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Geschäftliche Bezeichnung

Geschäftliche Bezeichnung: Begriff, Funktion und Einordnung

Eine geschäftliche Bezeichnung ist ein Kennzeichen, mit dem ein Unternehmen oder ein Werk im wirtschaftlichen Alltag identifiziert wird. Sie dient dazu, die Herkunft eines Unternehmens oder eines konkreten Werks zuzuordnen und es von anderen Anbietern oder Werken zu unterscheiden. Zum Bereich der geschäftlichen Bezeichnungen gehören insbesondere zwei Gruppen: Unternehmenskennzeichen (etwa der Name eines Unternehmens oder ein einprägsames Unternehmensschlagwort) und Werktitel (zum Beispiel der Titel eines Buchs, Films, Podcasts, Softwareprodukts oder einer Website).

Anders als Marken, die typischerweise Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen, adressieren geschäftliche Bezeichnungen vor allem die Identifikation des Unternehmens selbst oder die Benennung eines Werks. Schutz entsteht grundsätzlich durch Benutzung im geschäftlichen Verkehr und setzt ausreichende Unterscheidungskraft voraus.

Abgrenzungen

Geschäftliche Bezeichnung und Marke

Eine Marke steht für die Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen, eine geschäftliche Bezeichnung für die Kennzeichnung des Unternehmens oder eines Werks. Beide Kennzeichenarten können nebeneinander bestehen, verfolgen aber unterschiedliche Funktionen. Ein identischer Begriff kann sowohl als Marke als auch als geschäftliche Bezeichnung Bedeutung erlangen, wenn er jeweils die entsprechende Funktion erfüllt.

Geschäftliche Bezeichnung und Firma

Die Firma ist der Name, unter dem ein Kaufmann oder eine Gesellschaft im Handelsregister eingetragen ist und am Rechtsverkehr teilnimmt. Sie kann eine geschäftliche Bezeichnung sein, muss es aber nicht in vollem Umfang. Geschützt sein können auch abgekürzte Firmenschlagworte oder einladende Unternehmensbezeichnungen, die außerhalb des Handelsregisters verwendet werden.

Unternehmenskennzeichen und Werktitel

Unternehmenskennzeichen unterscheiden Unternehmen voneinander (zum Beispiel „Muster GmbH“ oder das prägende Unternehmensschlagwort „MUSTER“), Werktitel kennzeichnen konkrete Werke (zum Beispiel „MUSTER – Die App“ als Softwaretitel). Beide unterfallen dem Oberbegriff der geschäftlichen Bezeichnungen, haben aber teilweise unterschiedliche Beurteilungskriterien, insbesondere bei der Frage der Ähnlichkeit und der Verwechslungsgefahr.

Entstehung und Schutzvoraussetzungen

Benutzung im geschäftlichen Verkehr

Schutz entsteht mit der Aufnahme einer kennzeichnenden Benutzung im geschäftlichen Verkehr. Bei Unternehmenskennzeichen erfolgt dies etwa durch Außenauftritt, Werbung, Briefköpfe, Websites, App-Store-Auftritte oder Ladenbeschilderung. Bei Werktiteln genügt regelmäßig die titelspezifische Benutzung beim Erscheinen und Anbieten des Werks.

Unterscheidungskraft und Freihalteinteresse

Erforderlich ist ausreichende Unterscheidungskraft. Rein beschreibende Angaben (etwa bloße Branchen- oder Sachangaben) sind grundsätzlich nicht schutzfähig, solange sie vom Publikum nicht als Herkunftshinweis verstanden werden. Allgemein beschreibende Begriffe unterliegen zudem einem Freihalteinteresse, damit sie von allen Marktteilnehmenden verwendet werden können.

Verkehrsgeltung

Fehlt ursprüngliche Unterscheidungskraft, kann Schutz durch Verkehrsgeltung entstehen. Das setzt voraus, dass ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung aufgrund intensiver Benutzung als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen oder Werk wahrnimmt.

Priorität

Maßgeblich ist grundsätzlich der Zeitpunkt der ersten schutzbegründenden Benutzung. Wer früher eine hinreichend unterscheidungskräftige Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr verwendet, erwirbt ein prioritätsälteres Recht gegenüber späteren Kennzeichen.

