Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR)
Die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) stellt nach deutschem Recht eine grundlegende Form der Personengesellschaft dar. Sie ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt und eignet sich insbesondere für kleinere Zusammenschlüsse von Personen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen, ohne hierfür eine komplexere Gesellschaftsform zu wählen.
Rechtsgrundlagen und Begriff
Die GbR wird insbesondere in den §§ 705 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Nach § 705 BGB ist eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ein Zusammenschluss von mindestens zwei Personen zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks, welches durch einen Gesellschaftsvertrag geregelt wird.
Abgrenzung zu anderen Gesellschaftsformen
Die GbR unterscheidet sich von der offenen Handelsgesellschaft (OHG) und der Kommanditgesellschaft (KG) vor allem hinsichtlich ihrer Eintragungspflicht und des Tätigkeitsfeldes. Während die GbR typischerweise für nicht-kaufmännische Zwecke und im Bereich der freien Berufe genutzt wird, sind OHG und KG Handelsgesellschaften, welche im Handelsregister eingetragen sein müssen.
Gründung und Gesellschaftsvertrag
Die Gründung einer GbR erfordert mindestens zwei geschäftsfähige Personen (natürliche oder juristische Personen), die sich durch einen Gesellschaftsvertrag zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammenschließen.
Gesellschaftsvertrag
Der Gesellschaftsvertrag ist formfrei möglich, kann also mündlich, schriftlich oder auch durch schlüssiges Verhalten geschlossen werden. Ausnahmen bestehen, wenn der Gesellschaftszweck beispielsweise eine notarielle Beurkundung erfordert (z.B. beim Erwerb von Grundstücken).
Inhalt des Vertrags
Der Vertrag regelt insbesondere Name und Sitz der Gesellschaft, die Gesellschafter, die Zweckbestimmung, die Beitragspflichten (Geld, Sachleistungen, Arbeitsleistungen), die Regelungen zur Geschäftsführung, Vertretung nach außen sowie die Gewinn- und Verlustverteilung.
Rechtsfähigkeit und Haftung
Teilrechtsfähigkeit
Seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) im Jahr 2001 ist anerkannt, dass die GbR für Zwecke der Rechts- und Parteifähigkeit teilrechtsfähig ist. Sie kann unter eigenem Namen Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen, klagen und verklagt werden.
Haftung der Gesellschafter
Für Verbindlichkeiten der GbR haften die Gesellschafter unbeschränkt, persönlich und gesamtschuldnerisch. Gläubiger können direkt auf das Privatvermögen der Gesellschafter zugreifen. Eine Haftungsbeschränkung ist im Außenverhältnis grundsätzlich nicht wirksam gegenüber Dritten, kann aber gesellschaftsintern vereinbart werden.
Organe und Geschäftsführung
Geschäftsführung
Die Geschäftsführung obliegt grundsätzlich allen Gesellschaftern gemeinsam, sofern der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung enthält. Im Zweifel gilt die Gesamtgeschäftsführung, bei der Beschlüsse mehrheitlich oder einstimmig gefasst werden müssen.
Vertretung
Die Vertretungsmacht nach außen folgt der Geschäftsführung. Sofern nichts anderes im Gesellschaftsvertrag bestimmt ist, vertreten alle Gesellschafter die GbR gemeinschaftlich. Eine Einzelvertretung kann vereinbart werden.
Rechte und Pflichten der Gesellschafter
Beitragspflichten
Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, zum gemeinsamen Zweck beizutragen. Die Art und Höhe der Beiträge ergeben sich aus dem Gesellschaftsvertrag oder, falls nichts geregelt ist, nach den Umständen des Einzelfalls.
Gewinn- und Verlustverteilung
Mangels abweichender Regelung im Vertrag erfolgt die Verteilung von Gewinn und Verlust zu gleichen Teilen unter den Gesellschaftern (§ 722 BGB).
Informations- und Kontrollrechte
Gesellschafter haben das Recht auf Auskunft über die Angelegenheiten der GbR und Einsichtnahme in die Bücher und Papiere der Gesellschaft (§ 716 BGB).
Beendigung und Auflösung der GbR
Gründe für die Beendigung
Eine GbR endet in der Regel durch Erreichen oder Unmöglichkeit des Gesellschaftszwecks, durch Zeitablauf (bei befristetem Vertrag), durch Kündigung eines Gesellschafters, im Falle des Todes eines Gesellschafters oder durch Insolvenz.
Auseinandersetzung
Nach der Auflösung findet die Auseinandersetzung statt (§§ 730 ff. BGB). Das Gesellschaftsvermögen wird zur Begleichung der Verbindlichkeiten genutzt, das verbleibende Vermögen unter den Gesellschaftern verteilt.
Gesellschaftsvermögen und Außenbeziehungen
Gesellschaftsvermögen
Die GbR kann eigenes Vermögen erwerben und dieses als Gesamthandsvermögen halten. Über das Vermögen kann nur gemeinschaftlich verfügt werden.
