Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»M&A»Offering

Offering


Begriff und rechtliche Einordnung des Offerings

Der Begriff „Offering“ findet im deutschen und internationalen Rechtsverkehr vielfältige Verwendung und nimmt insbesondere wirtschaftlich-rechtlich eine bedeutende Rolle ein. Grundsätzlich bezeichnet „Offering“ eine Angebotsunterbreitung, meist im Zusammenhang mit Finanzierungs-, Kapitalmarkt- oder Unternehmensprozessen, wobei die Terminologie überwiegend aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis übernommen worden ist. Die rechtliche Betrachtung des Offerings erstreckt sich auf verschiedene Rechtsgebiete, insbesondere Gesellschaftsrecht, Wertpapierrecht, Aufsichtsrecht, Vertragsrecht und Kapitalmarktrecht.

Formen des Offerings

Öffentliches Offering (Public Offering)

Das öffentliche Offering beschreibt in der Regel die erstmalige oder wiederholte, freiwillige oder gesetzlich vorgeschriebene Angebotsabgabe von Finanzinstrumenten, insbesondere von Wertpapieren, an eine unbestimmte Vielzahl von Anlegern am Kapitalmarkt. Typisches Beispiel ist das „Initial Public Offering“ (IPO), bei dem Aktien eines Unternehmens erstmals öffentlich angeboten und an einer Börse platziert werden. Das öffentliche Offering ist in der Regel an umfangreiche rechtliche Voraussetzungen, Transparenzanforderungen und Genehmigungsverfahren gebunden.

Wichtige rechtliche Grundlagen sind unter anderem die Prospektpflicht nach der EU-Prospektverordnung (Verordnung (EU) 2017/1129), das Wertpapierprospektgesetz (WpPG) und einschlägige Regelungen des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) in Deutschland. Ziel dieser Regularien ist es, durch Offenlegungspflichten und Informationsanforderungen den Schutz des Anlegers und die Transparenz am Kapitalmarkt sicherzustellen.

Ablauf eines Public Offering

Der rechtliche Ablauf eines öffentlichen Offerings umfasst typischerweise folgende Schritte:

  1. Entscheidung über das Offering: Beschluss des Emittenten, Finanzinstrumente öffentlich anzubieten.
  2. Erstellung des Wertpapierprospekts: Erarbeitung der gesetzlich vorgeschriebenen Informationen und Einhaltung der Transparenzpflichten.
  3. Billigung durch die Aufsichtsbehörde: Prüfung und Freigabe des Prospekts z.B. durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
  4. Veröffentlichung und Platzierung: Zugänglichmachung des Angebots an Anleger und Durchführung der Platzierung am Markt.

Privates Offering (Private Placement)

Das private Offering, auch als Private Placement bezeichnet, ist die nicht-öffentliche, gezielte Angebotsunterbreitung an einen abgegrenzten Investorenkreis, zum Beispiel institutionelle Anleger, Family Offices oder vermögende Privatpersonen. Rechtlich unterliegt das Private Placement im Unterschied zum Public Offering teils reduzierten regulatorischen Anforderungen, insbesondere kann die Prospektpflicht ganz oder teilweise entfallen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß Prospektverordnung oder § 3 WpPG erfüllt sind.

Typische Anwendungsbereiche sind Wachstumsfinanzierungen, Unternehmensbeteiligungen und die Platzierung von Unternehmensanleihen bei professionellen Investoren.

Rechtliche Anforderungen und Pflichten

Prospektpflicht und Ausnahmen

Kernregelungen betreffen die Prospektpflicht rund um das Offering. Grundsätzlich muss bei öffentlichen Offerings ein Wertpapierprospekt erstellt, von der zuständigen Behörde gebilligt und veröffentlicht werden. Ausgenommen hiervon sind unter anderem folgende Fälle:

  • Angebote ausschließlich an professionelle Anleger oder weniger als 150 natürliche oder juristische Personen pro Mitgliedstaat (außer qualifizierte Anleger)
  • Mindestzeichnungssumme pro Anleger von mindestens 100.000 Euro
  • Angebote mit insgesamt geringem Gesamtgegenwert innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten (Schwellenwert laut EU-Prospektverordnung)

Fallen Offerings unter solche Ausnahmen, bleiben dennoch bestimmte Informations- und Transparenzpflichten, etwa auf Grundlage des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) oder Wertpapierhandelsgesetzes, zu beachten.

Pflichten des Emittenten

Der Anbieter (Emittent) des Offerings unterliegt, je nach Ausgestaltung und Reichweite, umfangreichen Anforderungen:

  • Erstellung wahrheitsgemäßer, vollständiger und aktueller Angebotsunterlagen
  • Einhaltung von Veröffentlichungsfristen und Meldepflichten gegenüber Aufsichtsbehörden
  • Beachtung von Insiderrecht und Verbot von Marktmanipulation (z.B. gem. EU-Marktmissbrauchsverordnung)
  • Umsetzung von Mechanismen zur Risikobegrenzung und zum Anlegerschutz

Vertragsrechtliche Aspekte des Offerings

Das Offering ist zugleich rechtlich als Angebot im Sinne von § 145 ff. BGB einzuordnen, sofern es sich um ein verbindliches Angebot zur Annahme durch einen oder mehrere Dritte handelt. Im Kontext von Wertpapier-Offerings wird zumeist ein öffentliches Angebot gemäß § 656a BGB abgegeben, das durch Annahme (z.B. Zeichnung einer Aktie) zu einem bindenden Vertrag führt.

