Begriff und rechtliche Einordnung des Share Deal
Ein Share Deal ist eine Form der Unternehmensübertragung, bei der Anteile (Shares) eines Unternehmens auf den Erwerber übertragen werden. Im Gegensatz zum Asset Deal, bei dem einzelne Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten unmittelbar auf den Käufer übergehen, erfolgt beim Share Deal der Erwerb mittelbar durch den Erwerb von Gesellschaftsanteilen. Insbesondere im Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Insolvenzrecht und im Kontext von Transaktionen sowie Unternehmenskäufen kommt dem Begriff eine erhebliche Bedeutung zu.
Rechtliche Grundlagen des Share Deals
Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen
Der Share Deal betrifft primär den Wechsel im Gesellschafterbestand einer Gesellschaft, beispielsweise einer GmbH, AG oder einer sonstigen Kapitalgesellschaft. Die spezifische Ausgestaltung des Erwerbs und die Übertragbarkeit der Anteile ergeben sich dabei aus dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag und den entsprechenden gesetzlichen Vorschriften, etwa im GmbH-Gesetz (GmbHG) oder Aktiengesetz (AktG).
Übertragung von Geschäftsanteilen
Die Übertragung von Geschäftsanteilen ist je nach Gesellschaftsform an unterschiedliche formale Anforderungen gebunden. Bei der GmbH ist beispielsweise die notarielle Beurkundung des Anteilskaufvertrags erforderlich (§ 15 Abs. 3 GmbHG). Möglicherweise bestehen auch Vorkaufsrechte oder Zustimmungserfordernisse laut Gesellschaftsvertrag, die beim Abschluss eines Share Deals zu beachten sind.
Kontrollwechsel (Change of Control) Klauseln
Im Zusammenhang mit Share Deals sind sogenannte „Change of Control“-Klauseln in Verträgen zu berücksichtigen. Diese regeln, welche Konsequenzen sich aus einem Wechsel im Gesellschafterkreis für bestehende Vertragsbeziehungen ergeben, etwa die Möglichkeit von Vertragspartnern, bestehende Verträge außerordentlich zu kündigen.
Steuerrechtliche Aspekte
Der Share Deal hat weitreichende steuerliche Konsequenzen, die in der Praxis einen maßgeblichen Einfluss auf die Strukturierung und Durchführung der Transaktion haben.
Grunderwerbsteuer
Im Gegensatz zum Asset Deal, bei dem vielfach Grunderwerbsteuer auf Immobilienübertragungen anfällt, bleibt der Share Deal oftmals steuerfrei, sofern bestimmte Schwellenwerte nicht überschritten werden (§ 1 Abs. 2a, 1 Abs. 3 GrEStG). Durch Gesetzesänderungen, insbesondere seit 2021, wurde jedoch der Anwendungsbereich erweitert, etwa durch die sogenannte „Share Deal Reform“, wonach schon bei Übertragung von mindestens 90 Prozent der Gesellschaftsanteile innerhalb von zehn Jahren Grunderwerbsteuer entstehen kann.
Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer
Im Rahmen eines Share Deals können weitere steuerliche Implikationen eintreten, insbesondere im Hinblick auf die Versteuerung von Veräußerungsgewinnen, die sowohl auf Ebene der veräußernden Gesellschafter (natürliche Personen oder Körperschaften) als auch auf Ebene der erworbenen Gesellschaft entstehen können (§ 17 EStG; § 8b KStG). Zudem ist zu prüfen, ob die erworbenen Anteile zum Betriebsvermögen gehören und daher gewerbesteuerpflichtig sind.
Umsatzsteuer
In der Regel fällt bei einem Share Deal keine Umsatzsteuer an, da es sich um eine nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen handeln kann (§ 1 Abs. 1a UStG).
Kartellrechtliche Aspekte
Ab einer gewissen Größenordnung unterliegt der Share Deal den Kontrollmechanismen des Kartellrechts. Die geplante Übernahme ist gemäß §§ 35 ff. GWB (deutsches Wettbewerbsrecht) oder der EU-Fusionskontrollverordnung anmelde- und gegebenenfalls genehmigungspflichtig, wenn bestimmte Umsatztgrößen überschritten werden.
