Kreishandwerkerschaft – Rechtliche Stellung und Aufgaben
Die Kreishandwerkerschaft (KH) ist eine organisatorische Institution des deutschen Handwerks. Sie übernimmt als Körperschaft des öffentlichen Rechts zentrale Aufgaben in der regionalen Selbstverwaltung des Handwerks und dient insbesondere als Verwaltungsstelle für die angeschlossenen Innungen. Im Folgenden werden die rechtlichen Grundlagen, die Organisation, Aufgaben, Mitgliedschaft, Finanzierung sowie die Aufsicht und relevante Vorschriften detailliert erläutert.
Rechtliche Grundlagen
Handwerksordnung als Rechtsquelle
Die Kreishandwerkerschaft ist im deutschen Recht durch die Handwerksordnung (HwO) geregelt. Die maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften finden sich insbesondere in den §§ 86 ff. HwO. Die Gründung, Mitgliedschaft und die Aufgaben der Kreishandwerkerschaft ergeben sich direkt aus diesen Regelungen.
Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts
Eine Kreishandwerkerschaft ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts konstituiert. Sie erhält ihre Rechtsfähigkeit durch Satzung, basierend auf den Regelungen der Innungen im Bezirk der jeweiligen Handwerkskammer. Ihre Aufgaben sind daher öffentlich-rechtlich geprägt und sie handelt im Rahmen der ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben mit hoheitlicher Legitimation.
Organisation der Kreishandwerkerschaft
Mitglieder
Zur Mitgliedschaft in einer Kreishandwerkerschaft sind nach § 86 HwO sämtliche Innungen eines bestimmten regionalen Bezirks verpflichtet. Somit sind die Mitglieder keine Einzelpersonen oder Betriebe, sondern ausschließlich die Innungen als eigenständige Handwerksorganisationen.
Organe der Kreishandwerkerschaft
Organe der Kreishandwerkerschaft sind gemäß § 89 HwO:
- Die Mitgliederversammlung (Vertreterversammlung der angeschlossenen Innungen)
- Der Kreishandwerksmeister (gewählter Vorsitzender)
- Der Vorstand (aus den Reihen der Innungen)
Die genaue Ausgestaltung und Aufgabenverteilung der Organe ist in der Satzung der jeweiligen Kreishandwerkerschaft geregelt.
Geschäftsführung
Die laufenden Geschäfte, insbesondere die Vertretung nach außen, werden in der Regel über die Geschäftsstelle wahrgenommen. Die Geschäftsführung obliegt dem Kreishandwerksmeister und dem hauptamtlichen Geschäftsführer.
Aufgaben und Pflichten
Die Kreishandwerkerschaft nimmt vielfältige Aufgaben gemäß § 88 HwO wahr, darunter:
Unterstützung der Innungen
Sie unterstützt die angeschlossenen Innungen bei der Erfüllung deren gesetzlicher und satzungsmäßiger Aufgaben, insbesondere in Verwaltungsangelegenheiten, in der Nachwuchsförderung und bei Ausbildungsbelangen.
Förderung gemeinschaftlicher Interessen
Die Kreishandwerkerschaft fördert die wirtschaftlichen, sozialen und beruflichen Interessen des selbständigen Handwerks und des handwerksähnlichen Gewerbes auf regionaler Ebene.
Vertretung der Innungen und des Handwerks
Im Außenverhältnis vertritt die Kreishandwerkerschaft die Gesamtheit der ihr angeschlossenen Innungen gegenüber Behörden, Gerichten und sonstigen Institutionen, sofern diese Aufgaben ihr nach der Satzung oder durch Mandat explizit übertragen wurden.
Durchführung von Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit
Sie ist zuständig für die Organisation von Fachveranstaltungen, Informationsveranstaltungen und für die Öffentlichkeitsarbeit zugunsten des Handwerks im Bezirk.
Öffentlich-rechtliche Aufgaben
Dazu zählen insbesondere die Verwaltung von Eintragungsunterlagen für das Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse sowie die Durchführung von Gesellenprüfungen (soweit durch Verordnung oder Satzung vorgesehen).
