Definition und rechtliche Grundlagen des Mergers
Ein Merger (deutsch: Verschmelzung) bezeichnet im rechtlichen Kontext die Verbindung zweier oder mehrerer eigenständiger Unternehmen zu einer neuen rechtlichen Einheit. Im Regelfall handelt es sich um eine Übertragung des gesamten Vermögens mindestens eines beteiligten Rechtsträgers auf einen anderen Rechtsträger, wobei mindestens ein beteiligtes Unternehmen erlischt. Im deutschen Recht wird der Begriff regelmäßig mit der „Fusion“ gleichgesetzt; international und im anglo-amerikanischen Raum ist der Begriff „Merger“ gebräuchlich.
Abgrenzung zu anderen Unternehmenszusammenschlüssen
Ein Merger ist von anderen Formen des Unternehmenszusammenschlusses wie Übernahmen (Acquisitions), Joint Ventures oder strategischen Allianzen abzugrenzen. Während bei einer Übernahme das übernommene Unternehmen rechtlich fortbestehen kann, führt die Verschmelzung in der Regel zur vollständigen Auflösung mindestens einer beteiligten Gesellschaft. Joint Ventures hingegen sind meist auf Zusammenarbeit begrenzt und führen nicht zur Aufgabe der rechtlichen Selbstständigkeit.
Rechtlicher Rahmen für Mergers in Deutschland
Grundlagen des Umwandlungsgesetzes (UmwG)
In Deutschland wird die Verschmelzung – als klassische Form des Mergers – umfassend durch das Umwandlungsgesetz (UmwG) geregelt. Zentrale Vorschriften finden sich insbesondere in den §§ 2 ff. UmwG. Die Voraussetzungen und Abläufe einer Verschmelzung sind detailliert normiert und betreffen insbesondere Kapitalgesellschaften wie Aktiengesellschaften (AG), Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) sowie andere juristische Personen.
Verschmelzungsarten nach dem UmwG
Das UmwG unterscheidet zwischen zwei Arten der Verschmelzung:
- Verschmelzung durch Aufnahme: Das Vermögen eines oder mehrerer Rechtsträger wird auf eine bereits bestehende Gesellschaft übertragen. Die übertragenen Gesellschaften erlöschen.
- Verschmelzung durch Neugründung: Das Vermögen zweier oder mehrerer Gesellschaften wird auf eine neu gegründete Gesellschaft übertragen; alle beteiligten Rechtsträger erlöschen.
Voraussetzungen nach deutschem Recht
Ein Merger nach deutschem Recht setzt neben einem Verschmelzungsvertrag verschiedene gesetzlich vorgeschriebene Verfahrensschritte voraus:
- Ausarbeitung und Unterzeichnung eines Verschmelzungsvertrags (§§ 4 ff. UmwG): Der Vertrag muss notariell beurkundet werden.
- Erstellung eines Verschmelzungsberichts (§ 8 UmwG): Geschäftsführende Organe der beteiligten Gesellschaften erstellen einen Bericht an die Gesellschafter über die rechtlichen und wirtschaftlichen Hintergründe des Mergers.
- Prüfung durch einen Verschmelzungsprüfer (§§ 9 ff. UmwG): Ein unabhängiger Prüfer kontrolliert unter anderem die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses der Anteile.
- Zustimmung der Anteilsinhaber: Regelmäßig ist ein qualifizierter Beschluss der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung notwendig (z.B. Dreiviertelmehrheit).
- Eintragung ins Handelsregister (§ 20 UmwG): Die Verschmelzung wird erst mit Handelsregistereintragung wirksam.
Konzernrechtliche und kartellrechtliche Aspekte
Konzernrechtliche Folgen
Bei börsennotierten Gesellschaften können sich zusätzliche aufsichtsrechtliche und konzernrechtliche Konsequenzen ergeben, wie etwa Meldepflichten und Anforderungen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) oder dem Aktiengesetz (AktG).
Kartellrechtliche Prüfung
Ein zentrale Rolle kommt der Prüfung durch nationale und internationale Kartellbehörden (§§ 35 ff. GWB, EU-Fusionskontrollverordnung) zu. Mergers bedürfen einer Freigabe, wenn bestimmte Umsatzschwellen überschritten werden. Die Prüfung dient der Verhinderung marktbeherrschender Stellungen oder der Einschränkung des Wettbewerbs durch Unternehmenszusammenschlüsse.
Steuerrechtliche Implikationen
Mergers können erhebliche steuerliche Folgen nach sich ziehen, insbesondere im Hinblick auf Ertragsteuern (z.B. Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer) sowie Grunderwerbsteuer. Das Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) enthält hierzu spezielle Regelungen, die eine steuerneutrale Umsetzung unter bestimmten Voraussetzungen ermöglichen.
