Globalsicherung, Globalzession – Rechtliche Grundlagen und umfangreiche Darstellung
Die Begriffe „Globalsicherung“ und „Globalzession“ beschreiben rechtsgeschäftliche Sicherungsmittel, die im Rahmen von Kreditverträgen und im Sicherungsrecht eine maßgebliche Bedeutung einnehmen. Sie dienen vor allem der umfassenden Absicherung von Forderungen, indem sie dem Sicherungsnehmer (typischerweise einer Bank oder einem sonstigen Kreditgeber) Zugriff auf gegenwärtige und zukünftige Forderungen oder Sicherungsrechte des Sicherungsgebers verschaffen. Im Folgenden werden die verschiedenen rechtlichen Aspekte dieser Sicherungsformen detailliert beleuchtet.
Grundlagen der Globalsicherung
Definition und Zweck
Unter einer Globalsicherung versteht man die Sicherungsübereignung oder Abtretung einer Vielzahl von Gegenständen oder Forderungen in einem einzigen Rechtsgeschäft, häufig zur Absicherung bestehender und zukünftiger Forderungen gegen den Sicherungsgeber. Das Ziel der Globalsicherung besteht darin, dem Sicherungsnehmer eine weitreichende Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen des Sicherungsgebers zu verschaffen, um bestehende oder künftige Ansprüche zu sichern.
Anwendungsbereiche
Globalsicherungen werden insbesondere in der Unternehmensfinanzierung im Rahmen von Kreditverträgen eingesetzt. Typische Anwendungsfälle sind die Sicherungsübereignung von Warenlagern, Maschinenparks oder Fahrzeugflotten, aber auch Forderungen aus Lieferungen und Leistungen können global abgetreten werden.
Die Globalzession im Einzelnen
Begriff und Definition
Die Globalzession stellt eine besondere Form der Sicherungszession dar. Bei ihr werden alle bestehenden und künftigen Forderungen eines Sicherungsgebers gegen Dritte an den Sicherungsnehmer abgetreten, um Forderungen dieses Sicherungsnehmers abzusichern. Die globale Abtretung bezieht sich sowohl auf gegenwärtige als auch auf während des Sicherungszeitraums entstehende Forderungen, soweit sie bestimmt oder bestimmbar sind.
Vertragsgestaltung und Formerfordernisse
Die Globalzession erfolgt in der Regel durch einen schriftlichen Vertrag zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer. Ein gesetzliches Formerfordernis besteht nicht zwingend, jedoch dient die Schriftform der Klarstellung und der späteren Beweisführung. Im Vertrag müssen die abgetretenen Forderungen so bestimmt oder zumindest bestimmbar sein, dass sie im Streitfall identifizierbar sind.
Voraussetzungen und Grenzen der Globalsicherung und Globalzession
Bestimmtheitsgebot und Bestimmbarkeit
Das Bestimmtheitsgebot ist ein wesentliches Element der Wirksamkeit der Globalzession. Nach ständiger Rechtsprechung müssen die abgetretenen Forderungen im Zeitpunkt der Abtretung bestimmbar sein. Ausreichend ist, dass die Forderungen durch objektive Kriterien, z. B. durch Bezugnahme auf alle gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen aus einem bestimmten Geschäftsbereich, hinreichend eingegrenzt werden können.
Sicherungsabrede und Sicherungszweck
Die Globalzession wird regelmäßig als Sicherungszession ausgestaltet, das heißt, sie soll nur zur Sicherung bestimmter Forderungen dienen (sogenannte Sicherungsabrede oder Sicherungsvertrag). Im Falle der Rückzahlung der gesicherten Forderungen lebt der Anspruch des Sicherungsgebers auf Rückübertragung der abgetretenen Forderungen auf.
Übersicherung
Eine Übersicherung liegt vor, wenn der Wert der abgetretenen oder übereigneten Sicherheiten den Wert der zu sichernden Forderung nicht nur vorübergehend und wesentlich übersteigt. In einem solchen Fall hat der Sicherungsgeber einen Anspruch auf Freigabe der den Sicherungszweck überschießenden Sicherheiten.