Ablauf und Gestaltung des Share Deals
Due Diligence
Vor Abschluss des Anteilskaufvertrags wird regelmäßig eine Due Diligence durchgeführt. Dabei werden die rechtlichen, steuerlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Zielgesellschaft umfassend geprüft, um Haftungsrisiken und sonstige relevante Gesichtspunkte zu identifizieren.
Vertragliche Gestaltung
Der Share Deal wird durch einen Anteils- oder Kaufvertrag (Share Purchase Agreement, SPA) umgesetzt. Der Vertrag regelt u.a.:
- Kaufpreis und Zahlungsmodalitäten
- Gewährleistungsrechte
- Garantien und Zusicherungen des Verkäufers (Warranties and Representations)
- Freistellungen und Haftungsregelungen (Indemnities)
- Abschlussbedingungen (Closing Conditions)
- Durchführungsmodalitäten (Closing)
Spezielle Regelungen betreffen zudem die Abwicklung der Übergabe, die Eintragung im Handelsregister sowie die Regelung etwaiger Nebenabreden.
Mitbestimmungsrechtliche Folgen
Mit einem Share Deal kann sich auch auf Ebene der Arbeitnehmermitbestimmung ein Wechsel ergeben, wenn sich die Gesellschaftsstruktur ändert. Allerdings bleibt das Unternehmen als solches erhalten, weshalb insbesondere § 613a BGB (Betriebsübergang) nicht direkt einschlägig ist. Es können jedoch Informations- und Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertretung (z.B. Betriebsrat) bestehen.
Vor- und Nachteile des Share Deals gegenüber dem Asset Deal
Vorteile
- Rechtsnachfolge in sämtliche Vermögenswerte, Verträge und Lizenzen mit einem Rechtsgeschäft
- Vereinfachte Übertragung ohne einzelne Zustimmungserfordernisse der Vertragspartner, sofern keine Change of Control-Klauseln bestehen
- Potenzielle Steuerersparnis, insbesondere Grunderwerbsteuer (bei Erfüllung bestimmter Rahmenbedingungen)
- Kontinuität des Geschäftsbetriebs und der Arbeitsverhältnisse
Nachteile
- Erwerb potentieller unbekannter Haftungsrisiken und Altlasten („hidden liabilities“)
- Begrenzter Einfluss auf die Zusammensetzung der übernommenen Vermögensgegenstände
- Notwendigkeit umfassender Risikoanalyse und vertraglicher Absicherung
Abgrenzung zu ähnlichen Begriffen
Asset Deal
Der Asset Deal unterscheidet sich vom Share Deal vor allem durch die Übertragung ausgewählter Einzelwirtschaftsgüter und Verbindlichkeiten. Im Asset Deal erfolgt keine Rechtsnachfolge in das Unternehmen insgesamt, sondern es werden bestimmte Vermögenswerte wie Immobilien, Maschinen, Vorräte oder einzelne Vertragsbeziehungen individuell übertragen.
Joint Venture und Beteiligungserwerb
Während beim Share Deal regelmäßig die Kontrolle über ein Unternehmen angestrebt wird, können im Rahmen von Joint Ventures auch Minderheitsbeteiligungen erworben werden, ohne dass ein vollständiger Kontrollwechsel erfolgt.
Zusammenfassung und Bedeutung in der Praxis
Der Share Deal ist ein zentrales Gestaltungsinstrument beim Erwerb von Unternehmen oder Unternehmensgruppen, insbesondere aus gesellschafts-, steuer- und kartellrechtlicher Sicht. Die Wahl zwischen Share Deal und Asset Deal hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere von den angestrebten wirtschaftlichen Zielen, steuerlichen Rahmenbedingungen und bestehenden Vertragsstrukturen. Eine sorgfältige rechtliche und wirtschaftliche Prüfung sowie eine detaillierte vertragliche Gestaltung sind für die erfolgreiche Durchführung eines Share Deals unverzichtbar.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Durchführung eines Share Deals erfüllt sein?