Arbeitsrechtliche Konsequenzen
Mit einem Merger sind regelmäßig auch betriebsverfassungsrechtliche Fragestellungen verbunden. Rechte der Arbeitnehmer sowie bestehende Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen sind zu wahren (§ 613a BGB: Betriebsübergang). Belegschaften haben bei Betriebsübergang umfassende Informations- und Beteiligungsrechte.
Internationale Mergers und grenzüberschreitende Verschmelzungen
Europäische Verschmelzungsrichtlinie und SE-Verschmelzung
Für grenzüberschreitende Verschmelzungen wurde auf europäischer Ebene die Verschmelzungsrichtlinie (2005/56/EG) eingeführt, transponiert in nationales Recht durch §§ 122a ff. UmwG. Sie ermöglicht die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten. Besonderheiten bestehen zudem für die Europäische Gesellschaft (Societas Europaea, SE), welche explizit als paneuropäisches Instrument für grenzüberschreitende Verschmelzungen geschaffen wurde.
Internationale Kartell- und Fusionskontrolle
Bei internationalen Mergers erfolgen Kontrolle und Freigabe in mehreren Jurisdiktionen parallel. Neben der Europäischen Kommission können auch außereuropäische Kartellbehörden (z.B. US-amerikanische FTC und DOJ) Zuständigkeit beanspruchen. Die parallele Prüfung kann den zeitlichen Ablauf der Fusion erheblich beeinflussen.
Rechtsschutz und Anfechtung im Rahmen von Mergers
Anfechtbarkeit von Verschmelzungsbeschlüssen
Verschmelzungsbeschlüsse können von Anteilsinhabern unter bestimmten Voraussetzungen angefochten werden, etwa bei Verstößen gegen Mitwirkungsrechte der Gesellschafter oder Verletzung von Informationspflichten. Die Anfechtung ist an enge Fristen und formale Voraussetzungen geknüpft.
Schutz von Minderheitsgesellschaftern
Das deutsche UmwG sieht spezielle Schutzmechanismen vor, wie etwa das Barabfindungsrecht für Minderheitsgesellschafter, die durch den Merger benachteiligt werden könnten.
Compliance, Dokumentationspflichten und Offenlegung
Mergers unterliegen umfangreichen Dokumentations- und Offenlegungspflichten. Neben handels- und steuerrechtlichen Eintragungen sind auch das Unternehmenstransparenzregister und ggf. wettbewerbsrechtliche Veröffentlichungen zu beachten.
Bedeutung des Mergers für das Gesellschaftsrecht
Die Verschmelzung ist ein zentrales Instrument der Strukturmaßnahmen im Gesellschaftsrecht, ermöglicht eine wettbewerbsfähige Unternehmensstrukturierung und ist für Konzernierung, Umstrukturierung und internationale Expansion von besonderer Relevanz.
Zusammenfassend ist der Merger die rechtlich umfassend geregelte Verbindung von Unternehmen durch Übertragung des Vermögens unter strikter Beachtung handels-, gesellschafts-, steuer-, arbeits- sowie kartellrechtlicher Anforderungen. Der Ablauf ist stark formalisiert und unterliegt umfassender Kontrolle und Transparenzpflichten, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für einen Merger nach deutschem Recht erfüllt sein?
Nach deutschem Recht, insbesondere dem Umwandlungsgesetz (UmwG), sind für einen Merger (Verschmelzung) verschiedene rechtliche Voraussetzungen zu erfüllen. Zunächst bedarf es eines Verschmelzungsvertrages, der sowohl die übertragende als auch die übernehmende Gesellschaft bindet und zwingende Angaben enthalten muss, darunter die Angaben zu Firmen, Sitz, Rechtsform, Vermögensübertrag und ggf. Umtauschverhältnis der Anteile. Der Vertrag ist notariell zu beurkunden. Die Gesellschafterversammlungen (bei Kapitalgesellschaften typischerweise die Hauptversammlung oder Gesellschafterversammlung) müssen dem Verschmelzungsvertrag mit einer qualifizierten Mehrheit zustimmen – in der Regel ist eine Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals oder der Anteile erforderlich. Zusätzlich muss die Verschmelzung in das Handelsregister eingetragen werden, womit sie rechtlich wirksam wird. Gegebenenfalls sind weitere Anforderungen wie Zustimmung durch Aufsichtsbehörden (beispielsweise bei regulierten Unternehmen oder wenn Fusionskontrolle nach dem Wettbewerbsrecht greift) zu beachten.
Welche Mitwirkungsrechte haben Arbeitnehmer im Rahmen eines Mergers?
Arbeitnehmer haben im Rahmen eines Mergers weitreichende Mitwirkungsrechte, insbesondere im Hinblick auf die Informations- und Anhörungsrechte ihrer Vertretungen (Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat, Konzernbetriebsrat). Nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) muss der Arbeitgeber den Betriebsrat rechtzeitig über die geplante Verschmelzung informieren und die wirtschaftlichen Auswirkungen erläutern. Unter Umständen ist auch ein Interessenausgleich und Sozialplan zu verhandeln, wenn durch den Merger wesentliche Nachteile für die Belegschaft zu erwarten sind. Bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen greifen die Vorschriften über die Beteiligung der Arbeitnehmer nach dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (MgVG), die beispielsweise die Bildung eines besonderen Verhandlungsgremiums zur Regelung der Mitbestimmung im Unternehmen vorsehen. Die Unterlassung der Beteiligung kann zur Unwirksamkeit bestimmter Beschlüsse führen.
