Legal Lexikon

Pari


Begriff und rechtliche Grundlagen: Pari

Der Begriff „Pari“ entstammt dem Lateinischen und bedeutet „gleich“. Im rechtlichen Kontext, insbesondere im Bereich des Zivil-, Gesellschafts- und insbesondere Bank- und Kapitalmarktrechts, beschreibt „Pari“ die Gleichstellung mehrerer Ansprüche, Rechte, Forderungen oder Werte miteinander, meist hinsichtlich ihrer Rangfolge oder Werthaltigkeit. Die Verwendung des Begriffs ist vielschichtig und betrifft verschiedene Rechtsgebiete und Vertragstypen.


Verwendung und Auslegung im Recht

Bedeutungsaspekte im Kontext von Anspruchsgleichheit

Im deutschen und internationalen Rechtssystem bezeichnet „Pari“ häufig den Zustand, in dem gleichrangige Forderungen, Rechte oder Anteile bei der Durchsetzung oder Befriedigung keine Vorzugsstellung gegenüber anderen gleichartigen Ansprüchen haben. Diese Gleichrangigkeit ist insbesondere bei der Abwicklung von Insolvenzverfahren, der Emission von Wertpapieren sowie bei der Gestaltung von Kreditverträgen und bei gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen relevant.

Pari Passu – Enger und weiter Anwendungsbereich

Am gebräuchlichsten ist der Ausdruck in der Formulierung „pari passu“ (lat.: „mit gleichem Schritt“ oder „gleichrangig“). „Pari passu“-Klauseln finden sich in:

  • Kreditverträgen
  • Anleihebedingungen
  • Gesellschaftervereinbarungen
  • Insolvenzordnungen

Eine Pari-Passu-Klausel sichert Gläubigern oder Anteilseignern vertraglich das Recht zu, anteilig und in gleicher Rangstellung erfüllt zu werden. In der Insolvenz bedeutet dies beispielsweise, dass Forderungen, die pari passu stehen, aus der Insolvenzmasse nach demselben Maßstab quotal bedient werden.


Pari im Bank- und Kapitalmarktrecht

Gleichrangigkeit im Kreditrecht

Kreditverträge, insbesondere im internationalen Geschäft, beinhalten regelmäßig Pari-Passu-Klauseln, um sicherzustellen, dass die Forderungen sämtlicher Gläubiger, die unter denselben Bedingungen gewährt wurden, im Ernstfall – etwa bei Insolvenz des Schuldners – gleich behandelt werden. Die Insolvenzordnung Deutschlands (§§ 38 ff. InsO) gibt diesen Forderungen grundsätzlich den Status von Insolvenzforderungen, die „gleichmäßig“ im Rang stehen, soweit sie nicht durch Sicherheiten oder vorrangige gesetzliche Regelungen – zum Beispiel durch Absonderungs- oder Aussonderungsrechte – bevorzugt werden.

Bedeutung für die Emission von Anleihen

Im Kapitalmarktrecht gewährleistet eine Pari-Passu-Klausel den Anleihegläubigern, dass ihre Forderungen bezüglich der Rückzahlung und Zinszahlung auf einer Stufe mit anderen unbesicherten und nicht nachrangigen Verbindlichkeiten der Emittentin stehen. Dies schützt die Interessen der Inhaber vor Benachteiligung gegenüber neu geschaffenen oder künftig zu begebenden Verbindlichkeiten.

Auswirkungen im Insolvenzrecht

Im Falle der Insolvenz dient eine „Pari“-Regelung dazu, die Gleichbehandlung sämtlicher betroffener Gläubiger sicherzustellen: Jeder erhält aus der Insolvenzmasse denselben prozentualen Anteil auf seine Forderung. Gläubiger werden auf diese Weise keinem Risiko ausgesetzt, durch spätere einseitige Vereinbarungen in ihrer Rangstellung nachgeteilt zu werden.


Gesellschaftsrechtliche Bedeutung von Pari

Gleichstellung und Gleichbehandlung von Anteilen

Im Gesellschaftsrecht dient der Begriff „Pari“ insbesondere der Gleichbehandlung von Gesellschaftern oder Aktionären innerhalb derselben Anteilsklasse. Wird etwa im Gesellschaftsvertrag die Pari-Stellung sämtlicher Gesellschafteranteile vereinbart, so haben alle Gesellschafter gleiche Rechte und Pflichten – beispielweise hinsichtlich Stimmrechten, Bezugsrechten und Gewinnbeteiligung.

