Legal Lexikon

Gasspeicher


Begriff und rechtliche Einordnung von Gasspeichern

Ein Gasspeicher ist eine technische Anlage zur unterirdischen oder oberirdischen Speicherung von Gasen, wobei Erdgas mit Abstand den größten Anteil ausmacht. In rechtlicher Hinsicht sind Gasspeicher zentrale Infrastruktureinrichtungen der Energieversorgung und spielen vor allem im Kontext der Versorgungssicherheit sowie des Energiemarktes eine wesentliche Rolle. In Deutschland regeln zahlreiche nationale und europäische Rechtsvorschriften den Bau, Betrieb sowie den Zugang zum und die Nutzung von Gasspeichern.


Rechtlicher Rahmen für Gasspeicher in Deutschland

Energiewirtschaftsrechtliche Grundlagen

Das Energierecht bildet die wesentliche Grundlage für die rechtliche Behandlung von Gasspeichern. Maßgeblich ist das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), das Gasspeicher als Teile der Energieversorgungsinfrastruktur einstuft. § 3 Nr. 10 EnWG definiert Gasspeicher als Teil der Gasversorgungseinrichtungen. Sie unterliegen strengen Anforderungen bezüglich Betrieb, Sicherheit und Zugang. Die Speicherung dient in erster Linie der Gewährleistung einer unterbrechungsfreien und gesicherten Gasversorgung, insbesondere im Hinblick auf jahreszeitliche Nachfrageschwankungen.

Speicheranlagen als regulierte Einrichtungen

Gasspeicher sind gemäß § 28 EnWG regulierte Anlagen, wenn der Betreiber mit einem Fernleitungsnetzbetreiber verbunden ist. Dann unterliegen sie den Anforderungen der Infrastrukturregulierung, einschließlich der Entflechtung (Unbundling) gemäß §§ 6 ff. EnWG. Betreiber von Speicheranlagen müssen oft rechtlich und organisatorisch getrennt von anderen Tätigkeitsbereichen des Energiesektors organisiert sein.

Planungs- und Genehmigungsrecht

Der Bau, die Erweiterung und der Betrieb von Gasspeichern unterliegen dem Genehmigungsvorbehalt nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) sowie weiteren fachgesetzlichen Regelungen. Für unterirdische Speicher, insbesondere Porenspeicher oder Kavernenspeicher, greifen daneben das Bergrecht nach dem Bundesberggesetz (BBergG) sowie wasserrechtliche Vorschriften. Das Genehmigungsverfahren umfasst umfassende Prüfungen der Umweltauswirkungen, der Sicherheit und des Schutzes bestehender Rechte Dritter.

Umweltrechtliche Anforderungen

Gasspeicher bedürfen regelmäßig einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG). Die Nachweise über Maßnahmen zum Gewässerschutz und zur Verhinderung von Emissionen gemäß BImSchG sind dabei ebenso zu erbringen wie Sicherheitsnachweise nach der Störfallverordnung.


Marktzugang und Speicherzugangsregulierung

Zugang Dritter: Speicherzugangsregeln

Das EnWG sowie die Verordnung über den Zugang zu Gasversorgungsnetzen (GasNZV) sehen vor, dass Gasspeicherbetreiber Dritten im Rahmen des sogenannten regulierten oder auch verhandelten Zugangsraums Zugang zu ihren Speichern gewähren müssen (§§ 28, 35 EnWG). Speicherzugangsregelungen sollen einen diskriminierungsfreien und transparenten Wettbewerb gewährleisten. Die Einzelheiten des Zugangs zu Speicherkapazitäten, der Kapazitätsvergabe sowie der Entgelte sind durch die Bundesnetzagentur konkretisiert.

Speicherzugangsmodelle

Man unterscheidet zwischen dem regulierten Speicherzugang (§ 28 EnWG), der zwingend für verbundene Unternehmen gilt, und dem verhandelten Speicherzugang (§ 35 EnWG), der für andere Betreiber vorgesehen ist. Transparente und objektive Vergabemechanismen, insbesondere Auktionen, sind im Regelfall erforderlich.


Speicherbetrieb und Pflichten der Speicherbetreiber

Betriebssicherheit und Überwachung

Der Betreiber eines Gasspeichers ist für die technische und betriebliche Sicherheit der Anlage verantwortlich (§§ 49 ff. EnWG in Verbindung mit der Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV). Beratende Kontrollfunktionen stehen den Landesbehörden sowie der Bundesnetzagentur zu. Regelmäßige Überprüfungen, Wartungsmaßnahmen und Sicherheitsübungen sind vorgeschrieben.

Melde- und Berichtspflichten

Gasspeicherbetreiber sind gesetzlich verpflichtet, Füllstandsdaten transparent zu veröffentlichen (§ 35a EnWG) sowie der Bundesnetzagentur regelmäßig Kapazitäts- und Nutzungsnachweise vorzulegen. Dies dient nicht nur der Markttransparenz, sondern auch der Sicherstellung der Versorgungssicherheit, insbesondere vor dem Hintergrund der europäischen Verordnung zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit (VO (EU) 2017/1938).


