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Gerichtliche Beurkundung

Gerichtliche Beurkundung – Definition und Bedeutung

Die gerichtliche Beurkundung ist im deutschen Recht ein Verfahren, bei dem bestimmte Willenserklärungen, Tatsachen oder Rechtsverhältnisse durch ein Gericht öffentlich beurkundet werden. Sie stellt eine Sonderform der öffentlichen Beurkundung dar, die durch ein dazu zuständiges Gericht oder einen hierfür befugten Richter vorgenommen wird. Die gerichtliche Beurkundung kommt insbesondere in solchen Fällen zur Anwendung, in denen Gesetze die Einhaltung strenger Formvorschriften zum Zweck der Rechtssicherheit und Beweisführung fordern, und ist insbesondere im Zivil- und Familienrecht von erheblicher Bedeutung.

Rechtsgrundlagen der gerichtlichen Beurkundung

Zentrale gesetzliche Grundlagen

Die gerichtliche Beurkundung ist kein eigenständiges, ausschließlich geregeltes Rechtsinstitut, sondern ergibt sich aus verschiedenen Vorschriften im deutschen Recht:

  • Das Beurkundungsgesetz regelt im Wesentlichen die notarielle Beurkundung, enthält jedoch auch Regelungen zur gerichtlichen Beurkundung.
  • Das Gerichtsverfassungsgesetz legt die Zuständigkeiten deutscher Gerichte fest.
  • Die Zivilprozessordnung enthält Vorschriften zur gerichtlichen Aufnahme und Beurkundung von Erklärungen und Tatsachen.
  • Das Bürgerliche Gesetzbuch benennt in bestimmten Fällen die Notwendigkeit der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung als besondere Form.

Gesetzliche Anwendungsbereiche

Gerichtliche Beurkundungen kommen insbesondere in folgenden Fällen zur Anwendung:

  • Ehe- und Familienrecht: Beispielsweise Erklärungen über die Annahme eines Namens nach Scheidung, Einwilligungen in Adoptionsverfahren, Erklärungen betreffend Vormundschaft oder Pflegschaft.
  • Erbrecht: Anträge auf Erteilung eines Erbscheins, Ausschlagung einer Erbschaft.
  • Schuldrecht: Im Einzelfall Beurkundung von Vergleichen oder anderweitig einzuhaltenden Formerfordernissen.

Unterschied zur notariellen Beurkundung

Sowohl Notare als auch Gerichte (beziehungsweise ihnen zugeordnete Richter und Urkundsbeamte) sind befugt, öffentliche Urkunden auszustellen. Während die notarielle Beurkundung vor allem im Bereich des Grundstücksrechts, Gesellschaftsrechts und Erbrechts dominiert, kommt die gerichtliche Beurkundung in erster Linie dann zur Geltung, wenn das Gesetz sie explizit vorsieht oder wahlweise neben notariellen Urkunden zulässt.

Erklärungsformen und Verfahrensgang

Die Erklärung einer Person wird in Anwesenheit des Richters oder Urkundsbeamten zur Niederschrift gegeben. Die Urkunde wird vorgelesen, genehmigt und von allen Beteiligten unterzeichnet. Das Gericht stellt die Rechtsgültigkeit der abgegebenen Willenserklärung in Form einer öffentlichen Urkunde sicher. Im Unterschied zur notariellen Beurkundung prüft das Gericht in der Regel nicht in gleichem Maße die rechtliche Tragweite und Berücksichtigung aller Beteiligteninteressen.

Ablauf der gerichtlichen Beurkundung

Antrag und Zuständigkeit

Für die gerichtliche Beurkundung ist in der Regel das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen Wohnsitz hat oder das für die Sachmaterie zuständig ist. Die Antragstellung kann persönlich, schriftlich oder im Rahmen einer Verhandlung erfolgen.

Durchführung

  1. Vorbereitung: Feststellung der Identität und Geschäftsfähigkeit der erklärenden Person.
  2. Niederschrift: Die beabsichtigte Erklärung oder Handlung wird zur Niederschrift aufgenommen.
  3. Vorlesen: Die Niederschrift wird den Erklärenden vorgelesen.
  4. Genehmigung: Nach Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit stimmt der Beteiligte zu.
  5. Unterzeichnung: Die Urkunde wird vom Gericht und dem Beteiligten unterzeichnet.
  6. Rechtskraft: Die Urkunde gilt als öffentliche Urkunde und hat damit erhöhten Beweiswert vor Gericht.

