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Kryptofondsanteile


Begriff und Grundlagen: Kryptofondsanteile

Kryptofondsanteile sind digitale Repräsentationen von Anteilen an regulierten Investmentfonds, die über Blockchain-Technologie ausgegeben, verwaltet und übertragen werden. Dabei handelt es sich rechtlich um Vermögenswerte, die klassische Fondsanteile nachbilden, jedoch im Unterschied zu traditionellen Fondsanteilen als sogenannte Token, zumeist auf Basis dezentraler Register (Distributed Ledger Technology, kurz DLT), dargestellt werden. Kryptofondsanteile verbinden die finanzmarktrechtlichen Strukturen des Investmentrechts mit den technischen Besonderheiten blockchainbasierter Systeme.

Rechtliche Grundlagen und Einordnung

Investmentrechtliche Einordnung

Die Ausgabe und Verwaltung von Kryptofondsanteilen unterliegt den einschlägigen Regelungen des Investmentgesetzbuches, insbesondere dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB). Die Anteile qualifizieren regelmäßig als Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 KAGB, soweit mit den Token Ansprüche auf Beteiligung am Vermögen des Fonds und auf dessen Erträge verbunden sind. Kryptofondsanteile sind daher inhaltsgleich mit klassischen Anteilscheinen, unterscheiden sich jedoch bezüglich der Verbriefung und Übertragbarkeit.

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung von elektronischen Wertpapieren (eWpG) wurde die Möglichkeit geschaffen, Anteile an Investmentvermögen auch in elektronischer Form und als Kryptowertpapier auszugeben. § 1 Abs. 2 Satz 6 KAGB verweist explizit auf die elektronische Ausgestaltung von Anteilen an OGAW und AIF. Die depotführende Stelle kann dabei eine zentrale Registerführung oder die Führung eines Kryptowertpapierregisters nach §§ 16 ff. eWpG wählen.

Relevanz des Elektronischen Wertpapiergesetzes (eWpG)

Das eWpG bildet seit 2021 den rechtlichen Rahmen zur Digitalisierung des Wertpapierwesens in Deutschland. Kryptofondsanteile fallen unter Kryptowertpapiere im Sinne von § 4 Abs. 3 eWpG, sofern sie in einem dezentral geführten Register erfasst sind. Die Rechte der Inhaber richten sich nach § 7 eWpG, werden durch Eintragung in das Register begründet und können direkt auf Dritte übertragen werden.

Die Führung des Kryptowertpapierregisters unterliegt einer Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 8 KWG. Das Register kann von der Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG), von Depotbanken oder registrierten Dienstleistern geführt werden.

Aufsichtsrechtliche Aspekte

Kryptofondsanteile gelten als Finanzinstrumente im Sinne des deutschen und europäischen Aufsichtsrechts. Sie unterliegen der Beaufsichtigung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und den Anforderungen der MiFID II sowie MiFIR. KAGB-konforme Kryptofondsanteile sind sowohl im Vertrieb an Privatanleger als auch Professional Clients zulässig, vorbehaltlich der Einhaltung der Prospektpflichten, Verhaltens- und Transparenzvorschriften.

Regulatorische Umfelder in der Europäischen Union

Mit der Verabschiedung der Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCA) durch die Europäische Union, die voraussichtlich 2024/2025 vollwirksam wird, finden sich weitere spezifische Regelungen für Kryptowerte einschließlich kryptobasierter Fondsanteile. Unter MiCA werden Kryptofondsanteile, sofern sie als übertragbare Wertpapiere ausgestaltet sind, dieser Regulierung unterworfen, wobei bereits bestehende sektorale Regelungen wie das KAGB Vorrang behalten.

Funktionsweise und technische Umsetzung

Tokenisierung von Fondsanteilen

Die wesentliche technische Komponente von Kryptofondsanteilen ist die Tokenisierung. Hierbei werden Fondsanteile durch sogenannte Security Tokens gemäß den gesetzlichen Vorgaben digital abgebildet. Die Tokenisierungsplattform muss sicherstellen, dass die Rechte aus den Anteilen (insbesondere Eigentum, Übertragbarkeit und Dividendenansprüche) technisch und rechtlich sauber abgebildet werden.

