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Freizeitarrest


Definition und Grundlagen des Freizeitarrests

Der Freizeitarrest ist eine besondere Form des Arrests nach deutschem Jugendstrafrecht und stellt eine Reaktionsmaßnahme auf strafbares Verhalten jugendlicher oder heranwachsender Täter dar. Im Gegensatz zum Dauerarrest, bei dem eine ununterbrochene Freiheitsentziehung über mehrere Tage erfolgt, ist der Freizeitarrest darauf ausgerichtet, den Strafzweck während der Freizeit – insbesondere an Wochenenden oder arbeitsfreien Tagen – durchzusetzen.

Gesetzliche Grundlagen

Regelung im Jugendgerichtsgesetz (JGG)

Der Freizeitarrest ist in § 13 Abs. 3 Jugendgerichtsgesetz (JGG) geregelt. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht gegen einen Jugendlichen oder Heranwachsenden, der eine Straftat begangen hat, verschiedene Formen des Arrests anordnen. Zu diesen zählt neben dem Dauerarrest und dem Kurzarrest auch der sogenannte Freizeitarrest.

Gesetzestext (Auszug):

„Der Arrest kann als Freizeitarrest, Kurzarrest oder Dauerarrest vollstreckt werden.“

Zweck des Freizeitarrests

Der Freizeitarrest dient der Disziplinierung und Erziehung junger Täter. Die gerichtliche Anordnung soll eine abschreckende Wirkung entfalten und die Verbüßung des Arrests in der freizeitlichen Lebensphase als spürbare Sanktion wahrgenommen werden, ohne die schulische oder berufliche Entwicklung zu beeinträchtigen.

Anwendungsbereich

Zielgruppe

Der Freizeitarrest richtet sich an Jugendliche (14 bis 17 Jahre) und Heranwachsende (18 bis 20 Jahre), deren Straftaten nach Jugendstrafrecht geahndet werden. Er wird insbesondere dann verhängt, wenn eine erzieherische Einwirkung durch mildere Mittel – wie eine Erziehungsmaßregel (z. B. Sozialstunden) – nicht ausreichend erscheint, aber eine längere Freiheitsentziehung unverhältnismäßig wäre.

Voraussetzungen der Anordnung

Vor der Anordnung eines Freizeitarrests prüft das Gericht, ob die Tat eine mildere Sanktion, etwa durch Auflagen, Weisungen oder Arbeitsauflagen, zulässt. Nur wenn diese nicht erfolgversprechend erscheinen oder bereits wirkungslos geblieben sind, kommt die Anordnung des Arrests in Betracht. Auch wird abgewogen, ob Lebens- oder Ausbildungssituation des Jugendlichen durch den Arrest unangemessen negativ beeinflusst würde.

Vollstreckung und Dauer des Freizeitarrests

Dauer und zeitlicher Rahmen

Die konkrete Dauer des Freizeitarrests beträgt zwischen zwei und vier Wochenenden (bzw. Freizeitabschnitten), wobei der Arrest jeweils von Freitagabend bis Sonntagabend vollstreckt wird. Die tatsächliche Dauer der Freiheitsentziehung an einem Wochenende variiert je nach Bundesland, üblicherweise jedoch ca. 48 Stunden. Gesetzlich ist Höchstdauer im JGG mit vier Wochen festgelegt.

Ablauf und Durchführung

Die Vollstreckung erfolgt in speziellen Jugendanstalten oder Arrestanstalten, die an den Wochenenden belegt werden. Die Gestaltung orientiert sich an den Regularien der Hausordnung der jeweiligen Anstalt. Während des Aufenthalts gelten bestimmte Einschränkungen wie etwa die Einschränkung von Freizeitaktivitäten und des Kontakts zur Außenwelt. Kontakte zu Erziehungsberechtigten und Seelsorgern sind möglich.

Erfüllung des Strafzwecks

Der Freizeitarrest wird explizit außerhalb des schulischen oder beruflichen Alltags vollzogen, um negative Auswirkungen auf Ausbildung oder Schulbildung zu minimieren. Dadurch wird versucht, den Erziehungszweck mit verhältnismäßigen Mitteln zu erreichen.

Rechtsmittel und Überprüfung

Beschwerde gegen die Anordnung

Gegen die Anordnung des Freizeitarrests kann innerhalb einer Woche nach Zustellung Beschwerde eingelegt werden (§ 55 JGG). Die Entscheidung über die Beschwerde trifft das nächsthöhere Gericht.

