Begriff und Definition der Gebührenüberhebung
Die Gebührenüberhebung ist ein im österreichischen Strafrecht verankerter Tatbestand, der das unrechtmäßige Verlangen oder die Entgegennahme überhöhter Gebühren für eine Tätigkeit unter Strafe stellt. Insbesondere im behördlichen und öffentlichen Bereich handelt es sich bei der Gebührenüberhebung um einen Straftatbestand, der dem Schutz der Rechtssicherheit im Gebührenwesen und der Vermeidung von Amtsmissbrauch dient.
Nach dem österreichischen Strafgesetzbuch (§ 304 StGB) liegt eine Gebührenüberhebung vor, wenn Beamte, sonstige öffentliche Bedienstete oder zur Durchführung behördlicher Aufgaben bestellte Personen von einem Betroffenen Gebühren, Abgaben, Kosten oder sonstige geldwerte Leistungen, die zu hoch bemessen sind, fordern oder annehmen.
Gesetzliche Grundlagen und Normierung
Österreichisches Strafgesetzbuch (StGB)
Die strafrechtliche Regelung ist maßgeblich in § 304 StGB “Gebührenüberhebung” normiert. Die Vorschrift lautet auszugsweise:
“Ein Amtsträger, der von einer Partei für eine Amtsverrichtung Gebühren, öffentliche Abgaben oder Kosten vorschriftswidrig in einer über das gesetzliche Maß hinausgehenden Höhe annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft.”
Bezug zu anderen Rechtsnormen
Gebührenüberhebung steht in engem Zusammenhang mit dem Begriff des Amtsmissbrauchs (§ 302 StGB) sowie dem Tatbestand der Vorteilsannahme (§ 305 StGB). Es handelt sich um einen speziellen Fall hoheitlichen Fehlverhaltens, bei dem vorschriftswidrig finanzielle Vorteile erlangt werden.
Auch in weiteren Verwaltungsgesetzen (z.B. Gebührengesetze, Verwaltungsverfahrensgesetze) finden sich ergänzende Bestimmungen zu amtlichen Gebühren und deren rechtlicher Überhebung.
Tatbestand und Voraussetzungen
Objektive Tatbestandsmerkmale
Für die Annahme einer Gebührenüberhebung müssen folgende objektive Merkmale vorliegen:
- Amtsträgereigenschaft: Die handelnde Person muss zur Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben bestellt sein (z.B. Beamter, öffentlich-rechtlicher Bediensteter).
- Amtsverrichtung: Die Gebührenerhebung muss im Zusammenhang mit einer Diensthandlung erfolgen.
- Forderung oder Annahme: Es genügt bereits das unberechtigte Fordern oder tatsächliche Annehmen einer zu hohen Zahlung.
- Überhöhter Betrag: Die Leistungsanforderung übersteigt das gesetzlich erlaubte Maß oder ist gänzlich unberechtigt.
Subjektive Tatbestandsmerkmale
Für die Strafbarkeit ist zumindest bedingter Vorsatz erforderlich. Der Täter muss die Möglichkeit erkennen und billigend in Kauf nehmen, dass der geforderte Betrag über dem gesetzlich zulässigen liegt.
Abgrenzung zu anderen Delikten
Die Gebührenüberhebung ist abzugrenzen von anderen Delikten im Bereich des Amtsmissbrauchs:
- Amtsmissbrauch (§ 302 StGB): Allgemeinerer Tatbestand, umfasst auch andere pflichtwidrige Verwendung der Amtsgewalt, unabhängig von Gebührenforderungen.
- Bestechlichkeit und Vorteilsannahme (§§ 304, 305 StGB): Setzen einen unrechtmäßigen Vorteil voraus, der im Zusammenhang mit der Dienstausübung angenommen wird.
- Betrug (§ 146 StGB): Betrifft die Täuschung über Tatsachen zum Zweck der Vermögensschädigung, unabhängig von einer Amtshandlung.
Rechtsfolgen
Strafrechtliche Konsequenzen
Bei Verwirklichung des Tatbestandes der Gebührenüberhebung droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Bei besonders schweren Fällen kann eine höhere Strafdrohung Anwendung finden, insbesondere wenn das Verhalten wiederholt oder systematisch erfolgt.
Disziplinarrechtliche Sanktionen
Neben strafrechtlichen Folgen können für öffentliche Bedienstete disziplinarrechtliche Maßnahmen, wie Suspendierung, Gehaltskürzung oder Entlassung aus dem Dienstverhältnis, verhängt werden.
Verwaltungsrechtliche Folgen
Unrechtmäßig erhobene Gebühren können im Rahmen der Rückabwicklung (Rückerstattung) nach den Verwaltungsvorschriften eingefordert werden. Wer Opfer einer derartigen Gebührenüberhebung wird, hat Anspruch auf Rückzahlung des zu viel bezahlten Betrages und gegebenenfalls auf Schadenersatz.