Mitgliedschaft und Zugehörigkeit
Pflichtmitgliedschaft der Innungen
Nach § 86 Abs. 1 HwO besteht für die Innungen innerhalb eines bestimmten Bezirks eine gesetzliche Pflichtmitgliedschaft in der Kreishandwerkerschaft.
Aufnahme und Austritt
Die Aufnahme neuer Innungen erfolgt gemäß den Bestimmungen der Satzung der Kreishandwerkerschaft. Ein Austritt oder eine Auflösung ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich und richtet sich ebenfalls nach den satzungsrechtlichen Regelungen sowie nach den Vorschriften der Handwerksordnung.
Finanzierung
Beitragswesen
Die finanzielle Ausstattung der Kreishandwerkerschaft erfolgt über Pflichtbeiträge der Mitgliedsinnungen. Die Beitragshöhe und Verteilung werden in der Beitragsordnung festgelegt, welche von der Mitgliederversammlung aufgestellt wird. Darüber hinaus kann die Kreishandwerkerschaft Einnahmen aus Dienstleistungen oder Veranstaltungen generieren.
Haushaltsführung
Die Haushaltsführung und Rechnungslegung unterliegen den Vorgaben der Handwerksordnung sowie der eigenen Satzung. Eine jährliche Rechnungsprüfung ist vorgesehen.
Aufsicht und Kontrolle
Aufsicht durch die Handwerkskammern
Die Kreishandwerkerschaft untersteht der Aufsicht der für den jeweiligen Bezirk zuständigen Handwerkskammer. Diese Aufsicht umfasst insbesondere die Prüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben, überwacht die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse und kann im Falle von Verstößen aufsichtsrechtliche Maßnahmen einleiten.
Kontrolle durch eigene Organe
Darüber hinaus unterliegen Vorstand und Geschäftsführung der internen Kontrolle durch die Mitgliederversammlung und etwaige satzungsrechtlich geregelte Revisionsorgane.
Relevante Rechtsvorschriften und weiterführende Regelungen
- Handwerksordnung (HwO), insbesondere §§ 54 ff. (Innungen), §§ 86 ff. HwO (Kreishandwerkerschaften)
- Satzung der jeweiligen Kreishandwerkerschaft
- Beitragsordnung und Geschäftsordnung der Mitgliederversammlung
Abgrenzung zu weiteren Organisationen
Die Kreishandwerkerschaft ist im Gegensatz zur Handwerkskammer (Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Rechtsaufsicht über das gesamte Handwerk eines Bezirks) und zur Landesinnung/Verbandsinnung als regionale Körperschaft konzipiert, deren Hauptfunktion die Unterstützung und Koordination der lokalen Innungen auf Kreisebene ist.
Zusammenfassung
Die Kreishandwerkerschaft ist ein zentrales Organisationselement im Verwaltungssystem des deutschen Handwerks. Sie ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts in der Handwerksordnung geregelt, unterstützt und vertritt ihre Mitgliedsinnungen, übernimmt rechtlich festgelegte Aufgaben und unterliegt der Aufsicht der Handwerkskammern. Ihre genaue Ausgestaltung und das Zusammenwirken mit anderen handwerklichen Selbstverwaltungseinrichtungen sind durch die Satzung sowie durch die Handwerksordnung umfassend geregelt.
Siehe auch:
- [Innung (Handwerk)]
- [Handwerkskammer]
- [Handwerksrecht in Deutschland]
(Quellen: Handwerksordnung (HwO), Satzungen der Kreishandwerkerschaften, Informationsportale der Handwerksorganisationen)
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtliche Stellung hat die Kreishandwerkerschaft innerhalb der Handwerksorganisationen?
