Legal Lexikon

Gewinnanteil


Begriff und allgemeine Definition des Gewinnanteils

Der Gewinnanteil ist ein zentraler Begriff im deutschen Handels- und Gesellschaftsrecht sowie im Steuerrecht. Er bezeichnet jenen Anteil am Gewinn eines Unternehmens oder einer Gesellschaft, der einer einzelnen Person oder Gesellschaft aufgrund ihrer rechtlichen oder vertraglichen Beteiligung am Unternehmenserfolg zusteht. Die genaue Ausgestaltung und Rechtsnatur des Gewinnanteils richten sich nach der jeweiligen Rechtsform des Unternehmens, den gesellschaftsrechtlichen Regelungen, vertraglichen Abreden sowie den steuerlichen Vorschriften.

Rechtliche Grundlagen und Rahmenbedingungen

Gesetzliche Grundlage in unterschiedlichen Gesellschaftsformen

Gewinnanteil bei der Aktiengesellschaft (AG)

Gemäß § 60 ff. Aktiengesetz (AktG) wird der für die Gewinnausschüttung verwendbare Bilanzgewinn grundsätzlich durch die Hauptversammlung festgestellt und als Dividende ausgeschüttet. Der individuelle Gewinnanteil eines Aktionärs richtet sich nach dem Verhältnis der gehaltenen Aktien am Grundkapital der Aktiengesellschaft.

Gewinnanteil bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH)

Nach § 29 GmbH-Gesetz (GmbHG) erfolgt die Ausschüttung des Gewinns an die Gesellschafter, soweit die Gesellschafterversammlung einen entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss gefasst hat. Die Verteilung erfolgt mangels abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelung grundsätzlich im Verhältnis der Geschäftsanteile.

Gewinnanteil bei Personengesellschaften

In der offenen Handelsgesellschaft (OHG), Kommanditgesellschaft (KG) und Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist der Gewinnanteil primär durch die Regelungen des Handelsgesetzbuchs (HGB) bzw. Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bestimmt. Insbesondere §§ 121-122 HGB ordnen für die OHG beispielsweise an, dass der Gewinn nach Köpfen verteilt wird, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt. In der KG erhält der Komplementär eine Gewinnbeteiligung ähnlich wie der OHG-Gesellschafter, während der Kommanditist laut § 168 HGB eine bestimmte Verzinsung sowie eine Beteiligung am Restgewinn erhält.

Gewinnbeteiligung bei Genossenschaften

Für die Verteilung des Gewinns in Genossenschaften gelten §§ 21-23 Genossenschaftsgesetz (GenG), wonach jedes Mitglied einen auf seinen Geschäftsanteil entfallenden Gewinnanteil erhält. Die genaue Verteilung kann in der Satzung geregelt werden.

Gesellschaftsvertragliche und satzungsmäßige Regelungen

Die gesetzlich vorgesehenen Regelungen zur Gewinnverteilung in Gesellschaften gelten nur, soweit die Gesellschafter keine abweichenden Vereinbarungen getroffen haben. Gesellschaftsverträge bzw. Satzungen enthalten häufig detaillierte Bestimmungen zu Voraussetzungen, Verfahren, Zeitpunkten und Modalitäten der Gewinnausschüttung sowie über Sonderformen wie Thesaurierung, Rücklagenbildung oder individuelle Gewinnvereinbarungen.

Sonderaspekte der Gewinnverteilung

  • Thesaurierung: Im Gesellschaftsvertrag kann vorgesehen werden, dass der Gewinn ganz oder teilweise im Unternehmen verbleibt (‚Einbehaltung‘).
  • Gewinnvorab: Es besteht die Möglichkeit, einem oder mehreren Gesellschaftern vorab einen bestimmten Betrag oder Prozentsatz als Gewinnanteil zuzuweisen.
  • Nachrangige Gewinnbeteiligung: Bestimmte Gesellschafter können vertraglich von der Gewinnausschüttung ausgeschlossen oder nachrangig beteiligt werden.

Rechtsnatur und Anspruch auf Gewinnanteil

Entstehung des Gewinnanspruchs

Der Anspruch eines Gesellschafters auf seinen Gewinnanteil entsteht grundsätzlich mit dem im Jahresabschluss festgestellten Gewinn und nach entsprechendem Verteilungsbeschluss der jeweiligen Gesellschaftsorgane. Ein automatischer Anspruch vor Beschlussfassung besteht in der Regel nicht. Erst durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung oder der Hauptversammlung wird der Gewinnanspruch fällig und durchsetzbar.

