Legal Lexikon

Real

Begriff und Grundbedeutung von „Real“

„Real“ leitet sich vom lateinischen Wort „res“ (Sache) ab und bezeichnet im rechtlichen Kontext eine Zuordnung zu Dingen oder sachenbezogenen Rechtsverhältnissen. Der Begriff grenzt sich von personenbezogenen oder rein schuldrechtlichen Beziehungen ab und beschreibt Rechte, Pflichten oder Handlungen, die unmittelbar an eine Sache, ein Grundstück oder eine sonstige vermögenswerte Einheit anknüpfen.

Herkunft und sprachlicher Ursprung

Die Vorsilbe „Real-“ dient in vielen Rechtsbegriffen als Hinweis auf den Sachbezug. Beispiele sind „Realrecht“, „Reallast“ oder „Realkredit“. Gemeinsam ist diesen Begriffen, dass der rechtliche Schwerpunkt nicht auf einer bestimmten Person, sondern auf der Sache oder dinglichen Sicherheit liegt.

Abgrenzung zu „personal“

„Real“ steht im Gegensatz zu „personal“: Während „personale“ Rechte und Pflichten auf bestimmte Personen bezogen sind (z. B. Forderungen gegen eine bestimmte Person), wirken „reale“ Rechte typischerweise gegenüber jedermann oder binden den jeweiligen Eigentümer einer Sache, unabhängig davon, wer dies konkret ist.

„Real“ im Zivilrecht

Dingliche Rechte (Realrechte)

Dingliche Rechte sind absolute Rechte an Sachen. Sie wirken gegenüber jedermann und gewähren unmittelbare Herrschaft über eine Sache oder deren Nutzung. Zu den zentralen Realrechten zählen:

Eigentum und beschränkte dingliche Rechte

  • Eigentum: Umfassende Zuordnung einer Sache zu einer Person, mit der Befugnis, über die Sache zu verfügen und andere von der Einwirkung auszuschließen, soweit die Rechtsordnung dies zulässt.
  • Beschränkte dingliche Rechte: Gewähren Teilbefugnisse am fremden Eigentum, etwa Nutzung, Sicherung oder Belastung. Dazu zählen insbesondere Dienstbarkeiten (Nutzungsrechte zugunsten eines anderen Grundstücks oder einer Person), Grundpfandrechte (dingliche Sicherheiten an Grundstücken) und Reallasten (auf einem Grundstück ruhende Leistungspflichten).

Realkontrakte (Realverträge)

Als „real“ werden in der klassischen Lehre Vertragsarten bezeichnet, die erst durch die tatsächliche Hingabe einer Sache zustande kommen. Hier steht der sachliche Vollzug im Mittelpunkt. Traditionell zählen dazu etwa Darlehen (Hingabe von Geld oder vertretbaren Sachen), Leihe (unentgeltliche Gebrauchsüberlassung), Verwahrung (Aufnahme einer Sache zur Obhut) und Pfandbestellung (Hingabe einer Sache zur Sicherung). Der Gedanke des Realvertrags betont, dass der Vertragsschluss an eine reale Handlung anknüpft und nicht allein an die Einigung.

Realobligation

Eine Realobligation ist eine Verpflichtung, die an eine Sache gebunden ist und den jeweiligen Eigentümer oder Besitzer als „Träger der Sache“ trifft. Charakteristisch ist, dass die Pflicht mit dem Eigentum an der Sache „mitwandert“. Typische Erscheinungsformen sind wiederkehrende Leistungen, die auf einem Grundstück ruhen. Der jeweils berechtigte Gläubiger kann die Leistung aus der Sache heraus verlangen; der jeweilige Eigentümer hat die Pflicht zu erfüllen, solange die dingliche Bindung besteht.