Drittwiderspruchsrechte und Rangverhältnis
Die Wirksamkeit der Globalzession kann durch entgegenstehende Rechte Dritter, wie zum Beispiel bereits bestehende Abtretungen oder Pfandrechte, beschränkt sein. In bestimmten Fällen, insbesondere bei konkurrierenden Sicherungsnehmern, stellt sich die Frage nach dem Rangverhältnis zwischen mehreren Zessionaren. Der Prioritätsgrundsatz (Prior tempore potior iure) findet hier Anwendung.
Insolvenzauswirkungen
Im Fall der Insolvenz des Sicherungsgebers sind mehrfach Sicherungsrechte im Insolvenzverfahren von hoher praktischer Bedeutung. Die Wirksamkeit der Globalzession hängt davon ab, ob das Absonderungsrecht in die Insolvenzmasse eingreift. Besteht ein wirksames Absonderungsrecht, nimmt der Sicherungsnehmer an der Verteilung der Masse bevorzugt teil. Im Gegenzug kann eine insolvenzrechtlich unwirksame Globalzession, etwa infolge mangelnder Bestimmbarkeit, anfechtbar sein.
Besonderheiten der Forderungsabtretung
Vorausabtretung künftiger Forderungen
Ein Kennzeichen der Globalzession ist die Möglichkeit der Abtretung zukünftiger Forderungen. Die Abtretung künftiger Forderungen ist möglich, wenn diese im Zeitpunkt der Entstehung bereits individualisierbar sind und keine vertraglichen Abtretungsverbote entgegenstehen (z. B. gemäß § 399 BGB).
Drittschuldnerbenachrichtigung
Im Rahmen der Globalzession können die abgetretenen Forderungen gegen Dritte (Drittschuldner) auch ohne deren Wissen abgetreten werden (stille Zession). Erst im Sicherungsfall kann eine Offenlegung durch Benachrichtigung erfolgen, um die Forderungen einzuziehen.
Typische Rechtsfragen und Haftungsaspekte
Formmängel und Nichtigkeit
Fehlt es an der hinreichenden Bestimmbarkeit der Forderungen, kann die Globalzession nach § 134 BGB, insbesondere im Hinblick auf das Transparenzgebot, nichtig sein. Bei Missachtung eines im Vertrag mit einem Drittschuldner vereinbarten Abtretungsverbots kommt sogar eine Unwirksamkeit der Globalzession in Betracht.
Rückabwicklungsanspruch
Nach vollständiger Befriedigung der gesicherten Ansprüche entsteht regelmäßig ein Anspruch auf Rückübertragung der abgetretenen oder übereigneten Sicherheiten (Rückabtretungsanspruch), sofern er vertraglich oder gesetzlich nicht ausgeschlossen ist.
Einflüsse aus dem AGB-Recht
Die Vertragsbedingungen für Globalsicherungen und Globalzessionen werden häufig als Allgemeine Geschäftsbedingungen gestellt. Hier kann eine unangemessene Benachteiligung des Sicherungsgebers nach § 307 BGB zur Unwirksamkeit einzelner Klauseln führen, etwa bei unklaren Regelungen zur Freigabe von Sicherheiten oder einer zu weitreichenden Globalzession.
Internationales und Sonderformen
Anwendbares Recht und grenzüberschreitende Sachverhalte
Bei internationalen Sachverhalten ist regelmäßig das anwendbare Recht zu bestimmen. Nach der Rom-I-Verordnung der EU richtet sich die Abtretbarkeit und der Umfang der Sicherungsrechte nach dem Recht am Ort des Sicherungsgegenstands.
Sonderformen: Factoring und Forderungsfinanzierung
Im Bereich des Forderungskaufs (Factoring) und anderer Finanzierungsformen werden ähnlich gelagerte Konstruktionen verwendet, wobei die Globalzession den Übergang sämtlicher Forderungen aus einem bestimmten Rechtsverhältnis auf den Finanzierer ermöglicht.
Zusammenfassung
Die Globalsicherung, insbesondere in Form der Globalzession, stellt ein zentrales Sicherungsmittel im Kreditgeschäft dar. Sie ermöglicht eine umfassende und flexible Absicherung aktueller und zukünftiger Forderungen. Neben erheblichen Vorteilen bezüglich des Sicherungsumfanges bestehen anspruchsvolle rechtliche Anforderungen, vor allem hinsichtlich der Bestimmbarkeit und der Vereinbarkeit mit Abtretungsverboten sowie im Hinblick auf insolvenzrechtliche Fragen und die Vermeidung einer Übersicherung. Die sorgfältige vertragliche Gestaltung ist daher für die Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit der Globalsicherung von entscheidender Bedeutung.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Wirksamkeit einer Globalsicherung erfüllt sein?
