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Investmentbank


Begriff und rechtliche Einordnung der Investmentbank

Eine Investmentbank ist ein Kreditinstitut, dessen Hauptaufgaben im Bereich der Kapitalmarktgeschäfte, der Finanzierung und der Beratung von Unternehmen, Staaten und anderen Institutionen liegen. In der Regel unterscheidet sich die Investmentbank von der klassischen Universal- oder Geschäftsbank, die primär Einlagen- und Kreditgeschäft betreibt. Investmentbanken spielen eine zentrale Rolle an den weltweiten Finanzmärkten und unterliegen in Deutschland, der EU sowie international umfangreichen rechtlichen Regelungen.


Abgrenzung und Tätigkeitsfelder

Investmentbanken sind vorrangig im Eigen- und Fremdkapitalmarkt, im Wertpapierhandel, in der Begleitung von Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions, M&A), der Emission von Finanzinstrumenten und in der Vermögensverwaltung (Asset Management) tätig. Sie verfügen meist nicht über klassisches Einlagengeschäft mit Privatkundschaft.

Kerngeschäfte im Überblick

Emissionsgeschäft

Investmentbanken begleiten Emittenten bei der Platzierung von Aktien (Eigenkapital) und Anleihen (Fremdkapital) am Kapitalmarkt, insbesondere im Rahmen von Börsengängen (Initial Public Offerings, IPOs), Privatplatzierungen oder öffentlichen Anleihen.

Mergers & Acquisitions (M&A)

Im M&A-Bereich beraten Investmentbanken Mandanten bei Unternehmenskäufen, -verkäufen sowie Fusionen und übernehmen typischerweise Zahlungen, Bewertungen und die Koordination der Transaktion.

Wertpapierhandel (Trading & Brokerage)

Investmentbanken handeln für eigene Rechnung (Prop Trading) sowie für Kunden mit Wertpapieren, Derivaten, Rohstoffen, Devisen und anderen Finanzinstrumenten.

Strukturierte Finanzierungen

Sie strukturieren maßgeschneiderte Finanzierungen, die auf individuelle Bedürfnisse von Institutionen abgestimmt sind – etwa durch Verbriefungen, Syndizierungen oder strukturierte Kreditprodukte.


Rechtlicher Rahmen: Deutschland und EU

Die Tätigkeit von Investmentbanken ist in Deutschland und der Europäischen Union (EU) einer Vielzahl von gesetzlichen Bestimmungen und Aufsichtsmechanismen unterworfen.

Bankenaufsicht und Zulassung

Kreditwesengesetz (KWG)

Das KWG bildet die zentrale rechtliche Grundlage für die Zulassung und Beaufsichtigung von Kreditinstituten, darunter Investmentbanken. § 1 KWG definiert erlaubnispflichtige Bankgeschäfte, zu denen insbesondere das Emissions- und Depotgeschäft zählen.

BaFin und Europäische Aufsicht

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) übernimmt die nationale Kontrolle über Investmentbanken. Im Rahmen der europäischen Bankenunion ist auch die Europäische Zentralbank (EZB) für bedeutende Institute zuständig. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) koordiniert übergreifend regulatorische Maßnahmen auf EU-Ebene.

Wertpapierhandelsrecht

Investmentbanken unterliegen dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), das umfassende Vorgaben für den Handel, die Meldepflichten und die Transparenz von Wertpapiergeschäften vorsieht. Die Märkte in Finanzinstrumenten-Verordnung (MiFIR) und die Märkte in Finanzinstrumenten-Richtlinie II (MiFID II) regeln EU-weit Geschäftsmodelle, Anforderungen an Transparenz, Anleger- und Marktschutz.

Geldwäschegesetz und Sanktionsrecht

Investmentbanken müssen umfangreiche Pflichten nach dem Geldwäschegesetz (GwG) erfüllen, insbesondere hinsichtlich der Identifizierung von Vertragspartnern und der Meldung verdächtiger Transaktionen. Zusätzlich gelten europäische und internationale Sanktionsregime, deren Einhaltung bei internationalen Geschäften zu gewährleisten ist.


Internationales Recht und grenzüberschreitende Aktivitäten

Investmentbanken sind häufig weltweit tätig und müssen daher auch internationale Vorgaben beachten.

Basel-Regelwerk

Das Basel Committee on Banking Supervision (BCBS) entwickelt internationale Standards zur Bankregulierung (Basel III). Diese schreiben insbesondere umfangreiche Vorgaben zu Eigenkapitalausstattung, Liquiditätsmanagement und Risikocontrolling vor. Nationale und europäische Richtlinien setzen diese Vorgaben um.

US-amerikanisches Recht

Auf dem US-amerikanischen Markt unterliegen Investmentbanken den Vorgaben der Securities and Exchange Commission (SEC) und dem Dodd-Frank Act. Hier gibt es zum Beispiel strikte Trennungen von klassischen Banken- und Investmentbanking-Aktivitäten (Volcker Rule).


