Legal Lexikon

Freilager


Begriff und Rechtsgrundlagen des Freilagers

Das Freilager ist ein zentraler Begriff im Zollrecht und bezeichnet Lagerstätten, in denen Waren vorübergehend unter zollamtlicher Überwachung eingelagert werden können, ohne dass bei ihrer Einlagerung Zollabgaben oder Einfuhrabgaben fällig werden. Freilager dienen der Erleichterung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs und finden vor allem im internationalen Handel sowie in der Logistik Anwendung. Die Einlagerung in ein Freilager ermöglicht es, Waren aus Drittländern zunächst zu lagern und erst bei der späteren Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr einer Verzollung zu unterziehen.

Rechtliche Grundlagen

Europäisches Recht

Die wesentlichen Regelungen zu Freilagern finden sich auf europäischer Ebene insbesondere im Unionszollkodex (UZK) [Regulation (EU) Nr. 952/2013] sowie in den ergänzenden Durchführungsverordnungen und Delegierten Verordnungen. Im europäischen Kontext werden Freilager, zusammen mit Zolllagern, als besondere Verfahren der Lagerung klassifiziert, bei denen Waren unter zollamtlicher Überwachung stehen.

Nationales Recht (Deutschland)

Im deutschen Zollrecht sind ergänzende Regelungen im Zollverwaltungsgesetz (ZollVG) sowie in der Zollverordnung (ZollV) zu finden. Diese Vorschriften konkretisieren die allgemeinen Bestimmungen des Unionszollkodex und regeln die organisatorische und praktische Umsetzung von Freilagern im Bundesgebiet.

Abgrenzung zu anderen Zolllagern

Während Freilager und Zolllager häufig synonym verwendet werden, ist eine Abgrenzung notwendig: Zolllager sind zumeist speziell bewirtschaftete Lagerhäuser, während Freilager eine offenere Lagerung – häufig im Freien oder auf abgegrenzten Flächen – zulassen. Der zentrale Unterschied besteht in den jeweiligen Zugangsbeschränkungen, der Art der Lagerung und der Intensität der zollamtlichen Überwachung.

Funktion und Zweck des Freilagers

Lagerung von Nicht-Unionswaren

Im Freilager können vor allem sogenannte Nicht-Unionswaren (früher: Nichtgemeinschaftswaren), also Waren, die aus einem Drittland eingeführt wurden, gelagert werden. Die Einlagerung erfolgt unter der zollamtlichen Überwachung, wobei Einfuhrabgaben und eventuell anfallende handelspolitische Maßnahmen ausgesetzt werden.

Zeitlicher Rahmen der Lagerung

Die maximale Lagerdauer von Waren im Freilager ist im Unionszollkodex geregelt. Grundsätzlich ist eine unbefristete Lagerung möglich, sofern die Waren nicht verändert oder konsumiert werden. In Einzelfällen kann eine fristgebundene Auslagerung durch die Zollbehörden verfügt werden.

Zweckmäßigkeit und wirtschaftliche Bedeutung

Freilager bieten Unternehmen die Möglichkeit, Waren flexibel zwischenzulagern, abzuwarten, ob sich ein Weiterverkauf, eine Weiterverarbeitung oder eine Wiederausfuhr lohnt, ohne bereits bei der Einlagerung Einfuhrabgaben leisten zu müssen. Sie fördern damit internationale Handelsströme und bieten Liquiditätsvorteile.

Zollrechtliche Behandlung der Waren im Freilager

Verfahren der Einlagerung

Das Einbringen von Waren in ein Freilager unterliegt einer zollrechtlichen Anmeldung, welche die wesentlichen Angaben zu Art, Menge, Ursprung und Wert der Ware enthalten muss. Nach erfolgter Annahme der Anmeldung durch die Zollbehörde werden die Waren dem besonderen Verfahren Freilager zugeführt.

Überwachung und Pflichten des Lagerhalters

Der Lagerhalter ist verpflichtet, das Freilager so zu organisieren, dass jederzeit eine zollamtliche Kontrolle stattfinden kann. Wesentliche Pflichten sind die ordnungsgemäße Buchführung, die Gewährleistung der Unversehrtheit der Waren und die Mitwirkungspflicht bei zollamtlichen Prüfungen.

Behandlung von Verbringungen und Veränderungen

Im Freilager dürfen Waren grundsätzlich keiner aktiven Be- oder Verarbeitung unterzogen werden, sofern dies nicht durch zollrechtliche Bestimmungen ausdrücklich erlaubt ist (z. B. übliche Behandlungen zur Erhaltung der Waren). Jede Bewegung, Veränderung oder Auslagerung von Waren aus dem Freilager muss der Zollbehörde angezeigt werden.

Beendigung des Freilagerverfahrens

Das Verfahren endet regelmäßig durch Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr, den Transit, die Ausfuhr oder die Überführung in ein anderes Zollverfahren. Bei Beendigung können Zoll- und Einfuhrabgaben fällig werden, sofern die Waren nicht wieder ausgeführt werden.