Für die Durchführung eines Share Deals, also den Erwerb von Gesellschaftsanteilen an einer Kapital- oder Personengesellschaft, müssen verschiedene rechtliche Voraussetzungen beachtet werden. Zunächst ist zu prüfen, welche Formvorschriften im Einzelfall gelten. Bei der Übertragung von Anteilen an einer GmbH ist etwa nach § 15 Abs. 3 GmbHG zwingend notarielle Beurkundung vorgeschrieben. Aktien können hingegen nach § 68 AktG regelmäßig durch einfache Abtretung transferiert werden, sofern es sich um vinkulierte Namensaktien handelt, ist gegebenenfalls die Zustimmung der Gesellschaft erforderlich. Zudem dürfen etwaige in der Gesellschaftssatzung geregelte Vorkaufsrechte oder Zustimmungserfordernisse dritter Gesellschafter oder der Gesellschaft selbst nicht übersehen werden. In Beteiligungsverträgen finden sich außerdem häufig sogenannte Drag-Along- oder Tag-Along-Klauseln, welche weitere Bedingungen für die Anteilsübertragung begründen. Abschließend müssen die kartellrechtlichen und gegebenenfalls außenwirtschaftsrechtlichen Vorgaben geprüft werden, beispielsweise, ob die Transaktion einer Fusionskontrolle unterliegt oder Meldepflichten nach dem Außenwirtschaftsgesetz bestehen.
Welche Mitteilungspflichten bestehen im Zusammenhang mit Share Deals?
Share Deals können eine Vielzahl von Mitteilungs- und Anzeigepflichten auslösen. Gesellschaftsrechtlich ist insbesondere bei der GmbH erforderlich, dass der neue Gesellschafter nach Abwicklung der Transaktion unverzüglich in die Gesellschafterliste beim Handelsregister eingetragen wird, was die Geschäftsführer der Gesellschaft sicherstellen müssen (§ 40 GmbHG). Im Aktienrecht besteht etwa eine Anzeigepflicht gegenüber der Gesellschaft bei Überschreiten bestimmter Beteiligungsschwellen, wie sie § 20 AktG vorsieht. Ferner können pflichtgemäße Mitteilungen gegenüber Aufsichtsbehörden, insbesondere dem Bundesanzeiger bei qualifizierten Beteiligungen an regulierten Instituten, erforderlich werden. Im energiewirtschaftlichen Bereich können auch Meldepflichten an die Bundesnetzagentur oder andere Regulierungsbehörden ausgelöst werden. Darüber hinaus besteht je nach Transaktionsstruktur eine Anzeigepflicht nach dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) bzw. der Außenwirtschaftsverordnung (AWV), insbesondere bei Investitionen aus Drittstaaten in kritische Infrastrukturen.
Welche kartellrechtlichen Aspekte sind bei Share Deals zu berücksichtigen?
Im Rahmen eines Share Deals sind stets die kartellrechtlichen Vorschriften, insbesondere das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sowie die europäische Fusionskontrollverordnung (FKVO), zu berücksichtigen. Ein Share Deal kann dann der Fusionskontrolle unterliegen, wenn durch den Erwerb von Anteilen eine sogenannte Kontrolle oder ein wesentlicher Einfluss auf das Zielunternehmen erlangt wird und bestimmte Umsatzschwellen überschritten werden. Wirksamkeit und Vollzug eines solchen kontrollpflichtigen Vorhabens stehen unter dem aufschiebenden Vorbehalt der Freigabe durch das Bundeskartellamt bzw. die Europäische Kommission. Ohne diese Freigabe darf der Erwerber keine Kontrolle über die Zielgesellschaft ausüben. Die Schwellenwerte und die Auslegung des Begriffs „Kontrolle“ sind im Einzelfall juristisch präzise zu prüfen.
Welche Risiken bestehen für den Erwerber bei fehlerhafter Durchführung eines Share Deals?