Für die Wirksamkeit einer Globalsicherung, insbesondere in Form der Sicherungsübereignung oder Globalzession, ist zunächst ein wirksamer Sicherungsvertrag zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer erforderlich. Die Parteien müssen sich einig sein, dass bestimmte Forderungen oder Gegenstände zur Sicherung bestehender oder künftiger Forderungen abgetreten oder übereignet werden. Bei der Globalzession ist darauf zu achten, dass die zu sichernden Forderungen im Sicherungsvertrag ausreichend bestimmbar bezeichnet sind, da es ansonsten an der Bestimmbarkeit nach § 398 BGB fehlt und die Zession unwirksam wäre. Ferner muss der Sicherungsgeber verfügungsbefugt über die abgetretenen Forderungen oder die sicherungsübereigneten Güter sein. Bei der Sicherungsübereignung von Gegenständen kommt es darauf an, dass die Übergabe ersetzt wird, meist durch ein Besitzkonstitut, sodass die Gegenstände im Besitz des Sicherungsgebers verbleiben können. Verstöße gegen gesetzliche Verbote, etwa gegen Abtretungsverbote in den Vertragsgrundlagen, können die Wirksamkeit beeinträchtigen. Darüber hinaus darf die Vereinbarung nicht sittenwidrig nach § 138 BGB sein, beispielsweise wenn ein Übermaß an Sicherung („übersicherte“ Globalzession) vorliegt.
Wie beeinflusst ein Abtretungsverbot (§ 399 BGB) die Wirksamkeit einer Globalzession?
Ein vertraglich vereinbartes Abtretungsverbot im Sinne des § 399 BGB steht der Wirksamkeit einer Globalzession entgegen, soweit Forderungen betroffen sind, die ausdrücklich nicht abgetreten werden dürfen. Die Abtretung solcher Forderungen ist grundsätzlich unwirksam, es sei denn, der Gläubiger der abgetretenen Forderung (Drittschuldner) stimmt der Zession nachträglich zu. Im Rahmen von Globalzessionen wird deshalb regelmäßig vereinbart, dass nur frei abtretbare Forderungen der Globalzession unterliegen („soweit die Abtretung dem Stand der Forderung nach zulässig ist“). Problematisch sind sogenannte „stillen Zessionen“, bei denen der Schuldner zunächst nicht informiert wird; dies kann das Risiko unbeabsichtigter Verletzungen von Abtretungsverboten erhöhen. In der Praxis werden daher häufig spezielle Listen geführt oder Erklärungen eingeholt, um die Einhaltung etwaiger Abtretungsverbote sicherzustellen.
Können im Rahmen einer Globalzession auch zukünftige Forderungen abgetreten werden?
Ja, die Abtretung zukünftiger Forderungen ist im deutschen Recht zulässig (§ 398 BGB), sofern die Forderungen zum Zeitpunkt der Entstehung hinreichend bestimmbar sind. Im Globalzessionsvertrag muss die künftige Forderung so konkretisiert sein, dass sie, sobald sie entsteht, eindeutig dem Bestand der Zession zugeordnet werden kann. Dies wird häufig durch Formulierungen wie „alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen“ erreicht. Dabei dürfen gesetzliche und vertragliche Abtretungsverbote nicht verletzt werden. Die Zession erfasst die Forderung mit deren Entstehung automatisch (sogenannte antizipierte Zession). In der Insolvenz des Sicherungsgebers kann die Wirksamkeit jedoch problematisch werden, insbesondere wenn die Forderung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht (§ 91 InsO).
Welche Bedeutung hat das Verbot der Übersicherung bei der Globalzession?