Kosten

Die gerichtliche Beurkundung ist in der Regel gebührenpflichtig, wobei die Höhe der Gebühren im Gerichts- und Notarkostengesetz geregelt ist. Sie fällt in vielen Fällen geringer aus als die notarielle Beurkundung.

Rechtswirkungen der gerichtlichen Beurkundung

Beweisfunktion

Die gerichtliche Beurkundung erzeugt eine öffentliche Urkunde, der der volle Beweis des beurkundeten Vorgangs und Inhalts zukommt. Sie genießt daher vor Gericht einen hohen Beweiswert und kann, soweit sie ordnungsgemäß erstellt wurde, nur durch den Nachweis der Fälschung oder erheblicher Formmängel entkräftet werden.

Formwirkung

Durch die gerichtliche Beurkundung wird das gesetzlich geforderte Formerfordernis erfüllt, wo diese entweder anstelle oder wahlweise neben der notariellen Beurkundung zulässig ist. Rechtsgeschäfte, für welche das Gesetz eine gerichtliche Beurkundung zwingend verlangt, sind ohne ordnungsgemäße Beurkundung nichtig.

Schutz- und Warnfunktion

Auch wenn der Schutzumfang – insbesondere bezüglich Beratung – nicht so weit reicht wie bei der notariellen Beurkundung, erfüllt die gerichtliche Beurkundung eine Schutz- und Warnfunktion durch die protokollierte, amtliche Feststellung und Dokumentation der Erklärungen.

Typische Anwendungsfälle gerichtlicher Beurkundung in Deutschland

  • Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft
  • Vaterschaftsanerkennung
  • Erklärungen im Adoptionsverfahren
  • Erklärungen im Rahmen familiengerichtlicher Verfahren
  • Namensrechtliche Bestimmungen nach Scheidung oder Geburt
  • Prozessvergleiche bzw. gerichtliche Vergleiche

Internationale Aspekte und Abgrenzung

Gerichtliche Beurkundung im europäischen Vergleich

In vielen europäischen Staaten ist die gerichtliche Beurkundung weniger verbreitet oder durch andere Formen (z. B. reine notarielle Beurkundung) ersetzt worden. Das deutsche System bietet auf diese Weise eine zusätzliche Möglichkeit der öffentlichen Beurkundung.

Unterscheidung zu anderen Urkundenformen

Neben der gerichtlichen Beurkundung gibt es die notarielle Beurkundung sowie beglaubigte Abschriften und einfache private Urkunden. Die gerichtliche Beurkundung ist jedoch in puncto Beweiskraft und Rechtsverbindlichkeit den notariellen Urkunden gleichgestellt.

Bedeutung der gerichtlichen Beurkundung in der Praxis

Durch die gerichtliche Beurkundung wird insbesondere in familien- und erbrechtlichen Angelegenheiten Rechtssicherheit geschaffen. Sie stellt gegenüber der notariellen Beurkundung eine kostengünstigere und vielfach unkompliziertere Alternative dar, besonders wenn eine rechtliche Beratung durch die Beurkundungsstelle selbst nicht erforderlich ist.

Hinweis: Dieser Artikel liefert einen umfassenden Überblick zum Begriff der gerichtlichen Beurkundung im deutschen Recht und dient der allgemeinen Information in einem rechtslexikalischen Kontext.

Häufig gestellte Fragen

Wer darf eine gerichtliche Beurkundung vornehmen?

Eine gerichtliche Beurkundung kann ausschließlich von dazu gesetzlich ermächtigten Amtsträgern vorgenommen werden, insbesondere von Richtern und in bestimmten Verfahren auch von Rechtspflegern. Die Kompetenz zur gerichtlichen Beurkundung ergibt sich meist aus den jeweiligen Verfahrensordnungen, wie beispielsweise dem Gerichtsverfassungsgesetz oder dem Beurkundungsgesetz. Notare dürfen im Rahmen ihrer Zuständigkeit ebenfalls Beurkundungen vornehmen, jedoch handelt es sich dabei um notarielle und nicht um gerichtliche Beurkundungen. Die richterliche Beurkundung ist daher immer an einen im Rahmen seiner Amtsbefugnis handelnden Richter oder Rechtspfleger geknüpft und bezieht sich insbesondere auf beurkundungspflichtige Erklärungen in gerichtlichen Verfahren, wie etwa Ehesachen oder Nachlassangelegenheiten.

Welche Rechtswirkung hat eine gerichtliche Beurkundung?