Steuerliche Aspekte des Freilagers

Umsatzsteuerliche Behandlung

Für die Zeit der Lagerung im Freilager gelten besondere umsatzsteuerliche Vorschriften. Grundsätzlich entsteht die Umsatzsteuer erst mit der Entnahme und der Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr. Bis zur Beendigung des Freilagerverfahrens besteht kein steuerbarer Inlandsvorgang.

Weitere steuerliche Implikationen

Neben der Umsatzsteuer können je nach Warenart Verbrauchsteuern (z. B. Tabaksteuer, Energiesteuer) beim Verlassen des Freilagers entstehen. Die Steuerpflicht knüpft in aller Regel an die Überlassung der Ware zum freien Verkehr an.

Typen und Organisation von Freilagern

Öffentliches und privates Freilager

Es wird unterschieden zwischen öffentlichen Freilagern, die von ihren Betreibern jedermann gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden, und sogenannten privaten Freilagern, welche von einzelnen Unternehmen oder Unternehmensgruppen zum eigenen Gebrauch betrieben werden.

Zulassungs- und Aufsichtsverfahren

Die Einrichtung eines Freilagers bedarf einer vorherigen zollrechtlichen Zulassung. Die zuständigen Zollbehörden prüfen dabei die Zuverlässigkeit des Lagerhalters, die Eignung der Lagerflächen hinsichtlich Sicherung und Organisation sowie die technische Ausstattung zur Überwachung der Waren.

Abgrenzung zu anderen zollrechtlichen Verfahren

Unterschied zu offenen und geschlossenen Zolllagern

Anders als im Freilager kann im geschlossenen Zolllager eine engmaschigere Überwachung mit strengeren Zutrittsregelungen bestehen. Zudem unterscheiden sich die zulässigen Warenbewegungen und die Verpflichtungen des Lagerhalters hinsichtlich Dokumentation und Meldung.

Vergleich mit dem Zollverfahren der aktiven und passiven Veredelung

Während das Freilager auf die rein passive Lagerung abzielt, ermöglichen die Verfahren der aktiven oder passiven Veredelung eine (beziehungsweise befristete) Verarbeitung der Waren unter Zollaussetzung. Im Freilager ist eine Bearbeitung grundsätzlich unzulässig.

Bedeutung in internationalen Abkommen und im Welthandel

Freilager spielen bei zahlreichen internationalen Handelsabkommen eine Rolle, etwa im Rahmen von Freizonen oder Sonderwirtschaftszonen, und tragen zur Vereinfachung und Beschleunigung von Warenbewegungen bei. Sie sind besonders im See- und Luftfrachtverkehr anzutreffen.


Zusammenfassung:
Freilager sind ein zentrales Element des europäischen und nationalen Zollrechts und ermöglichen eine zoll- und steuerfreie Zwischenlagerung von Waren unter zollamtlicher Überwachung. Sie schaffen Flexibilität für Wirtschaft und Logistik, unterliegen jedoch umfangreichen rechtlichen und organisatorischen Anforderungen, insbesondere im Hinblick auf Zulassung, Verwaltung, Überwachung und Abgabenerhebung bei Verfahrensbeendigung. Die rechtssichere Einrichtung und der Betrieb eines Freilagers setzen detaillierte Kenntnisse der einschlägigen zoll- und steuerrechtlichen Regelungen voraus.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen gelten für die Einrichtung eines Freilagers?

Die Einrichtung eines Freilagers in Deutschland bedarf einer behördlichen Erlaubnis nach den Vorschriften des Zollrechts, insbesondere gemäß Art. 237 ff. des Unionszollkodex (UZK) sowie ergänzend nach nationalem Recht (§§ 4, 11 Zollverwaltungsgesetz). Antragsteller müssen ihre Zuverlässigkeit, ausreichende Buchführungs- und Organisationsstrukturen sowie die finanzielle Leistungsfähigkeit nachweisen. Die Zollbehörden prüfen zudem die Geeignetheit des Lagerortes hinsichtlich Zugangskontrolle, Sicherung und Separierung der Waren. Für die Bewilligung kann die Zollverwaltung Auflagen und Bedingungen, wie Mindeststandards für Überwachung und Dokumentation, erlassen. Verstöße gegen Auflagen führen zur Rücknahme oder zum Widerruf der Bewilligung und können zu Bußgeldern oder strafrechtlichen Konsequenzen führen.

Wie erfolgt die zollrechtliche Überwachung von Waren im Freilager?

Waren im Freilager unterliegen während der gesamten Lagerdauer der zollamtlichen Überwachung durch die dafür zuständigen Behörden. Dies bedeutet, dass alle Warenbewegungen, Ein- und Auslagerungen, Veränderungen an der Ware (z.B. Be- oder Verarbeitung, sofern gestattet), Bestandsaufnahmen und Inventuren genau dokumentiert und den Zollbehörden auf Verlangen jederzeit nachgewiesen werden müssen. Die Überwachung umfasst regelmäßige und unangekündigte Kontrollbesuche, Sichtprüfungen, Abgleich der Lagerbestände mit den Aufzeichnungen sowie die Überprüfung der Einhaltung aller zollrechtlichen und gegebenenfalls außenwirtschaftsrechtlichen Vorgaben. Verstöße gegen die Dokumentationspflichten oder Manipulationen können als Ordnungswidrigkeit oder Zollvergehen strafrechtliche Folgen haben.