Zu beachten sind dabei insbesondere Vorschriften zum Widerrufsrecht, zu Auslegungsfragen bei Mehrdeutigkeiten (z.B. AGB-rechtlicher Hintergrund) und zur Informationspflicht gegenüber Verbrauchern.

Kapitalmarktrechtliche und aufsichtsrechtliche Implikationen

BaFin und weitere Aufsichtsbehörden

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist in Deutschland die zuständige Aufsichtsbehörde für die Billigung von Prospekten und die Überwachung von Kapitalmarkt-Offerings. Auf europäischer Ebene ist die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) relevant. Auch beim grenzüberschreitenden Offering kommen Melde- und Zulassungspflichten innerhalb der EU sowie nach nationalen Gesetzen der Zielländer zur Anwendung.

Marktmissbrauch und Insiderrecht

Offerings unterliegen umfassenden Regelungen zur Verhinderung von Marktmissbrauch. Dies betrifft insbesondere Informationspflichten, Ad-hoc-Publizität und Insiderrecht im Rahmen der Richtlinie 2014/57/EU (MAR, Marktmissbrauchsverordnung). Verstöße werden rechtlich empfindlich sanktioniert und können neben zivilrechtlichen Haftungsfolgen auch strafrechtliche Konsequenzen haben.

Haftung bei Offering

Bei Fehlangaben oder Unterlassungen in Offering-Unterlagen haftet der Anbieter nach Maßgabe zivilrechtlicher, aufsichtsrechtlicher und gegebenenfalls strafrechtlicher Bestimmungen. Möglich sind Haftungsansprüche der Anleger im Wege der Prospekthaftung, etwa auf Rückabwicklung des Rechtsgeschäfts, Schadenersatz oder Aufwendungsersatz. Maßgebliche Vorschriften finden sich in den §§ 9 ff. WpPG, § 826 BGB (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung) sowie spezialgesetzlichen Regelungen.

Internationales Offering: Besonderheiten im grenzüberschreitenden Kontext

Beim internationalen Offering, etwa bei Platzierungen in mehreren Ländern, sind neben den lokalen gesetzlichen Bestimmungen stets die kapitalmarktrechtlichen und aufsichtlichen Vorgaben der jeweiligen Zielländer zu beachten. Dies erfordert oft die Abstimmung mit mehreren Aufsichtsbehörden und die Berücksichtigung verschiedenartiger Prospektregimes, Angebotsformen und Zulassungsvoraussetzungen.

Zusammenfassung

Das Offering ist ein zentrales Instrument der Unternehmens- und Kapitalmarktfinanzierung, dessen rechtliche Gestaltung und Durchführung von umfangreichen gesellschafts-, kapitalmarkt- und aufsichtsrechtlichen Vorschriften geprägt wird. Bei der Planung und Durchführung eines Offerings ist eine sorgfältige Einhaltung der relevanten rechtlichen Anforderungen unerlässlich, um Risiken zu reduzieren und Rechtsverstöße zu vermeiden. Durch das breite Spektrum an gesetzlichen Regelungen, etwa zur Prospektpflicht, zur Haftung und zur Marktaufsicht, ist das Offering im Rechtssystem ein hochkomplexer und bedeutsamer Vorgang.

Häufig gestellte Fragen

Wer darf ein Offering rechtlich durchführen?

Ein Offering, also das öffentliche Angebot von Finanzinstrumenten wie Aktien, Anleihen oder anderen Wertpapieren, unterliegt in Deutschland und der EU strengen gesetzlichen Regelungen. Wer ein Offering durchführen will, benötigt in der Regel eine Zulassung als Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder zumindest eine explizite Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz (KWG) bzw. dem Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG). Private Unternehmen, die Wertpapiere an eine breite Öffentlichkeit anbieten möchten, müssen zudem die Transparenzanforderungen und Prospektpflichten gemäß der EU-Prospektverordnung (VO (EU) 2017/1129) erfüllen. Einzelpersonen oder Unternehmen ohne entsprechende Zulassung handeln in der Regel rechtswidrig, wenn sie ein kollektives Fondsraising oder ein öffentliches Angebot ohne Prospekt durchführen.

Welche rechtlichen Dokumentations- und Veröffentlichungspflichten sind bei einem Offering zu beachten?