Fehler in der Durchführung eines Share Deals können zu schwerwiegenden rechtlichen Konsequenzen führen. Wird etwa die notarielle Form bei GmbH-Anteilen missachtet, ist die Anteilsübertragung gemäß § 125 BGB nichtig. Auch können Verstöße gegen gesellschaftsvertragliche Vorkaufsrechte oder Zustimmungsvorbehalte Dritter zur Unwirksamkeit der Übertragung oder zu Schadenersatzansprüchen führen. Im kartellrechtlichen Kontext drohen hohe Bußgelder, falls der Vollzug einer anmeldepflichtigen Konzentration ohne Freigabe erfolgt (sog. „gun jumping“). Wird zudem gegen Meldepflichten nach dem AWG verstoßen, können ebenfalls Bußgelder und im Extremfall Rückabwicklungen drohen. Für den Erwerber besteht außerdem das Risiko, nicht die wirtschaftliche Inhaberschaft an den Anteilen zu erlangen, falls die Eintragung in das Handelsregister unwirksam ist oder gesellschaftsrechtliche Formerfordernisse nicht eingehalten wurden.
Welche Bedeutung haben Gewährleistungs- und Freistellungsklauseln in Share Deal-Verträgen?
Gewährleistungs- und Freistellungsklauseln sind zentrale Elemente eines jeden Share Deal-Vertrages, da sie bestehende oder mögliche zukünftige Risiken zwischen den Parteien verteilen. Gewährleistungsklauseln betreffen insbesondere die Zusicherungen des Verkäufers über den rechtlichen Bestand der Anteile, das Fehlen von Belastungen, das ordnungsgemäße Zustandekommen der Gesellschaft und die wirtschaftliche Situation des Unternehmens. Verstöße gegen solche Zusicherungen können zu Schadenersatzansprüchen führen. Freistellungsklauseln dienen meist dazu, den Käufer im Hinblick auf bestimmte, befürchtete Risiken geradezustellen (z.B. Steuerforderungen, Altlasten oder anhängige Rechtsstreitigkeiten). In rechtlicher Hinsicht ist besonders darauf zu achten, wie umfassend und befristet die Haftung ausgestaltet ist, da in deutschen Share Deals die gesetzlichen Gewährleistungsrechte häufig vertraglich ausgeschlossen werden.
Wie wirken sich Sperrminoritäten und andere gesellschaftsvertragliche Restriktionen auf einen Share Deal aus?
Sperrminoritäten und andere im Gesellschaftsvertrag oder in Nebenabreden geregelte Beschränkungen können erheblichen Einfluss auf die rechtliche Durchführung eines Share Deals haben. Sperrminoritäten gewähren einzelnen Gesellschaftern das Recht, bestimmte Beschlüsse zu verhindern, was sowohl die Übertragung als auch den effektiven Einfluss auf die Gesellschaft nach dem Erwerb einschränken kann. Klauseln wie Vorkaufsrechte, Zustimmungsvorbehalte oder Drag-Along/Tag-Along-Regelungen sind häufig in Gesellschaftsverträgen, Konsortialverträgen oder sonstigen Abreden enthalten. Diese können die Übertragbarkeit von Anteilen rechtlich blockieren oder an weitere Bedingungen knüpfen und müssen daher im Rahmen der rechtlichen Due Diligence umfassend geprüft werden. Das Nichtbeachten solcher Regelungen kann zur Nichtigkeit der Übertragung oder zu Schadenersatzansprüchen führen.
Welche steuerrechtlichen Auswirkungen sind im Rahmen eines Share Deals zu beachten (Überblick)?
Obwohl das detaillierte Steuerrecht nicht im Mittelpunkt dieser FAQ steht, ist aus rechtlicher Sicht zu beachten, dass ein Share Deal in Deutschland grundsätzlich keine Grunderwerbsteuer auslöst, sofern keine besonderen Schwellenwerte überschritten werden (§ 1 Abs. 2a GrEStG), jedoch sind zahlreiche Ausnahmevorschriften und Sonderfälle (insbesondere bei Immobiliengesellschaften) zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob andere steuerliche Konsequenzen, wie etwa die Besteuerung etwaiger Veräußerungsgewinne beim Verkäufer oder die neue Besteuerungssituation beim Erwerber, sowie Fragen der Verlustnutzung aufgrund des § 8c KStG, entstehen. Da steuerrechtliche Regelungen komplex und eng mit gesellschaftsrechtlichen Vorgängen verzahnt sind, sollte hierfür stets zusätzliche fachliche Beratung eingeholt werden.