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Selling


Begriff und rechtliche Grundlagen des Sellings

Der Begriff „Selling“ entstammt dem Englischen und bezeichnet den Verkauf beziehungsweise das Verkaufen von Waren, Dienstleistungen oder Rechten. Im rechtlichen Kontext umfasst Selling sämtliche Handlungen, die auf die Übertragung des Eigentums, Nutzungsrechte oder Forderungen gegen Entgelt gerichtet sind. Der Begriff findet in unterschiedlichen Rechtsgebieten Anwendung, darunter Vertragsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Wettbewerbsrecht sowie Verbraucherschutzrecht. Je nach Kontext können sich die rechtlichen Anforderungen und Folgen des Selling erheblich unterscheiden.

Rechtliche Definition und Einordnung

Im deutschen Recht ist „Selling“ grundsätzlich als rechtsgeschäftlicher Veräußerungsvorgang zu verstehen. Der Verkauf stellt dabei einen schuldrechtlichen Vertragstyp nach §§ 433 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar. Der klassische Kaufvertrag verpflichtet den Verkäufer zur Übertragung des Eigentums am Kaufgegenstand sowie zur Übergabe desselben im unversehrten Zustand und zur Verschaffung des Besitzes. Der Käufer verpflichtet sich im Gegenzug zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises.

Juristische Besonderheiten entstehen, sobald das Selling im Rahmen besonderer Geschäftsmodelle (etwa im gewerblichen Online-Handel, im Rahmen von Franchise-Systemen oder durch Vermittler) stattfindet. Hier kommen neben dem Bürgerlichen Gesetzbuch auch Regelungen des Handelsgesetzbuches (HGB) und weitere Spezialgesetze zur Anwendung.

Wesentliche Rechtsgebiete im Zusammenhang mit Selling

1. Vertragsrechtliche Aspekte

Kaufvertrag nach BGB

Die grundlegende rechtliche Basis für das Selling bildet in Deutschland der Kaufvertrag nach §§ 433 ff. BGB. Zentrale Elemente sind:

  • Verpflichtung zur Übereignung: Der Verkäufer muss dem Käufer das Eigentum an der verkauften Sache verschaffen.
  • Verpflichtung zur Zahlung: Der Käufer schuldet den Kaufpreis.
  • Gewährleistungspflichten: Der Verkäufer haftet für Sach- und Rechtsmängel gemäß §§ 434, 435 BGB.

Besonderheiten bei Verbraucherverträgen

Im Zusammenhang mit dem Selling an Verbraucher gelangen spezielle Verbraucherschutzvorschriften zur Anwendung. Maßgeblich sind hier vor allem:

  • Widerrufsrecht gemäß §§ 355 ff. BGB: Verbraucher haben unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen von einem Fernabsatzvertrag zurückzutreten.
  • Informationspflichten: Verkäufer müssen vor Vertragsschluss umfassend über die Ware, deren Qualitäten und über das Widerrufsrecht informieren.

2. Handels- und Gesellschaftsrecht

Unternehmenskauf (Share Deal/Asset Deal)

Das Selling im Rahmen des Unternehmenskaufs unterliegt komplexen gesellschaftsrechtlichen und zivilrechtlichen Regelungen. Je nach Ausgestaltung – ob durch Verkauf von Anteilen (Share Deal) oder einzelner Wirtschaftsgüter (Asset Deal) – gelten unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich:

  • Wirksamkeit des Kaufvertrags
  • Übertragung von Verbindlichkeiten und Verträgen
  • Haftungsfragen für Altverbindlichkeiten
  • Genehmigungserfordernisse und Mitteilungspflichten

Handelsvertreter und Vermittlertätigkeit

Im Handelsrecht ist das Selling häufig mit Vermittlungstätigkeiten verbunden, etwa durch Handelsvertreter (§§ 84 ff. HGB) oder Makler (§§ 93 ff. HGB). In diesen Fällen bestehen besondere Pflichten in Bezug auf die Interessenwahrung, Vergütung und Nachbetreuung von Kunden.

