Begriff und Einordnung: Was sind Nebenfolgen?
Als Nebenfolgen werden rechtliche Folgen bezeichnet, die zusätzlich zu einer Hauptentscheidung oder Hauptsanktion eintreten. Im engeren Sinn meint der Begriff vor allem Folgen, die neben eine strafrechtliche Hauptstrafe treten. Im weiteren Sinn umfasst er auch rechtliche Konsequenzen in anderen Rechtsgebieten, die an ein bestimmtes Verhalten oder an eine behördliche oder gerichtliche Entscheidung anknüpfen. Nebenfolgen können automatisch kraft Gesetzes eintreten oder müssen von einem Gericht oder einer Behörde gesondert angeordnet werden.
Rechtsnatur und Ziele von Nebenfolgen
Nebenfolgen dienen je nach Ausgestaltung unterschiedlichen Zwecken. Sie können der Sicherheit und Prävention dienen (etwa der Schutz der Allgemeinheit im Straßenverkehr), rechtswidrig Erlangtes abschöpfen (Vermögensabschöpfung), Eignungszweifel ausräumen (etwa im Waffen- oder Gewerberecht) oder die Transparenz staatlicher Entscheidungen sichern (Registereinträge). Gemeinsam ist ihnen, dass sie nicht die Hauptreaktion auf einen Normverstoß sind, sondern zusätzliche, akzessorische Wirkungen entfalten.
Arten von Nebenfolgen
Nebenfolgen im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht
Im Bereich der Straftaten und Ordnungswidrigkeiten treten neben Geld- oder Freiheitsstrafe beziehungsweise Geldbuße häufig weitere Folgen hinzu. Typische Konstellationen sind:
- Fahrverbot als zusätzliche Sanktion bei Verkehrsdelikten oder schweren Zuwiderhandlungen
- Entziehung einer Erlaubnis, insbesondere der Fahrerlaubnis, wenn fehlende Eignung festgestellt wird
- Vermögensbezogene Maßnahmen wie Einziehung von Tatmitteln oder Erträgen
- Berufs- oder Tätigkeitsverbote in Fällen, in denen der Schutz bestimmter Rechtsgüter dies erfordert
- Verlust oder Ruhen bestimmter Rechte (z. B. wahl- oder amtsbezogene Rechte bei besonders schweren Verfehlungen)
- Kosten- und Auslagenentscheidungen sowie Gebührenfolgen des Verfahrens
Daneben existieren sogenannte Maßnahmen der Sicherung und Besserung, die zwar keine Strafen sind, aber als weitere Rechtsfolgen im Urteil angeordnet werden können. Sie sind auf Gefahrenabwehr und Prävention ausgerichtet und treten neben oder anstelle einer Strafe.
Verwaltungsrechtliche Nebenfolgen
Außerhalb des Strafverfahrens können Verwaltungsbehörden Nebenfolgen an Handlungen oder Entscheidungen anknüpfen. Beispiele sind:
- Gewerberechtliche Maßnahmen bei Unzuverlässigkeit, etwa Untersagungen oder Auflagen
- Waffen- und sprengstoffrechtliche Entscheidungen bei fehlender Zuverlässigkeit oder Eignung
- Fahrerlaubnisrechtliche Entscheidungen nach Verkehrsverstößen
- Aufenthaltsrechtliche Konsequenzen im Migrationskontext
Diese Nebenfolgen sind in der Regel präventiv ausgerichtet und prüfen Eignung, Zuverlässigkeit oder Gefahrenlagen.
Register- und Publizitätsfolgen
Viele Nebenfolgen haben Eintragungswirkungen in öffentlichen Registern. Bekannt sind beispielsweise Eintragungen in das Bundeszentralregister, in das Gewerbezentralregister oder in das Fahreignungsregister. Solche Einträge können die Beurteilung von Zuverlässigkeit, die Teilnahme an Vergabeverfahren, die Erteilung von Erlaubnissen oder die Eignung für bestimmte Tätigkeiten beeinflussen.
