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Globalurkunde


Begriff und Wesen der Globalurkunde

Die Globalurkunde ist ein zentrales Rechtsinstrument im Wertpapierrecht, das sowohl im deutschen als auch in internationalen Kapitalmarktsystemen eine bedeutende Rolle spielt. Sie bezeichnet eine Sammelurkunde, welche mehrere gleiche Wertpapiere aggregiert und als Ganzes verbrieft. Ziel ist die Vereinfachung des Wertpapierverkehrs durch eine effiziente Verwahrung und Übertragung großer Wertpapiermengen, ohne dass Einzelurkunden ausgestellt werden müssen. Der Begriff wird vor allem im Zusammenhang mit Aktien, Schuldverschreibungen und Investmentfondsanteilen verwendet.

Rechtliche Grundlagen

Gesetzliche Grundlagen in Deutschland

Die rechtliche Grundlage der Globalurkunde ist im deutschen Recht in mehreren Gesetzen zu finden, insbesondere im Depotgesetz (DepotG) und im Börsengesetz (BörsG). Weitere normative Regelungen finden sich im Aktiengesetz (AktG) sowie im Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (SchVG) und im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG).

  • Depotgesetz (§ 9a DepotG): Hier ist bestimmt, dass Wertpapiere in einer Sammelurkunde bei der Verwahrstelle hinterlegt werden können. Die Globalurkunde ersetzt dabei Einzelurkunden und wird verwaltungstechnisch nur einmal ausgestellt.
  • Aktiengesetz (§ 10 AktG): Ermöglicht ausdrücklich die Verbriefung von mehreren Aktien in einer Sammel- oder Globalurkunde.

Typen von Sammelurkunden

Es wird zwischen Sammelurkunden und Globalurkunden unterschieden. Während die Sammelurkunde auf eine abgeschlossene Menge von Wertpapieren bezogen ist (z. B. Anteile einer bestimmten Emission für einen bestimmten Gläubigerkreis), umfasst die Globalurkunde regelmäßig alle auf den Inhaber lautenden Wertpapiere einer bestimmten Emission.

Inhaberpapiere und Namenspapiere

Globalurkunden werden überwiegend für Inhaberpapiere ausgegeben. Die Übertragung der in einer Globalurkunde verbrieften Rechte erfolgt in der Praxis durch Buchung im Effektengiroverkehr.

Funktionen und Bedeutung

Verwahrung und Verwaltung

Durch die Globalurkunde wird die physische Verwahrung von Wertpapieren erheblich vereinfacht. Die Wertpapiere werden nicht als Einzelurkunden, sondern gemeinsam in einer einzigen Urkunde (der Globalurkunde) verbrieft. Diese wird regelmäßig bei einer zentralen Wertpapierverwahrstelle wie etwa der Clearstream Banking AG hinterlegt.

Effizienzsteigerung und Kostenersparnis

Die Ausgabe einer Globalurkunde reduziert die Emissions-, Verwaltungs- und Transaktionskosten. Die Prozesse im Hinblick auf Handel, Übertragung und Verwahrung werden erheblich beschleunigt.

Umsetzung im internationalen Rechtsrahmen

Im internationalen Kontext wird die Globalurkunde ebenfalls verwendet, insbesondere in den großen Wertpapierabwicklungssystemen wie Euroclear und Clearstream. Dabei handelt es sich zumeist um sogenannte „Global Notes“ oder „Permanent Global Notes“.

Ausgestaltung und Rechtsfolgen

Form und Inhalt der Globalurkunde

Die Globalurkunde enthält einen Sammelerklärungstext und die wesentlichen Merkmale der verbrieften Wertpapiere (z. B. Wertpapiernummer, Emissionsbedingungen, Gesamtbetrag, Verzinsung). Sie ist gewöhnlich durch Unterschriften der ausgebenden Institution oder durch faksimilierte Unterschriften beglaubigt.