Schutzumfang und Reichweite

Inhaltlicher Schutz

Der Schutz richtet sich gegen die Gefahr von Verwechslungen oder sonstigen unlauteren Ausnutzungen. Entscheidend sind Ähnlichkeit der Zeichen, Kennzeichnungskraft der älteren Bezeichnung und Nähe der betroffenen Branchen oder Werke. Je stärker die Kennzeichnungskraft und je näher die wirtschaftliche Beziehung, desto eher besteht ein Eingriff in den Schutzbereich.

Erweiterter Schutz bei Bekanntheit

Erheblich bekannte geschäftliche Bezeichnungen genießen einen erhöhten Schutz, der auch gegen Ausnutzung oder Beeinträchtigung ihres Rufs greifen kann, selbst wenn keine unmittelbare Verwechslungsgefahr mit identischen oder ähnlichen Angeboten besteht.

Geografischer Schutzbereich

Der Schutz erstreckt sich auf das Gebiet, in dem die Bezeichnung kennzeichnend verwendet wird und Verkehrsgeltung besitzt. Bei vorwiegend lokalen Tätigkeiten kann der Schutz regional begrenzt sein, bei bundesweiter Tätigkeit und Online-Präsenz kann er sich entsprechend ausweiten.

Schutzdauer

Der Schutz besteht, solange die Bezeichnung mit kennzeichnender Funktion benutzt wird und ihre Unterscheidungskraft fortbesteht. Er kann entfallen, wenn die Benutzung aufgegeben wird, wenn die Bezeichnung zur bloßen Gattungsangabe wird oder wenn die Verkehrsauffassung sich ändert.

Kollisionen mit anderen Kennzeichenrechten

Verhältnis zu Marken

Geschäftliche Bezeichnungen können mit Marken kollidieren. Grundsätzlich gilt der Vorrang des prioritätsälteren Rechts. Eine jüngere Marke darf die Funktionen einer älteren geschäftlichen Bezeichnung nicht beeinträchtigen; umgekehrt darf eine jüngere geschäftliche Bezeichnung die Funktionen einer älteren Marke nicht stören, soweit Überschneidungen in Zeichen- und Branchennähe bestehen.

Verhältnis zu Namen natürlicher Personen und Unternehmensnamen

Auch Namen sind geschützt. Kollisionen entstehen, wenn identische oder verwechselbar ähnliche Namen als geschäftliche Bezeichnungen verwendet werden. In der Abwägung spielen Priorität, Schutzumfang und Zumutbarkeit von Unterscheidungen eine Rolle.

Domains und Social-Media-Namen

Domainnamen und Social-Media-Kennungen können geschützte geschäftliche Bezeichnungen sein, wenn sie nicht nur als technische Adresse, sondern als Herkunftshinweis auf das Unternehmen oder Werk eingesetzt werden. Reine Reservierung ohne kennzeichnenden Gebrauch begründet dagegen regelmäßig keinen Schutz.

Werktitelkollisionen

Werktitel stehen untereinander in Kollisionslage, wenn ähnliche Titel für gleiche oder verwandte Werkarten benutzt werden und Verwechslungsgefahr besteht. Bei sehr bekannten Titeln kann der Schutzbereich weiter reichen.

Übertragung, Lizenzierung und Änderungen

Übertragung

Unternehmenskennzeichen sind im Grundsatz mit dem Geschäftsbetrieb verknüpft. Eine Übertragung ohne den zugehörigen Betrieb ist regelmäßig ausgeschlossen. Bei Übergang des Unternehmens kann die geschäftliche Bezeichnung mit übergehen.

Lizenzierung

Die Nutzung geschäftlicher Bezeichnungen kann vertraglich gestattet werden, sofern die Herkunftsfunktion gewahrt bleibt. Dies setzt eine Verwendung voraus, die das Publikum weiterhin dem richtigen Unternehmen oder Werk zuordnet.

Änderung und Aufgabe

Bei Umbenennungen oder Aufgabe der Benutzung können Schutzrechte an Reichweite verlieren oder erlöschen. Eine Fortführung bestehender Bezeichnungen kann möglich sein, wenn die Kontinuität des Geschäftsbetriebs gewahrt bleibt und keine Irreführung entsteht.

Durchsetzung bei Verletzungen

Mögliche Ansprüche

Bei Beeinträchtigungen kommen Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung in Betracht. Ergänzend können Auskunfts- und Schadensersatzansprüche bestehen. Die konkreten Voraussetzungen richten sich nach Art und Intensität der Beeinträchtigung sowie nach den Umständen des Einzelfalls.

