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Kaufmännische Anweisung


Begriff und Definition der Kaufmännischen Anweisung

Die kaufmännische Anweisung bezeichnet im deutschen Handelsrecht eine schriftliche Weisung, durch welche ein Kaufmann einer Bank oder einem anderen beauftragten Empfänger (Angewiesener) anordnet, zu Gunsten eines Dritten eine Zahlung oder Lieferung vorzunehmen. Sie stellt damit ein Instrument des Zahlungs- und Warenverkehrs dar, das in Handelsgeschäften häufig verwendet wird und rechtlich auf den Vorschriften über das Anweisungsgeschäft (§§ 783 ff. BGB) sowie auf speziellen Regelungen des Handelsgesetzbuchs (HGB) basiert.

Rechtliche Einordnung und Abgrenzung

Zivilrechtliche Grundlagen

Das Anweisungsgeschäft im Zivilrecht ist in den §§ 783 bis 792 BGB geregelt. Die kaufmännische Anweisung stellt eine besondere Ausprägung dieses Rechtsgeschäfts dar und unterscheidet sich von klassischen Wertpapieren wie Wechsel oder Scheck durch den fehlenden Ordercharakter und die dennoch vorhandene strikte Bindung an das zugrundeliegende Rechtsverhältnis.

Handelsrechtliche Besonderheiten

Im Handelsrecht finden sich ergänzende Vorschriften für das Anweisungsgeschäft, insbesondere zur Haftung und zur Übertragung. Die häufig auch als Zahlungsanweisung oder Kommissionsanweisung bezeichnete kaufmännische Anweisung nimmt dabei eine Mittlerstellung zwischen den streng formgebundenen Wertpapieren des Wechsel- und Scheckrechts und einer einfachen Zahlungsanweisung ein.

Struktur und Beteiligte der Kaufmännischen Anweisung

Parteien des Anweisungsgeschäfts

  • Anweisender: Der Kaufmann oder Auftraggeber, der die Anweisung ausstellt.
  • Angewiesener: Die Person oder Institution, meist ein Kreditinstitut, die die Anweisung ausführt und damit zur Leistung gegenüber dem Dritten verpflichtet wird.
  • Anweisungsempfänger (Begünstigter oder Dritter): Die Person, zu deren Gunsten die Anweisung erteilt wird und die die Leistung (in der Regel Zahlung) erhalten soll.

Voraussetzungen und Inhalt

Die kaufmännische Anweisung erfordert gemäß den gesetzlichen Vorgaben folgende Inhalte:

  • Bezeichnung der Parteien
  • Eindeutige Anweisung zur Leistung einer bestimmten Geldsumme oder zur Erbringung einer anderen bestimmten Leistung
  • Schriftform, sofern gesetzlich vorgesehen oder vertraglich vereinbart
  • Darstellung des Grundgeschäfts, auf dem die Anweisung basiert (z.B. Kaufvertrag, Liefervertrag)

Rechtswirkungen und Pflichten

Wirkungen zwischen den Beteiligten

Die Annahme der Anweisung durch den Angewiesenen verpflichtet diesen grundsätzlich, die angewiesene Leistung zu erbringen. Die Erfüllung gilt mit Leistung an den Anweisungsempfänger als erbracht. Wird die Anweisung nicht ausgeführt, kann der Empfänger Ansprüche gegen den Anweisenden und gegebenenfalls gegen den Angewiesenen geltend machen.

Haftung und Rückgriff

Kommt es zu einem Fehler oder einer Verweigerung der Leistungserbringung, lässt das Gesetz differenzierte Haftungsgrundsätze gelten:

  • Der Anweisende haftet gegenüber dem Dritten für die ordnungsgemäße Erfüllung.
  • Der Angewiesene ist rechtlich an die Weisung gebunden, sofern die Voraussetzungen für das Anweisungsgeschäft vorliegen.
  • Rückgriffs- und Regressansprüche bestehen je nach Vertragsgestaltung zwischen den Beteiligten.

Übertragbarkeit, Widerruf und Erlöschen

Übertragung der Anweisung

Die kaufmännische Anweisung kann, sofern keine gesetzlichen oder vertraglichen Hindernisse bestehen, durch Abtretung der zugrundeliegenden Forderung übertragen werden. Gleichwohl fehlt ihr im Unterschied zur Orderpapiereigenschaft eines Wechsels die Fähigkeit zur Übertragung durch Indossament.

Widerruf

Der Widerruf der Anweisung ist grundsätzlich möglich, solange der Angewiesene die Leistung noch nicht erbracht hat. Die Modalitäten für Widerruf und dessen Wirksamkeit richten sich nach den zugrundeliegenden vertraglichen Abreden sowie der gesetzlichen Lage (§ 785 BGB).