Verfahrensrecht und Ahndung
Ermittlungs- und Strafverfahren
Gebührenüberhebung unterliegt der gerichtlichen Zuständigkeit und wird in der Regel von Amts wegen verfolgt. Ermittlungen erfolgen durch die Staatsanwaltschaft, häufig ausgelöst durch Anzeigen der Betroffenen oder interne Dienstaufsicht.
Beweislast und Nachweispflichten
Für die Strafbarkeit der Gebührenüberhebung ist eine genaue Feststellung der Überschreitung der gesetzlichen Gebührenhöhe erforderlich. Dokumentationspflichten bezüglich Gebührenerhebungen können als Beweisgrundlage herangezogen werden.
Gebührenüberhebung im Zivilrecht
Im Privatrechtlichen Bereich ist der Begriff der Gebührenüberhebung weniger stark ausgeprägt, da hier Vertragsfreiheit besteht. Überhöhte Forderungen können etwa nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) aus sittenwidrigem Verhalten oder Wucher (§ 879 ABGB, § 879a ABGB) untersagt werden. Hieraus ergibt sich ein Rückforderungsanspruch gegen unberechtigt bereicherte Parteien.
Bedeutung und Schutzfunktion
Der Tatbestand der Gebührenüberhebung trägt wesentlich zur Integrität und Verlässlichkeit hoheitlicher Amtsführung bei. Er schützt Bürger vor willkürlichen und rechtswidrigen Eingriffen in ihre Vermögensinteressen durch Amtsträger, bewahrt die Rechtsstaatlichkeit und das Vertrauen in öffentliche Verwaltung und Justiz.
Praxisbeispiele und Rechtsprechung
Typische Fallkonstellationen
- Unberechtigtes Verlangen überhöhter Bearbeitungsgebühren durch Amtsstellen
- Annahme von Mehrbeträgen ohne formelle Rechtsgrundlage
- Forderung von Gebühren für nicht erbrachte Amtshandlungen
Rechtsprechung
Die österreichischen Gerichte bestätigen regelmäßig die strenge Anwendung der Vorschriften zur Gebührenüberhebung und erkennen eine besondere Schutzwürdigkeit der davon betroffenen Personen an.
Literatur und weiterführende Quellen
Für eingehendere Informationen zur Gebührenüberhebung empfiehlt sich die einschlägige Fachliteratur im Straf- und Verwaltungsrecht sowie die konsultierbaren Gesetzestexte und Kommentare zu den §§ 302 ff. StGB.
Hinweis: Die Gebührenüberhebung ist ein spezifisch österreichischer Rechtsbegriff. Im deutschen und anderen Rechtssystemen existieren vergleichbare Regelungen, jedoch keine wortgleiche Normierung.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Folgen hat eine Gebührenüberhebung?
Wird durch einen Rechtsanwalt oder eine andere zur Gebührenverrechnung befugte Person eine Gebührenüberhebung vorgenommen, so kann dies weitreichende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Gemäß § 16 Rechtsanwaltsordnung (RAO) und gemäß den jeweiligen Bestimmungen in der Gebührenordnung sind anfallende Gebühren exakt und nachvollziehbar zu erheben. Eine Überschreitung der gesetzlich zulässigen Gebühren kann zur Unwirksamkeit des betreffenden Gebührenvertrages führen, sodass der Mandant nur zur Zahlung der korrekten Gebühr verpflichtet bleibt. Darüber hinaus drohen dem Rechtsanwalt berufsrechtliche Maßnahmen wie Disziplinarverfahren, die bis zur Verhängung eines Berufsverbots reichen können. Im zivilrechtlichen Kontext berechtigt eine Gebührenüberhebung den Mandanten zu Rückforderungsansprüchen vor Zivilgerichten und gegebenenfalls auch zu Schadenersatzforderungen, sofern durch die Überhebung weitere Nachteile entstanden sind. Zusätzlich kann im Falle der vorsätzlichen Gebührenüberhöhung unter Umständen auch ein strafrechtlicher Tatbestand, etwa der Betrug, erfüllt sein.
Wann liegt aus rechtlicher Sicht eine Gebührenüberhebung vor?
Aus rechtlicher Sicht ist eine Gebührenüberhebung dann gegeben, wenn der Rechtsanwalt von seinem Mandanten mehr verlangt oder erhält, als ihm nach Gesetz, Honorarvereinbarung oder Gerichtsentscheidung im konkreten Fall zusteht. Maßgeblich ist hierfür eine objektive Betrachtung unter Berücksichtigung der einschlägigen Honorarrichtlinien, der vereinbarten Leistungsumfänge und der tatsächlich erbrachten Tätigkeiten. Auch Pauschalhonorare oder Sondervereinbarungen sind auf ihre Rechtmäßigkeit und Angemessenheit zu prüfen. Liegt eine Überschreitung der gesetzlich oder vertraglich geschuldeten Gebühr ohne entsprechende Gegenleistung vor, gilt dies rechtlich als Gebührenüberhebung, unabhängig von einer möglichen Einwilligung des Mandanten, sofern diese Einwilligung gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt.
