Gefälligkeitsakzept, -wechsel: Rechtliche Definition und Bedeutung
Begriff und Grundlagen des Gefälligkeitsakzepts
Das Gefälligkeitsakzept – oft auch als Gefälligkeitswechsel bezeichnet – ist ein im Wechselrecht gebräuchlicher Begriff. Es handelt sich dabei um einen von den Beteiligten wissentlich „grundlos“ ausgestellten oder angenommenen Wechsel. Hauptmerkmal des Gefälligkeitsakzepts ist, dass der Akzeptant (der Wechselnehmer) keine tatsächliche, rechtliche Verpflichtung oder Gegenleistung erhält, sondern sich einzig und allein aus Gründen der Gefälligkeit für den Aussteller oder einen anderen Wechselbeteiligten verpflichtet.
Der Hintergrund eines Gefälligkeitsakzepts ist meist, einem Dritten durch die eigene Unterschrift einen Vorteil, wie etwa einen Kredit, zu verschaffen, der auf dem angeblichen Wechselgeschäft basiert. Typischerweise geschieht die Annahme in dem Bewusstsein, dass im Innenverhältnis keine Wechselverbindlichkeit besteht.
Rechtlicher Rahmen: Wechselgesetz und schuldrechtliche Beziehungen
Wechselgesetz (WG) und Wechselakzept
Das deutsche Wechselrecht, geregelt durch das Wechselgesetz (WG), sieht zwingend die Annahme eines Wechsels durch den Bezogenen (Akzeptant) vor, um eine direkte Verpflichtung des Akzeptanten gegenüber dem Inhaber des Wechsels zu begründen. § 28 WG verlangt eine Erklärung, durch die der Bezogene die Verpflichtung aus dem Wechsel übernimmt („Akzept“). Im Falle des Gefälligkeitsakzepts erfolgt diese Erklärung formal ordnungsgemäß, jedoch ohne tatsächlichen Schuldgrund im Innenverhältnis.
Innen- und Außenverhältnis
Im Innenverhältnis zwischen Akzeptanten und Aussteller bzw. anderen Beteiligten besteht meist keine echte Verpflichtung zur Zahlung, da keine echte Verbindlichkeit, sondern nur eine Gefälligkeit vorliegt. Nach außen – im Außenverhältnis gegenüber dem Wechselinhaber – haftet der Akzeptant jedoch grundsätzlich vollumfänglich auf Zahlung des Wechselbetrags (§ 28 ff. WG). Das wechselt den Schuldnerkreis auf den Akzeptanten und bietet dem Wechselinhaber die volle Zahlungsabsicherung, unabhängig von der Motivlage im Innenverhältnis.
Gefälligkeitswechsel: Zweck und Erscheinungsformen
Gefälligkeitswechsel dienen regelmäßig dazu, die Kreditwürdigkeit einer Person zu erhöhen, indem eine (scheinbar solide) Wechselverpflichtung eines Dritten vorgelegt wird. Beispiele sind insbesondere Überbrückungsfinanzierungen, kurzfristige Liquiditätsverschaffungen oder die Möglichkeit, durch Diskontierung des Wechsels bei Banken einen Vorschuss zu erhalten.
Typische Erscheinungsformen:
- Gefälligkeitsannahme eines Wechsels ohne Gegenleistung.
- Ausstellung eines Wechsels ohne zugrunde liegende Warenlieferung oder Dienstleistung.
- Zweckwidrige Nutzung von Wechseln zur Verschleierung von Finanzverhältnissen.
Wirksamkeit und Rechtsfolgen
Bindungswirkung des Akzepts
Das Gefälligkeitsakzept ist formal wirksam, solange die Erklärung des Akzeptanten ordnungsgemäß erfolgt. Nach außen haftet der Akzeptant daher regelmäßig wie ein „echter“ Schuldner. Im Innenverhältnis besteht die Möglichkeit der Rückgriffnahme oder eines Regresses verlangen, je nachdem, welche Absprachen getroffen wurden.
Einwendungen gegen die Wechselverpflichtung
Einwendungen aus dem Innenverhältnis sind nach dem Wechselgesetz in ihren Auswirkungen beschränkt (§ 17, § 9 WG): Sie stehen grundsätzlich nur gegenüber dem unmittelbaren Wechselnehmer zu, nicht aber gegen gutgläubige Dritte, die den Wechsel in Besitz halten („gutgläubiger Inhaber“). Im Regelfall kann sich der Akzeptant gegenüber dem Wechselinhaber nicht darauf berufen, dass das Akzept nur aus Gefälligkeit erteilt wurde: Der Gedanke des Wechselrechts geht dem Grundsatz „Wechselstrenge“ nach.