Registerführung und Übertragungsmechanismen

Die Registerführung kann über zentrale oder dezentrale Systeme erfolgen. Im Falle eines Kryptowertpapierregisters gemäß eWpG werden Übertragungen von Kryptofondsanteilen direkt über die Blockchain abgewickelt. Die Rechte und Pflichten aus der Registerführung sind detailliert im eWpG und ergänzend im KAGB geregelt. Insbesondere müssen Transparenz, Integrität und Sicherheit des Registers gewährleistet werden.

Eigentumserwerb und Gutglaubensschutz

Das Eigentum an einem Kryptofondsanteil wird mit Eintragung im (Krypto-)Wertpapierregister erworben (§ 7 eWpG). Die Übertragung erfolgt regelmäßig durch technische Signierung (Transaktionsautorisierung) auf der zugrundeliegenden Distributed-Ledger-Technologie. Ein besonderer Gutglaubensschutz besteht, soweit ein Erwerber in das Register vertraut (§ 16 eWpG).

Zivil- und steuerrechtliche Aspekte

Zivilrechtliche Erfassung

Nach deutschem Zivilrecht haben Kryptofondsanteile schuldrechtlichen und sachenrechtlichen Charakter. Die Zuweisung der Rechtsträgerschaft erfolgt registergestützt. Streitigkeiten um das Recht am Token werden mithilfe des (öffentlichen) Registers ausgetragen (§§ 5, 7 eWpG).

Übertragbarkeit und Vererbbarkeit

Kryptofondsanteile sind grundsätzlich frei übertragbar. Regelungen zur Vererbbarkeit entsprechen denen herkömmlicher Fondsanteile. Besondere Aufmerksamkeit ist auf den Zugang zu privaten Schlüsseln zu richten, da dieser Zugang die Verfügungsgewalt begründet.

Steuerliche Behandlung

Die Besteuerung von Kryptofondsanteilen unterscheidet sich grundsätzlich nicht von traditionellen Investmentfondsanteilen. Es greifen die Regelungen des Investmentsteuergesetzes (InvStG). Für Privatanleger ist insbesondere der steuerpflichtige Gewinn aus der Veräußerung oder der laufende Ertrag relevant. Für institutionelle Anleger ergeben sich ggf. unterschiedliche steuerliche Implikationen im Fall der Tokenisierung, abhängig von Struktur und Sitz des Fonds.

Risiken und rechtliche Herausforderungen

Anleger- und Datenschutz

Die Verwahrung und Übertragung von Kryptofondsanteilen wirft spezifische Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit auf. Der Umgang mit personenbezogenen Daten und Private Keys ist im Einklang mit DSGVO und verwandten Regularien zu gestalten.

Insolvenzrechtliche Einordnung

Im Insolvenzfall des Registers oder der Registerführungsstelle sind Kryptofondsanteile grundsätzlich vom Insolvenzvermögen getrennt zu halten (Sondervermögen, § 30 KAGB/EWpG). Kommt es zu Störungen, sind Sonderverwalter berechtigt, im Interesse der Anteilinhaber zu handeln.

Geldwäscherechtliche Anforderungen

Aufgrund ihrer Finanzinstrumenteigenschaft unterliegen Kryptofondsanteile strikt den Vorschriften des Geldwäschegesetzes (GwG), insbesondere hinsichtlich Identifizierung, Transparenz und Transaktionsüberwachung. Registerführende Stellen kommen damit weitreichende Sorgfaltspflichten zu.

Zusammenfassung

Kryptofondsanteile stellen eine innovative Weiterentwicklung traditioneller Fondsanteile auf Basis von Blockchain-Technologie dar. Sie sind eingebettet in ein komplexes Zusammenspiel von Investment-, Wertpapier-, Aufsichts- und Steuerrecht. Die rechtliche Behandlung orientiert sich an den Vorschriften des KAGB, eWpG, KWG, sowie an datenschutz- und geldwäscherechtlichen Rahmenbedingungen. Mit dem Inkrafttreten der MiCA-VO wird der regulatorische Kontext weiter harmonisiert. Kryptofondsanteile eröffnen Investoren neue Möglichkeiten hinsichtlich Flexibilität, Transparenz und Effizienz, erfordern jedoch sorgfältige rechtliche und technische Gestaltung.