Das Verbot der Übersicherung ist ein wesentlicher Grundsatz im deutschen Sicherungsrecht, um eine sittenwidrige Übervorteilung des Sicherungsgebers zu verhindern (§ 138 BGB). Bei einer Globalzession muss der Sicherungsnehmer regelmäßig überprüfen, dass der Wert der abgetretenen Forderungen oder Güter in einem angemessenen Verhältnis zur gesicherten Forderung steht. Wird deutlich mehr Sicherheit gestellt als für die gedeckte Forderung notwendig wäre („übersicherte Globalzession“), kann dies zur Unwirksamkeit der Sicherungsvereinbarung oder zur Verpflichtung des Sicherungsnehmers, auf Verlangen überschießende Sicherheiten freizugeben, führen (sog. Freigabeklausel, BGHZ 146, 264). Der Bundesgerichtshof verlangt, dass nach vollständiger Tilgung der gesicherten Forderungen die Rückübertragung der Sicherheiten zu erfolgen hat.
Wie wirkt sich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Sicherungsgebers auf die Globalzession aus?
Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens treten bestimmte Sperrwirkungen nach § 91 InsO ein, das heißt, Verfügungen über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen sind unwirksam. Für bereits entstandene und wirksam abgetretene Forderungen vor dem Insolvenzantrag bleibt die Globalzession grundsätzlich wirksam; der Sicherungsnehmer kann aus ihr Rechte herleiten. Für erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehende Forderungen gilt die Zession jedoch als unwirksam, da sie insolvenzrechtlich der Masse zustehen (§ 91 Absatz 1 InsO). Bereits abgetretene Forderungen stehen dem Sicherungsnehmer meist außerhalb der Masse zu, sodass er daraus befriedigt werden kann. Der Insolvenzverwalter ist allerdings berechtigt, im Rahmen der Insolvenzanfechtung (§§ 129 ff. InsO) die Rückabwicklung vorzunehmen, wenn die Globalzession in der sogenannten „kritischen Zeit“ erfolgt ist.
Welche Rechte und Pflichten haben die Beteiligten nach einer wirksamen Globalzession?
Nach einer wirksamen Globalzession steht dem Sicherungsnehmer (meist ein Kreditgeber) das Recht zu, die abgetretenen Forderungen einzuziehen, soweit eine Verwertung im Sicherungsfall angezeigt ist (Verwertungsfall). Vor dem Eintritt des Sicherungsfalls bleibt der Sicherungsgeber in der Regel berechtigt, Forderungen im eigenen Namen einzuziehen, sofern keine andere Vereinbarung getroffen wurde („stille Zession“). Der Sicherungsgeber ist verpflichtet, alles zu unterlassen, was die abgetretenen Forderungen gefährden könnte. Im Sicherungsfall (meist: Zahlungsunfähigkeit, Zahlungsverzug) kann der Sicherungsnehmer die Offenlegung der Sicherungsabtretung verlangen und direkt auf die Drittschuldner zugreifen. Der Sicherungsnehmer trägt die Pflicht, Übersicherungen zu vermeiden und überschießende Sicherheiten auf Verlangen freizugeben. Nach Befriedigung aller gesicherten Ansprüche ist er zur Rückübertragung der nicht verwerteten Forderungen verpflichtet.
Gibt es Besonderheiten bei der Globalzession im Verhältnis zwischen Lieferanten und Banken (Kollision von Sicherungsrechten)?
Im Wirtschaftsleben kann es vorkommen, dass sowohl Lieferanten als auch Banken Sicherheitsrechte an denselben Forderungen oder Gütern beanspruchen, beispielsweise durch verlängerten Eigentumsvorbehalt einerseits und Globalzession an eine Bank andererseits. Die Rechtsprechung löst solche Kollisionen grundsätzlich nach dem Prioritätsprinzip: Die zuerst erlangte Sicherung ist vorrangig. Problematisch wird es, wenn etwa Lieferanten dem Debitoren einen verlängerten Eigentumsvorbehalt einräumen, während die Forderung bereits im Wege der Globalzession an die Bank abgetreten ist. Nach herrschender Ansicht bleiben die Forderungen aus Weiterveräußerung, die im Rahmen des verlängerten Eigentumsvorbehalts entstehen, kraft Vereinbarung des Lieferanten dem Lieferanten vorbehalten (sog. „Vorrang des verlängerten Eigentumsvorbehalts“), wenn die Abtretung vorher vereinbart und dem Kunden bekannt gemacht wurde. In diesen Fällen kann der Sicherungsnehmer (Bank) aus der Globalzession nicht auf die Forderung zugreifen, solange der Eigentumsvorbehalt besteht.