Im Rahmen eines Offerings besteht in der Regel die Verpflichtung, einen ausführlichen Wertpapierprospekt zu erstellen, der alle relevanten Informationen über das Angebot, den Emittenten, die Wertpapiere, Risiken und die geplante Mittelverwendung enthält. Dieser Prospekt muss von der nationalen Aufsichtsbehörde, in Deutschland die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), gebilligt und anschließend öffentlich zugänglich gemacht werden. Zusätzlich bestehen Anzeigepflichten gegenüber der BaFin, gegebenenfalls der Deutschen Börse sowie Veröffentlichungspflichten auf der Emittenten-Website. Weiterhin sind Datenschutzbestimmungen und gegebenenfalls die Anforderungen des Geldwäschegesetzes bei der Annahme von Investitionen zu beachten.

Welche Haftungsrisiken bestehen für Emittenten im Rahmen eines Offerings?

Für Emittenten und die mit der Prospekterstellung betrauten Personen bestehen erhebliche zivil- und strafrechtliche Haftungsrisiken. Nach § 21 Wertpapierprospektgesetz (WpPG) haften Emittenten, Verwaltungsratsmitglieder, Prospektprüfer und weitere Beteiligte für fehlerhafte, irreführende oder unvollständige Angaben im Prospekt. Anleger, denen durch solche Prospektfehler ein finanzieller Schaden entsteht, können Ersatzansprüche geltend machen. Für vorsätzliche Täuschung oder Betrug im Zusammenhang mit dem Offering drohen zusätzlich strafrechtliche Konsequenzen. Deshalb ist eine sorgfältige rechtliche und sachliche Prüfung aller Daten im Offering unumgänglich.

Wann besteht Prospektpflicht und welche Ausnahmen gibt es?

Grundsätzlich ist bei jedem öffentlichen Angebot von Wertpapieren ein Prospekt zu veröffentlichen. Es existieren jedoch zahlreiche Ausnahmen, die insbesondere in der EU-Prospektverordnung geregelt sind. Zum Beispiel entfällt die Prospektpflicht bei Angeboten, die sich ausschließlich an qualifizierte Anleger richten, oder wenn der Gesamtgegenwert des Angebots innerhalb von zwölf Monaten einen bestimmten Schwellenwert (derzeit 8 Millionen Euro in Deutschland) nicht überschreitet. Weitere Ausnahmen bestehen etwa für Angebote an weniger als 150 Personen pro Mitgliedsstaat oder gegenüber Mitarbeitern des Emittenten. Dennoch sind in solchen Fällen Informationspflichten und gegebenenfalls Anforderungen nach dem VermAnlG (Vermögensanlagengesetz) zu prüfen und zu erfüllen.

Wie werden Anleger beim Offering rechtlich geschützt?

Der rechtliche Anlegerschutz umfasst eine Vielzahl von Vorgaben, vor allem die Verpflichtung zur vollständigen, verständlichen und sachlichen Information über das Angebot im Prospekt. Zudem schreibt das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) vor, dass Anlegerberatung und -vermittlung an die individuellen Kenntnisse und Erfahrungen angepasst sowie Interessenkonflikte offen gelegt werden müssen. Die Prospektkontrolle durch die BaFin und die zivilrechtliche Prospekthaftung bieten zusätzliche Sicherheiten. In einigen Fällen können Emittenten verpflichtet sein, Anleger über wesentliche neue Umstände nach Prospektveröffentlichung (Nachtragspflicht) zu informieren.

Welche rechtlichen Folgen drohen bei Verstößen gegen die Anforderungen eines Offerings?

Verstöße gegen Prospektpflichten, fehlerhafte Angaben oder unautorisierte öffentliche Angebote lösen empfindliche Sanktionen aus. Die BaFin kann Bußgelder verhängen, das Angebot untersagen oder bereits laufende Offerings stoppen. Verletzungen der zivilrechtlichen Informationspflichten führen regelmäßig zu Schadenersatzansprüchen. Schwere Verstöße, etwa Betrug oder Marktmanipulation im Zusammenhang mit dem Offering, unterliegen strafrechtlichen Konsequenzen nach dem Strafgesetzbuch (StGB) und dem Wertpapierhandelsgesetz. Zudem kann die Zulassung als Finanzdienstleister erlöschen oder die Geschäftsführung persönlich haftbar gemacht werden.

Gelten für digitale Offerings (z.B. Token Offerings) besondere rechtliche Regelungen?

Digitale Offerings, wie Security Token Offerings (STO), unterliegen im Grundsatz denselben finanzmarktrechtlichen Anforderungen wie klassische Wertpapierangebote. Insbesondere wenn Token als Wertpapiere oder Vermögensanlagen eingestuft werden, greifen die Prospekt- und Zulassungspflichten. Dennoch können sich spezifische Herausforderungen im Bereich der Technologie, der internationalen Vermarktung sowie der Aufsichtszuordnung ergeben, etwa mit Blick auf die Kassensicherungsverordnung oder neue EU-Regelungen wie die MiCA-Verordnung (Markets in Crypto-Assets). Eine umfassende rechtliche Begutachtung des konkreten Angebots und der Token-Struktur ist daher unumgänglich.