Rechtsfolgen und Durchsetzbarkeit

Soweit der Gewinnanteil fällig ist, besteht für den Berechtigten ein Anspruch auf Auszahlung gegen die Gesellschaft. Leistet die Gesellschaft nicht, kann der Gewinnanteil grundsätzlich gerichtlich geltend gemacht werden. Die Auszahlungsverpflichtung kann jedoch vertraglichen oder gesetzlichen Beschränkungen unterliegen, etwa der Rücklagenbildung, gesetzlichen Ausschüttungssperren (§ 58 AktG, § 29 GmbHG) oder dem Gläubigerschutz (§ 30 GmbHG).

Übertragbarkeit des Gewinnanteils

Der Anspruch auf einen Gewinnanteil kann grundsätzlich abgetreten oder verpfändet werden, soweit gesellschaftsvertraglich nichts anderes geregelt ist. Bei Aktien ist der Anspruch regelmäßig an die Aktie gebunden.

Steuerliche Aspekte des Gewinnanteils

Die steuerliche Behandlung von Gewinnanteilen unterscheidet sich nach dem Status des Empfängers und der Rechtsform der ausschüttenden Gesellschaft:

Besteuerung bei natürlichen Personen

  • Kapitalgesellschaften: Für natürliche Personen unterliegt der Gewinnanteil (z.B. Dividende) aus einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich der Abgeltungsteuer (§ 32d EStG).
  • Personengesellschaften: Der Anteil am Gewinn einer Personengesellschaft gilt als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG).

Besteuerung bei Körperschaften und anderen Unternehmen

Körperschaften, die Gewinnanteile von anderen Unternehmen erhalten, können je nach Beteiligungsquote und weitergehenden Regelungen wie dem Teileinkünfteverfahren (§§ 8b KStG) steuerlich begünstigt sein.

Sonderfälle und Abgrenzungen

Unterschied zum Liquidationsanteil

Der Gewinnanteil ist abzugrenzen vom Liquidationsanteil, der einem Gesellschafter im Rahmen der Auflösung und Abwicklung einer Gesellschaft zusteht. Während der Gewinnanteil eine laufende Ausschüttung des Unternehmenserfolgs darstellt, betrifft der Liquidationsanteil den Überschuss aus der Verwertung des Gesellschaftsvermögens nach Abzug sämtlicher Verbindlichkeiten.

Unterschied zum Ausschüttungsbeschluss

Der bloße Bilanzgewinn begründet noch keinen fälligen Anspruch auf einen Gewinnanteil. Erst der konkrete Ausschüttungsbeschluss der zuständigen Organe (z.B. Hauptversammlung, Gesellschafterversammlung) schafft den auszahlungsfähigen, einklagbaren Anspruch.

Besonderheiten bei stillen Gesellschaften und atypisch stillen Gesellschaften

Bei der stillen Gesellschaft im Sinn des § 230 HGB besteht der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters aus einer vertraglich vereinbarten Beteiligung am Gewinn des Handelsgewerbes. Bei der atypisch stillen Gesellschaft fließt dem stillen Gesellschafter der Gewinnanteil aus der Gesamtgewinnermittlung des Unternehmens anteilig zu.

Zusammenfassung

Der Gewinnanteil ist ein rechtlich vielschichtig ausgestalteter Anspruch auf Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens, der sowohl gesellschafts-, steuer- als auch vertraglich ausgestaltet sein kann. Seine konkrete Ausprägung richtet sich nach den Rechtsformen, gesetzlichen Vorschriften und vertraglichen Grundlagen der jeweiligen Gesellschaft. Eine präzise Prüfung der individuellen und gesetzlichen Regelungen ist hierbei stets geboten, um Umfang, Fälligkeit und steuerliche Behandlung des Gewinnanteils zutreffend zu bestimmen.

Häufig gestellte Fragen

Wie wird der Gewinnanteil gesellschaftsrechtlich berechnet und verteilt?