Eigentums- und Haftungsfragen

Eigentumsrechtliche Dimension

Das Eigentum an Gasspeichern (insbesondere an unterirdischen Speichern) wird durch bergrechtliche Zulassungen (Bewilligungen, Erlaubnisse und Bergwerkseigentum gemäß BBergG) geprägt. Die Abgrenzung von Grundeigentum und Speichereigentum, insbesondere bei Kavernenspeichern, wird über entsprechende Eintragungen ins Grundbuch sowie über Nebenbestimmungen in bergrechtlichen Erlaubnissen geregelt.

Haftung und Versicherungsschutz

Sicherheitsvorkehrungen sind aufgrund möglicher Umweltrisiken unerlässlich. Der Betreiber haftet für Schäden, die aus dem Betrieb eines Speichers resultieren, nach allgemeinen zivilrechtlichen sowie spezialgesetzlichen Vorschriften (Umwelthaftungsgesetz – UmwelthaftG, BImSchG, Wasserhaushaltsgesetz – WHG). Die Versicherungspflicht ergibt sich bei genehmigungsbedürftigen Anlagen unmittelbar aus den immissionsschutz- und wasserrechtlichen Bedingungen.


Europarechtliche Vorgaben

Binnenmarkt- und Versorgungssicherheitsregulierung

Gasspeicher werden auf europäischer Ebene insbesondere durch die Verordnung (EG) Nr. 715/2009 (Gasregulierung) sowie durch die Verordnung (EU) 2017/1938 (Versorgungssicherheit Gas) beeinflusst. Diese Regularien verpflichten die Mitgliedstaaten, angemessene Speicherbestände vorzuhalten, transparente Daten zu veröffentlichen und diskriminierungsfreien Zugang sicherzustellen.


Fazit

Zusammenfassend sind Gasspeicher aus rechtlicher Sicht hochregulierte Infrastruktureinrichtungen im Energierecht. Sie unterliegen einem umfangreichen Geflecht aus nationalem Energie-, Umwelt- und Planungsrecht sowie europarechtlichen Vorgaben zur Marktregulierung und Versorgungssicherheit. Die Anforderungen an Bau, Betrieb und Zugang sind komplex und dienen letztlich der Sicherheit, dem Umweltschutz sowie dem diskriminierungsfreien Wettbewerb im Gassektor.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist rechtlich für die Errichtung und den Betrieb von Gasspeichern in Deutschland verantwortlich?

Rechtlich gesehen sind für die Errichtung und den Betrieb von Gasspeichern in Deutschland in erster Linie die Speicherbetreiber verantwortlich. Diese Unternehmen benötigen für die Errichtung von Gasspeichern eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) und müssen zahlreiche umwelt-, wasser- und baurechtliche Anforderungen erfüllen. Darüber hinaus unterliegen sie der Regulierung durch das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), welches insbesondere sicherstellt, dass der Zugang zu den Speichern diskriminierungsfrei und transparent für alle Marktteilnehmer gewährt wird. Speicherbetreiber haben demnach nicht nur Pflichten zur Einhaltung technischer Sicherheitsnormen, sondern müssen auch die Vorgaben der Bundesnetzagentur hinsichtlich zugangsoffener und marktkonformer Nutzung der Speicherinfrastruktur berücksichtigen. Die Verantwortung erstreckt sich ebenso auf die Einhaltung der Vorgaben der Gas- und Wasserstoffspeicher-Verordnung (GasspeicherV) sowie eventueller Landesgesetze, die insbesondere in Umwelt- und Planungsfragen relevant werden können.

Unterliegen Gasspeicher besonderen Genehmigungspflichten?

Ja, die Errichtung, der Betrieb und auch die wesentliche Änderung von Gasspeichern unterliegen in Deutschland strengen Genehmigungspflichten. Die zentrale Rechtsgrundlage ist hier das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG), das neben dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen auch die Sicherheit im Umgang mit gefährlichen Stoffen regelt. Für unterirdische Gasspeicher ist zudem oftmals eine bergrechtliche Betriebsplangenehmigung gemäß Bundesberggesetz (BBergG) erforderlich. Weiterhin können wasserrechtliche Erlaubnisse oder Planfeststellungsverfahren nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) notwendig sein, insbesondere wenn Grundwasser oder Oberflächengewässer berührt werden. Die jeweils zuständigen Behörden, meist Landesumweltämter oder Bergämter, prüfen dabei intensiv die Einhaltung aller relevanten Schutzbestimmungen einschließlich der Anforderungen an Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP), wobei auch die Beteiligung der Öffentlichkeit gesetzlich vorgesehen ist.

Welche rechtlichen Regelungen bestehen zum Zugang Dritter zu Gasspeichern?