Wie werden Gläubigerinteressen im Rahmen eines Mergers geschützt?
Gläubiger sind im Rahmen einer Verschmelzung rechtlich besonders geschützt, um ihre Forderungen nicht durch die Umstrukturierung zu gefährden. Nach § 22 UmwG steht Gläubigern ein sogenanntes Widerspruchsrecht zu: Sie können innerhalb einer bestimmten Frist nach Bekanntmachung der Verschmelzung Sicherheit für ihre Forderungen verlangen, sofern sie nicht bereits befriedigt wurden oder keine ansonsten ausreichende Sicherheit besteht. Im Regelfall beträgt die Frist zwei Monate. Die Verschmelzung darf grundsätzlich erst eingetragen werden, wenn entweder alle Einwände beseitigt oder ausreichende Sicherheiten gestellt wurden. Bei Verstößen gegen Gläubigerschutzvorschriften können Schadensersatzansprüche entstehen.
Welche Rolle spielt die Kartellaufsicht bei Mergers in Deutschland?
Bei Mergers mit einer signifikanten wettbewerblichen Bedeutung ist die Fusionskontrolle nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) zu beachten. Hierzu müssen betroffene Unternehmen prüfen, ob durch den Merger marktbeherrschende Stellungen entstehen oder verstärkt werden könnten. Überschreiten die beteiligten Unternehmen relevante Umsatzschwellen, muss der Zusammenschluss vorab beim Bundeskartellamt (bzw. in bestimmten Fällen auch bei der Europäischen Kommission) angemeldet werden. Die Transaktion darf dann erst nach Freigabe vollzogen werden. Eine Zuwiderhandlung kann zur Nichtigkeit des Zusammenschlusses führen, und sowohl Unternehmen als auch Organe können mit Bußgeldern belegt werden.
Wie werden Steuerfragen bei einem Merger rechtlich behandelt?
Steuerlich ist eine Unternehmensverschmelzung komplex zu beurteilen. Nach dem Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) können Verschmelzungen steuerneutral erfolgen, wenn bestimmte Voraussetzungen (wie zum Beispiel eine Mindestbeteiligungsquote und die Fortführung steuerlicher Buchwerte) erfüllt sind. Dennoch sind umfangreiche Informationspflichten gegenüber dem Finanzamt zu beachten, insbesondere hinsichtlich der Steuererklärungen und der Dokumentation zur Bewertung einzelner Vermögensgegenstände. Fehlerhafte oder lückenhafte Angaben können nachteilige steuerliche Folgen oder sogar Haftungsrisiken für die Organe der beteiligten Gesellschaften nach sich ziehen.
Welche Formerfordernisse sind bei der Durchführung eines Mergers einzuhalten?
Formale Anforderungen sind streng geregelt. Der Verschmelzungsvertrag muss notariell beurkundet werden. Zudem ist ein Verschmelzungsbericht durch die Vertretungsorgane anzufertigen, in dem die wirtschaftlichen und rechtlichen Hintergründe der Maßnahme erläutert werden. Bei Aktiengesellschaften ist darüber hinaus regelmäßig eine Prüfung durch einen oder mehrere Verschmelzungsprüfer erforderlich, um die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses und die Interessenwahrung der Aktionäre zu bestätigen. Mit Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister tritt die Rechtswirkung ein, wodurch das Vermögen der übertragenden Gesellschaft (einschließlich aller Rechte und Pflichten) auf die übernehmende Gesellschaft übergeht.
Welche Möglichkeiten des Rechtsschutzes stehen Betroffenen gegen einen Merger offen?
Betroffene – das können sowohl Gesellschafter, Gläubiger als auch Arbeitnehmer sein – haben verschiedene rechtliche Möglichkeiten, gegen einen Merger vorzugehen. Gesellschafter können unter bestimmten Umständen Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklagen gegen verschmelzungsbezogene Beschlüsse erheben, wenn sie formelle oder materielle Mängel sehen. Gläubiger können – wie oben beschrieben – Sicherheiten verlangen und notfalls die Eintragung der Verschmelzung verhindern. Arbeitnehmervertretungen können Verstöße gegen Beteiligungs- und Informationsrechte gerichtlich geltend machen. In allen Fällen sind die Fristen und besonderen Prozessvoraussetzungen, wie sie das UmwG und die Zivilprozessordnung (ZPO) vorsehen, zu beachten. Entscheidungen aus solchen Verfahren können einen Merger verzögern oder im Extremfall sogar verhindern.