Relevanz bei Gesellschafterdarlehen und Nachrangigkeit

Besonders in Sanierungsfällen oder bei der Vergabe von Gesellschafterdarlehen an eine Gesellschaft ist es relevant, ob solche Darlehen pari passu mit Forderungen Dritter stehen oder nachrangig sind. Die genaue vertragliche Ausgestaltung beeinflusst, in welcher Reihenfolge Forderungen im Insolvenzfall aus der Masse bedient werden.


Steuerrechtliche Aspekte

Der Pari-Grundsatz hat im Steuerrecht insbesondere Bedeutung bei der Bewertung von Forderungen und Anteilen. Steuerliche Vorschriften verlangen, dass gleichartige Rechte oder Vermögensgegenstände, die pari gestellt sind, nicht unterschiedlich bewertet oder behandelt werden dürfen; sie sind nach einheitlichen Kriterien zu beurteilen.


Internationale Bedeutung und Auslegung

Pari-Passu-Klauseln haben im internationalen Vertragsrecht bedeutenden Stellenwert. Sie bilden ein wesentliches Element in internationalen Anleiheverträgen und Kreditvereinbarungen, um internationale Gläubigergleichheit zu gewährleisten. Besonders Staaten, die auf den internationalen Kapitalmarkt angewiesen sind, erklären häufig vertraglich die Gleichrangigkeit aller durch sie begebenen Schuldtitel.


Gerichtliche und praktische Bedeutung

In der Rechtsprechung werden Pari- (und insbesondere Pari-Passu-)Klauseln regelmäßig ausgelegt und deren Auswirkungen auf vertragliche und gesetzliche Regelungen geprüft. Streitfälle entstehen oftmals dann, wenn durch nachträgliche Rechtsgeschäfte oder gesetzliche Änderungen neue, eventuell bevorrechtigte Ansprüche geschaffen werden, die das Pari-Prinzip beeinträchtigen könnten.


Zusammenfassung

Der Rechtsbegriff „Pari“ bezeichnet insbesondere im Bank-, Insolvenz-, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht die Gleichstellung von Forderungen, Rechten oder Anteilen in Bezug auf Rangfolge und Werthaltigkeit. Die Anwendung und Bedeutung reichen von der Ausgestaltung von Kredit- und Gesellschaftsverträgen über die Ordnung der Gläubigerbefriedigung in Insolvenzverfahren bis hin zur Bewertung im Steuerrecht. Pari-Passu-Klauseln stellen eine zentrale Schutzfunktion für Rechte-Inhaber und Gläubiger dar und spielen insbesondere in internationalen Finanztransaktionen eine herausragende Rolle.


Literaturhinweise

  • Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, aktuelle Auflage – Kommentierung zu §§ 38 ff. InsO
  • Häsemeyer, Das Pari-Passu-Prinzip im internationalen Anleihe- und Kreditrecht, 2019
  • Schmolke, Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2022

Hinweis: Dieser Artikel dient der Information und ersetzt keine rechtliche Beratung.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen bei Pari im deutschen Recht erfüllt sein?

Im deutschen Recht stellen sich bei Pari (insbesondere im Zusammenhang mit Finanzinstrumenten oder Gesellschaftsrecht) verschiedene zwingende rechtliche Anforderungen. Grundlegend ist dabei, dass sämtliche Beteiligten an einem sogenannten „Pari Passu“ (gleiche Rangordnung) gleich zu behandeln sind, was insbesondere für Gläubiger im Insolvenzfall oder bei der Ausgabe von Anleihen gilt. Diese Gleichstellung ist gesetzlich in verschiedenen Normen geregelt, zum Beispiel im Insolvenzrecht (§ 38 InsO für gleichrangige Insolvenzgläubiger) oder im Wertpapierprospektrecht durch die Pflicht zur Gleichbehandlung gemäß Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Bei Gesellschaften wird die Pari-Stellung häufig durch die Satzung oder Gesellschaftsverträge konkretisiert, insbesondere dort, wo es um die Verteilung von Gewinnen, Rechten und Pflichten geht. Zudem ist stets zu prüfen, ob durch Nebenabreden, Sicherheiten oder Umgehungsgeschäfte die Pari-Stellung verletzt werden könnte, da dies unter Umständen sittenwidrig (§ 138 BGB) oder wegen Diskriminierung einzelner Gläubiger anfechtbar wäre.

