichtlich Erlaubnispflicht, Gewerberecht und Steuerrecht. Zugleich bestehen zahlreiche gesetzliche Anforderungen insbesondere bei Produktherkunft, Angebotsumfang und Einhaltung von Hygienevorschriften. Bei Nichteinhaltung drohen erhebliche rechtliche Konsequenzen bis zum Verlust der Ausnahmegenehmigung.
Siehe auch:
- [Gaststättengesetz]
- [Weinrecht in Deutschland]
- [Landwirtschaftsrecht]
- [Lebensmittelhygiene-Verordnung]
- [Umsatzsteuer für Landwirte]
Häufig gestellte Fragen
Welche gesetzlichen Voraussetzungen müssen für den Betrieb einer Straußwirtschaft erfüllt sein?
Der Betrieb einer Straußwirtschaft ist in Deutschland durch das Gaststättengesetz (GastG) und spezifische landesrechtliche Verordnungen geregelt. Voraussetzung ist, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb oder ein Weinbaubetrieb saisonal selbst erzeugte Getränke wie Wein, Most oder Federweißen und dazu passende, einfach zubereitete Speisen anbietet. Eine wesentliche rechtliche Bedingung ist, dass ausschließlich Erzeugnisse aus eigener Produktion ausgeschenkt werden dürfen; der Zukauf alkoholischer Getränke ist untersagt. Die Bewirtung darf nur im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit dem Erzeugungsort erfolgen. Eine spezielle Gaststättenerlaubnis nach § 2 Abs. 4 GastG ist nicht erforderlich, allerdings müssen die Anzeige des Betriebes bei der zuständigen Behörde und die Einhaltung aller Hygienevorschriften gemäß Lebensmittelrecht erfolgen. Zudem ist die Höchstzahl der Öffnungstage pro Jahr gesetzlich limitiert (oftmals auf vier Monate, jedoch je nach Bundesland unterschiedlich geregelt).
Gibt es besondere Regelungen zur Kennzeichnung und zum Betrieb einer Straußwirtschaft?
Ja, es bestehen spezielle Kennzeichnungspflichten, damit die Gäste erkennen können, dass es sich um eine Straußwirtschaft handelt und nicht um einen regulären Gastronomiebetrieb. Laut GastG muss die Straußwirtschaft traditionsgemäß durch einen Strauß, Kranz, Besen oder ähnliches am Eingang kenntlich gemacht werden. Diese äußeren Merkmale sind gesetzlich gefordert, um Transparenz zu schaffen und dem Gast signalisiert wird, dass keine umfassenden gastronomischen Dienstleistungen angeboten werden, sondern lediglich begrenzte Speisen- und Getränkeangebote aus eigener Produktion. Darüber hinaus müssen strenge Vorgaben zu den Ausschankzeiten, der maximalen Platzzahl und zum Angebotsumfang beachtet werden. So dürfen keine Fremd- oder Markenprodukte sowie keine an Dritte vermieteten Räumlichkeiten bewirtet werden.
Welche steuerrechtlichen Aspekte sind beim Betrieb einer Straußwirtschaft zu beachten?
Straußwirtschaften unterliegen steuerrechtlich besonderen Vorschriften. Da sie regelmäßig als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb geführt werden, genießen sie häufig steuerliche Vereinfachungen (Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG kann angewendet werden, sofern die Umsatzgrenzen eingehalten werden). Der Umsatz aus dem Verkauf von Wein und anderen selbst erzeugten Produkten zählt im Regelfall zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Für die Umsätze aus der Abgabe von Speisen gilt jedoch die Zuordnung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn diese einen erheblichen Umfang erreichen. Es ist zwingend auf getrennte Aufzeichnungen und eine ordnungsgemäße Buchführung zu achten. Darüber hinaus können ab einer bestimmten Umsatzhöhe Meldepflichten für die Umsatzsteuer entstehen, ggf. ist der Bezug auf die Pauschalierungsregelungen für landwirtschaftliche Erzeuger zwingend zu prüfen.
Welche Auflagen gelten bezüglich der maximalen Anzahl öffentlicher Plätze und der Betriebsdauer?
Gesetzlich ist die Anzahl der bewirtschafteten Plätze sowie der Zeitraum, in dem die Straußwirtschaft betrieben werden darf, strikt begrenzt. In der Regel gilt: Maximal 40 Sitzplätze dürfen angeboten werden, wobei die genaue Zahl von der jeweiligen landesrechtlichen Regelung abhängt. Die Öffnungsdauer ist ebenfalls gesetzlich limitiert: Straußwirtschaften dürfen üblicherweise nicht länger als vier aufeinanderfolgende Monate (90 bis 120 Tage im Kalenderjahr) geöffnet haben, außerdem dürfen sie oft nur zweimal jährlich betrieben werden. Verstöße gegen diese Regeln können als ordnungswidrig bewertet und mit Bußgeldern geahndet werden.
Müssen für Straußwirtschaften besondere Hygiene- oder Lebensmittelvorschriften beachtet werden?
Betreiber einer Straußwirtschaft unterliegen allen einschlägigen lebensmittelrechtlichen Vorschriften, insbesondere der Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV) und dem HACCP-Konzept. Die Sorgfaltspflichten hinsichtlich Reinigung, Lagerung und Zubereitung sind im gleichen Maße zu erfüllen wie bei gewerblichen Gaststätten. Ebenfalls ist ein nachweisbares Hygienekonzept vorzulegen, Mitarbeiter müssen in Lebensmittelhygiene unterwiesen werden (Belehrung nach § 43 Infektionsschutzgesetz). Außerdem gelten Kennzeichnungspflichten für Allergene und Zusatzstoffe gemäß Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV). Regelmäßige Kontrollen durch das örtliche Gesundheitsamt sind möglich.
Gibt es eine Sperrstunde oder andere Einschränkungen bei Öffnungszeiten für Straußwirtschaften?
Die Öffnungszeiten von Straußwirtschaften werden meist durch kommunale Nacht- und Lärmschutzverordnungen zusätzlich zu den allgemeinen gesetzlichen Vorgaben geregelt. Eine gesetzliche Sperrstunde kann von Bundesland zu Bundesland bzw. Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich sein und ist einzuhalten. Auch müssen Ruhezeiten (beispielsweise an Sonn- und Feiertagen) beachtet werden. Nachbarschaftsschutz ist stets zu berücksichtigen, insbesondere Lärmbelästigungen können zu ordnungsrechtlichen Konsequenzen führen. Bei wiederholten Verstößen können Auflagen, Bußgelder oder sogar der Widerruf der Betriebsgenehmigung drohen.
Welche Haftungsrisiken bestehen für Betreiber einer Straußwirtschaft?
Betreiber sind für alle aus ihrem Betrieb resultierenden Schäden haftbar. Dies umfasst sowohl die Haftung im Rahmen der sogenannten Verkehrssicherungspflicht – für Unfälle auf dem Gelände bzw. in den Räumen – als auch die Produkthaftung für das ausgeschenkte Getränk sowie die angebotenen Speisen. Es empfiehlt sich der Abschluss entsprechender Betriebshaftpflichtversicherungen. Zudem haften Betreiber für den Ausschank von Alkohol an Jugendliche (Jugendschutzgesetz – JuSchG) und sind verpflichtet, Ausweiskontrollen durchzuführen und Ausschankverbote zu befolgen. Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen, insbesondere des Steuer-, Hygiene- oder Gewerberechts, können zivil- und strafrechtliche Konsequenzen haben.