Begriff und Grundlagen von Mergers
Der Begriff „Merger“ (zu Deutsch: „Fusion“) bezeichnet im rechtlichen Kontext die Verschmelzung zweier oder mehrerer selbständig bestehender Unternehmen zu einer wirtschaftlichen und rechtlichen Einheit. Ziel eines Mergers ist in der Regel eine strategische Bündelung von Ressourcen, eine Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit sowie die Erschließung neuer Märkte. Im Unterschied zur Übernahme (Acquisition) erfolgt bei einem Merger eine gleichberechtigte Zusammenführung, häufig mit Neugründung einer gemeinsamen Gesellschaft.
Rechtlicher Rahmen und gesetzliche Grundlagen
Nationale Rechtsgrundlagen in Deutschland
Umwandlungsgesetz (UmwG)
Die Verschmelzung von Unternehmen im Rahmen eines Mergers ist in Deutschland insbesondere durch das Umwandlungsgesetz (UmwG) geregelt. Das UmwG sieht verschiedene Umwandlungsformen vor, wobei die „Verschmelzung durch Aufnahme“ (§§ 2 ff. UmwG) und die „Verschmelzung durch Neugründung“ (§§ 60 ff. UmwG) zentrale Bedeutung haben.
Aktiengesetz (AktG) und GmbH-Gesetz (GmbHG)
Zusätzlich greifen gesellschaftsrechtliche Vorschriften, etwa das Aktiengesetz oder das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Insbesondere §§ 320 bis 327a AktG regeln spezielle Aspekte wie Squeeze-out oder die Verschmelzung börsennotierter Gesellschaften, während das GmbHG die Rechte und Pflichten der beteiligten Gesellschaften beschreibt.
Europarechtlicher Rahmen
SE-Verordnung und Gesellschaftsrechtliche Richtlinien
Auf europäischer Ebene finden sich maßgebliche Rechtsgrundlagen etwa in der SE-Verordnung (Verordnung [EG] Nr. 2157/2001) über die Europäische Gesellschaft (Societas Europaea, SE) und in verschiedenen gesellschaftsrechtlichen Richtlinien, darunter die Richtlinie 2017/1132/EU, die insbesondere die länderübergreifende Verschmelzung regelt.
Internationaler Kontext
Jenseits Europas unterliegen Mergers jeweils den nationalen gesellschafts- und steuerrechtlichen Regelungen, wobei insbesondere US-amerikanische Regularien (wie das Delaware Corporate Law) durch die Vielzahl internationaler Transaktionen Bedeutung haben.
Formen von Mergers und deren rechtliche Ausgestaltung
Verschmelzung durch Aufnahme
Bei dieser Form übernimmt ein bereits bestehendes Unternehmen das Vermögen und die Verbindlichkeiten einer oder mehrerer anderer Gesellschaften. Diese gehen im übernehmenden Unternehmen auf und erlöschen als selbständige Rechtsträger. Die Verschmelzung durch Aufnahme ist der Regelfall im deutschen Verschmelzungsrecht.
Verschmelzung durch Neugründung
Hierbei werden zwei oder mehr Gesellschaften unter Auflösung ohne Abwicklung auf eine neu gegründete Gesellschaft verschmolzen. Die bisherigen Unternehmen erlöschen und das neu geschaffene Unternehmen tritt in alle Rechte und Pflichten der übertragenden Rechtsträger ein.
Grenzüberschreitende Mergers
Grenzüberschreitende Mergers betreffen Gesellschaften aus verschiedenen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und sind nach Maßgabe der EU-Gesellschaftsrechtsrichtlinien und ggf. ergänzender nationaler Vorschriften zulässig. Die Anerkennung, Umsetzung und steuerliche Behandlung können unterschiedlich gestaltet sein.