Erlöschen

Die kaufmännische Anweisung erlischt durch Erfüllung, Widerruf oder Zeitablauf, sofern eine entsprechende Befristung vereinbart wurde. Im Falle der Nichterfüllung stehen dem Anweisungsempfänger entsprechende Ansprüche gegen den Anweisenden oder Dritte zu.

Unterschied zu Wechsel und Scheck

Anders als beim Wechsel oder Scheck handelt es sich bei der kaufmännischen Anweisung nicht um ein Wertpapier mit strengen Formerfordernissen. Sie genießt auch keinen besonderen Wechselprozess und kann daher nicht im Wechselklageverfahren geltend gemacht werden. Die Rechtsnatur der Anweisung beruht vielmehr auf dem schuldrechtlichen Grundgeschäft und den allgemeinen Regelungen zum Anweisungsgeschäft.

Praktische Bedeutung und Anwendungsbereiche

Die kaufmännische Anweisung wird insbesondere im internationalen Handel, bei Kommissionsgeschäften, im Kreditverkehr sowie im Rahmen von Abwicklung von Handelsgeschäften angewandt. Ihr praxisnaher Nutzen liegt in der schnellen und rechtsverbindlichen Regelung von Zahlungen und Lieferverpflichtungen zwischen Unternehmen und Kreditinstituten.

Gesetzliche Fundstellen und weiterführende Vorschriften

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 783 bis 792 (Allgemeine Regelungen zur Anweisung)
  • Handelsgesetzbuch (HGB), ergänzende Vorschriften für den kaufmännischen Geschäftsverkehr
  • Wechselgesetz (WG), zur Abgrenzung
  • Scheckgesetz (SchG), zur Abgrenzung

Zusammenfassung

Die kaufmännische Anweisung stellt ein zentrales Rechtsinstrument im deutschen Handels- und Zivilrecht dar, welches der sicheren, rechtssicheren Abwicklung von Zahlungs- und Lieferverpflichtungen dient. Ihre rechtliche Struktur unterscheidet sich deutlich von Wechsel und Scheck, liegt jedoch komplexen vertraglichen Absprachen und den allgemeinen Bestimmungen des BGB zugrunde. Aufgrund ihrer Vielseitigkeit und Bindungswirkung ist sie ein wichtiger Bestandteil des modernen Wirtschaftsverkehrs.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Erteilung einer kaufmännischen Anweisung erfüllt sein?

Für die rechtssichere Erteilung einer kaufmännischen Anweisung müssen mehrere gesetzliche Voraussetzungen gegeben sein. Zunächst muss die Person, die die Anweisung erteilt, über die erforderliche Vertretungsmacht verfügen – dies kann z. B. eine Prokura oder Handlungsvollmacht sein (§ 48 ff. HGB). Darüber hinaus muss die Anweisung hinreichend bestimmt sein, d. h. sowohl der Anweisende, der Angewiesene als auch der Begünstigte müssen eindeutig identifizierbar sein. Rechtlich ist ferner erforderlich, dass ein dem HGB oder BGB unterfallendes Schuldverhältnis zugrunde liegt, das durch die Anweisung abgewickelt wird, typischerweise im Bereich des dreiseitigen Rechtsverhältnisses (z. B. im bargeldlosen Zahlungsverkehr oder bei Handelsgeschäften). Die Form kann – sofern keine besonderen gesetzlichen Vorschriften bestehen – grundsätzlich formlos erfolgen, allerdings kann aus Beweisgründen die Schriftform sinnvoll sein. Zudem muss die Anweisung mit dem geltenden Unternehmensrecht und etwaigen internen Richtlinien kompatibel sein.

Wer haftet bei fehlerhafter Erteilung einer kaufmännischen Anweisung?

Im Falle einer fehlerhaften Erteilung – beispielsweise durch mangelnde Vertretungsmacht, unklare Formulierung oder Verstöße gegen zwingende gesetzliche Vorschriften – haftet in erster Linie die Person, die die Anweisung erteilt hat, sofern kein anderer Haftungstatbestand ausdrücklich vereinbart wurde. Im Außenverhältnis kann auch das Unternehmen in Haftung genommen werden, insbesondere wenn der Anweisende als Organ (Geschäftsführer, Vorstand) handelte und dadurch das Unternehmen vertrat. Schadensersatzansprüche können zudem gegenüber dem Mitarbeiter bestehen, wenn diesem grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorgeworfen werden kann. Außerdem sind die haftungsrechtlichen Regelungen des HGB (§ 54, 56 HGB) und des BGB einschlägig, insbesondere das Recht der Vertreter ohne Vertretungsmacht (§ 179 BGB).

Wann ist eine kaufmännische Anweisung rechtlich unwirksam?