3. Wettbewerbsrechtliche Regelungen

Das Selling unterliegt wettbewerbsrechtlichen Beschränkungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG):

  • Irreführende Werbung: Jede Täuschung über Eigenschaften der Ware, den Preis oder die Verfügbarkeit ist verboten (§ 5 UWG).
  • Vergleichende Werbung: Zulässig nur unter strengen Voraussetzungen (§ 6 UWG).
  • Aggressive Verkaufspraktiken: Unzulässige Druckausübung oder Belästigung beim Selling sind untersagt (§ 4a UWG).

Kartellrechtlich müssen beim Selling wettbewerbsbeschränkende Absprachen (§ 1 GWB, Art. 101 AEUV) beachtet werden, insbesondere bei Preisabsprachen, Gebietsschutzregelungen oder Exklusivitätsvereinbarungen.

4. Verbraucherschutzrechtliche Vorgaben

Im Bereich B2C-Selling bestehen zahlreiche zusätzliche Regelungen zum Schutz der Käufer:

  • Produktrückruf und Produkthaftung: Der Hersteller und Verkäufer haften gegenüber den Endverbrauchern gemäß Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) für Schäden durch fehlerhafte Produkte.
  • Fernabsatzverträge und e-Commerce: Das Selling über das Internet unterliegt speziellen Vorschriften, etwa zur Vertragsabwicklung, Informationspflichten und Datensicherheit (Telemediengesetz – TMG, Datenschutzgrundverordnung – DSGVO).

5. Steuerrechtliche Aspekte

Jeder Verkaufsvorgang kann steuerliche Folgen auslösen:

  • Umsatzsteuer: Die Lieferung von Waren und Dienstleistungen unterliegt in Deutschland der Umsatzsteuer nach § 1 Umsatzsteuergesetz (UStG).
  • Ertragsteuerliche Behandlung: Gewinne aus Selling-Vorgängen unterliegen der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer.
  • Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten: Kaufverträge müssen ordnungsgemäß dokumentiert werden, um steuerrechtliche Anforderungen zu erfüllen.

6. Besondere Regelungen bei Immobilien und besonderen Wirtschaftsgütern

Verkäufe von Immobilien, Wertpapieren, Markenrechten und anderen besonderen Wirtschaftsgütern sind jeweils eigenen, oft umfangreichen Spezialvorschriften unterworfen:

  • Immobilienverkäufe: Formbedürftigkeit der Verträge (notarielle Beurkundung, § 311b BGB), Grundbuchrechtliche Eintragungspflichten.
  • Wertpapierverkauf: Beachtung kapitalmarktrechtlicher Vorschriften, insbesondere im Hinblick auf das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG).
  • Verkauf von geistigem Eigentum: Anwendung von Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes (UrhG), Patentgesetzes (PatG) oder Markengesetzes (MarkenG).

Internationale Aspekte des Selling

Verkaufsverträge mit grenzüberschreitendem Bezug unterliegen häufig internationalen Übereinkommen, etwa dem UN-Kaufrecht (CISG) oder bilateralen Abkommen. Hier stellen sich besondere Anforderungen an die Bestimmung des anwendbaren Rechts (Rom-I-VO) sowie Zuständigkeitsfragen bezüglich der Gerichte (EuGVVO).

Risiken und Haftungsfragen beim Selling

Unabhängig von der Verkaufsform bestehen für Verkäufer diverse Risiken:

  • Haftung für Mängel: Verkäufer stehen für die Mangelfreiheit nach dem gesetzlich geschuldeten Umfang ein.
  • Rücktritts- und Widerrufsrechte: Im Verbraucherschutz bestehen besondere Rückabwicklungsrisiken.
  • Schadensersatzpflichten: Falschinformationen oder Vertragsverletzungen können Schadensersatzansprüche nach sich ziehen.
  • Bußgelder und Strafen: Verletzungen von Informationspflichten oder wettbewerbswidrige Handlungen können mit Sanktionen belegt werden.

Zusammenfassung

Der Begriff Selling bezeichnet sämtliche Handlungen rund um den Verkauf von Waren, Dienstleistungen und Rechten und ist mit vielfältigen rechtlichen Anforderungen verbunden. Die Bandbreite reicht von den grundlegenden Regelungen des Kaufvertragsrechts über spezielle Bestimmungen im Handels- und Wettbewerbsrecht bis hin zu steuerlichen Vorschriften und internationalen Regelungen. Insbesondere im Bereich des Verbraucherschutzes und bei besonderen Wirtschaftsgütern greifen zusätzliche Schutzvorschriften, deren Einhaltung für Verkäufer essenziell ist. Entsprechend ist Selling im rechtlichen Kontext als vielschichtiger und komplexer Vorgang zu betrachten, der sorgfältiger Beachtung zahlreicher Rechtsgebiete und Normen bedarf.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Pflichten bestehen beim Verkauf von Waren an Endverbraucher?