Die Kreishandwerkerschaft ist gemäß § 86 ff. Handwerksordnung (HwO) eine Körperschaft des privaten Rechts, die auf Grundlage einer Satzung von den Innungen eines bestimmten Bezirks gebildet wird. Sie ist rechtlich selbstständig und handelt im eigenen Namen, kann also klagen und verklagt werden (§ 89 Abs. 2 HwO). Ihre Aufgabe und Rechtstellung innerhalb des Handwerks sind klar gesetzlich umgrenzt: Sie ist Interessenvertreterin der angeschlossenen Innungen gegenüber Behörden und Organisationen und hat darüber hinaus Ordnungs- und Verwaltungsaufgaben, soweit diese durch Satzung oder Delegation von den Innungen übertragen wurden. Die Kreishandwerkerschaft ist somit keine staatliche Behörde, unterliegt aber staatlicher Aufsicht, beispielsweise durch die zuständige Handwerkskammer. Sie nimmt keine hoheitlichen Aufgaben wahr, sondern fördert und koordiniert die Interessen der angeschlossenen Innungen. Die rechtliche Stellung als Körperschaft bringt zudem Pflichten wie die Einhaltung von Vereinsrecht, Satzungsrecht und Datenschutz mit sich.
Welche Organstruktur ist für die Kreishandwerkerschaft gesetzlich vorgeschrieben?
Die Handwerksordnung gibt in § 89 HwO verbindlich vor, dass die Kreishandwerkerschaft durch den Vorstand und den Kreishandwerksmeister vertreten wird. Der Vorstand setzt sich regelmäßig aus gewählten Vertretern der Mitgliedsinnungen zusammen. Diese Organstruktur wird in der Satzung geregelt und durch interne Wahlen demokratisch legitimiert. Der Kreishandwerksmeister fungiert als Vorsitzender des Vorstandes und gesetzlicher Vertreter der Kreishandwerkerschaft im Rechtsverkehr. Die Geschäftsführung kann zusätzlich von einem hauptamtlichen Geschäftsführer übernommen werden, dessen Rechte und Pflichten im Dienstvertrag und ggf. in der Satzung geregelt sind. Darüber hinaus besteht oft eine Mitgliederversammlung, welche grundlegende Beschlüsse fasst und die Organe wählt oder bestätigt. Rechtlich relevant ist, dass alle Organtätigkeiten auf den laut Satzung und Geschäftsordnung zugewiesenen Rechten und Pflichten beruhen dürfen.
Wie erfolgt die Mitgliedschaft von Innungen in der Kreishandwerkerschaft rechtlich?
Die Mitgliedschaft von Innungen in einer Kreishandwerkerschaft ist nach § 87 HwO grundsätzlich freiwillig und wird durch Beschluss der jeweiligen Innung erworben. Die Aufnahme setzt den Beitritt der Innung gemäß der Satzung der Kreishandwerkerschaft voraus. Geregelt werden Modalitäten zu Aufnahme, Austritt und Ausschluss in der Satzung, die den rechtlichen Rahmen des Vereinsrechts (BGB §§ 21 ff.) berücksichtigen muss. Über die Aufnahme neuer Innungen entscheidet in der Regel die Mitgliederversammlung oder der Vorstand der Kreishandwerkerschaft. Es besteht keine Verpflichtung, einer Kreishandwerkerschaft beizutreten, die Innungen können ihre Mitgliedschaft auch wieder beenden, was nach satzungsgemäßen Fristen und Modalitäten zu erfolgen hat. Streitigkeiten über Mitgliedschaftsrechte unterliegen dem ordentlichen Rechtsweg, es sei denn, die Satzung sieht eine innerverbandliche Schiedsgerichtsbarkeit vor.
Welche gesetzlichen Aufgaben hat die Kreishandwerkerschaft?
Gemäß §§ 86, 88 und 91 HwO obliegt der Kreishandwerkerschaft die Wahrnehmung gemeinsamer Interessen der Innungen ihres Bezirks. Sie übernimmt Verwaltungsaufgaben, soweit diese im Interesse der Mitgliedsinnungen liegen oder durch Satzung vereinbart wurden. Dazu zählen etwa die Organisation und Durchführung von Gesellenprüfungen (sofern von Innungen übertragen), Vertretung der handwerklichen Interessen gegenüber Behörden, Koordination von Ausbildungsfragen, Öffentlichkeitsarbeit und die Beratungsfunktion für die angeschlossenen Betriebe. Außerdem kann sie bei Streitigkeiten zwischen Innungsmitgliedern schlichten und übernimmt oft beratende und unterstützende Aufgaben in arbeitsrechtlichen oder tarifrechtlichen Fragen. Die gesetzlich zwingenden Aufgaben können durch Satzung erweitert, aber nicht eingeschränkt werden. Im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung handelt die Kreishandwerkerschaft treuhänderisch und ist rechenschaftspflichtig gegenüber ihren Mitgliedern.