Welche Pflichten trifft den Bewilligungsinhaber während der Nutzung eines Freilagers?

Der Bewilligungsinhaber ist verpflichtet, sämtliche Sorgfaltspflichten zur Bewahrung und Sicherung der freigelagerten Waren zu erfüllen. Darunter fallen unter anderem die lückenlose Führung eines Freilagerbuchs bzw. eines gleichwertigen elektronischen Systems, das jederzeit einen nachvollziehbaren Überblick über Warenein- und -ausgänge, Lagerbestände und den aktuellen Status ermöglicht. Zudem muss er jederzeitige Zugangsrechte für Zollbeamte gewährleisten, alle Auflagen und Bedingungen der Bewilligung beachten und unverzüglich alle meldepflichtigen Ereignisse (z. B. unerlaubter Warenverlust, Schadensfälle, Diebstahl) anzeigen. Außerdem ist der Bewilligungsinhaber verpflichtet, die Fälligkeit von Abgaben gegenüber dem Zoll zu überwachen und im Bedarfsfall Sicherheiten für drohende Abgabenschulden zu leisten.

Welche steuerlichen Aspekte sind beim Freilager zu beachten?

Waren, die in einem Freilager lagern, befinden sich zollrechtlich im Nichterhebungsgebiet, das heißt, auf sie werden bis zur Überführung in den Wirtschaftskreislauf (z. B. durch Überführung in den freien Verkehr) keine Einfuhrabgaben wie Zoll, Einfuhrumsatzsteuer oder besondere Verbrauchsteuern fällig. Werden die Waren jedoch aus dem Freilager entnommen und in den Wirtschaftskreislauf überführt, ist der Lagerhalter bzw. der sonstige Verfügungsberechtigte verpflichtet, die relevanten Steueranmeldungen vorzunehmen und die entsprechenden Abgaben zu entrichten. In steuerstrafrechtlicher Hinsicht ist bei unberechtigter Entnahme oder Nichtanmeldung mit empfindlichen Sanktionen zu rechnen. Darüber hinaus kann aus umsatzsteuerlicher Sicht die Lieferung im Freilager als steuerfreie Ausfuhrlieferung anerkannt werden, sofern die gesetzlichen Nachweisanforderungen erfüllt werden.

Welche Mitteilungs- und Anzeigepflichten bestehen für Freilagerbetreiber?

Freilagerbetreiber sind verpflichtet, dem Zoll unverzüglich Veränderungen, die die Bewilligungsvoraussetzungen betreffen, zu melden (z. B. Wechsel der Geschäftsleitung, Änderungen im Lagerkonzept, Umbauten des Lagerobjekts). Erhebliche Unregelmäßigkeiten – etwa Verlust, Beschädigung oder Diebstahl von Waren oder festgestellte Abweichungen bei Bestandskontrollen – sind ebenfalls unverzüglich anzuzeigen. Weiterhin müssen sämtliche Warenbewegungen im Zuge von Einlagerung, Auslagerung und internen Umlagerungen zeitnah und ordnungsgemäß dokumentiert werden. Wird dieser Pflicht nicht nachgekommen, kann das zum Entzug der Bewilligung und zu weiteren rechtlichen Schritten führen.

Wie lange dürfen Waren rechtlich im Freilager verbleiben?

Das Zollrecht sieht grundsätzlich keine maximale Lagerfrist für Waren im Freilager vor, solange die Voraussetzungen für das Freilagerverfahren eingehalten werden. Dennoch kann im Einzelfall die Bewilligungsbehörde individuelle Fristen setzen, etwa aus Gründen der Gefahrenabwehr oder auf Basis anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften (z. B. Lebensmittelsicherheit, Gefahrgutrecht). Übersteigt die Lagerung jedoch den zulässigen Rahmen oder werden die zollrechtlichen Vorschriften nicht beachtet, droht die Beendigung des Verfahrens mit anschließender Erhebung aller ausstehenden Zölle und Steuern.

Unter welchen Voraussetzungen kann die Bewilligung für ein Freilager entzogen werden?

Die Bewilligung für den Betrieb eines Freilagers kann von der zuständigen Zollbehörde entzogen werden, wenn zentrale Pflichten verletzt werden. Dazu zählt insbesondere die grobe oder wiederholte Verletzung von Melde- und Dokumentationspflichten, mangelnde Mitwirkung bei Kontrollen, unzuverlässige Geschäftsführung oder die nachträgliche Nichterfüllung von Bewilligungsvoraussetzungen (z. B. Insolvenz, Verlust finanzieller Leistungsfähigkeit). Daneben kann bei gravierenden Verstößen gegen zoll- oder steuerrechtliche Vorschriften, insbesondere bei Schmuggel oder Steuerhinterziehung, ein sofortiges Betriebsverbot verhängt werden. Vor einem Entzug ist dem Lagerhalter in der Regel Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, es sei denn, eine Gefahr im Verzug erfordert sofortiges Handeln.