Realakt

Ein Realakt ist eine tatsächliche Handlung mit rechtlicher Wirkung, ohne dass es auf eine Willenserklärung im Sinne eines Rechtsgeschäfts ankommt. Die Rechtsordnung knüpft die Rechtsfolge an die tatsächliche Vornahme. Beispiele sind die Übergabe einer Sache zur Besitzverschaffung, die Ingebrauchnahme oder tatsächliche Benutzung, aber auch schlicht-hoheitliche Maßnahmen im öffentlichen Bereich, die nicht auf einen Verwaltungsakt gerichtet sind.

Dingliche Einigung und „Real-„Bezug

Die Übertragung oder Belastung von Sachen setzt regelmäßig eine dingliche Einigung voraus, also eine Einigung, die speziell auf den Rechtserwerb an der Sache gerichtet ist. Der „reale“ Charakter zeigt sich darin, dass die Einigung mit sachenrechtlichen Vollzugselementen (etwa Übergabe oder Eintragung im Grundbuch bei Grundstücken) verknüpft ist.

„Real“ im Sachenrecht besonderer Bereiche

Grundpfandrechte und Realkredit

Grundpfandrechte dienen der Sicherung von Forderungen durch Belastung eines Grundstücks. Der Realkredit stützt sich auf den Sachwert des Grundstücks und die dingliche Sicherung. Die persönliche Kreditwürdigkeit kann eine geringere Rolle spielen als die Werthaltigkeit der dinglichen Sicherheit.

Dienstbarkeiten und Realservituten

Dienstbarkeiten gewähren Nutzungsrechte an fremden Grundstücken. In Teilen des deutschsprachigen Rechtsraums wird hierfür der Begriff „Realservitut“ verwendet, um den sachenbezogenen Charakter zu betonen: Das Recht ist einem Grundstück zugunsten eines anderen Grundstücks zugeordnet und bindet damit jeden jeweiligen Eigentümer der belasteten und der berechtigten Liegenschaft nach Maßgabe der Eintragung.

Reallast

Die Reallast begründet eine auf einem Grundstück ruhende Pflicht zur Leistung, häufig wiederkehrend (z. B. Zahlung oder Lieferung). Die Verpflichtung trifft den jeweiligen Eigentümer des belasteten Grundstücks, was die sachenbezogene Bindung verdeutlicht.

„Real“ im öffentlichen Recht

Realakt der Verwaltung

Im Verwaltungsrecht bezeichnet Realakt ein tatsächliches Handeln der Verwaltung mit faktischer Wirkung (z. B. Warnungen, Auskünfte, schlichte Hilfstätigkeiten), das keinen Verwaltungsakt darstellt. Die rechtlichen Folgen ergeben sich aus der gesetzlichen Ordnung, nicht aus einer hoheitlichen Regelung im Einzelfall.

Realverbände und historische Bezüge

In einzelnen Rechtsordnungen existieren oder existierten Gemeinschaften mit sachenbezogener Mitgliedschaft (etwa Realverbände oder Realgemeinden), bei denen die Mitgliedschaft an den Besitz bestimmter Grundstücke oder Nutzungsrechte anknüpft. Die Zugehörigkeit folgt dann der Sache und nicht einer persönlichen Beitrittserklärung.

„Real“ im Steuerrecht

Realsteuern

Als Realsteuern werden Steuern bezeichnet, die an eine Sache oder einen sachlichen Ertrag anknüpfen und nicht primär an die persönliche Leistungsfähigkeit. Im kommunalen Kontext zählen hierzu insbesondere grundstücks- und ertragsbezogene Abgaben, die auf den sachenbezogenen Charakter hinweisen.

„Real“ im Schuldrecht und Finanzwesen

Realkredit

Der Realkredit ist ein Kredit, der durch ein dingliches Sicherungsrecht (insbesondere an Grundstücken) abgesichert ist. Entscheidend ist die Verwertbarkeit der Sicherheit, wodurch der Kredit dinglich unterlegt wird. Der Realbezug zeigt sich in der Haftung der Sache für die gesicherte Forderung.