Verträge mit Dritten
Die GbR kann als teilrechtsfähige Gesellschaft Verträge mit Dritten schließen. Die Gesellschafter haften dabei persönlich und unbeschränkt.
Steuerliche Aspekte
Besteuerung der GbR
Die GbR selbst ist nicht einkommensteuerpflichtig, sondern erzielt sogenannte transparente Besteuerung: Gewinne oder Verluste werden den Gesellschaftern direkt zugerechnet und entsprechend deren persönlicher oder körperschaftsteuerlicher Situation versteuert. Umsatzsteuerpflichten bestehen hingegen auf Ebene der Gesellschaft.
Gewerbesteuer
Eine GbR unterliegt der Gewerbesteuer, sofern sie eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Freiberufliche GbRs sind hiervon befreit.
Eintragungspflichten und Transparenzregister
Eintragung im Register
GbRs sind grundsätzlich nicht im Handelsregister eintragungspflichtig, es besteht jedoch seit 2024 die Möglichkeit und vereinzelt die Pflicht zur Eintragung im Gesellschaftsregister, insbesondere bei Grundstücksgeschäften oder bei wirtschaftlicher Tätigkeit größerem Umfangs.
Transparenzregister
Im Rahmen der Geldwäscheprävention können GbRs, abhängig von ihrer Tätigkeit, eintragungspflichtig im Transparenzregister sein.
Anwendungsbereiche der GbR
Die GbR ist im deutschen Recht insbesondere beliebt bei Zusammenschlüssen kleiner Unternehmen, Gesellschaften zur Verwaltung gemeinsamer Immobilien, Arbeitsgemeinschaften im Bau- und Projektgeschäft sowie unter Freiberuflern (z.B. Praxisgemeinschaften von Ärzten, Architekten oder Rechtsanwälten).
Durch ihre Flexibilität und die geringe Gründungsformalität ist die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) aus dem Wirtschafts- und Alltagsleben nicht wegzudenken. Bei bestehenden Unsicherheiten empfiehlt sich stets die genaue Prüfung der gesetzlichen Regelungen sowie die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse im Gesellschaftsvertrag.
Häufig gestellte Fragen
Wie haften die Gesellschafter einer GbR für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft?
Die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) haften persönlich, unbeschränkt und gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Das bedeutet, dass Gläubiger ihre Ansprüche nicht nur gegenüber der GbR, sondern auch direkt gegenüber jedem einzelnen Gesellschafter geltend machen können. Die Haftung erstreckt sich grundsätzlich auf das gesamte Privatvermögen des Gesellschafters. Dadurch besteht keine Trennung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen wie bei Kapitalgesellschaften. Die gesamtschuldnerische Haftung (§§ 421 BGB) hat zur Folge, dass der Gläubiger frei wählen kann, von welchem der Gesellschafter er die Forderung in welcher Höhe verlangt. Der in Anspruch genommene Gesellschafter kann anschließend bei den übrigen Gesellschaftern gemäß § 426 BGB einen Ausgleich im Innenverhältnis verlangen. Eine Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen ist gegenüber Dritten in der Regel nicht möglich.
Wie erfolgt die Vertretung der GbR im Rechtsverkehr?
Die Vertretung der GbR erfolgt grundsätzlich durch die Gesellschafter gemeinschaftlich. Das bedeutet, dass alle Gesellschafter gemeinsam zur Vertretung berechtigt sind, sofern der Gesellschaftsvertrag keine andere Regelung trifft. Ein Einzelgesellschafter kann die GbR nach der gesetzlichen Regelung (§ 714 BGB) nur dann wirksam nach außen vertreten, wenn alle anderen Gesellschafter zugestimmt haben. Allerdings kann die Vertretungsmacht im Gesellschaftsvertrag auch abweichend geregelt werden, etwa indem einzelnen Gesellschaftern Einzelvertretungsbefugnis eingeräumt wird. Entsprechende Beschränkungen oder Erweiterungen müssen aber auf die Außenwirkung hin klar im Innenverhältnis geregelt und gegenüber Dritten offengelegt werden, um Rechtsklarheit zu schaffen und Haftungsrisiken zu minimieren. Nach außen wird die GbR durch Unterzeichnung im Namen der Gesellschaft mit entsprechendem Zusatz (z.B. „im Namen der GbR“) vertreten.
Wie wird eine GbR gegründet und welche rechtlichen Formalitäten sind zu beachten?