Wer Waren an Endverbraucher verkauft, insbesondere über das Internet, unterliegt einer Vielzahl gesetzlicher Regelungen. Zunächst ist das Widerrufsrecht nach §§ 355 ff. BGB zu beachten, welches Verbrauchern eine Rückgabe der Ware innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss ohne Angabe von Gründen ermöglicht. Verkäufer müssen die Verbraucher ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht informieren, beispielsweise durch eine Widerrufsbelehrung, deren Inhalt und Form gesetzlich vorgeschrieben ist. Zudem bestehen Informationspflichten nach § 312d BGB und Art. 246a EGBGB, die unter anderem Angaben zu Identität, Preis, wesentlichen Produkteigenschaften, Liefer- und Zahlungsbedingungen, und den Ablauf des Vertragsschlusses umfassen. Darüber hinaus müssen Verkäufer die Gewährleistungsrechte nach §§ 437 ff. BGB einhalten, d.h. sie haften für Mängel an der gelieferten Ware für zwei Jahre ab Übergabe. Werden personenbezogene Daten der Käufer erhoben oder verarbeitet, greift zusätzlich die DSGVO, die umfangreiche Datenschutzpflichten vorschreibt. Zur Vermeidung wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen ist ferner darauf zu achten, dass alle Pflichtangaben vollständig und korrekt sind, da Verstöße hierunter häufig abgemahnt werden.

Welche Konsequenzen drohen bei Verstoß gegen Informationspflichten im Onlinehandel?

Verstöße gegen die gesetzlichen Informationspflichten im Onlinehandel nach §§ 312d, 312g BGB und Art. 246a EGBGB können weitreichende rechtliche Folgen haben. Zum einen können Wettbewerber, Verbraucherschutzverbände oder Abmahnvereine den Verkäufer abmahnen und Unterlassungs- sowie ggf. Schadensersatzansprüche geltend machen. Dies führt in der Regel zu zusätzlichen Kosten durch Anwaltsgebühren und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Kommt der Händler der Abmahnung nicht nach, droht eine gerichtliche Auseinandersetzung mit weiteren Kosten. Zum anderen kann ein Verstoß dazu führen, dass der Vertrag durch den Käufer widerrufen werden kann, wobei die Widerrufsfrist sich auf bis zu 12 Monate und 14 Tage verlängern kann, falls der Verkäufer über das Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß informiert hat. Schließlich sind Ordnungswidrigkeiten mit entsprechenden Bußgeldern denkbar, insbesondere bei Verstößen gegen Verbraucherschutz- oder Datenschutzvorschriften.

Welche Gewährleistungsrechte stehen Käufern bei Mängeln der Kaufsache zu?

Bei Mängeln der Kaufsache stehen Käufern die gesetzlichen Gewährleistungsrechte nach §§ 437 ff. BGB zu. Diese beinhalten zunächst das Recht auf Nacherfüllung, d.h. der Käufer kann nach seiner Wahl entweder die Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache oder die Beseitigung des Mangels verlangen. Scheitert die Nacherfüllung oder wird sie vom Verkäufer verweigert, stehen dem Käufer die Rechte auf Rücktritt vom Vertrag, Minderung des Kaufpreises sowie Schadens- und Aufwendungsersatz zu. Wichtig ist, dass die gesetzliche Gewährleistungsfrist zwei Jahre ab Ablieferung der Ware beträgt. Tritt der Mangel innerhalb der ersten zwölf Monate auf, wird vermutet, dass der Mangel bereits beim Gefahrübergang vorhanden war, es sei denn, dies ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist ist beim Verkauf an Verbraucher im Regelfall unzulässig.

Was ist beim Verkauf gebrauchter Ware rechtlich zu beachten?