Vermögensbezogene Nebenfolgen
Vermögensrechtliche Nebenfolgen zielen darauf ab, rechtswidrig Erlangtes abzuschöpfen, Tatmittel zu entziehen oder wirtschaftliche Vorteile zu neutralisieren. Sie sind nicht als zusätzliche Strafe gedacht, sondern sollen eine rechtmäßige Vermögenslage wiederherstellen und Anreize für rechtswidriges Verhalten reduzieren.
Automatischer Eintritt oder Anordnung
Nebenfolgen können auf zwei Wegen entstehen:
- Automatisch: Bestimmte Folgen knüpfen unmittelbar an eine Entscheidung oder an die Schwere eines Verhaltens an und treten ohne gesonderte Anordnung ein.
- Durch Entscheidung: Andere Nebenfolgen bedürfen einer ausdrücklichen Anordnung durch Gericht oder Behörde. Dabei sind Tat, Persönlichkeit, Eignung und die Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.
Voraussetzungen, Begründung und Verhältnismäßigkeit
Bei anordnungsbedürftigen Nebenfolgen prüft das entscheidende Gericht oder die Behörde die gesetzlichen Voraussetzungen, die Erforderlichkeit und Angemessenheit. Eine begründete Entscheidung stellt dar, weshalb die Nebenfolge erforderlich ist und wie sie sich zur Hauptentscheidung verhält. Von Bedeutung sind insbesondere Schutzbedürfnisse der Allgemeinheit, die individuelle Eignung oder Zuverlässigkeit sowie die erwartete Dauer der Beeinträchtigung.
Dauer, Befristung und Tilgung
Die Wirkungsdauer von Nebenfolgen variiert. Einige gelten befristet (etwa Fahrverbote), andere wirken bis zur Aufhebung oder bis eine bestimmte Bedingung eintritt (etwa Wiedererlangung einer Erlaubnis nach Eignungsnachweis). Eintragungen in Register unterliegen zumeist Tilgungs- oder Löschfristen. Nach Ablauf dieser Fristen dürfen die Informationen in der Regel nicht mehr verwertet werden. Die Dauer richtet sich nach der Schwere des zugrunde liegenden Verhaltens und der Art der Nebenfolge.
Abgrenzungen zu ähnlichen Rechtsinstituten
Nebenfolgen versus Hauptstrafe
Hauptstrafen (z. B. Freiheits- oder Geldstrafe) sind die zentralen Reaktionen auf eine Straftat. Nebenfolgen treten zusätzlich hinzu und erfüllen eigene Zwecke, etwa Schutz, Abschöpfung oder Eignungskontrolle.
Nebenfolgen versus Bewährungsauflagen und Weisungen
Auflagen und Weisungen im Rahmen einer Strafaussetzung zur Bewährung sind Teil der Vollstreckung der Hauptstrafe. Nebenfolgen bestehen unabhängig von einer Bewährung und verfolgen eigenständige Zwecke.
Nebenfolgen versus Nebenbestimmungen im Verwaltungsakt
Nebenbestimmungen (Befristung, Bedingung, Auflage) gestalten die Reichweite eines Verwaltungsakts. Nebenfolgen hingegen sind zusätzliche Rechtswirkungen, die an eine Tat oder Entscheidung anknüpfen und über den Verwaltungsakt hinausreichen können.
Nebenfolgen versus zivilrechtliche Ansprüche
Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche sind private Ansprüche zwischen Beteiligten. Sie gehören nicht zu den Nebenfolgen einer staatlichen Sanktion, können jedoch parallel bestehen.
Typische Lebensbereiche, in denen Nebenfolgen eine Rolle spielen
Verkehr
Fahrverbote, Entziehung der Fahrerlaubnis, Punkte im Fahreignungsregister sowie Eignungsprüfungen sind verbreitete Nebenfolgen bei gravierenden Verkehrsverstößen.