Im Gesellschaftsrecht ist die Berechnung und Verteilung des Gewinnanteils ein zentraler Aspekt der Gewinnermittlung und -zuweisung zwischen den Gesellschaftern. Die Modalitäten richten sich in erster Linie nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung der jeweiligen Gesellschaft. Sofern keine abweichenden Regelungen getroffen wurden, greifen die gesetzlichen Vorschriften – bei der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) und Kommanditgesellschaft (KG) etwa §§ 121 ff. HGB, bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) § 29 GmbHG und bei der Aktiengesellschaft (AG) §§ 150 ff. AktG. Grundsätzlich erfolgt die Verteilung des Gewinnanteils bei Personengesellschaften allgemein nach Köpfen, sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt ist, während bei Kapitalgesellschaften die Ausschüttung regelmäßig im Verhältnis der jeweiligen Beteiligung (Geschäftsanteile, Aktien) vorgenommen wird. Zentrale Voraussetzung für die Auszahlung ist oftmals ein Gesellschafter- oder Hauptversammlungsbeschluss über die Gewinnverwendung. Zu beachten ist, dass Entnahmen vor einer formellen Gewinnfeststellung in aller Regel als Vorschüsse zu behandeln sind. Für weitreichende Änderungen in der Gewinnverteilung ist in der Regel eine Änderung des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung notwendig, die oftmals besonders hohe Zustimmungserfordernisse bei der Gesellschafterversammlung voraussetzt.

Unterliegt der Gewinnanteil der Gesellschafter gesetzlichen Beschränkungen?

Ja, die gesetzlichen Beschränkungen bezüglich des Gewinnanteils dienen dem Gläubigerschutz sowie der Sicherung der Kapitalerhaltung, insbesondere bei Kapitalgesellschaften. So ist es beispielsweise nach § 29 Abs. 1 GmbHG nicht zulässig, Gewinne auszuzahlen, die nicht durch einen entsprechend durch Jahresabschluss und Gewinnverwendungsbeschluss festgestellten Bilanzgewinn gedeckt sind (Ausschüttungssperre). Auch § 57 AktG verbietet die Rückgewähr von Einlagen in der AG. Weiterhin können im Rahmen sogenannter Thesaurierungen Teile des Gewinns per Satzung oder Beschluss zurückbehalten werden (Gewinnrücklagen). Darüber hinaus trifft insbesondere auf kleine Gesellschaften die Verpflichtung, vor Ausschüttungen etwaige Verluste aus Vorjahren auszugleichen. Für Personengesellschaften bestehen weniger strenge Regelungen; Anleger können grundsätzlich nach Feststellung des Gewinns unmittelbar Ausschüttungen verlangen, sofern nicht gesellschaftsvertraglich Einschränkungen festgelegt wurden. Ferner unterliegen Gewinnanteile oft gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten – etwa, keine vorsätzliche Schädigung der Gesellschaft oder der Mitgesellschafter durch Gewinnentnahmen zu begehen.

Können Gewinnanteile eingeklagt werden, wenn die Ausschüttung verweigert wird?

Ein Gesellschafter hat grundsätzlich einen klagbaren Anspruch auf Auszahlung seines Gewinnanteils, wenn die gesetzlichen sowie vertraglichen Voraussetzungen für eine Ausschüttung vorliegen und ein entsprechender Gewinnverwendungsbeschluss gefasst wurde. Die Durchsetzung erfolgt regelmäßig durch Leistungsklage auf Zahlung des Gewinnanteils gegen die Gesellschaft. Voraussetzung ist, dass der Gewinn festgestellt und die Auszahlung nicht durch rechtliche oder satzungsgemäße Ausschüttungssperren behindert wird. Gibt es keinen oder einen ablehnenden Gewinnverwendungsbeschluss, besteht kein klagbarer Anspruch. Bei Personengesellschaften ist der Ausschluss eines Gesellschafters von der Gewinnbeteiligung nur durch ausdrückliche Regelung im Gesellschaftsvertrag oder ausnahmsweise bei grobem Verstoß gegen gesellschaftsrechtliche Pflichten möglich. In der Praxis erfolgt vor Klageerhebung oftmals eine gesellschaftsinterne Auseinandersetzung oder ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren.

Wann entsteht der Gewinnanteilsanspruch eines Gesellschafters?