Hinterlegung und Umlauf

Nach Ausstellung wird die Globalurkunde bei der Verwahrstelle (z. B. Clearstream Banking AG, Bundesbank) hinterlegt. Die Wertrechte werden durch sogenannte „Girosammelverwahrung“ abgebildet. An die Stelle des Besitzes der Einzelurkunde tritt die Gutschrift im Wertpapierdepot, wodurch der effektive Umlauf von Einzelurkunden entfällt. Die Eigentumsübertragung erfolgt im Wege der Depotbuchung.

Rechte der Wertpapiergläubiger

Wertpapierinhaber sind gemäß § 5 Abs. 2 DepotG Miteigentümer an der Sammelwertpapierurkunde in Form der Globalurkunde. Sie haben Anspruch auf Auslieferung einer Einzelurkunde, soweit dies nicht durch die Emissionsbedingungen ausgeschlossen wurde (häufiger Fall), oder auf Auslieferung einer Sammelurkunde mit Einzelbesitzvermerk.

Besonderheiten bei verschiedenen Wertpapierarten

Aktien

Nach § 10 Abs. 5 AktG ist die Verbriefung mehrerer Aktien in einer Sammel- oder Globalurkunde zulässig und weit verbreitet. Die Rechte der Aktionäre werden über die Depotguthaben abgebildet.

Schuldverschreibungen

Im Anleihenbereich ist die Ausgabe von Globalurkunden Standard. Die Emissionsbedingungen schreiben häufig zwingend vor, dass keine Einzelurkunden ausgegeben werden. Die Rechte der Gläubiger werden durch Eintragung im Register der Verwahrstelle dokumentiert.

Investmentfondsanteile

Auch Fondsanteile werden oft in Form von Globalurkunden verbrieft. Die Abwicklung findet stets über das depotführende Institut statt, sodass Einzelurkunden kaum mehr eine Rolle spielen.

Risiken und Schutzmechanismen

Verlust und Beschädigung

Da es sich nur um eine einzige Urkunde handelt, wäre ein physischer Verlust der Globalurkunde grundsätzlich problematisch. Das Risiko wird durch die sichere Verwahrung bei spezialisierten Verwahrstellen und durch gesetzliche Regelungen weitgehend ausgeschlossen.

Vergleich zu Einzelurkunden

Die Rechtsposition der einzelnen Wertpapierinhaber unterscheidet sich gegenüber der Einzelurkunde faktisch nicht, rechtlich ergeben sich jedoch zusätzliche Schutzvorkehrungen durch die zentralisierte Verwahrung.

Internationale Rechtsaspekte und Besonderheiten

Die Verwendung von Globalurkunden ist in den meisten führenden Rechtsordnungen anerkannt. Im angloamerikanischen Rechtsraum werden entsprechende Kategorien von Sammelurkunden meist als „Global Note“ oder „Master Certificate“ bezeichnet. Die rechtliche Behandlung erfolgt im Rahmen der jeweiligen Wertpapiergesetze und zentralen Verwahrungsstellen.

Zusammenfassung

Die Globalurkunde bildet eine fundamentale Grundlage für den modernen Wertpapierhandel. Sie ermöglicht eine effektive, kostengünstige und sichere Verwahrung und Übertragung von Wertpapieren und ist ein wesentliches Element im System der Girosammelverwahrung. Durch die Globalurkunde wird das Management großer Wertpapiermengen erheblich vereinfacht, während die Schutzrechte der Anleger weiterhin gewahrt bleiben.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist rechtlich zur Ausstellung einer Globalurkunde befugt?