Häufig gestellte Fragen

Wie erfolgt die aufsichtsrechtliche Einordnung von Kryptofondsanteilen in Deutschland?

Kryptofondsanteile gelten in Deutschland als Finanzinstrumente im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG) sowie nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) als Anteile an Investmentvermögen. Die Ausgabe, Verwaltung und Verwahrung von Kryptofondsanteilen unterliegt der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Die Einordnung dieser Produkte setzt voraus, dass die Vermögenswerte, welche die Fonds halten, als Kryptowert im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG beziehungsweise als digitale Vermögenswerte qualifizieren. Anbieter müssen alle regulatorischen Anforderungen erfüllen, unter anderem eine Lizenz als Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) besitzen und bestimmte Kompetenzen im Bereich der Verwahrung von Kryptowerten (Kryptoverwahrer-Lizenz) nachweisen. Zudem bestehen umfassende Offenlegungs-, Informations- sowie Transparenzpflichten, etwa im Zusammenhang mit den Risiken digitaler Assets, technischen Sicherheitsvorkehrungen und der Aufbewahrung der Private Keys. Die Einhaltung aller maßgeblichen Vorschriften des Geldwäschegesetzes (GwG) ist ebenso sicherzustellen, da der Handel mit und die Verwahrung von Kryptofondsanteilen besondere Anforderungen an die Sorgfaltspflichten der Anbieter stellen.

Welche besonderen Prospektpflichten bestehen beim Vertrieb von Kryptofondsanteilen?

Beim öffentlichen Angebot von Kryptofondsanteilen gelten die gesetzlichen Prospektpflichten gemäß Wertpapierprospektgesetz (WpPG) beziehungsweise KAGB. Zusätzliche Anforderungen ergeben sich aus der EU-Offenlegungsverordnung und der MiCA-Regulierung, sobald diese im nationalen Recht umgesetzt ist. Die Emittenten müssen in ihren Prospekten sämtliche für digitale Anlageprodukte charakteristischen Risiken, darunter zum Beispiel das Risiko von Hacks, Soft- und Hardwarefehler, regulatorische Unsicherheiten sowie Marktliquiditätsengpässe, detailliert darstellen. Der Prospekt muss zudem technische Prozesse, Wallet-Architekturen, Mechanismen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit und Wiederherstellung digitaler Fondsanteile sowie Prozesse der Schlüsselsicherung transparent machen. Die BaFin prüft insbesondere, ob die Darstellung von Risiken und technischen Abläufen ausreichend und verständlich ist. Verstöße gegen die Prospektpflicht können zu Vertriebsverboten und Bußgeldern führen.

Welche regulatorischen Anforderungen bestehen hinsichtlich der Verwahrung von Kryptofondsanteilen?

Die Verwahrung von Kryptofondsanteilen ist in regulatorischer Hinsicht hoch komplex. Gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG zählt das Kryptoverwahrgeschäft zu den erlaubnispflichtigen Finanzdienstleistungen. Kapitalverwaltungsgesellschaften oder externe Kryptoverwahrer müssen hierzu eine explizite BaFin-Erlaubnis vorweisen. Der Kryptoverwahrer muss technische, organisatorische und personelle Anforderungen erfüllen, insbesondere zur Sicherheit der privaten Schlüssel und der Integrität der Verwahrlösungen (z. B. Multi-Signature-Lösungen, Cold und Hot Storage). Die Einhaltung der KYC (Know Your Customer)- und AML (Anti-Money Laundering)-Vorschriften ist unumgänglich. Zudem müssen Prozesse etabliert werden, die eine Trennung von Eigen- und Fremdvermögen (Insolvenzschutz) der treuhänderisch verwahrten Kryptofondsanteile gewährleisten. Regelmäßige Audits und Prüfungen durch unabhängige Dritte werden ebenfalls verlangt.

Welche Informationspflichten bestehen gegenüber Anlegern bei Kryptofondsanteilen?