Eine gerichtliche Beurkundung verleiht einem Rechtsgeschäft oder einer Erklärung eine besondere Beweiskraft. Die gerichtliche Niederschrift stellt einen öffentlichen Glauben dar, sodass der Inhalt der Beurkundung in einem gerichtlichen Verfahren als voller Beweis für die dort beurkundeten Tatsachen gilt, solange nicht die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Sie dient damit der Rechtssicherheit und dem Vertrauensschutz in den Rechtsverkehr. Die gerichtliche Beurkundung kann darüber hinaus – insbesondere bei bestimmten Geschäften wie etwa der Erbscheinerteilung – formelle Voraussetzung für die Wirksamkeit sein.

In welchen Fällen ist eine gerichtliche Beurkundung gesetzlich vorgeschrieben?

Die gerichtliche Beurkundung ist in zahlreichen Gesetzen als Formerfordernis vorgesehen. Sie ist unter anderem bei Eheverträgen während Ehe und Scheidung oder bei freiwilligen Gerichtsbarkeiten, wie etwa im Nachlassverfahren, vorgeschrieben. Zudem ist sie regelmäßig bei Erklärungen im Rahmen des Betreuungsrechts, bei Eintragungen im Grundbuch (zum Beispiel bei bestimmten Erbauseinandersetzungen) oder im Familienrecht (beispielsweise bei Aufnahme von Sorgerechtserklärungen durch das Familiengericht) erforderlich. In strafrechtlichen Verfahren trifft die gerichtliche Beurkundung meist im Rahmen der Protokollierung bedeutender Erklärungen und Beschlüsse zu.

Welche Formerfordernisse sind bei der gerichtlichen Beurkundung einzuhalten?

Die gerichtliche Beurkundung verlangt besondere Formvorschriften. Wesentlich ist die vollständige und wahrheitsgetreue Aufnahme des erklärten Willens in einer Niederschrift durch den zuständigen Amtsträger. Die Niederschrift muss Inhalt, Zeit, Ort und Beteiligte vollständig wiedergeben. Weiterhin ist sie vom Amtsträger eigenhändig zu unterzeichnen und, soweit vorgeschrieben, auch von den Beteiligten zu unterschreiben. Bei bestimmten Erklärungen ist zusätzlich die persönliche Anwesenheit und unmittelbare Abgabe der Erklärung vor dem Gericht erforderlich. Die genaue Einhaltung verfahrensrechtlicher Vorgaben aus den jeweiligen Spezialgesetzen ist zwingend.

Welche Gebühren entstehen bei einer gerichtlichen Beurkundung?

Für die gerichtliche Beurkundung fallen Gebühren nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Kosten an. Die Höhe dieser Gebühren richtet sich nach dem jeweiligen Geschäftswert, das heißt nach dem wirtschaftlichen Interesse, das mit dieser Handlung verbunden ist. Beispielsweise entstehen bei amtlichen Handlungen im Nachlassverfahren oder bei familienrechtlichen Vereinbarungen regelmäßig Auslagen und pauschale Gebühren zuzüglich gegebenenfalls weiterer Kosten (wie Kopier- und Zustellungskosten). In besonderen Fällen kann eine Gebührenbefreiung oder Gebührenminderung beantragt werden.

Ist eine gerichtliche Beurkundung anfechtbar oder an Bedingungen geknüpft?

Eine gerichtliche Beurkundung gilt grundsätzlich als bindende und formgültige Erklärung der Beteiligten. Sie kann jedoch wie jedes Rechtsgeschäft oder jede Willenserklärung nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften angefochten werden, etwa wegen Irrtums, Täuschung oder widerrechtlicher Drohung. Die Anfechtung muss gegenüber dem Gericht oder einer zuständigen Behörde erklärt und begründet werden. Die Wirksamkeit setzt voraus, dass alle gesetzlichen Voraussetzungen eingehalten wurden – insbesondere müssen alle Beteiligten geschäftsfähig sein sowie ein ordnungsgemäß handelnder Amtsträger tätig werden.

Welche Beweiswirkung hat eine gerichtliche Beurkundung in weiteren Verfahren?

Die gerichtliche Urkunde wirkt als öffentliche Urkunde mit besonderer Bedeutung für das zivilrechtliche Verfahren: Sie beweist zunächst unwiderleglich, dass bestimmte Erklärungen in festgehaltener Form zu einem bestimmten Zeitpunkt vor einem befugten Amtsträger abgegeben wurden. Die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit kann nur mit Nachweis von Fälschungs- oder groben Fehlern angegriffen werden. Der Inhalt bleibt bis zum Nachweis des Gegenteils bindend; auch in anderen Verfahren wird er als feststehend übernommen – sofern nicht gravierende Zweifel gegen seine Richtigkeit bestehen.