Rechtlich unwirksam ist eine kaufmännische Anweisung, wenn sie gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen verstößt, beispielsweise bei Verstößen gegen das Verbot von Insichgeschäften ohne entsprechende Genehmigung (§ 181 BGB) oder bei Missachtung strafbewehrter Verbote, etwa nach dem Geldwäschegesetz. Auch Formmängel (soweit eine bestimmte Form gesetzlich vorgeschrieben ist, etwa bei bestimmten Scheckanweisungen) oder die Überschreitung der Vollmacht führen zur Nichtigkeit. Fehlt es an einem gültigen zugrunde liegenden Kausalgeschäft oder ist dieses sittenwidrig (§ 138 BGB) oder rechtswidrig (§ 134 BGB), wird auch die Anweisung hinfällig. Ebenso kann eine Anweisung, die auf eine unmögliche oder rechtswidrige Handlung abzielt, nicht wirksam werden.

Welches Recht findet Anwendung bei internationalen kaufmännischen Anweisungen?

Bei internationalen Anweisungen greift in der Regel das internationale Privatrecht (IPR). Entscheidend ist hier, welches Recht auf das Grundgeschäft und die Anweisung selbst anwendbar ist. Dies wird häufig in den jeweiligen Verträgen explizit geregelt (z. B. durch Rechtswahlklauseln). Wird keine Rechtswahl getroffen, gelten die gesetzlichen Regelungen nach Rom I-VO (Verordnung (EG) Nr. 593/2008) für vertragliche Schuldverhältnisse. Relevant können daneben einschlägige internationale Übereinkommen, wie das UN-Kaufrecht (CISG), sowie lokale handelsrechtliche Vorschriften sein. Bei Scheck- oder Wechselgeschäften können zudem das Wechselgesetz (WG) bzw. das Scheckgesetz (SchG) sowie völkerrechtliche Regelungen anzuwenden sein.

Welche Pflichten hat der Angewiesene aus juristischer Sicht?

Juristisch betrachtet ist der Angewiesene verpflichtet, die Anweisung ordnungsgemäß auszuführen, sofern sämtliche Voraussetzungen der Anweisung erfüllt sind und kein berechtigter Ablehnungsgrund vorliegt. Der Angewiesene muss insbesondere prüfen, ob die Anweisung wirksam und autorisiert ist und ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Ausführung (zum Beispiel ausreichende Deckung oder korrekte Personenidentifizierung) gegeben sind. Im Falle der unrechtmäßigen Ausführung kann der Angewiesene gegenüber dem Anweisenden oder dem Begünstigten haftbar gemacht werden; die Haftung richtet sich dabei nach handels- und zivilrechtlichen Grundsätzen. Außerdem treffen ihn Dokumentations- und Nachweispflichten, insbesondere im Rahmen handelsrechtlicher Buchführungs- und Nachweispflichten (§§ 238 ff. HGB).

Inwieweit besteht ein Widerrufsrecht bei der kaufmännischen Anweisung?

Rechtlich ist zu unterscheiden, ob es sich bei der Anweisung um eine unbedingte oder bedingte Anweisung handelt. Prinzipiell kann der Anweisende eine Anweisung widerrufen, solange diese noch nicht vom Angewiesenen ausgeführt wurde. Hat der Angewiesene bereits an den Begünstigten geleistet, ist der Widerruf ausgeschlossen. Die Möglichkeit und die Folgen des Widerrufs richten sich nach den konkreten vertraglichen und gesetzlichen Regelungen – insbesondere § 671 BGB (Beendigung des Auftrags), § 672 BGB (Widerruf bei unvollendeter Ausführung) und etwaigen spezialgesetzlichen Regelungen. In manchen Fällen kann der Widerruf auch durch das zugrunde liegende Grundgeschäft ausgeschlossen sein, beispielsweise wenn eine unwiderrufliche Garantie abgegeben wurde.

Welche Beweislastregelungen gelten im Streitfall bezüglich einer kaufmännischen Anweisung?

Bei Streitigkeiten rund um eine kaufmännische Anweisung gilt grundsätzlich die allgemeine zivilrechtliche Beweislastverteilung: Jede Partei trägt die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen, aus denen sie Rechte herleitet. Derjenige, der Ansprüche aus einer Anweisung geltend macht (z. B. der Begünstigte), muss das Vorliegen einer wirksamen und ordnungsgemäß erteilten Anweisung beweisen. Der Angewiesene muss wiederum belegen, dass er die Anweisung korrekt oder nicht ausführen konnte, beispielsweise mangels Deckung oder wegen Fehlens einer Autorisierung. Streitigkeiten werden regelmäßig durch Vorlage von Verträgen, schriftlichen Anweisungen, Vollmachtsurkunden oder Geschäftsunterlagen geklärt. Die handelsrechtlichen Vorschriften über Buchführung und Belegpflicht (§§ 238, 257 HGB) sind von besonderer Relevanz für die Beweisführung.