Wie erfolgt die Finanzierung der Kreishandwerkerschaft rechtlich und welche Transparenzpflichten bestehen?
Die Finanzierung der Kreishandwerkerschaft erfolgt gemäß § 91 HwO hauptsächlich durch Beiträge der angeschlossenen Innungen. Die Beitragsregelung, Bemessungsgrundlage und Höhe werden in der Satzung festgesetzt und durch die Mitgliederversammlung beschlossen. Darüber hinaus dürfen für bestimmte Dienstleistungen gesonderte Gebühren erhoben werden, sofern dies satzungsgemäß geregelt ist. Die Kreishandwerkerschaft ist verpflichtet, jährlich einen Haushaltsplan aufzustellen, der von der Mitgliederversammlung genehmigt werden muss. Es besteht eine umfassende Rechenschaftspflicht: Der Vorstand ist verpflichtet, einen Jahresabschluss vorzulegen und diesen der Mitgliederversammlung zur Entlastung vorzulegen. Ferner besteht eine Prüfungspflicht der Rechnungslegung, die in der Regel durch die Innungsprüfer oder einen externen Wirtschaftsprüfer wahrgenommen wird. Die Transparenzpflicht ergibt sich auch aus dem Vereinsrecht: Jedes Mitglied kann Auskunft über die Verwendung der Mittel verlangen und ggf. eine gerichtliche Überprüfung der Finanzgebarung einfordern.
Welchen rechtlichen Rahmenbedingungen unterliegt die Zusammenarbeit mit öffentlichen Stellen?
Die Kreishandwerkerschaft ist als privatrechtliche Körperschaft nicht direkt Träger öffentlicher Gewalt, kann aber im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenübertragung mit öffentlichen Stellen wie Kommunen, Handwerkskammern oder Berufsbildungseinrichtungen kooperieren. Nach § 91 HwO kann sie bestimmte öffentliche Aufgaben, beispielsweise im Bereich der Berufsausbildung oder Meisterprüfungen, übernehmen, soweit diese ihr von der zuständigen Innung oder Kammer übertragen werden. Dabei unterliegt sie den einschlägigen Datenschutz- und Verwaltungsrechtsvorschriften, insbesondere im Umgang mit personenbezogenen Daten und bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen. Jede Kooperation oder Übertragung hoheitlicher Teilaufgaben muss auf einer gesetzlichen oder satzungsmäßigen Grundlage beruhen, wobei die Aufsicht durch die Handwerkskammer sicherstellt, dass die Kreishandwerkerschaft ihre Kompetenzen nicht überschreitet.
Welche Möglichkeiten der Rechtsmittel und Kontrolle bestehen bei Streitigkeiten innerhalb oder mit der Kreishandwerkerschaft?
Streitigkeiten, die innere Angelegenheiten der Kreishandwerkerschaft oder das Verhältnis zu den Mitgliedsinnungen betreffen, werden zunächst nach den in der Satzung vorgesehenen innerverbandlichen Rechtsbehelfen, oftmals einer Schlichtung oder einem Schiedsgericht, behandelt. Erst nach Ausschöpfen dieser Verfahren kann der ordentliche Rechtsweg vor den Zivilgerichten bestritten werden. Hat die Kreishandwerkerschaft Aufgaben als beliehener Unternehmer für die öffentliche Hand übernommen, kann zudem der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sein. Die staatliche Aufsicht durch die Handwerkskammern dient als weiteres Korrektiv, da diese insbesondere bei Satzungs- oder Rechtsverstößen einschreiten kann. Auch die Mitgliederversammlung hat Kontrollrechte über Vorstand und Geschäftsführung, einschließlich der Entlastung und ggf. Abberufung. Werden Drittinteressen tangiert, stehen Betroffenen die üblichen zivilrechtlichen Unterlassungs- und Schadensersatzklagen offen.