Welche rechtlichen Folgen hat ein Verstoß gegen das Pari-Prinzip?

Ein Verstoß gegen das Pari-Prinzip kann erhebliche rechtliche Konsequenzen haben, insbesondere Schadenersatzansprüche, Anfechtbarkeit von Verträgen oder einzelner Vereinbarungen sowie im Insolvenzfall die Rückgewähr von bereits geleisteten Zahlungen (§§ 129 ff. InsO). Auch kann die Benachteiligung einzelner Gläubiger zur Unwirksamkeit der getroffenen Vereinbarungen führen. In besonders schweren Fällen kann dies sogar einen Straftatbestand, wie beispielsweise eine Untreue (§ 266 StGB) oder eine betrügerische Handlung darstellen. Darüber hinaus können behördliche Sanktionen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) drohen, soweit regulierte Märkte berührt sind.

Wie wirkt sich Pari im Insolvenzverfahren aus?

Im Insolvenzverfahren bedeutet Pari Passu, dass alle nicht nachrangigen Gläubiger gleichberechtigt aus der Insolvenzmasse befriedigt werden. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet die Insolvenzordnung, insbesondere § 38 InsO. Nachrangige Forderungen (§ 39 InsO), wie z.B. Gesellschafterdarlehen, werden hingegen erst nachrangig befriedigt. Sollte ein Gläubiger durch separate Vereinbarungen einen besseren Rang erhalten haben, kann diese Vereinbarung unter Umständen nach §§ 129 ff. InsO angefochten werden, wenn sie kurz vor der Insolvenz wirksam wurde und eine Gläubigerbenachteiligung stattfand.

Welche gesetzlichen Regelungen sichern das Pari-Prinzip im deutschen Gesellschaftsrecht?

Im Gesellschaftsrecht wird das Pari-Prinzip insbesondere durch das Gleichbehandlungsgebot gemäß § 53a Aktiengesetz (AktG) und vergleichbare Vorschriften im GmbH-Gesetz gewahrt. Aktionäre bzw. Gesellschafter dürfen demnach grundsätzlich nicht unterschiedlich behandelt werden, es sei denn, dies ist sachlich gerechtfertigt und in der Satzung ausdrücklich geregelt. Jegliche Benachteiligung einzelner Anteilseigner ist anfechtbar und kann zur Nichtigkeit von Beschlüssen führen (§ 243 AktG). Darüber hinaus enthalten Musterverträge und Satzungen häufig explizite Regelungen zur Wahrung der Pari-Stellung, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Welche Rolle spielt Pari bei der Ausgabe von Anleihen?

Bei der Emission von Anleihen ist das Pari-Prinzip aus rechtlicher Sicht ein wesentliches Kriterium. Es sichert, dass neue und bestehende Anleihen der gleichen Emission im selben Rang stehen und somit die Gläubigerrechte gleichwertig sind. Dies ist insbesondere im Wertpapierprospekt und in den Anleihebedingungen klar zu regeln und wird von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) überwacht. Jede Abweichung vom Grundsatz der Gleichrangigkeit bedarf einer expliziten vertraglichen Vereinbarung und ist potenziell mit regulatorischen Risiken verbunden, da sie die Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsätze im Wertpapierhandelsrecht verletzen kann.

Inwiefern ist Pari im internationalen Rechtsverkehr relevant?

Im internationalen Rechtsverkehr gewinnt das Pari-Prinzip besondere Bedeutung, da unterschiedliche Rechtsordnungen unterschiedliche Ausgestaltungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes kennen. In internationalen Finanzierungen oder bei syndizierten Krediten wird daher regelmäßig die sogenannte „Pari Passu Klausel“ in Verträgen aufgenommen, die meist dem anglo-amerikanischen Rechtskreis entstammt. Diese Klausel sichert zu, dass Gläubiger in Bezug auf bestehende und zukünftige Verbindlichkeiten gleich behandelt werden. Im Konfliktfall ist zu prüfen, welches Recht auf den jeweiligen Vertrag Anwendung findet und wie das Pari-Prinzip dort ausgelegt wird. Die deutsche Rechtsprechung orientiert sich hierbei an international anerkannten Standards, prüft jedoch stets die Vereinbarkeit mit zwingenden lokalen Vorschriften.