Im deutschen Recht ist grundsätzlich die Verwahrstelle einer Wertpapieremission, regelmäßig eine Bank oder ein darauf spezialisiertes Zentralverwahrinstitut wie die Clearstream Banking AG, zur Ausstellung einer Globalurkunde befugt. Die Ausstellung richtet sich nach den Vorschriften des Depotgesetzes (DepotG) sowie nach den jeweiligen Bedingungen des Wertpapierprospekts. Die Emittentin, also die Gesellschaft, deren Wertpapiere verbrieft werden, erteilt regelmäßig das Mandat zur Ausstellung und Hinterlegung der Globalurkunde. Die eigentliche Ausfertigung und sichere Verwahrung übernimmt dann die Verwahrstelle, die sicherstellt, dass die Globalurkunde sämtliche gesetzlichen Anforderungen an Urkunden und insbesondere an Sammelurkunden erfüllt. Hierzu zählen Formvorgaben, die Fälschungssicherheit und der Ausschluss nachträglicher Veränderungen. Die Verwahrstelle trägt außerdem die rechtliche Verantwortung für die Unversehrtheit und die ordnungsgemäße Führung der Globalurkunde, was in aufsichtlicher Hinsicht unter anderem von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kontrolliert werden kann.

Welche rechtlichen Auswirkungen hat die Eigentumsübertragung bei einer Globalurkunde?

Die Übertragung des Eigentums an den in einer Globalurkunde verbrieften Wertpapieren erfolgt nicht durch physische Übergabe der Urkunde, sondern im Regelfall durch Buchungsvorgänge bei der Verwahrstelle und den beteiligten Depots. Nach § 24 DepotG wird das sachenrechtliche Eigentum an Wertpapieren, die durch eine Globalurkunde verbrieft sind, nach Maßgabe des Depotgesetzes durch sogenannte Miteigentumsbruchteile an der Sammelurkunde vermittelt. Bei der Übertragung von Wertpapieren werden entsprechend die Miteigentumsanteile an der Globalurkunde – und damit die schuldrechtlichen und sachenrechtlichen Ansprüche, wie etwa das Stimmrecht bei Aktien – auf den Erwerber übertragen. Rechtlich gesehen ersetzt die Buchung somit die Besitzverschaffung an der Einzel- oder Sammelurkunde. Die Globalurkunde bleibt hierbei stets im Gewahrsam der Verwahrstelle, was ein erhöhtes Maß an Rechtssicherheit und Fälschungsschutz bietet.

Was passiert rechtlich, wenn eine Globalurkunde beschädigt oder zerstört wird?

Die Beschädigung oder Zerstörung einer Globalurkunde ist rechtlich von erheblicher Relevanz, da sie die Verbriefung der darin enthaltenen Wertpapiere unmittelbar betrifft. Im Falle einer Beschädigung oder Zerstörung sind in erster Linie die Regelungen zur Kraftloserklärung von Urkunden analog anzuwenden, was insbesondere durch ein gerichtliches Verfahren gemäß § 798 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) erfolgen kann. Die Verwahrstelle ist verpflichtet, den Umstand unverzüglich zu dokumentieren und der Emittentin sowie den zuständigen Aufsichtsbehörden zu melden. Anschließend kann eine Ersatzausfertigung der Globalurkunde erstellt werden, sofern die Identität und der Inhalt der Originalurkunde zweifelsfrei bewiesen sind. Die Interessen und Rechte der Inhaber der verbrieften Wertpapiere bleiben während dieses Prozesses durch die lückenlose Depotführung und Eintragung im Register gewahrt. Ein tatsächlicher Verlust für Anleger tritt daher regelmäßig nicht ein, sofern die Verwahrkette nicht gestört ist.

Welche rechtlichen Vorgaben bestehen zur Ausgestaltung des Wortlauts einer Globalurkunde?

Für den Wortlaut einer Globalurkunde gelten verschiedene zwingende rechtliche Vorgaben, die vor allem durch das Wertpapierprospektgesetz (WpPG), das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und das Aktiengesetz (AktG) sowie die jeweilige Wertpapiergattung (z.B. Aktie, Anleihe, Optionsschein) bestimmt werden. Die Urkunde muss sämtliche wesentlichen Bedingungen und Rechte dokumentieren, zum Beispiel die Art, Anzahl, Stückelung und etwaige Besonderheiten der verbrieften Wertpapiere. Zudem müssen Hinweise auf die Eigentumsstruktur (z.B. durch Sammelverwahrung) und die Übertragbarkeit des Eigentums enthalten sein. Bei Aktien sind darüber hinaus oftmals Zusatzangaben wie die Dividendenberechtigung, Stimmrechte und die ISIN bzw. WKN erforderlich. Der genaue Wortlaut und die Ausgestaltung unterliegen der Genehmigung durch die Emittentin und der Prüfung durch die Verwahrstelle. Abweichungen oder Mängel im Wortlaut können zu rechtlichen Auseinandersetzungen oder im schlimmsten Fall zur Nichtigkeit der Begebung führen.