Ablauf und rechtliche Schritte eines Mergers
Entwurfsphase des Verschmelzungsvertrags
Der Ablauf eines Mergers beginnt mit der Ausarbeitung eines Verschmelzungsvertrages (§ 4 UmwG), der die Rahmenbedingungen, das Umtauschverhältnis der Anteile, den Verschmelzungsstichtag sowie weitere Modalitäten regelt.
Prüfung und Genehmigungsverfahren
Sowohl der Vorstand als auch Aufsichtsrat und die Hauptversammlung müssen dem Vertragswerk zustimmen. In manchen Fällen ist zudem die Prüfung durch einen unabhängigen Prüfer erforderlich, um die Interessen der Anteilinhaber zu sichern (§ 8 ff. UmwG).
Gläubigerschutz und Arbeitnehmerrechte
Der Schutz von Gläubigern und Arbeitnehmern ist elementarer Bestandteil eines Mergers. Gläubiger können nach §§ 22 ff. UmwG Sicherheitsleistungen verlangen, wenn ihre Forderungen durch den Merger gefährdet erscheinen. Arbeitnehmervertretungen sind regelmäßig einzubinden, teils durch die Bestellung eines besonderen Verhandlungsgremiums.
Eintragung und Rechtswirksamkeit
Mit der Eintragung in das Handelsregister wird die Verschmelzung rechtswirksam (§ 20 UmwG). Sämtliche Vermögenswerte und Schulden der übertragenden Gesellschaft(en) gehen per Gesamtrechtsnachfolge auf die aufnehmende oder neu entstehende Gesellschaft über.
Fusionskontrolle und Kartellrecht
Anmeldung bei Wettbewerbsbehörden
Mergers unterliegen häufig der Fusionskontrolle. In Deutschland ist hierfür das Bundeskartellamt zuständig, auf europäischer Ebene die Europäische Kommission. Ein Zusammenschluss ist anzumelden, sobald bestimmte Umsatzschwellen überschritten werden (§§ 35 ff. GWB).
Prüfung und Untersagung
Kartellbehörden prüfen, ob der Merger zu einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs führen könnte. Im Falle einer Wettbewerbsbeeinträchtigung kann der Zusammenschluss untersagt oder an Bedingungen geknüpft werden.
Steuerliche und bilanzielle Aspekte
Die steuerliche Behandlung richtet sich in Deutschland insbesondere nach dem Umwandlungssteuergesetz (UmwStG). Ziel ist, die steuerneutrale Übertragung von Vermögen zu gewährleisten, sofern die Fortführung der Unternehmen gesichert erscheint. Bilanzielle Fragen ergeben sich unter anderem aus § 24 UmwG und betreffen vor allem die Übertragung von Vermögenswerten und Schulden, das Bewertungsprinzip sowie die Bildung von Bewertungsreserven.
Schutz der Minderheitsgesellschafter
Minderheitsgesellschafter müssen im Rahmen eines Mergers besonders geschützt werden. Ihnen stehen, je nach Gesellschaftsform, Ausgleichszahlungen oder Abfindungsansprüche zu (§§ 29 ff. UmwG), falls ihre gesellschaftsrechtliche Position im Rahmen des Mergers beeinträchtigt wird.
Rechtsschutzmöglichkeiten
Betroffene Anteilseigner, Gläubiger und Arbeitnehmer können gegen einen Merger rechtlich vorgehen, etwa durch Anfechtungsklagen (§ 246 AktG), Nichtigkeitsklagen oder Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes. Das UmwG sieht spezifische Anfechtungsrechte vor, um Missbrauch vorzubeugen.
Fazit
Ein Merger ist ein rechtlich hochkomplexer Vorgang, der tiefgreifende gesellschafts-, steuer-, kartell- und arbeitsrechtliche Prüfungen und Umsetzungsprozesse voraussetzt. Sorgfältige rechtliche Planung und Koordination aller Beteiligten sind für eine rechtssichere und erfolgreiche Verschmelzung zentral. In jedem Einzelfall sind die spezifischen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen, die Rechte der Beteiligten sowie die Vorgaben der zuständigen Behörden zu beachten.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Anforderungen müssen beim Zusammenschluss zweier Unternehmen beachtet werden?
