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Innenvollmacht


Begriff und rechtliche Einordnung der Innenvollmacht

Die Innenvollmacht ist ein Begriff des deutschen Zivilrechts und beschreibt eine besondere Form der Vollmachtserteilung im Rahmen der Stellvertretung. Sie bildet einen zentralen Teil des allgemeinen Vertretungsrechts, das im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt ist. Die Innenvollmacht unterscheidet sich maßgeblich von der Außenvollmacht durch ihren Adressatenkreis und die Art ihrer Bevollmächtigung.

Definition der Innenvollmacht

Die Innenvollmacht ist eine Vollmacht, die von dem Vertretenen (Vollmachtgeber) unmittelbar gegenüber dem Bevollmächtigten (Vertreter) erteilt wird, § 167 Abs. 1 Alt. 1 BGB. Im Gegensatz dazu wird die Außenvollmacht einer dritten Person oder dem Geschäftspartner mitgeteilt. Die Erklärung der Innenvollmacht erfolgt daher intern, ohne dass der Dritte, demgegenüber das Rechtsgeschäft wirksam werden soll, unmittelbar davon erfährt.

Normative Grundlagen

Gesetzliche Regelung

Die Innenvollmacht ist in § 167 Abs. 1 BGB normiert. Die Vorschrift differenziert bereits ketzerisch zwischen der gegenüber dem Bevollmächtigten (Innenvollmacht) und der gegenüber dem Dritten (Außenvollmacht) erklärten Vollmacht. Für beide Formen gelten im Grundsatz dieselben Anforderungen bezüglich Inhalt, Umfang, und Widerruflichkeit.

Erteilung und Form

Die Innenvollmacht kann formfrei erteilt werden, soweit nicht das zugrunde liegende Rechtsgeschäft einer besonderen Form bedarf (§ 167 Abs. 2 BGB). Ist beispielsweise für das auszunutzende Grundgeschäft eine notarielle Beurkundung erforderlich, muss auch die Vollmachtserteilung diesen Formerfordernissen genügen.

Abgrenzung zu anderen Vollmachtsarten

Die Innenvollmacht ist von der Außenvollmacht abzugrenzen. Während die Innenvollmacht sich an den Vertreter richtet, richtet sich die Außenvollmacht direkt an den Dritten. Mischformen oder Kombinationen beider Arten sind ebenfalls denkbar und zulässig. Weiterhin ist die Innenvollmacht zum Auftrag und zur bloßen Weisung abzugrenzen, da sie in der Regel rechtsgeschäftliche Erklärungsbefugnis verleiht.

Wirkungen der Innenvollmacht

Rechtswirkungen im Außenverhältnis

Setzt der Vertreter im Rahmen einer wirksam bestehenden Innenvollmacht ein Rechtsgeschäft im Namen des Vertretenen, so wirkt dieses unmittelbar für und gegen den Vertretenen (§ 164 Abs. 1 BGB). Der Dritte muss nicht zwingend von der Erteilung der Innenvollmacht wissen; im Außenverhältnis genügt die interne Bevollmächtigung. Die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts hängt aber von den Kenntnissen und dem guten Glauben des Dritten bezüglich des Vertretungsfalles ab.

Rechtliche Beziehung im Innenverhältnis

Die rechtlichen Beziehungen zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem werden häufig durch einen Auftrag (§§ 662 ff. BGB) oder ein Dienstverhältnis bestimmt. Die Erteilung der Innenvollmacht begründet die Berechtigung und, im Regelfall, die Verpflichtung des Bevollmächtigten, rechtsgeschäftlich im Namen des Vollmachtgebers zu handeln.

Erlöschen und Widerruf der Innenvollmacht

Die Innenvollmacht erlischt grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln, insbesondere durch Widerruf, Ablauf einer bestimmten Zeit, Zweckerreichung oder durch Beendigung des Vertretungsverhältnisses. Der Widerruf ist grundsätzlich jederzeit möglich, sofern sich aus dem zugrunde liegenden Verhältnis nichts anderes ergibt (§ 168 S. 2 BGB). Erfolgt der Widerruf gegenüber dem Bevollmächtigten, so erlischt die Innenvollmacht unverzüglich.

Anfechtung der Innenvollmacht

Wie jede Willenserklärung ist auch die Innenvollmacht anfechtbar. Die Anfechtung erfolgt gegenüber dem Bevollmächtigten. Die Wirksamkeit der im Rahmen der angefochtenen Vollmacht vorgenommenen Rechtsgeschäfte hängt von Zeitpunkt und Zugang der Anfechtung ab. Hat der Vertreter bereits gutgläubig rechtsgeschäftlich im fremden Namen gehandelt, sind die Vorschriften zum Schutz Dritter zu beachten.

Haftungsfragen bei der Innenvollmacht

Kommt es zu Überschreitungen der Innenvollmacht oder fehlender Bevollmächtigung, besteht grundsätzlich die Möglichkeit einer Haftung des Vertreters entsprechend § 179 BGB. Der Vertretene ist nur insoweit verpflichtet, wie die Innenvollmacht reichte. Bei Überschreitung der Innenvollmacht, insbesondere bei Fehlen einer Außenvollmacht, haftet der Vertreter persönlich gegenüber dem Dritten, es sei denn, es liegt eine Genehmigung durch den Vertretenen vor.