Wie werden Rechte aus einer in Globalurkunde verbrieften Inhaberschuldverschreibung rechtlich geltend gemacht?

Rechte aus in einer Globalurkunde verbrieften Inhaberschuldverschreibungen können von den Anleihegläubigern grundsätzlich nur kollektiv und nicht individuell durch Vorlage der Urkunde geltend gemacht werden, da sich diese zur sicheren Verwahrung in der Verwahrstelle befindet. Die Rechtsdurchsetzung erfolgt in der Praxis über die Depotbanken, welche als Intermediäre für die Gläubiger auftreten. Ansprüche auf Zins- und Tilgungszahlungen, Informationsrechte und Beteiligungsrechte werden durch die zweifelsfreie Depotbuchung nachgewiesen. Eine Einzelklage eines Anlegers ist ausnahmsweise möglich, wenn die Rechte und Ansprüche, etwa bei einer Insolvenz der Emittentin, gerichtlich durchgesetzt werden müssen. In solchen Fällen genügt dem Gericht regelmäßig die Vorlage des Depotnachweises und der Nachweis der Rechtmäßigkeit der Verwahrung der Globalurkunde, ohne dass die Urkunde selbst eingereicht werden muss.

Unterliegt die Globalurkunde bestimmten Formvorschriften nach dem BGB oder Handelsgesetzbuch?

Die Globalurkunde unterliegt spezifischen Formvorschriften, die sich vornehmlich aus Spezialgesetzen (Depotgesetz, Aktiengesetz, Wertpapierprospektgesetz) ergeben, während das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und das Handelsgesetzbuch (HGB) lediglich subsidiär, also ergänzend, greifen. So muss eine Globalurkunde schriftlich gefertigt und von den zur Ausstellung befugten Personen eigenhändig unterzeichnet werden, wobei in der Praxis oft auch eine qualifizierte elektronische Signatur bei elektronischen Urkunden akzeptiert wird. Zwingende Formerfordernisse, wie sie das BGB für bestimmte Urkunden vorsieht, können durch spezialgesetzliche Regelungen modifiziert oder ersetzt werden. Gerade im Kontext der Digitalisierung und elektronischen Wertpapiere (§ 4 eWpG) finden sich aktuell zahlreiche Sonderregelungen, die von den traditionellen papierhaften Formerfordernissen abweichen.

Wer haftet bei Fehlern oder Fälschungen von Globalurkunden rechtlich?

Im Falle von Fehlern oder Fälschungen bei Globalurkunden besteht eine umfassende Haftung insbesondere der Verwahrstelle und gegebenenfalls auch der Emittentin. Die Verwahrstelle haftet nach § 20 und § 22 DepotG für die ordnungsgemäße Ausstellung, Verwahrung und Verwaltung der Globalurkunde und somit für die Rechte der Wertpapierinhaber. Im Schadensfall haften die Verwahrstelle, aber auch anderweitig beteiligte Intermediäre, solidarisch für materielle wie auch immaterielle Schäden, sofern ihnen Fahrlässigkeit oder Vorsatz nachgewiesen werden kann. Liegt eine Fälschung durch Dritte vor, so greift zudem das Strafrecht; die Rückabwicklung von Transaktionen und Schadensersatz wird im Zivilrechtsweg geregelt. Die Anleger sind verpflichtet, Unregelmäßigkeiten unverzüglich zu melden, um ihre Ansprüche nicht zu gefährden. Eine Haftungsbeschränkung ist, soweit gesetzlich nicht ausdrücklich zugelassen, unwirksam.