Beweisfragen

Für Reichweite und Priorität sind Nachweise zur Benutzung, Bekanntheit und Verkehrsgeltung bedeutsam, etwa durch Unterlagen zum Marktauftritt, Umfang der Verwendung, Medienpräsenz oder Verbreitungszahlen eines Werks.

Online-Besonderheiten

Im digitalen Umfeld gelten die allgemeinen Grundsätze. Kennzeichenmäßige Nutzung kann in Domainnamen, App-Bezeichnungen, Social-Media-Auftritten, Suchmaschinenanzeigen oder Metadaten liegen, wenn diese Verwendung aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise herkunftshinweisend verstanden wird.

Irreführung und öffentliche Bezeichnungen

Irreführungsgefahren

Geschäftliche Bezeichnungen dürfen nicht über betriebliche Verhältnisse täuschen. Unzulässig sind insbesondere Hinweise, die eine amtliche Eigenschaft, besondere Autorität oder nicht vorhandene Qualifikationen suggerieren. Eine solche Gestaltung kann zu wettbewerbsrechtlichen Konsequenzen führen.

Branchenspezifische Zusätze

Zusätze, die Größe, geographische Reichweite oder besondere Stellung im Markt nahelegen, werden kritisch bewertet, wenn sie das Publikum über tatsächliche Verhältnisse in die Irre führen.

Internationale Bezüge

Der Schutz geschäftlicher Bezeichnungen folgt dem Territorialitätsprinzip. Maßgeblich sind die Verkehrsauffassung und die Benutzung im jeweiligen Land. Grenzüberschreitende Konstellationen erfordern die Betrachtung der jeweiligen nationalen Schutzsysteme. Online-Nutzungen können den maßgeblichen Verkehr in mehreren Staaten erreichen, was die Beurteilung von Schutzumfang und Kollisionen beeinflusst.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur geschäftlichen Bezeichnung

Was ist eine geschäftliche Bezeichnung?

Es handelt sich um eine Bezeichnung, die ein Unternehmen oder ein Werk kennzeichnet. Dazu zählen Unternehmenskennzeichen wie Firmennamen oder Unternehmensschlagworte sowie Werktitel wie die Namen von Büchern, Filmen, Software oder Websites. Sie dienen der Zuordnung zu einer bestimmten betrieblichen Herkunft.

Wie entsteht der Schutz einer geschäftlichen Bezeichnung?

Der Schutz entsteht durch kennzeichnende Benutzung im geschäftlichen Verkehr und ausreichende Unterscheidungskraft. Bei fehlender ursprünglicher Unterscheidungskraft kann Schutz durch Verkehrsgeltung eintreten, wenn maßgebliche Verkehrskreise die Bezeichnung als Herkunftshinweis verstehen.

Worin besteht der Unterschied zu einer Marke?

Marken kennzeichnen Waren oder Dienstleistungen, während geschäftliche Bezeichnungen Unternehmen oder Werke identifizieren. Beide Systeme folgen eigenen Regeln, können sich überschneiden und stehen bei Kollisionen nach dem Prioritätsgrundsatz zueinander.

Kann eine Internet-Domain eine geschäftliche Bezeichnung sein?

Ja, wenn die Domain kennzeichnend verwendet wird, also nicht nur als technische Adresse, sondern als Hinweis auf das Unternehmen oder das Werk verstanden wird. Reine Reservierungen ohne herkunftshinweisende Nutzung begründen in der Regel keinen Schutz.

Wie lange ist eine geschäftliche Bezeichnung geschützt?

Der Schutz besteht grundsätzlich solange, wie die Bezeichnung kennzeichnend benutzt wird und ihre Unterscheidungskraft bewahrt. Er kann entfallen, wenn die Benutzung aufgegeben wird oder die Bezeichnung zur gattungsmäßigen Angabe verkommt.

Kann eine geschäftliche Bezeichnung übertragen oder lizenziert werden?

Unternehmenskennzeichen sind regelmäßig an den Geschäftsbetrieb gebunden und gehen mit diesem über. Nutzungsrechte können vertraglich eingeräumt werden, sofern die Herkunftsfunktion erhalten bleibt. Eine isolierte Übertragung ohne Betrieb ist typischerweise ausgeschlossen.

Was passiert bei Namensgleichheit verschiedener Unternehmen?

Bei identischen oder verwechselbar ähnlichen Bezeichnungen kommt es auf Priorität, Kennzeichnungskraft, Branchen- oder Werknähe und die Gefahr von Verwechslungen an. Das prioritätsältere Recht genießt grundsätzlich Vorrang innerhalb seines Schutzbereichs.