Praxisrelevanz und Anwendungsbereiche

Die Innenvollmacht besitzt im Alltag hohe praktische Relevanz etwa im Rahmen von Geschäftsführervollmachten, im Arbeitsrecht sowie im Vereins- und Gesellschaftsrecht. Auch bei Familienangelegenheiten oder im Rahmen von Betreuungen wird sie häufig eingesetzt.

Beweisproblematik und Gutglaubensschutz

Da die Innenvollmacht dem Dritten meist nicht bekannt ist, besteht ein erhöhtes Risiko von Beweisproblemen. Im Streitfall muss der Vertreter beweisen, tatsächlich bevollmächtigt gewesen zu sein. Ergänzend tritt § 172 BGB (Vollmachtsurkunde) hinzu, mit der dem Vertreter durch Vorlage einer Urkunde die Beweiswürdigung erleichtert wird. Der Gutglaubensschutz des Dritten ist daher bei der Innenvollmacht regelmäßig schwächer als bei der Außenvollmacht.

Innenvollmacht im internationalen Kontext

Im internationalen Privatrecht ist deutsches Recht bei inländischem Handeln maßgeblich, kann jedoch durch besondere Kollisionsnormen (z. B. Art. 8 Rom I-VO) überlagert werden. Die Behandlung der Innenvollmacht kann daher je nach betroffenen Rechtsordnungen voneinander abweichen.

Zusammenfassung

Die Innenvollmacht ist ein grundlegendes Element des deutschen Vertretungsrechts. Sie ist durch die interne Erklärung gegenüber dem Bevollmächtigten gekennzeichnet, weist jedoch bei Ausübung der Vertretungsmacht umfassende Rechtswirkungen im Außenverhältnis auf. Die formalen, materiellen und haftungsrechtlichen Besonderheiten der Innenvollmacht machen sie zu einem flexibel einsetzbaren Instrument rechtlicher Stellvertretung im Zivilrecht.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Erteilung einer Innenvollmacht?

Die Innenvollmacht ist eine Vollmacht, die gegenüber dem zu Bevollmächtigenden (also dem Vertreter) erteilt wird, nicht gegenüber dem Vertragspartner des Geschäftes. Rechtlich ist sie durch das deutsche Zivilrecht und insbesondere durch § 167 Abs. 1 Alt. 1 BGB geregelt. Für die Erteilung einer Innenvollmacht bestehen grundsätzlich keine besonderen Formerfordernisse, sie kann mündlich, schriftlich oder sogar konkludent, also durch schlüssiges Verhalten, erteilt werden. Ausnahmen gelten jedoch, wenn für das zugrunde liegende Rechtsgeschäft selbst eine bestimmte Form (z. B. notarielle Beurkundung) gesetzlich vorgeschrieben ist – in solchen Fällen muss auch die Vollmachterteilung in derselben Form erfolgen (§ 167 Abs. 2 BGB). Es darf kein gesetzliches Verbot oder Sittenwidrigkeit (§ 134, § 138 BGB) vorliegen, und der Aussteller muss voll geschäftsfähig sein. Die Innenvollmacht kann jederzeit, auch stillschweigend, widerrufen werden, soweit nicht gesetzliche Einschränkungen bestehen.

Wie unterscheidet sich die Innenvollmacht von der Außenvollmacht und welche rechtlichen Auswirkungen hat dies?

Der wesentliche Unterschied zwischen Innenvollmacht und Außenvollmacht besteht darin, gegenüber wem die Vollmacht erklärt wird: Die Innenvollmacht wird gegenüber dem Vertreter erklärt, während die Außenvollmacht dem Geschäftspartner des Vertreters mitgeteilt wird. Diese Unterscheidung wirkt sich insbesondere auf die Beweislast und den Geschäftsbetrieb aus. Im Falle der Innenvollmacht kann der Vertreter dem Dritten nicht unmittelbar nachweisen, dass er bevollmächtigt wurde, da diesem die Vollmacht nicht offenbart wurde. Dies kann im Streitfall zu Unsicherheiten führen; der Dritte trägt das Risiko, ob tatsächlich eine Vollmacht besteht. Handelt der Vertreter ohne Außenvollmacht, aber mit Innenvollmacht, ist das Rechtsgeschäft für den vertretenen Unternehmer nur dann bindend, wenn die Voraussetzungen des § 177 BGB (Genehmigung des Vertretenen) vorliegen. Der Dritte ist also stärker geschützt, wenn eine Außenvollmacht vorliegt, da er sich auf die ihm mitgeteilte Vollmacht verlassen darf.

Welche rechtlichen Folgen ergeben sich bei Überschreitung der Innenvollmacht durch den Vertreter?