Welche Rechte haben Mandanten bei Verdacht auf Gebührenüberhebung?
Mandanten haben bei Verdacht auf Gebührenüberhebung verschiedene rechtliche Möglichkeiten. Sie können zunächst die Herausgabe einer detaillierten Honorarabrechnung verlangen, um die Berechtigung der abgerechneten Positionen zu überprüfen. Im Streitfall kann ein Mandant die Gebührenüberprüfung bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer oder der Schlichtungsstelle des jeweiligen Bundeslandes beantragen. Besteht der Verdacht einer vorsätzlichen oder systematischen Gebührenüberhöhung, kann außerdem ein Beschwerdeverfahren oder berufsrechtliches Verfahren gegen den Rechtsanwalt eingeleitet werden. Zivilrechtlich besteht der Anspruch auf Rückerstattung des zu viel gezahlten Betrages und gegebenenfalls auf Schadenersatz. Die rechtlichen Schritte sind zumeist unabhängig voneinander durchführbar und können auch parallel verfolgt werden.
Gibt es Fristen für die Rückforderung zu viel gezahlter Gebühren?
Im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen bei Gebührenüberhebung gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Verjährungsfristen. Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Mandant von der Gebührenüberhebung Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. In Ausnahmefällen, etwa bei arglistigem Verhalten des Rechtsanwalts, kann sich die Verjährungsfrist auf bis zu zehn Jahre verlängern (§ 199 BGB). Werden Ansprüche nicht rechtzeitig geltend gemacht, sind diese dauerhaft ausgeschlossen. Es ist daher ratsam, im Verdachtsfall so zeitnah wie möglich rechtliche Beratung einzuholen und etwaige Ansprüche unverzüglich geltend zu machen.
Wie wird die Angemessenheit des Honorars rechtlich überprüft?
Die Angemessenheit des Honorars bei anwaltlichen Dienstleistungen wird anhand der gesetzlichen Vorschriften, etwa der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) beziehungsweise des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) sowie der jeweils geltenden Honorarvereinbarungen und einschlägigen Rechtsprechung überprüft. Maßgeblich sind die Art, der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Zeitaufwand sowie die Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten. Im Falle eines Streites über die Honorarhöhe kann ein Sachverständigengutachten eingeholt oder die Gebührenüberprüfung bei der Rechtsanwaltskammer beantragt werden. Das Gericht prüft die Angemessenheit der Gebühren unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und zieht dabei insbesondere auch die üblichen Honorarsätze und gegebenenfalls branchentypische Vergütungsstrukturen heran.
Welche Rolle spielen die Rechtsanwaltskammern bei Gebührenüberhebungen?
Die regionalen Rechtsanwaltskammern nehmen eine zentrale Rolle bei der Überprüfung und Sanktionierung von Gebührenüberhebungen ein. Sie sind zuständig für die außergerichtliche Überprüfung von Gebührenabrechnungen und können auf Antrag des Mandanten ein Schlichtungsverfahren einleiten. Im Rahmen ihrer berufsrechtlichen Aufsichtspflicht gehen sie Hinweisen und Beschwerden über Gebührenüberhebungen nach und können – je nach Sachlage – Disziplinarmaßnahmen verhängen oder den Fall an die zuständige Staatsanwaltschaft weiterleiten. Darüber hinaus wirken die Kammern beratend, klärend und in vermittelnder Funktion zwischen Rechtsanwälten und Mandanten, um Konflikte möglichst außergerichtlich beizulegen.
Welche Pflichten treffen Rechtsanwälte im Zusammenhang mit Gebührenüberhebungen?
Rechtsanwälte sind verpflichtet, ihre Vergütung transparent, nachvollziehbar und gesetzeskonform abzurechnen. Sie haben eine umfassende Informations- und Aufklärungspflicht gegenüber ihren Mandanten, insbesondere hinsichtlich der zu erwartenden Kosten und Honorare. Jede Gebührenüberhebung stellt einen Verstoß gegen berufsrechtliche Vorschriften dar und kann neben den genannten rechtlichen Konsequenzen auch Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Anwälte sind zudem verpflichtet, erhaltene Gebühren, die ihnen nicht zustehen, unverzüglich an den Mandanten zurückzuzahlen. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Rechnungsstellung umfasst dabei auch die klare Ausweisung sämtlicher erbrachter Leistungen und entstehender Kosten. Verstöße gegen diese Pflichten werden berufsrechtlich streng sanktioniert.