Bei der Durchführung eines Unternehmenszusammenschlusses (Mergers) sind eine Vielzahl rechtlicher Vorgaben zu beachten. Zunächst ist das jeweilige Gesellschaftsrecht maßgeblich, etwa das Umwandlungsgesetz (UmwG) in Deutschland, welches die Voraussetzungen und Abläufe für Verschmelzungen, Spaltungen oder Formwechsel regelt. Es müssen formale Verfahren, wie die Erstellung eines Verschmelzungsvertrags, die Prüfung durch Wirtschaftsprüfer (Verschmelzungsprüfer) sowie die notarielle Beurkundung eingehalten werden. Die beteiligten Gesellschaften müssen außerdem bestimmte Fristen einhalten und ihre Gesellschafter und Arbeitnehmer umfassend informieren und beteiligen (Informations-, Anhörungs- und ggf. Mitbestimmungsrechte). Ferner müssen je nach Struktur des Mergers ggf. Aktionärs- oder Gesellschafterbeschlüsse mit qualifizierten Mehrheiten eingeholt und Registeranmeldungen vorgenommen werden. Neben den gesellschaftsrechtlichen Anforderungen spielen arbeitsrechtliche, steuerrechtliche und gegebenenfalls fusionskontrollrechtliche Vorgaben eine erhebliche Rolle, insbesondere dann, wenn Schwellenwerte für das Kartellrecht erreicht werden.
Welche Rolle spielt das Kartellrecht bei Mergers?
Das Kartellrecht dient vor allem dem Schutz des Wettbewerbs und prüft, ob ein Unternehmenszusammenschluss wettbewerbswidrige Auswirkungen, wie die Entstehung marktbeherrschender Stellungen, bewirken könnte. Nach deutschem Recht ist hier insbesondere das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) relevant, auf europäischer Ebene die Fusionskontrollverordnung der EU. Vor der Durchführung eines Mergers müssen die beteiligten Unternehmen deshalb prüfen, ob sie nach Umsatz- und Marktanteilsschwellen das Vorhaben bei den zuständigen Kartellbehörden – in Deutschland beim Bundeskartellamt, auf europäischer Ebene bei der Europäischen Kommission – anmelden und freigeben lassen müssen. Die Behörden können solche Zusammenschlüsse untersagen oder nur unter Auflagen genehmigen. Die Einhaltung kartellrechtlicher Vorgaben ist zwingend, da Verstöße erhebliche Bußgelder und sogar die Unwirksamkeit der Fusion zur Folge haben können.
Welche Mitbestimmungsrechte haben Arbeitnehmer bei einem Unternehmenszusammenschluss?
Die Arbeitnehmerrechte spielen bei Mergers eine zentrale Rolle. Nach deutschem Recht sind die Informations- und Anhörungsrechte der Betriebsräte nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zwingend zu beachten. Zusätzlich können europaweit die Richtlinie 2001/23/EG (Betriebsübergang) und das Mitbestimmungsgesetz einschlägig sein. Oftmals kann es erforderlich werden, in den betroffenen Unternehmen einen sogenannten Europäischen Betriebsrat oder sogar eine Mitbestimmungsvereinbarung einzurichten, falls der betreffende Zusammenschluss grenzüberschreitend ist. Kommt es zu Personalmaßnahmen, wie Kündigungen oder Versetzungen im Zuge des Mergers, gelten weiterhin die allgemeinen Regeln des Kündigungs- und Arbeitnehmerschutzes. Beachtlich ist, dass Arbeitnehmervertretungen gegebenenfalls ein Zustimmungsrecht haben oder Nachverhandlungen bestimmter Arbeitsbedingungen fordern können.