Ausnahme: Im Falle des wissentlich oder grob fahrlässig motivierten Missbrauchs (z.B. bei Kollusion oder Sittenwidrigkeit) können gegebenenfalls Einwendungen auch gegenüber dem Wechselinhaber geltend gemacht werden.
Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit
Ein Gefälligkeitsakzept kann gemäß § 138 BGB sittenwidrig und damit nichtig sein, wenn es darauf abzielt, Gläubiger zu schädigen, Vermögensverhältnisse zu verschleiern oder Banken zu täuschen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Tatbestand des Wechselbetrugs (§ 263 StGB); werden aktive Täuschungen vorgenommen, handelt es sich um einen Straftatbestand.
Missbrauchsgefahren und strafrechtliche Konsequenzen
Wechselbetrug
Das Austellen oder Akzeptieren von Gefälligkeitswechseln mit dem Ziel, unberechtigt Kredite zu erlangen oder Vermögensvorteile zu erzielen, kann als Betrug strafbar sein. Insbesondere wenn die Wechselbeteiligten von vornherein beabsichtigen, keine echte Leistungsverpflichtung zu begründen und Dritte zu täuschen, ist der Straftatbestand des § 263 StGB erfüllt.
Haftungsfragen
Zivilrechtlich besteht eine weitgehende Haftung des Akzeptanten, sofern der Wechsel dem gutgläubigen Erwerber vorliegt. Rückgriffe und Schadensersatzforderungen können im Falle sittenwidrigen oder betrügerischen Handelns auch auf die Parteien des Gefälligkeitswechsels zukommen.
Bedeutung für die Praxis
Bankgeschäft und Kreditwesen
Insbesondere im Bankgeschäft ist die Verwendung von Gefälligkeitswechseln riskant und mit einem erhöhten Missbrauchspotential versehen. Banken sind verpflichtet, bei der Diskontierung von Wechseln die Bonität der Beteiligten und den wirtschaftlichen Hintergrund kritisch zu prüfen.
Wirtschaftliches Risiko und Insolvenz
Im Falle der Insolvenz des Ausstellers oder anderer Beteiligter kann der Akzeptant eines Gefälligkeitswechsels voll in Anspruch genommen werden, ungeachtet dessen, dass er im Innenverhältnis keine eigene Schuld übernommen hat.
Zusammenfassung
Der Gefälligkeitsakzept ist ein Wechsel, bei dem ein Beteiligter ohne rechtlichen oder wirtschaftlichen Grund – lediglich aus Gefälligkeit – einen Wechsel akzeptiert. Nach außen besteht die volle, strenge Haftung des Akzeptanten gegenüber dem Wechselinhaber. Die Gefahren eines Missbrauchs sind erheblich und können strafrechtliche sowie zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Im Bank- und Wirtschaftsverkehr ist daher Vorsicht geboten, um die Risiken aus dem Einsatz von Gefälligkeitswechseln rechtzeitig zu erkennen und zu vermeiden.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Konsequenzen können Gefälligkeitsakzepte oder Gefälligkeitswechsel für die beteiligten Parteien haben?
Gefälligkeitsakzepte und -wechsel stellen grundsätzlich keine strafbare Handlung dar, solange kein betrügerisches Element hinzukommt. Jedoch können sie zu erheblichen zivilrechtlichen Konsequenzen führen. Das Gesetz behandelt den Akzeptanten eines Wechsels als Wechselverpflichteten im Sinne des Wechselgesetzes (WG). Der Akzeptant haftet somit nach Art. 28 und Art. 32 WG gegenüber jedem rechtmäßigen Inhaber des Wechsels als Gesamtschuldner, auch wenn es sich lediglich um ein Gefälligkeitsakzept handelt und kein tatsächliches Grundgeschäft zwischen den Parteien besteht. Dies bedeutet, dass der Akzeptant auch dann vollumfänglich für die Zahlung haftet, sollte der Begünstigte Zahlung fordern. Kennt der Inhaber die Gefälligkeit (bösgläubiger Erwerb), kann das zur sogenannten Einwendungsbefugnis gemäß Art. 17 WG führen. Im Falle betrügerischer Verwendung oder bei Vorspiegelung eines nicht vorhandenen Vermögenswerts können zusätzlich strafrechtliche Sanktionen, etwa wegen Betruges nach § 263 StGB, in Betracht kommen.
Welche Einwendungen stehen dem Akzeptanten eines Gefälligkeitswechsels zur Verfügung?