Trennbankensystem und Regulatorik nach Finanzkrisen

Die globale Finanzkrise von 2007/2008 führte international zu erheblichen regulatorischen Verschärfungen.

Trennbankensystem

Einige Staaten (etwa die USA) haben Regelungen eingeführt, die das klassische Bankgeschäft (vor allem Einlagengeschäft) von Investmentbanking-Aktivitäten trennen. Ziel ist die Reduzierung von Systemrisiken und die Stabilisierung des Finanzsystems.

Eigenkapitalanforderungen

Regulatorische Anforderungen an das Eigenkapital und die Liquidität wurden verschärft. Das Ziel ist, Risiken aus Investmentgeschäften besser aufzufangen und die Zahlungsfähigkeit der Institute auch in Krisensituationen zu sichern.


Aufsichtsrechtliche Anforderungen im Detail

Compliance und interne Kontrollsysteme

Investmentbanken sind verpflichtet, umfassende Compliance-Strukturen und interne Kontrollsysteme zu errichten. Hierzu zählen Risikomanagement, Vergütungssysteme, Interessenkonfliktregelungen und Anforderungen an Datensicherheit sowie Datenschutz (beispielsweise gemäß DSGVO).

Kundenschutz- und Transparenzpflichten

Bei der Beratung, Vermittlung und dem Vertrieb von Finanzinstrumenten gelten erhöhte Anforderungen an Transparenz, Offenlegung und Anlegerinformation. Die MiFID II schreibt unter anderem vor, Kunden über Risiken, Kosten und Provisionen umfassend aufzuklären.


Haftung und Sanktionen

Investmentbanken haften nach allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften und spezialgesetzlichen Haftungstatbeständen, beispielsweise für Prospekthaftung, Falschberatung oder die Verletzung aufsichtsrechtlicher Pflichten. Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Vorgaben werden durch die BaFin, ESMA oder die SEC mit Bußgeldern und anderen Sanktionen belegt.


Zusammenfassung

Investmentbanken befinden sich im Spannungsfeld hochkomplexer Finanzmärkte und weitreichender rechtlicher Regulierung. Ihre Tätigkeit ist durch unterschiedliche nationale, europäische und internationale Rechtsvorschriften geregelt, die der Stabilität des Finanzsystems, dem Schutz der Anleger sowie der Integrität der Märkte dienen. Die Einhaltung dieser regulatorischen Anforderungen bildet die Grundlage für den Geschäftsbetrieb einer Investmentbank und ist stetiger Gegenstand gesetzgeberischer Weiterentwicklungen und aufsichtsrechtlicher Kontrolle.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Anforderungen müssen Investmentbanken für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen erfüllen?

Um in Deutschland Wertpapierdienstleistungen anbieten zu dürfen, benötigen Investmentbanken eine Erlaubnis gemäß § 32 Kreditwesengesetz (KWG) oder eine Registrierung nach dem Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG). Voraussetzung hierfür ist ein tragfähiges Geschäftsmodell, das Einhalten aufsichtsrechtlicher Eigenkapitalanforderungen und das Vorhandensein einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation gemäß § 25a KWG. Zusätzlich sind Investmentbanken verpflichtet, interne Kontrollmechanismen und ein Risikomanagementsystem einzurichten. Die Erlaubniserteilung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) setzt u.a. die Zuverlässigkeit und fachliche Eignung der Geschäftsleiter voraus. Außerdem müssen Vorschriften zu Geldwäscheprävention, Datenschutz und Marktintegrität strikt beachtet werden. Bei Tätigkeit in mehreren EU-Staaten greifen zudem unionsrechtliche Regelungen, speziell die Richtlinien und Verordnungen im Rahmen von MiFID II/MiFIR.

Welche rechtlichen Pflichten bestehen im Zusammenhang mit der Offenlegung von Interessenkonflikten?

Nach der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 zu MiFID II sowie § 63 Abs. 3 WpHG (Wertpapierhandelsgesetz) sind Investmentbanken verpflichtet, sämtliche tatsächlichen oder potenziellen Interessenkonflikte gegenüber ihren Kunden vor Vertragsschluss transparent zu offenbaren. Dies betrifft etwa Eigenhandelsaktivitäten, Mitarbeiterbeteiligungen oder sonstige geschäftliche Beziehungen mit den Emittenten der gehandelten Wertpapiere. Ergänzend sind organisatorische Verfahren einzuführen, um Interessenkonflikte zu erkennen, zu vermeiden oder angemessen zu managen. Die Offenlegung hat in verständlicher, schriftlicher Form zu erfolgen und muss die konkreten Risiken für den Anleger beschreiben. Verstöße können bußgeldbewährt sein oder Schadenersatzansprüche auslösen.