Anbieter von Kryptofondsanteilen unterliegen umfangreichen Informationspflichten. Neben den allgemeinen Anforderungen des KAGB und des Wertpapierdienstleistungsgesetzes (WpHG) müssen sie über die besonderen Risiken, Funktionsweise und technischen Grundlagen digitaler Fondsanteile aufklären. Dazu gehören u. a. Erklärungen über die Blockchain-Technologie, mögliche Angriffsvektoren, Preisschwankungen, Liquiditätsrisiken, mögliche regulatorische Änderungen sowie Steuerfragen. Weiterhin müssen Informationen zur Wiederherstellung bei Verlust von Zugangsdaten, zu Kosten und Gebühren sowie zur Nachhaltigkeitsstrategie (gemäß Offenlegungsverordnung) bereitgestellt werden. Im Rahmen des Reporting an Anleger sind periodisch Berichte über die Entwicklung und das Exposure des Fonds im Bereich digitaler Assets zu veröffentlichen. Außerdem müssen relevante Änderungen unverzüglich mitgeteilt werden.

Gibt es Besonderheiten beim Insolvenzschutz von Kryptofondsanteilen?

Der Insolvenzschutz von Kryptofondsanteilen ist ein wesentliches Thema. Kryptofondsanteile sind als Sondervermögen zu behandeln und müssen im Insolvenzfall des Verwahrers bzw. der Kapitalverwaltungsgesellschaft vom sonstigen Vermögen strikt getrennt werden. Das bedeutet, dass Gläubiger des Verwahrers keinen Zugriff auf die Kryptowährungen beziehungsweise deren digitale Repräsentationen haben dürfen, die als Fondsvermögen verbucht sind. Es besteht die Verpflichtung zur Verwahrung auf getrennten Wallets oder über entsprechende technische Lösungen (Segregation). Die rechtssichere Zuordnung der Kryptofondsanteile zu den einzelnen Anlegern ist zu jedem Zeitpunkt sicherzustellen und auch nachweisbar zu dokumentieren. Im Insolvenzfall ist darüber hinaus die Rückgabe der digitalen Fondsanteile an die Anleger gesetzlich gesichert.

Welche Pflichten bestehen bezüglich der Geldwäscheprävention?

Beim Handel und der Verwahrung von Kryptofondsanteilen sind Anbieter und Dienstleister uneingeschränkt an die Vorgaben des Geldwäschegesetzes (GwG) gebunden. Die umfassenden KYC- und Sorgfaltspflichten umfassen die Identifizierung der Anleger und wirtschaftlich Berechtigten, die Nachverfolgung von Transaktionsströmen sowie die Risikoanalyse und Dokumentation sämtlicher relevanter Daten. Verdachtsfälle sind gemäß § 43 GwG der Financial Intelligence Unit (FIU) zu melden. Aufgrund der erhöhten Geldwäscherisiken, die mit Krypto-Transaktionen einhergehen, bestehen strikte Anforderungen an die Überwachung und Nachvollziehbarkeit der Herkunft und des Zielorts der investierten Mittel sowie besondere Anforderungen an die Schulung des relevanten Personals.

Inwiefern ist die Vererbbarkeit von Kryptofondsanteilen rechtlich geregelt?

Die Vererbbarkeit von Kryptofondsanteilen folgt grundsätzlich den allgemeinen erbrechtlichen Vorschriften. Dennoch stellen technische Aspekte hierbei besondere Herausforderungen dar: Der Erblasser muss sicherstellen, dass Zugriffsrechte (z. B. Private Keys, Zugangsdaten, Wiederherstellungsmechanismen für digitale Wallets) für die Erben vorhanden und rechtskonform übertragbar sind. Kapitalverwaltungsgesellschaften und Kryptoverwahrer müssen Prozesse vorhalten, um im Erbfall eine rechtssichere Umschreibung und Herausgabe der Kryptofondsanteile zu ermöglichen, sofern der Erbnachweis (Erbschein, Testamentsvollstreckung etc.) erbracht wird. Auch steuerrechtliche Meldepflichten und eventuelle Erbschaftssteuerpflichten sind zu beachten. Eine fehlende Dokumentation technisch-sicherheitsrelevanter Zugangsdaten kann im Extremfall einen Verlust der Fondsanteile bedeuten, weshalb der Gesetzgeber und die Praxis verstärkt Aufklärungs- und Beratungspflichten im Kontext der Nachlassplanung etablieren.