Der Anspruch auf den Gewinnanteil entsteht nicht bereits mit Erwirtschaftung des Gewinns durch das Unternehmen, sondern grundsätzlich erst mit der Feststellung des Jahresabschlusses und dem darauf folgenden Gewinnverwendungsbeschluss. In Kapitalgesellschaften ist meist ein förmlicher Haupt- oder Gesellschafterversammlungsbeschluss zur Feststellung des Jahresabschlusses sowie ein darauf aufbauender Beschluss über die Verwendung des Bilanzgewinns erforderlich. Erst hierdurch wird der Anspruch des einzelnen Gesellschafters auf Auszahlung seines Gewinnanteils fällig. Bis zum Zeitpunkt des Beschlusses handelt es sich lediglich um eine offene Vermögensposition. Abweichende Regelungen in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag sind möglich, zum Beispiel automatische (stille) Gewinnthesaurierung oder individuelle Gewinnentnahmen, bedürfen aber klarer Vereinbarung.

Ist eine nachträgliche Änderung der Gewinnverteilung zulässig?

Eine bereits beschlossene und festgestellte Gewinnverteilung unterliegt grundsätzlich dem Grundsatz der Bestandskraft und kann nachträglich nur in wenigen Ausnahmefällen abgeändert werden. Denkbar sind Nachtragsbeschlüsse bei offensichtlichen Fehlern, etwa durch Rechen- oder Buchungsfehler, solange der Gewinn noch nicht ausgezahlt wurde. Nach Auszahlung ist eine Rückforderung des Gewinnanteils in der Regel nur bei rechtsgrundloser, z.B. gesetzes- oder satzungswidriger Ausschüttung, möglich (§ 62 GmbHG, § 62 AktG). Um die künftige Gewinnverteilung zu ändern, bedarf es regelmäßig einer gesellschaftsrechtlichen Neuregelung durch Änderung des Gesellschaftsvertrags beziehungsweise der Satzung. Diese Änderungen müssen in der Gesellschafterversammlung mit den nach Gesetz oder Vertrag erforderlichen Mehrheiten beschlossen und ggf. notariell beurkundet sowie ins Handelsregister eingetragen werden.

Welche rechtlichen Folgen hat die Ausschüttung eines unrechtmäßigen Gewinnanteils?

Wird ein Gewinnanteil ohne ausreichende rechtliche Grundlage ausgeschüttet, kann dies gravierende zivil- und gesellschaftsrechtliche Folgen nach sich ziehen. Bei der GmbH und AG etwa sind unzulässige oder überhöhte Ausschüttungen gem. § 62 GmbHG bzw. § 62 AktG von den begünstigten Gesellschaftern oder Aktionären zurückzuzahlen (sog. Rückgewährverbot). Zusätzlich haften nach § 43 GmbHG oder § 93 AktG auch die Geschäftsleiter (Geschäftsführer, Vorstände) gegenüber der Gesellschaft für den entstandenen Schaden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann darüber hinaus der Straftatbestand der Untreue (§ 266 StGB) erfüllt sein, wenn Geschäftsleiter vorsätzlich Ausschüttungs- oder Kapitalerhaltungsvorschriften verletzen. In Insolvenzverfahren kommen Anfechtungs- und Rückforderungsrechte für den Insolvenzverwalter gemäß §§ 134, 143 InsO ins Spiel, um eine Gläubigerschädigung auszuschließen. Anteilsinhaber sollten daher vor Umsatz und Verwendung eines Gewinnanteils sorgfältig die rechtlichen Rahmenbedingungen prüfen.

Inwiefern sind steuerliche Aspekte bei der Gewinnanteilsausschüttung zu berücksichtigen?

Aus rechtlicher Sicht ist die Gewinnverteilung auch unter steuerlichen Gesichtspunkten bedeutsam. Die Ausschüttung von Gewinnanteilen unterliegt regelmäßig direkten und indirekten Steuerpflichten; bei natürlichen Personen etwa der Einkommensteuer und ggf. Kapitalertragsteuer (Abgeltungsteuer), bei Körperschaften der Körperschaftsteuer. Eine ausgeschüttete Dividende an Aktionäre ist meist dem Kapitalertragsteuerabzug unterworfen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Bei Personengesellschaften wird der Gewinn anteilig transparent steuerlich erfasst und ungeachtet einer physischen Ausschüttung dem jeweiligen Gesellschafter zugerechnet (Transparenzprinzip). Rechtswidrige oder nachträglich zurückgeforderte Ausschüttungen können steuerliche Berichtigungspflichten nach sich ziehen, etwa durch Korrektur von Steuerbescheiden oder Rückforderungsansprüche des Finanzamts. Auch umsatzsteuerliche Aspekte können – z.B. bei atypischer Gewinnverwendung – berührt sein. Daher müssen die gesellschaftsrechtlichen und steuerlichen Vorgaben stets gemeinsam beachtet werden.