Nachträgliche Aussetzung und Gnadengesuch

Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Vollzug des Freizeitarrests auf Antrag des Betroffenen ausgesetzt werden, insbesondere wenn gravierende nachträgliche Hinderungsgründe vorliegen, etwa eine schwerwiegende Änderung der persönlichen Verhältnisse. Zudem kann jederzeit ein Gnadengesuch gestellt werden.

Abgrenzung zu anderen Arrestformen nach JGG

Dauerarrest und Kurzarrest

Im Gegensatz zum Freizeitarrest werden beim Dauerarrest mehrere Wochen ununterbrochen verbüßt, beim Kurzarrest beträgt die Arrestdauer nur wenige Tage (meistens maximal vier Tage am Stück). Der Freizeitarrest unterscheidet sich insbesondere durch seine abgestufte Verbüßung zu festgelegten Freizeitzeiten.

Wirkung und Bedeutung im Jugendstrafrecht

Erzieherischer Charakter

Der Freizeitarrest hat eine stark präventiv-erzieherische Funktion und soll dazu dienen, Jugendliche zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung und zur Reflexion über ihr Verhalten anzuhalten. Die Maßnahme ist als „letzte Warnung“ vor einer eventuellen, strengeren Jugendstrafe gedacht.

Sozialpädagogische Betreuung

Während des Arrestvollzugs wird insbesondere auf sozialpädagogische Betreuung Wert gelegt. Angebote zur Konfliktbewältigung und Reflexion werden im Rahmen der Vollstreckung bereitgestellt, um Rückfälle zu vermeiden.

Statistische Entwicklung und Praxis

Anwendungshäufigkeit

Die Anwendung des Freizeitarrests unterliegt jahresbezogenen Schwankungen. In der Praxis stellt die Arrestform eine häufig genutzte Reaktionsmaßnahme im Bereich des Jugendstrafrechts dar, jedoch ist insgesamt ein rückläufiger Trend zu verzeichnen, da verstärkt auf alternative Reaktionsmöglichkeiten gesetzt wird.

Kritik und Reformüberlegungen

Der Freizeitarrest war und ist Gegenstand rechtspolitischer Diskussionen. Kritisiert werden unter anderem die tatsächliche Wirksamkeit im Hinblick auf Rückfallprävention und die mangelnde Individualisierung der Maßnahme. Auch die Haftbedingungen und die Vereinbarkeit mit modernen Erkenntnissen der Jugendhilfe und Sozialarbeit werden regelmäßig diskutiert.

Literatur und weiterführende Hinweise

  • Jugendgerichtsgesetz (JGG), speziell § 13 JGG
  • Bundeszentrale für politische Bildung: Übersicht zum Jugendstrafrecht und Arrestformen
  • Statistisches Bundesamt: Berichte zur Sanktionierung im Jugendstrafrecht
  • Monographien und Kommentarliteratur zum Jugendstrafrecht

Der Freizeitarrest bleibt eine bedeutende Sanktionsmöglichkeit im Jugendstrafrecht, deren Anwendung stets unter strikter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben und mit besonderem Augenmerk auf die Verhältnismäßigkeit erfolgen muss.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen für die Anordnung des Freizeitarrests vorliegen?

Für die Anordnung des Freizeitarrests müssen mehrere rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Grundlage hierfür ist § 16 Jugendgerichtsgesetz (JGG), der den Freizeitarrest als eine der möglichen jugendrichterlichen Maßnahmen vorsieht. Der Freizeitarrest kann verhängt werden, wenn dies zur Erziehung des Jugendlichen erforderlich erscheint, insbesondere dann, wenn andere, mildere Maßnahmen nicht ausreichen. Typischerweise wird der Freizeitarrest neben einer Verwarnung (§ 14 Abs. 1 JGG) verhängt, um dem Jugendlichen die Folgen seines Handelns vor Augen zu führen. Es müssen sowohl die persönliche als auch die soziale Situation des Jugendlichen berücksichtigt werden, ebenso wie Art, Ausmaß und Schwere seiner Tat. Zusätzlich muss die Zumutbarkeit für den Jugendlichen gewahrt bleiben; gesundheitliche oder schwerwiegende soziale Gründe können der Anordnung entgegenstehen. Der Freizeitarrest darf nicht zur Strafe, sondern lediglich zur Erziehung verhängt werden. Schließlich ist erforderlich, dass die Straftat in der Zeit begangen wurde, in der der Jugendliche noch dem Jugendstrafrecht unterlag.

Wie wird der Freizeitarrest vollstreckt und wer ist dafür zuständig?