Grundsätzlich steht dem Akzeptanten gegenüber dem rechtmäßigen Inhaber des Wechsels nur eine begrenzte Zahl von Einwendungen zu. Laut Wechselrecht kann sich der Akzeptant nur auf sogenannte wechselspezifische Einwendungen berufen, z.B. auf Formmängel oder nicht ordnungsgemäße Indossamentskette. Wegen des Abstraktionsprinzips des Wechselrechts kann der Akzeptant normalerweise keine Einwendungen aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis (dem sogenannten Valutaverhältnis) geltend machen, insbesondere nicht, dass der Wechsel nur aus Gefälligkeit akzeptiert wurde. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Empfänger des Wechsels bei Erwerb arglistig gehandelt hat und ihm die Gefälligkeitsabrede bekannt war.
Gibt es eine Pflicht zur besonderen Aufklärung über den Gefälligkeitscharakter eines Wechsels?
Rechtlich besteht grundsätzlich keine allgemeine Pflicht, den späteren Inhaber eines Wechsels über dessen Gefälligkeitscharakter aufzuklären. Allerdings kann eine solche Verpflichtung im Einzelfall aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) resultieren, insbesondere wenn der Wechsel gezielt in betrügerischer Absicht genutzt wird oder ein Missbrauch der Vollmacht droht. Im Rahmen der sogenannten Innenverhältnisse der Wechselbeteiligten (z.B. zwischen Aussteller und Akzeptant) können aber ergänzende Treuepflichten bestehen. Unterlassen die Parteien hier die Aufklärung und entsteht einem Dritten ein Schaden, kann dies zivilrechtliche Schadensersatzansprüche begründen.
Wie wirkt sich ein Gefälligkeitsakzept auf die Wechselhaftung aus?
Das Gefälligkeitsakzept ändert nichts an der formalen Wechselverbindlichkeit: Der Akzeptant haftet gegenüber dem Wechselinhaber wie jeder andere Akzeptant nach dem Wechselgesetz (§ 48 WG für den deutschen Wechsel, analog Art. 28 WG). Er kann sich grundsätzlich nicht auf das Fehlen eines wirtschaftlichen Grundgeschäfts berufen. Die Haftung besteht unabhängig davon, ob das Akzept nur aus Gefälligkeit erklärt wurde. Im Innenverhältnis kann jedoch eine Regressabrede existieren, wonach der eigentliche Schuldner den Akzeptanten im Falle der Inanspruchnahme durch den Wechselinhaber freizustellen hat.
Kann ein Gefälligkeitsakzept zum Verlust des Rückgriffs führen?
Wird ein Wechsel zu reinen Gefälligkeitszwecken akzeptiert, entstehen daraus keine Ansprüche im Valutaverhältnis (also zwischen Akzeptant und Aussteller, sofern keine anderweitige Vereinbarung existiert). Sollte der Akzeptant dennoch gezwungen sein, den Wechsel zu bezahlen, steht ihm jedoch nach allgemeinen bereicherungsrechtlichen oder gesetzlichen Rückgriffsansprüchen (§§ 670, 677, 683 BGB; ggf. § 812 BGB) ein Ausgleichsanspruch gegenüber dem Begünstigten zu. Bei missbräuchlicher oder wider Treu und Glauben erfolgter Inanspruchnahme kann auch ein Rückgriff auf deliktsrechtliche Normen (§ 823 BGB) möglich sein.
Welche strafrechtlichen Risiken bestehen bei Gefälligkeitswechseln?
Wird der Gefälligkeitswechsel nur zum Schein ausgestellt, um Dritten oder Banken eine nicht vorhandene Zahlungsfähigkeit oder Bonität vorzutäuschen, kann der Tatbestand des Betruges (§ 263 StGB) oder der Krediterschleichung (§ 265b StGB) erfüllt sein. Insbesondere besteht das Risiko strafrechtlicher Haftung, wenn der Wechsel als Sicherungsinstrument für tatsächlich nicht bestehende Forderungen verwendet wird und dies dem Gläubiger nicht offenbart wird. Auch das Wechselgesetz selbst enthält in Art. 75 eine Strafvorschrift für missbräuchliche Ausstellungen oder Fälschungen von Wechseln.
Welchen Einfluss hat der Erwerb eines Gefälligkeitswechsels durch einen gutgläubigen Dritten?
Das Wechselrecht versteht den Wechsel als sog. Inhaberpapiere mit „abstrakter Haftung“: Ein gutgläubig auftretender Dritter, der den Wechsel durch Indossament erwirbt, hat nach dem Grundsatz der Wechselstrenge einen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen alle Unterzeichner des Wechsels einschließlich des Gefälligkeitsakzeptanten. Der gutgläubige Erwerb schützt also den Dritten vor Einwendungen aus dem Innenverhältnis zwischen Aussteller und Akzeptant, solange er von der Gefälligkeit nichts wusste und keine grobe Fahrlässigkeit bei der Annahme des Wechsels vorlag. Das erhöht das Risiko für den Akzeptanten erheblich, im Außenverhältnis voll in Anspruch genommen zu werden.