Der Zugang Dritter zu Gasspeichern ist im deutschen Recht umfangreich geregelt. Nach § 39 ff. des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) sind Betreiber von Gasspeichern verpflichtet, anderen Marktteilnehmern einen diskriminierungsfreien Zugang zu ihren Speicheranlagen zu gewähren. Dies dient dem Schutz des Wettbewerbs und der Versorgungssicherheit im Energiemarkt. Die Bundesnetzagentur hat die Aufgabe, Missbrauch beim Zugangsmanagement zu verhindern und kann im Streitfall auf Antrag Zugangsbedingungen oder -entgelte festlegen. Ergänzend hierzu regelt die Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV), unter welchen Bedingungen und zu welchen Tarifen der Zugang ausgestaltet sein muss. Speicherbetreiber dürfen Zugangsanfragen im Grundsatz nur dann ablehnen, wenn sie technisch nicht realisierbar oder mit Gefahren für den sicheren Betrieb der Speicheranlage verbunden sind. Diese Ablehnung ist umfassend und transparent zu begründen.

Gibt es besondere rechtliche Vorgaben für die strategische Füllung von Gasspeichern?

Seit den Gaslieferkrisen und den geopolitischen Herausforderungen der letzten Jahre hat der Gesetzgeber spezielle rechtliche Anforderungen an die strategische Füllung von Gasspeichern geschaffen. Das Gasspeichergesetz (GasSpeichG), welches 2022 ins EnWG eingefügt wurde, schreibt Mindestfüllstände für bestimmte Speicheranlagen vor, um die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten. Die Bundesnetzagentur überwacht monatlich die Einhaltung der Füllstandsvorgaben, während Marktakteure bei Nichteinhaltung sanktioniert werden können oder der Staat im Extremfall Gaseinspeicherung anordnen darf. Diese Vorgaben sind Teil der nationalen Vorsorge und sind europa- und beihilferechtlich eng mit der EU-Verordnung zur Gewährleistung der Gasspeichersicherheit (Storage Regulation, EU-VO 2022/1032) abgestimmt.

Welche Haftungsregelungen gelten bei Unfällen oder Störungen in Gasspeichern?

Bei Unfällen oder Störungen, die aus dem Betrieb von Gasspeichern resultieren, greifen verschiedene Haftungsregelungen. Im Vordergrund steht die Gefährdungshaftung nach dem Umwelthaftungsgesetz (UmHG) sowie, abhängig von den konkreten Umständen, auch das Haftungsregime nach BImSchG und BBergG. Betreiber haften unabhängig vom Verschulden für Schäden, die durch den Betrieb oder eine Störung der Speicheranlage an Mensch, Umwelt oder Sachen entstehen. Darüber hinaus kann auch die zivilrechtliche Haftung nach BGB (insbesondere §§ 823 ff. BGB) relevant sein. Der Betreiber ist verpflichtet, ausreichende Versicherungen vorzuhalten, und muss sowohl Sofortmaßnahmen zur Gefahrenabwehr treffen als auch gegebenenfalls Ersatz leisten. Aufsichtsbehörden können zudem Anordnungen bis hin zur Betriebseinstellung erlassen.

Wie werden Eigentumsrechte und Nutzungsrechte an gespeicherten Gasmengen rechtlich geregelt?

Eigentums- und Nutzungsrechte an den im Speicher befindlichen Gasmengen sind rechtlich durch schuldrechtliche Verträge zwischen Speicherbetreiber und den jeweiligen Nutzern geregelt. Während der Betreiber Eigentümer oder zumindest Inhaber des Speicherraums bleibt, erwerben Speicher- oder Fahrplaninhaber Nutzungs- und Dispositionsrechte an den eingebrachten Gasmengen. Die genaue Ausgestaltung erfolgt im Rahmen von Speicherverträgen, die auch Regelungen für den Fall von Insolvenzen, Lieferengpässen oder Kapazitätsbeschränkungen treffen. Diese Verträge müssen mit den Regelungen des EnWG und der GasNZV in Einklang stehen und dürfen keine unzulässigen Diskriminierungen oder Beschränkungen enthalten. Bei rechtlichen Streitigkeiten entscheidet letztlich das ordentliche Gericht oder – im Fall von Zugangsfragen – die Bundesnetzagentur.

Welche Überwachungs- und Berichtspflichten bestehen für Gasspeicherbetreiber?

Gemäß Energiewirtschaftsgesetz sowie den dazugehörigen Verordnungen unterliegen Speicherbetreiber einer Reihe von Überwachungs- und Berichtspflichten. Sie sind verpflichtet, der Bundesnetzagentur und ggf. den Landesbehörden regelmäßig Daten zu Speicherkapazitäten, Ein- und Ausspeichermengen, technischen Störungen sowie zu den jeweiligen Füllständen zu melden. Diese Berichte dienen sowohl der Markttransparenz als auch der staatlichen Kontrolle zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit. Im Rahmen der Gasspeicher-Verordnung (GasSpeichV) ist zudem die Veröffentlichung bestimmter Daten vorgesehen, sodass Marktteilnehmer jederzeit über die aktuelle Situation informiert werden können. Bei festgestellten Mängeln oder Verstößen können die Behörden Bußgelder verhängen oder sonstige aufsichtsrechtliche Maßnahmen einleiten.