Realofferte (sachbezogenes Angebot)

Als Realofferte wird ein durch tatsächliches Verhalten erklärtes Angebot verstanden, das sich aus einer sachlichen Bereitstellung oder Leistung ergibt. In bestimmten Bereichen lässt sich daraus ein Vertragsangebot ableiten, wenn der Empfänger durch sein Verhalten annimmt. Der „reale“ Aspekt liegt in der konkludenten Willensbetätigung mittels tatsächlicher Handlung.

Rechtsvergleichende Hinweise

Im deutschsprachigen Rechtsraum wird „Real“ überwiegend zur Kennzeichnung sachenrechtlicher Strukturen verwendet. Unterschiede bestehen im Detail der Begriffe und Bezeichnungen (z. B. „Realservitut“ in einigen Rechtsordnungen, „Grunddienstbarkeit“ in anderen). Der zugrunde liegende Gedanke – die Bindung von Rechten und Pflichten an Sachen und deren Wirkung gegenüber jedermann oder dem jeweiligen Eigentümer – ist jedoch weitgehend ähnlich.

Abgrenzungen, Missverständnisse und Alltagssprache

Nicht gemeint: „real“ als „tatsächlich“

Der Alltagsbegriff „real“ im Sinne von „wirklich“ oder „tatsächlich“ ist vom rechtsbegrifflichen „Real-“ strikt zu unterscheiden. Im Recht beschreibt „Real-“ den Bezug zur Sache, nicht die Frage, ob etwas tatsächlich oder vermeintlich existiert.

Keine Verwechslung mit Marken- oder Unternehmensbezeichnungen

Bezeichnungen von Unternehmen oder Marken mit dem Wortbestandteil „Real“ haben keinen Bezug zum hier erläuterten Rechtsbegriff. Maßgeblich ist die sachenrechtliche oder sachbezogene Bedeutung in den dargestellten Kontexten.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet „Real“ im rechtlichen Sinn?

„Real“ bezeichnet den Bezug zu Sachen. Rechte, Pflichten oder Handlungen sind nicht an eine bestimmte Person, sondern an eine Sache geknüpft. Sie wirken häufig gegenüber jedermann oder binden den jeweiligen Eigentümer.

Worin besteht der Unterschied zwischen Realrechten und schuldrechtlichen Rechten?

Realrechte wirken absolut gegenüber jedermann und gewähren unmittelbare Herrschaft oder Nutzung an einer Sache. Schuldrechtliche Rechte richten sich dagegen nur gegen bestimmte Personen und begründen Ansprüche auf Leistung oder Unterlassung.

Was ist eine Realobligation?

Eine Realobligation ist eine Verpflichtung, die an eine Sache anknüpft und den jeweiligen Eigentümer trifft. Wechselt die Sache den Eigentümer, geht die Verpflichtung mit, solange die dingliche Bindung besteht.

Was versteht man unter einem Realakt?

Ein Realakt ist eine tatsächliche Handlung mit rechtlicher Wirkung, die nicht auf einer Willenserklärung wie bei einem Rechtsgeschäft beruht. Die Rechtsfolgen ergeben sich aus der Ordnung, die die Handlung mit Bedeutung versieht.

Was sind Realsteuern?

Realsteuern knüpfen an Sachen oder sachbezogene Erträge an. Sie stellen weniger auf individuelle persönliche Verhältnisse ab als auf die objektbezogene Leistungsfähigkeit.

Was ist ein Realkredit?

Ein Realkredit ist ein Kredit, dessen Rückzahlung durch ein dingliches Sicherungsrecht, typischerweise an einem Grundstück, abgesichert ist. Entscheidend ist die Werthaltigkeit der Sicherheit.

Gibt es Unterschiede im Begriff „Real“ zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz?

Die Grundidee ist ähnlich: „Real“ kennzeichnet sachenbezogene Strukturen. Unterschiede betreffen vor allem Terminologie und einzelne Ausgestaltungen, etwa die Verwendung des Begriffs „Realservitut“ im Vergleich zu „Grunddienstbarkeit“.