Welche steuerlichen Aspekte sind bei Mergers relevant?
Komplexe steuerrechtliche Rahmenbedingungen bestimmen die wirtschaftlichen Effekte eines Mergers entscheidend mit. Zu beachten sind insbesondere das Körperschaftsteuerrecht, das Umwandlungssteuergesetz sowie ggf. internationale Doppelbesteuerungsabkommen. Für jede Art von Verschmelzung, Spaltung oder Einbringung ist zu überprüfen, ob steuerliche Buchwerte übernommen werden können oder ob stille Reserven aufgedeckt werden müssen, was zu unmittelbaren Steuerbelastungen führen kann. Darüber hinaus sind die Auswirkungen auf das Verlustvortragsrecht, die Grunderwerbsteuer und gegebenenfalls die Umsatzsteuerpflicht zu prüfen. Die steuerliche Strukturierung eines Mergers bedarf daher umfassender Planung und sollte frühzeitig unter Einbeziehung steuerlicher Fachberater erfolgen.
Welche Haftungsrisiken bestehen für Geschäftsleiter im Rahmen eines Mergers?
Geschäftsleiter sind verpflichtet, im Rahmen eines Mergers mit der gebotenen Sorgfalt zu handeln und alle gesetzlichen und gesellschaftsvertraglichen Vorgaben einzuhalten. Verletzungen dieser Pflichten können zu einer persönlichen Haftung führen, etwa wenn Gesetze nicht eingehalten oder die wirtschaftlichen Auswirkungen des Mergers nicht hinreichend analysiert wurden (Business Judgement Rule). Darüber hinaus haften sie für falsche oder unvollständige Angaben gegenüber Behörden, Gläubigern oder Aktionären. Besonders bei fehlerhafter Umsetzung der Informationspflichten oder bei Missachtung der Insolvenzantragspflicht im Krisenfall drohen erhebliche Haftungsrisiken. Daher sind gründliche Risikoanalysen, rechtliche Due-Diligence-Prüfungen und eine enge Begleitung durch juristische Experten zu empfehlen.
Welche Zustimmungserfordernisse gibt es bei der Umsetzung eines Mergers?
Die Durchführung eines Mergers bedarf zumeist der Zustimmung der Haupt- oder Gesellschafterversammlung(en) der betroffenen Unternehmen. Dabei sind bestimmte Mehrheiten erforderlich, regelmäßig ist eine qualifizierte Mehrheit von drei Vierteln des vertretenen Kapitals notwendig – dies kann je nach Gesellschaftsform und Satzung variieren. Auch müssen häufig die Zustimmung von Aufsichtsrat, Betriebsrat oder gegebenenfalls weiteren internen Organen eingeholt werden. Besonders in regulierten Branchen sind zusätzlich behördliche Genehmigungen (z. B. durch die BaFin bei Banken und Versicherungen) oder auch ggf. Zustimmungserfordernisse von Fremdkapitalgebern zu beachten, sofern Finanzierungsverträge entsprechende Klauseln enthalten.
Wie werden die Interessen von Minderheitsgesellschaftern beim Merger geschützt?
Das Umwandlungsrecht sieht diverse Schutzmechanismen für Minderheitsgesellschafter vor. Zu den wichtigsten gehören das Recht auf Barabfindung oder die Möglichkeit, gegen den Verschmelzungsbeschluss Klage zu erheben (Anfechtungsklage). Teilweise bestehen Sonderquoren oder besondere Zustimmungserfordernisse, um die Minderheitenbeteiligten vor einseitigen Beschlüssen zu schützen. Zusätzlich sind umfassende Informationspflichten und gegebenenfalls die Einschaltung eines sachverständigen Prüfers vorgesehen. Bei börsennotierten Unternehmen greift zudem das Übernahmerecht, das in bestimmten Fällen ein Pflichtangebot an die Minderheitsaktionäre vorsieht.