Beruf und Gewerbe
Berufs- oder Tätigkeitsverbote, Zuverlässigkeitsprüfungen, Eintragungen in gewerberechtliche Register und Einschränkungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge können Nebenfolgen sein, wenn Eignung oder Zuverlässigkeit in Frage steht.
Waffen- und Sicherheitsbereiche
Im Waffenrecht führen Zweifel an Zuverlässigkeit oder persönlicher Eignung regelmäßig zu Nebenfolgen wie Widerruf oder Versagung von Erlaubnissen.
Aufenthalt und Freizügigkeit
Im Migrationsrecht können Verurteilungen oder erhebliche Verstöße Nebenfolgen nach sich ziehen, etwa aufenthaltsrechtliche Beschränkungen oder auflagenbezogene Maßnahmen.
Verfahren, Rechtsschutz und Dokumentation
Die Anordnung von Nebenfolgen erfolgt in förmlichen Verfahren. Betroffene werden grundsätzlich angehört. Entscheidungen sind zu begründen, und es bestehen Rechtsmittelmöglichkeiten. Registereintragungen unterliegen Dokumentations-, Auskunfts- und Löschungsregeln. Kosten und Gebühren können als Nebenentscheidungen festgesetzt werden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Nebenfolgen
Was sind Nebenfolgen im engeren und im weiteren Sinn?
Im engeren Sinn sind Nebenfolgen zusätzliche Rechtsfolgen einer Straftat, die neben die Hauptstrafe treten, etwa Fahrverbote oder Vermögensabschöpfung. Im weiteren Sinn umfasst der Begriff auch verwaltungsrechtliche und registerbezogene Konsequenzen, die an ein Verhalten oder eine Entscheidung anknüpfen.
Treten Nebenfolgen automatisch ein oder müssen sie angeordnet werden?
Beides kommt vor. Manche Nebenfolgen treten automatisch ein, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Andere bedürfen einer ausdrücklichen gerichtlichen oder behördlichen Anordnung nach Prüfung von Eignung, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit.
Wer entscheidet über Nebenfolgen?
Je nach Art der Nebenfolge entscheiden Gerichte (etwa im Strafverfahren) oder Verwaltungsbehörden (etwa Fahrerlaubnis-, Gewerbe- oder Waffenbehörden). Registereintragungen folgen den hierzu vorgesehenen Verfahren und Mitteilungen.
Wie lange wirken Nebenfolgen?
Die Dauer richtet sich nach der Art der Nebenfolge. Es gibt befristete Wirkungen (z. B. Fahrverbot), aufhebungsbedürftige Wirkungen (z. B. Entzug einer Erlaubnis bis zur erneuten Erteilung) und registerbezogene Fristen, nach deren Ablauf Eintragungen zu tilgen sind.
Welche Rolle spielen Register bei Nebenfolgen?
Register dokumentieren bestimmte Entscheidungen und dienen der Information anderer Behörden oder Stellen. Eintragungen können Auswirkungen auf Erlaubnisse, Zuverlässigkeitsprüfungen oder berufliche Tätigkeiten haben. Für Tilgung und Löschung gelten feste Fristen und Regeln.
Gibt es Nebenfolgen auch bei Ordnungswidrigkeiten?
Ja. Auch bei schweren Ordnungswidrigkeiten können Nebenfolgen angeordnet oder ausgelöst werden, etwa Fahrverbote, Einziehungen oder punktebezogene Folgen im Straßenverkehr.
Unterscheiden sich Nebenfolgen von Bewährungsauflagen?
Ja. Bewährungsauflagen und Weisungen sind Teil der Aussetzung der Vollstreckung einer Strafe. Nebenfolgen bestehen unabhängig davon und verfolgen eigenständige Zwecke, etwa Schutz der Allgemeinheit oder Abschöpfung rechtswidriger Vorteile.