Wird die Innenvollmacht vom Vertreter überschritten, so ist das Geschäft zunächst schwebend unwirksam, soweit der Dritte von der fehlenden oder überschrittenen Vollmacht wusste oder hätte wissen müssen (§ 177 Abs. 1 BGB). Das bedeutet, das Rechtsgeschäft ist für den Vertretenen erst verbindlich, wenn dieser es genehmigt. Lehnt der Vertretene die Genehmigung ab, haftet der Vertreter unter Umständen dem Dritten gemäß § 179 BGB auf Schadensersatz, sofern dieser nicht wusste, dass die Vollmacht überschritten oder gar nicht bestand. Ist jedoch dem Dritten nicht bekannt, dass der Vertreter außerhalb der Innenvollmacht handelt, und liegt eine Außenvollmacht vor, kann unter Umständen dennoch ein wirksames Geschäft zustande kommen. Wichtig ist somit die jeweilige Kenntnislage des Dritten und die Frage, ob eine Außendarstellung (Außenvollmacht) erfolgte.

Welche Haftungsrisiken bestehen für den Vertreter bei einer Innenvollmacht?

Handelt ein Vertreter im Rahmen einer Innenvollmacht ohne Kenntnis Dritter über die Bevollmächtigung (also ohne Außenvollmacht), besteht das Risiko, dass der Vertretene das Geschäft nicht genehmigt. In diesem Fall kommt eine Haftung des Vertreters nach § 179 BGB in Betracht, sofern der Dritte gutgläubig war und keine Kenntnis von der fehlenden oder überschrittenen Vertretungsmacht hatte. Ist dem Dritten bewusst, dass keine Vollmacht besteht, greift die Haftung nicht. Weiterhin können Schadensersatzansprüche aus culpa in contrahendo (§ 311 Abs. 2, § 280 BGB) entstehen, wenn der Vertreter einen Rechtsschein einer Vertretungsmacht gesetzt hat und dadurch beim Dritten ein schutzwürdiges Vertrauen entstand. Daher ist es für Vertreter besonders wichtig, sich ihrer tatsächlichen Vollmacht bewusst zu sein.

In welchen Fällen ist die Offenlegung der Innenvollmacht für den Geschäftspartner notwendig?

Eine Offenlegung der Innenvollmacht gegenüber dem Geschäftspartner ist in Fällen notwendig, in denen der Dritte auf die Vertretungsmacht des Handelnden vertrauen oder sich darauf verlassen soll, dass ein wirksames Geschäft zustande kommt. In der Praxis ist dies vor allem bei größeren oder risikobehafteten Rechtsgeschäften relevant, bei denen der Dritte nicht bereit ist, das Risiko einer schwebenden Unwirksamkeit einzugehen. Gesellschaftsrechtlich ist dies auch häufig bei organschaftlicher Vertretung (z. B. Geschäftsführer einer GmbH) von Bedeutung, wenn dem Dritten die interne Begrenzung der Vertretungsmacht unbekannt ist. Eine explizite Mitteilung über das Bestehen und den Umfang der Vollmacht schafft Rechtssicherheit bei allen Beteiligten und minimiert das Risiko späterer Rechtsstreitigkeiten.

Welche gesetzlichen Regelungen zur Dauer und zum Widerruf der Innenvollmacht bestehen?

Die Innenvollmacht ist grundsätzlich jederzeit frei widerrufbar, es sei denn, es wurde etwas anderes vertraglich vereinbart oder Gesetzesvorschriften stehen dem entgegen. Geregelt ist dies in § 168 Satz 2 BGB. Ist die Vollmacht an ein bestimmtes Grundverhältnis gebunden (z. B. Arbeits- oder Geschäftsbesorgungsvertrag), so endet die Vollmacht im Zweifel mit dem Ende dieses Rechtsverhältnisses („Akzessorietät“). In bestimmten Fällen – etwa bei unwiderruflichen Vollmachten, Treuhand- oder Prokuravollmachten – besteht ein eingeschränkter Widerrufs- oder Beendigungsmechanismus. Nach § 168 BGB kann im Innenverhältnis eine abweichende Regelung über die Dauer und Widerruflichkeit getroffen werden; im Außenverhältnis ist der Schutz des guten Glaubens Dritter zu berücksichtigen.

Können bei einer Innenvollmacht Treuhandverhältnisse oder Beschränkungen wirksam vereinbart werden?

Im Rahmen einer Innenvollmacht ist es möglich, Treuhandverhältnisse oder interne Beschränkungen ausdrücklich zu vereinbaren. Diese Vereinbarungen sind jedoch primär nur im Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem wirksam und haben grundsätzlich keine Wirkung gegenüber Dritten. Das bedeutet, ein gutgläubiger Dritter, dem nur das Bestehen der Vertretungsmacht bekannt ist und der keine Kenntnis von internen Weisungen oder Beschränkungen hat, kann sich regelmäßig auf die umfassende Vertretungsmacht des Bevollmächtigten verlassen (§ 173 BGB). Der Bevollmächtigte haftet jedoch dem Vollmachtgeber gegenüber auf Schadensersatz, sofern er die internen Vorgaben verletzt. In besonderen Fällen, etwa bei Notar- oder Bankvollmachten, werden interne Beschränkungen im Rechtsverkehr oftmals ausdrücklich offengelegt, um den Handlungsspielraum transparent zu machen.