Inwiefern unterliegen Investmentbanken der Marktmissbrauchsverordnung (MAR)?

Investmentbanken unterliegen als Teilnehmer am Kapitalmarkt umfassend der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 über Marktmissbrauch (MAR). Dies umfasst insbesondere das Verbot von Insidergeschäften (§ 14 WpHG), der Weitergabe von Insiderinformationen (§ 15 WpHG) und der Marktmanipulation. Die Institute sind gesetzlich verpflichtet, Insiderlisten zu führen, Verdachtsfälle selbstständig zu melden (whistleblowing) und ihre Mitarbeiter regelmäßig zu schulen. Sie müssen zudem Vorkehrungen treffen, damit price-sensitive Informationen nur autorisierten Personen zugänglich sind, und Kontrollmechanismen einführen, um Transaktionen auf Marktmissbrauchsrisiken zu überwachen. Verstöße können sowohl zu empfindlichen Geldbußen als auch zu strafrechtlichen Sanktionen führen.

Welche gesetzlichen Regelungen gelten im Hinblick auf die Prospektpflicht bei Investmentbank-Mandaten?

Für öffentliche Angebote von Wertpapieren oder deren Zulassung zum Handel an einem regulierten Markt gilt die Prospektpflicht gemäß EU-Prospektverordnung (VO (EU) 2017/1129) sowie die dazu ergangenen deutschen Vorgaben im Wertpapierprospektgesetz (WpPG). Im Investmentbanking-Kontext betrifft das insbesondere die Begleitung von Börsengängen (IPOs), Kapitalerhöhungen oder Anleiheemissionen. Die Investmentbank ist in diesen Fällen oftmals Prospektverantwortlicher oder haftet als Konsortialführer zusammen mit dem Emittenten für die Vollständigkeit, Konsistenz und Verständlichkeit des Wertpapierprospekts. Sie muss sicherstellen, dass alle in Art. 6 ff. der EU-Prospektverordnung geforderten Angaben enthalten sind und eine Billigung des Prospekts durch die BaFin erfolgt.

Welche Regeln gelten für Vergütungsstrukturen in Investmentbanken?

Investmentbanken sind verpflichtet, ihre Vergütungsstrukturen an die Vorgaben des Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV; konkretisiert durch die CRD V-Richtlinie auf EU-Ebene) anzupassen. Ziel ist es, durch angemessene variable und fixe Vergütungsbestandteile Anreize für nachhaltiges und risikobewusstes Verhalten zu setzen. Für Risikoträger gelten Begrenzungen hinsichtlich der variablen Vergütung, z.B. darf diese das Doppelte der fixen Vergütung grundsätzlich nicht übersteigen. Ein erheblicher Anteil der variablen Vergütung ist in Form von Instrumenten auszuzahlen, deren Wertentwicklung an die langfristige Entwicklung des Instituts gekoppelt ist. Zudem sind Rückforderungs- (Clawback-) und Zurückbehaltungsmechanismen (Malus) zu implementieren. Die Einhaltung dieser Vorgaben wird regelmäßig durch die BaFin überwacht.

Wie werden Investmentbanken im Hinblick auf Geldwäscheprävention reguliert?

Investmentbanken gelten als Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz (GwG). Sie müssen u.a. eine Risikoanalyse erstellen, Kundenidentifikationsverfahren (Know-Your-Customer, KYC) durchführen und Verdachtsfälle – insbesondere bei ungewöhnlichen Transaktionen oder wenn Anhaltspunkte auf strafbare Handlungen vorliegen – umgehend an die Financial Intelligence Unit (FIU) melden. Interne Sicherungsmaßnahmen wie die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten, regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter und die Einführung eines Compliance-Management-Systems sind vorgeschrieben. Verstöße gegen diese Pflichten können weitreichende aufsichtsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen für das Institut und die verantwortlichen Personen nach sich ziehen.

Welche Anforderungen bestehen an die Compliance-Organisation einer Investmentbank?

Die rechtlichen Mindestanforderungen an eine Compliance-Organisation finden sich in § 25h KWG, dem WpHG und den einschlägigen EU-Regelungen. Investmentbanken müssen eine von den operativen Bereichen unabhängige Compliance-Funktion einrichten, deren Aufgabe es ist, die Einhaltung aller gesetzlichen Vorgaben (insbesondere Insiderrecht, Geldwäsche, Wertpapieraufsicht und Datenschutz) zu überwachen. Sie haben adäquate Richtlinien, interne Kontrollen, Schulungen und einen jährlichen Compliance-Report vorzuhalten. Zudem ist ein effektives Hinweisgebersystem zu etablieren, um Verstöße anonym zu melden. Die Compliance-Organisation unterliegt regelmäßigen Prüfungen durch die interne Revision sowie durch die Bankenaufsicht.