Zur Gründung einer GbR sind mindestens zwei Gesellschafter erforderlich, die sich durch einen Gesellschaftsvertrag zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes verpflichten (§ 705 BGB). Der Gesellschaftsvertrag kann formlos, mündlich oder schriftlich abgeschlossen werden, wobei eine schriftliche Fixierung aus Beweis- und Klarstellungsgründen dringend empfohlen wird. In bestimmten Fällen – etwa bei Einbringen von Grundstücken – ist gemäß § 311b BGB die notarielle Beurkundung notwendig. Eine Eintragung ins Handelsregister ist für die GbR nicht vorgesehen, wodurch sie im Gegensatz zu OHG oder KG keine Handelsgesellschaft ist. Die GbR entsteht mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags, soweit alle Gesellschafter an einem gemeinsamen Zweck arbeiten und die erforderlichen Beiträge leisten. Steuerrechtliche Anmeldung (z.B. beim Finanzamt) oder Anmeldung einer gewerblichen Tätigkeit (Gewerbeanmeldung) können in bestimmten Konstellationen zusätzlich erforderlich sein.
Was ist bei der Änderung des Gesellschafterbestands (Ein- oder Austritt) rechtlich zu beachten?
Der Eintritt eines neuen Gesellschafters erfordert grundsätzlich die Zustimmung aller bisherigen Gesellschafter, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes regelt. In der Regel wird der Gesellschaftsvertrag entsprechend angepasst. Für den Austritt eines Gesellschafters gelten die gesetzlichen Regelungen der §§ 723 ff. BGB, außer im Vertrag sind abweichende Regelungen festgelegt. Der Gesellschafter kann kündigen, ausscheiden oder im Todesfall ausscheiden. Das Ausscheiden löst meist eine Auseinandersetzung der Gesellschaft hinsichtlich des Anteils des ausgeschiedenen Gesellschafters aus. Dessen Haftung für vor seinem Austritt begründete Verbindlichkeiten bleibt nachwirkend gemäß § 736 Abs. 2 BGB i.V.m. § 160 HGB für fünf Jahre bestehen. Der Übergang von Rechten und Pflichten sowie deren Ausgleich richten sich nach den Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag oder im gesetzlichen Rahmen.
Welche Pflichten treffen Gesellschafter einer GbR im Innenverhältnis?
Im Innenverhältnis bestehen für Gesellschafter einer GbR vor allem die Pflicht zur Förderung des Gesellschaftszwecks, die Beitragspflicht (Kapital, Sachleistungen oder Dienste), die Treuepflicht und die Pflicht zur Rechnungslegung nach § 718 BGB. Die Gesellschafter sind verpflichtet, alles zu unterlassen, was dem Gesellschaftszweck zuwiderläuft und müssen über gesellschaftsbezogene Angelegenheiten Verschwiegenheit wahren. Zudem obliegt ihnen die gemeinsame Verwaltung der Gesellschaft, wobei im Zweifel ein Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter für gewöhnliche Verwaltungsmaßnahmen genügt (§ 709 BGB), während außergewöhnliche Maßnahmen Einstimmigkeit erfordern. Im Falle eines Verstoßes gegen die Pflichten kann Schadensersatz oder sogar ein Ausschluss aus der Gesellschaft in Betracht kommen.
Wie wird eine GbR aufgelöst und was geschieht mit dem Gesellschaftsvermögen?
Die Auflösung einer GbR erfolgt durch einen im Gesetz (§ 726 BGB) oder Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Auflösungsgrund, wie etwa das Erreichen oder die Unmöglichkeit des Gesellschaftszwecks, Zeitablauf, Gesellschafterbeschluss, Kündigung durch einen Gesellschafter, Insolvenz oder Tod eines Gesellschafters. Nach der Auflösung befindet sich die GbR in der Abwicklung (Auseinandersetzung). Das Gesellschaftsvermögen wird liquidiert, d.h. die bestehenden Verbindlichkeiten werden beglichen und das verbleibende Vermögen wird unter den Gesellschaftern nach dem im Vertrag vereinbarten oder gesetzlichen Verteilungsschlüssel (§ 730 BGB) verteilt. Erst mit Abschluss der Liquidation erlischt die Gesellschaft endgültig.
In welchen Situationen ist eine GbR körperschaftsteuerpflichtig und wann greift die Einkommensteuer?
Die GbR selbst ist nicht körperschaftsteuerpflichtig, da sie keine juristische Person, sondern eine Personengesellschaft ist. Das steuerliche Ergebnis der GbR wird den einzelnen Gesellschaftern anteilig zugerechnet (Transparenzprinzip). Die Gewinne werden daher im Rahmen der Einkommensteuer bei den Gesellschaftern je nach deren Beteiligung und persönlichem Steuersatz versteuert. Für die GbR fallen allerdings gewerbesteuerliche Pflichten an, sofern sie eine gewerbliche Tätigkeit ausübt oder zu einer originär gewerblichen Prägung kommt. Die Gewerbesteuer zahlt die GbR als Steuerschuldner, kann jedoch auf die Einkommensteuer der Gesellschafter nach § 35 EStG teilweise angerechnet werden. Im Übrigen gelten für die GbR umsatzsteuerliche Melde- und Abführungspflichten, wenn sie Unternehmer im Sinne des UStG ist.