Die Vollstreckung des Freizeitarrests richtet sich nach den Bestimmungen des Jugendgerichtsgesetzes sowie der entsprechenden Vollstreckungsvorschriften der zuständigen Länder. Die Durchführung findet in speziellen Jugendarrestanstalten oder geeigneten Einrichtungen statt, die auf die Betreuung von Jugendlichen ausgerichtet sind. Zuständig für die Anordnung und Überwachung der Vollstreckung ist die Jugendgerichtshilfe in Zusammenarbeit mit den Justizbehörden. Der Arrest wird üblicherweise an Wochenenden, also von Freitag bis Sonntag, oder an mehreren aufeinanderfolgenden freien Tagen vollstreckt, sodass schulische oder berufliche Verpflichtungen möglichst nicht beeinträchtigt werden. Während des Aufenthalts gelten spezielle Auflagen und eine enge Betreuung, wobei Wert auf erzieherische Maßnahmen wie Gespräche, Gruppenarbeiten und sinnvolle Freizeitgestaltung gelegt wird.

Kann gegen die Anordnung von Freizeitarrest Rechtsmittel eingelegt werden?

Gegen die Anordnung des Freizeitarrests stehen dem Jugendlichen und ggf. seinen Erziehungsberechtigten grundsätzlich Rechtsmittel zur Verfügung. Insbesondere kann gegen den Arrestbeschluss gemäß §§ 55, 58 JGG Beschwerde eingelegt werden. Die Beschwerde muss binnen einer Woche nach Bekanntgabe des Beschlusses beim zuständigen Gericht eingereicht werden. Das Gericht prüft im Beschwerdeverfahren, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für den Arrest vorlagen und ob das Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Falls dringende Gründe vorliegen, kann das Gericht auch im Wege der einstweiligen Anordnung von der sofortigen Vollstreckung absehen.

Was passiert, wenn der Freizeitarrest nicht angetreten wird?

Das bewusste Nichtantreten des angeordneten Freizeitarrests kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die Vollstreckungsbehörde kann Maßnahmen zur Durchsetzung ergreifen, um den Jugendlichen notfalls zwangsweise der Arrestanstalt zuzuführen. Wird der Arrest absichtlich nicht angetreten oder abgebrochen, ohne dass hierfür ein triftiger Grund vorliegt (z.B. Krankheit mit ärztlichem Attest), kann dies als Missachtung richterlicher Anordnungen gewertet werden. In besonders hartnäckigen Fällen kann die Umwandlung des Freizeitarrests in einen strengen Dauerarrest erfolgen; auch ein neues Strafverfahren wegen Ungehorsams gegen gerichtliche Anordnungen (§ 70 JGG) ist denkbar.

Wird die Zeit des Freizeitarrests auf andere Strafen angerechnet?

Die im Freizeitarrest verbrachte Zeit wird grundsätzlich nicht auf andere strafrechtliche Sanktionen angerechnet. Der Freizeitarrest steht als eigenständige Maßregel im Jugendstrafrecht und dient vor allem der erzieherischen Einwirkung. Lediglich wenn im Ausnahmefall mehrere Arrestformen vermischt oder nacheinander vollstreckt werden, kann die tatsächliche Haftdauer im Rahmen der Gesamtvollstreckung berücksichtigt werden. Sollte ein späterer Dauerarrest verhängt werden, kann die bereits im Freizeitarrest verbrachte Zeit unter Umständen angerechnet werden, eine verbindliche gesetzliche Regelung hierzu wird jedoch meist von Einzelfallentscheidungen und der richterlichen Praxis bestimmt.

Welche Rechte haben Jugendliche während des Freizeitarrests?

Auch während des Freizeitarrests haben Jugendliche Rechte, die sich aus dem Jugendgerichtsgesetz sowie allgemeinen Grundrechten ergeben. Hierzu gehören das Recht auf körperliche Unversehrtheit, menschenwürdige Unterbringung und medizinische Versorgung. Den Jugendlichen muss die Möglichkeit gegeben werden, Kontakt zu ihren Familien aufzunehmen – z. B. über Telefonate oder Besuchszeiten, soweit dies organisatorisch möglich ist. Außerdem besteht das Recht auf anderweitige Beschwerdeführung, z. B. über die Behandlung während des Arrests oder etwaige Missstände in der Einrichtung. Die Arbeitsbedingungen und Freizeitangebote in der Arrestanstalt müssen den Grundsatz der Erziehung und Förderung berücksichtigen, sodass eine rein punitive Behandlung unzulässig ist. Darüber hinaus steht der Zugang zum anwaltlichen Beistand offen, falls sich während des Arrestes rechtliche Fragen oder Probleme ergeben.