Beim Verkauf gebrauchter Waren gelten grundsätzlich die gleichen gesetzlichen Vorgaben wie beim Verkauf neuer Artikel, insbesondere das Widerrufsrecht und die gesetzlichen Gewährleistungsrechte. Allerdings kann die Gewährleistungsfrist bei gebrauchten Sachen durch ausdrückliche und klare Vereinbarung im Kaufvertrag auf ein Jahr verkürzt werden (§ 475 Abs. 2 BGB), was bei Neuware nicht erlaubt ist. Die Verkürzung muss jedoch dem Käufer vor Vertragsschluss klar und verständlich mitgeteilt werden. Unwirksam sind hingegen vollständige Haftungsausschlüsse gegenüber Verbrauchern. Auch im Hinblick auf Informationspflichten und Datenschutz gelten keine Erleichterungen: Wer als gewerblicher Händler auftritt, muss auch beim Verkauf gebrauchter Waren sämtliche rechtlichen Vorgaben beachten.

Welche steuerlichen Aspekte sind beim Verkauf von Waren zu berücksichtigen?

Der Verkauf von Waren unterliegt regelmäßig der Umsatzsteuerpflicht nach dem UStG, sobald eine unternehmerische Tätigkeit vorliegt. Private Gelegenheitsverkäufe sind steuerfrei, jedoch wird bereits ab einer gewissen Regelmäßigkeit und Gewinnerzielungsabsicht eine Unternehmereigenschaft angenommen. Händler müssen hierfür eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beantragen und regelmäßig Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben. Beim Verkauf von gebrauchten Gegenständen kann die Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) Anwendung finden, was für den Händler einen steuerlichen Vorteil bringen kann. Gewinne aus dem Verkauf von Waren sind zudem einkommensteuerpflichtig. Hersteller und Händler sind verpflichtet, alle steuerrelevanten Vorgänge ordnungsgemäß zu dokumentieren und aufzubewahren. Verstöße gegen steuerrechtliche Pflichten können zu Nachzahlungen, Bußgeldern oder strafrechtlichen Konsequenzen führen.

Was ist bei internationalen Verkäufen aus rechtlicher Sicht zu beachten?

Beim Verkauf von Waren ins Ausland sind zusätzlich zu den nationalen Vorschriften auch die geltenden Bestimmungen im Zielland und etwaige internationale Regelungen zu beachten. Dies betrifft beispielsweise Zollbestimmungen, Ausfuhrbeschränkungen, Produktsicherheitsanforderungen und steuerliche Vorgaben wie die Umsatzbesteuerung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen innerhalb der EU (Reverse-Charge-Verfahren). Außerdem können länderspezifische Verbraucherschutzgesetze Anwendung finden, z.B. besondere Informationspflichten, Garantiebestimmungen oder Widerrufsrechte. Der Verkäufer muss beim Versand in Nicht-EU-Länder zudem gegebenenfalls Exportanmeldungen vornehmen und entsprechende Unterlagen bereithalten. Auch datenschutzrechtliche Anforderungen, insbesondere im Zuge des Datentransfers über Ländergrenzen hinweg, dürfen nicht missachtet werden.

Welche Besonderheiten gelten für den Verkauf digitaler Produkte?

Beim Verkauf digitaler Produkte (etwa Software, Musik, E-Books) ist das Fernabsatzrecht vollumfänglich anwendbar, das heißt insbesondere Informationspflichten und das Widerrufsrecht sind zu beachten. Nach § 356 Abs. 5 BGB kann das Widerrufsrecht allerdings erlöschen, wenn der Verbraucher ausdrücklich zustimmt, dass mit der Ausführung des Vertrags begonnen wird und er gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt, dass er dadurch sein Widerrufsrecht verliert. Auch auf die Erfüllung der Datenschutzbestimmungen ist beim Verkauf digitaler Produkte besonderes Augenmerk zu legen, da häufig personenbezogene Daten verarbeitet werden. Zudem sind urheberrechtliche Aspekte relevant, und es müssen gegebenenfalls Lizenzbestimmungen und Exportbeschränkungen eingehalten werden. Digitalen Gütern können zudem spezifische Gewährleistungsrechte nach §§ 327 ff. BGB zugrunde liegen, die etwa Aktualisierungspflichten oder Mängelhaftung betreffen.